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Stockprügel waren seine ersten Maßregeln. Die Zensur wurde in der brutalsten und ungeschicktesten Weise gehandhabt. An der Münchener Universität mehrten sich die ultramontanen Professoren, während Männern wie Schelling und Baader Schwierigkeiten bereitet wurden. Die Zahl der Klöster stieg auf über 132; besonders aber erregte Unwillen die Zulassung der Jesuiten unter dem Namen der Redemptoristen. Die Protestanten wurden zurückgesetzt und die Ausübung ihres Gottesdienstes erschwert.
Durch die Verordnung vom wurde den protestantischen Soldaten befohlen, dem katholischen Militärgottesdienst beizuwohnen und vor der Monstranz die Kniee zu beugen. Ein Pfarrer, der dagegen protestierte, wurde verhaftet und in Kriminaluntersuchung gezogen. Im J. 1844 wurde der Gustav-Adolfs-Verein in Bayern [* 2] verboten. Die Opposition der ohnehin zahmen und gemäßigten Kammern wurde dadurch gelähmt, daß die Regierung ihr Recht, den Staatsdienern den Urlaub zum Eintritt in die Kammern zu verweigern, auf Advokaten und Ärzte ausdehnte und rücksichtslosen Gebrauch von demselben machte. Erst 1846 ermannten sich die Kammern unter Führung des Fürsten Wrede im Reichsrat und des Bürgermeisters von Regensburg, [* 3] v. Thon-Dittmer, im Abgeordnetenhaus zu einem Antrag auf Verminderung und Einschränkung der Klöster und auf Entfernung der Redemptoristen, der aber erfolglos blieb.
Der Umschwung und der Sturz des ultramontanen Ministeriums erfolgten nicht durch die Kammern, sondern durch eine fremde Abenteuerin, die Tänzerin Lola Montez, welche die Gunst des Königs gewonnen hatte und ihn ganz und gar beherrschte. Vergeblich suchte die ultramontane Partei, welche sich bisher gegen die Schwäche des Königs für das schöne Geschlecht sehr tolerant gezeigt hatte, Lola Montez für ihre Interessen zu gewinnen. Dieselbe bestärkte vielmehr den König in seiner Absicht, sich von den auch ihm durch ihre Anmaßung lästigen Ultramontanen zu befreien. Im Dezember 1846 wurde Abel die Leitung des Kirchen- und Unterrichtswesens entzogen und ein besonderes Ministerium hierfür errichtet. Abel suchte nun den König einzuschüchtern und unter seine Gewalt zu bringen, indem er ein Memorandum gegen die vom König gewünschte Indigenatsverleihung an seine Mätresse in zahlreichen Exemplaren veröffentlichte und im Volk verbreitete, noch ehe er es dem König überreichte. Der König beantwortete es mit der sofortigen Entlassung des ultramontanen Ministeriums und berief den protestantischen Staatsrat v. Maurer zum Präsidenten eines neuen büreaukratisch-liberalen Kabinetts.
Dasselbe unterzeichnete die Verleihung des Indigenats an Lola Montez, welche zur Gräfin Landsfeld erhoben wurde, und schritt, als die Ultramontanen, an ihrer Spitze mehrere Professoren der Münchener Universität, das Volk, namentlich die Studenten, zu Straßenexzessen und Insulten gegen Lola Montez, ja gegen den König selbst aufreizten, mit Strenge ein; mehrere Professoren, wie Lasaulx, der Neffe von Görres, Sepp, Döllinger, Höfler, Philipps u. a., wurden entlassen.
Um die Stimmung des Volks, welches für die Gemaßregelten anfangs Partei nahm, für sich zu gewinnen, bemühte sich das Ministerium Maurer, möglichst konstitutionell und freisinnig zu regieren. Die Begünstigung der Redemptoristen wurde 5. Juni aufgehoben. Gegen die Wünsche des außerordentlichen Landtags, der im September 1847 zusammentrat, in Bezug auf die Regelung des Budgets u. die gesetzlich zu ordnende Verwendung der Überschüsse zeigte sich das Ministerium sehr nachgiebig.
Dies behagte aber dem König nicht, und Landtag wie Ministerium wurden 27. Nov. in Ungnaden entlassen. Fürst von Öttingen-Wallerstein bildete ein neues Kabinett, in dem eine Kreatur der königlichen Mätresse, Staatsrat Berks, das Innere übernahm; daher hieß das neue Ministerium im Volksmund Lola-Ministerium. Dasselbe war ebenfalls bestrebt, durch freisinnige Maßregeln die ultramontane Opposition zu überwinden, und gewährte eine weitgehende Preßfreiheit.
Aber das schamlose, herrische Benehmen der Mätresse, welche sich in alle Staatsgeschäfte einmischte und ihren Einfluß auf die neue Regierung in herausfordernder Weise zur Schau trug, mußte dieser alles Vertrauen und alle Unterstützung seitens der Liberalen rauben. Infolge eines Kommerses der von Lola begünstigten Studentenverbindung »Alemannen« (Lolamontanen genannt) kam es in den ersten Tagen des Februars 1848 von neuem zu Studententumulten. Lola sah sich öffentlich verhöhnt und bedroht.
Die Folge war, daß der König 8. Febr. die Schließung der Universität verfügte. Dies hieß Öl ins Feuer gießen. Die Bevölkerung [* 4] Münchens, durch das Einschreiten des Militärs aufgereizt, nahm Partei für die Universität, die Unruhen steigerten sich 10. und 11. Febr., die bewaffnete Macht erfüllte ihre Befehle lau und mit Widerwillen. Der König sah sich daher bewogen, die Forderungen der Bürgerschaft: Wiedereröffnung der Universität, Auflösung der Alemannia und Entfernung der Lola Montez, zu bewilligen.
Damit war jedoch der Sturm noch nicht beschwichtigt. Man verlangte die Entlassung des Ministers Berks. Die Regierung sträubte sich und suchte Ausflüchte. Aber die Februarrevolution brachte auch hier einen schnellen Umschwung der Dinge. Berks wurde durch Thon-Dittmer ersetzt, und eine von allen Prinzen des wittelsbachischen Hauses mitunterzeichnete königliche Proklamation vom 6. März enthielt neben der Berufung der Stände auf den 16. eine lange Reihe von Verheißungen: Vertretung des deutschen Volks am Bund und Revision der Bundesverfassung, Verantwortlichkeit der Minister, vollständige Preßfreiheit, Verbesserung der Ständewahlordnung, Einführung der Öffentlichkeit und Mündlichkeit in die Rechtspflege mit Schwurgerichten, schleunige Abfassung eines Polizeigesetzbuchs, unverzügliche Beeidigung des Heers auf die Verfassung etc. Dennoch riefen Gerüchte von der heimlichen Rückkehr der Gräfin Landsfeld, der Rücktritt des Fürsten von Öttingen-Wallerstein, der Eindruck der in Wien [* 5] und Berlin [* 6] ausgebrochenen Revolution neue Tumulte hervor. Der König verlor infolge davon so sehr den Mut, daß er zu gunsten seines Sohns, des Kronprinzen Maximilian II., abdankte.
Die Regierung König Maximilians II. 1848-64.
Der neue König, Maximilian II., leistete 21. März den Verfassungseid und eröffnete am 22. die Ständeversammlung durch eine Thronrede, in welcher er Amnestie für alle politischen Verbrechen und Vergehen erteilte und eine Reihe von Gesetzvorlagen verhieß, von denen die über Preßfreiheit, über die Wahlen zur Kammer der Abgeordneten, über Ablösung der Grundlasten und über Einführung neuer Gesetzbücher die wichtigsten waren. Zum erstenmal trat nun ein verantwortliches und zugleich populäres Ministerium, dessen wichtigste Mitglieder Graf Bray (Äußeres), Thon-Dittmer (Inneres) und Lerchenfeld (Finanzen) waren, an die Spitze der Geschäfte. Die vom Ministerium vorgelegten Gesetzentwürfe ¶
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wurden rasch beraten und meist mit einigen Modifikationen angenommen. Der bedeutendste liberale Fortschritt war das neue, noch gültige Wahlgesetz (s. oben). Auch der Entwurf zur Krëierung einer Staatsschuld von 7 Mill. Fl. ging durch. Schon 30. Mai wurde der Landtag geschlossen und 5. Juni der Landtagsabschied veröffentlicht, in welchem den 20 von den Kammern beratenen und angenommenen Gesetzentwürfen die Sanktion erteilt wurde. Auch der deutsch-nationalen Bewegung schloß sich die Regierung an und unterwarf sich, nachdem in Frankfurt [* 8] die Nationalversammlung zusammengetreten war, der dort errichteten deutschen Zentralgewalt. Am 19. Dez. verkündete sie amtlich die ersten Reichsgesetze.
Doch bezeichnete der Rücktritt Thon-Dittmers (15. Nov.), dem am 20. Dez. der Lerchenfelds folgte, schon ein Erschlaffen der freisinnigen und deutsch-nationalen Bewegung in Bayern. Das kleindeutsche Programm der Majorität der Frankfurter Nationalversammlung mit dem preußischen Erbkaisertum war in Bayern entschieden unpopulär, und dieselbe Zweite Kammer, welche in der Adresse an den König mit 72 gegen 61 Stimmen die unbedingte Anerkennung der deutschen Grundrechte und die Unterordnung unter die Beschlüsse der Nationalversammlung gefordert hatte, sprach sich 9. Febr. gegen ein preußisches Kaisertum sowie gegen die Ausschließung Österreichs und für ein einiges, ungeteiltes Deutschland [* 9] aus.
Dieser Beschluß ermöglichte es der Regierung, deren Leitung 18. April der neue Minister des Äußern, v. d. Pfordten, übernahm, zunächst in der deutschen Frage eine der bisherigen Strömung entschieden entgegengesetzte Haltung einzunehmen. In einer Note vom 23. April an die Reichsgewalt und die deutschen Regierungen verwarf v. d. Pfordten die von der Nationalversammlung beschlossene Reichsverfassung, protestierte gegen die Kaiserwahl und schlug die Bildung eines deutschen Bundesstaats, aber nicht ohne Österreich, [* 10] unter einem Direktorium mit wechselnder Präsidentschaft vor.
Diese Erklärung verursachte in einigen Städten unter der freisinnigen Bürgerschaft lebhafte Demonstrationen und Gegenerklärungen. Ja, in der Pfalz, welche seit Wochen von ausländischen Agitatoren und republikanischen Wühlern aufgereizt worden war, kam es Ende April zu einer Erhebung für die Reichsverfassung, der sich nicht nur die große Mehrheit der Bevölkerung, sondern sogar ein Teil der Truppen anschloß. Ein Kongreß der pfälzischen Bürgerwehren zu Kaiserslautern [* 11] setzte 2. Mai einen Landesverteidigungsausschuß ein, der eine durch allgemeine Wahlen gebildete Volksvertretung berief und die Volkswehr organisierte.
Das preußische Korps Hirschfeld, das auf Bitten der bayrischen Regierung in die Pfalz einrückte, unterdrückte nach wenigen Gefechten Mitte Juni den Aufstand, noch ehe die bayrischen Truppen unter Thurn und Taxis die pfälzische Grenze erreichten. Inzwischen war auch die Zweite Kammer 11. Juni aufgelöst worden, nachdem sie 21. Mai einer Adresse an den König die Anerkennung der Reichsverfassung verlangt und deren liberale Mehrheit den Sitzungssaal verlassen und die Kammer beschlußunfähig gemacht hatte, als der Präsident auf Wunsch der Regierung den Pfälzer Deputierten das Recht mitzustimmen verweigerte.
Die Neuwahlen im Juli ergaben eine allerdings nicht große Mehrheit zu gunsten der Regierung. Dieselbe konnte also trotz der von Preußen [* 12] in der Pfalz geleisteten Hilfe mit ausdrücklicher Zustimmung der Kammern in der deutschen Frage entschieden gegen die preußische Unionspolitik auftreten. Sie verweigerte den Eintritt in das Dreikönigsbündnis, erkannte im Herbst 1849 das sogen. Interim an, welches die Leitung der deutschen Angelegenheiten provisorisch österreichischen und preußischen Kommissaren überließ, protestierte gegen die Berufung des Erfurter Reichstags und schloß mit Sachsen [* 13] und Württemberg [* 14] eine Übereinkunft über die Herstellung einer deutschen Verfassung mit Einschluß Österreichs, ja auch seiner bisher nicht zum Bund gehörigen Lande.
Schon 10. Mai beschickte Bayern wieder den Bundestag in Frankfurt und nahm an den Beschlüssen desselben in der kurhessischen Frage teil. Auf einer persönlichen Zusammenkunft mit dem Kaiser von Österreich und dem König von Württemberg zu Bregenz [* 15] 10.-14. Okt. verpflichtete sich der König Maximilian, an der Bundesexekution zu gunsten des Kurfürsten von Hessen [* 16] seine Truppen (die Strafbayern) teilnehmen zu lassen. Dies sowie die Preisgebung Schleswig-Holsteins an die Dänen erregte in Bayern einige Unzufriedenheit, und die Zweite Kammer nahm sich durch eine Resolution vom 20. Juli des Schicksals des letztern an. Jedoch war die Stimmung so allgemein und so entschieden antipreußisch, daß sie die liberalen Sympathien überwog und ein im Mai 1851 vom Fürsten von Öttingen gestellter Antrag gegen die kurhessische Intervention in der Zweiten Kammer abgelehnt wurde.
Bei den Verhandlungen über die Erneuerung des Zollvereins 1852-1853 stand an der Spitze der preußenfeindlichen Darmstädter Koalition und unterstützte eifrigst Österreichs Verlangen nach Aufnahme in den Zollverein, um auch in diesem durch die Rivalität der beiden Großmächte Preußens [* 17] bisher vorwiegenden Einfluß zu lähmen und Bayerns Stellung an der Spitze der Mittelstaaten zu heben. Dasselbe Ziel hatte die Beteiligung Bayerns an den Bamberger Konferenzen der Mittelstaaten 1853 während des Krimkriegs. Des Königs und Pfordtens Ideal der deutschen Verfassung war die Bildung einer Trias, d. h. einer Vereinigung der »reindeutschen« Staaten als gleichmächtigen Faktors neben Österreich und Preußen, in welcher Bayern als dem mächtigsten naturgemäß die Führung zukomme.
Im Innern konnte sich Bayern der allgemeinen reaktionären Strömung nicht entziehen, obwohl der Rückschlag in Bayern weniger schroff und gewaltsam war, da auch die Reformbewegung von 1848 in Bayern sich in gemäßigten Grenzen [* 18] gehalten hatte. Die von der Kammer noch nicht beschlossenen freisinnigen Gesetze, wie das Gerichtsorganisationsgesetz, wurden fallen gelassen, die Presse [* 19] wieder einer strengern Aufsicht unterworfen und dem katholischen Episkopat eine größere Freiheit eingeräumt, was diesen jedoch 1853 zu der Erklärung veranlaßte, daß die Rechte der Kirche durch das Konkordat von 1817 und das Religionsedikt von 1818 wesentlich verletzt würden.
Auch das Wahlgesetz von 1848 beschloß das Ministerium Pfordten zu beseitigen, zögerte aber, durch die bisherige Gefügigkeit der Kammern in Sicherheit gewiegt, mit der Vorlegung des neuen Gesetzentwurfs, welcher wieder eine Vertretung des Volks nach Stand, Beruf und Interesse einführen sollte, bis zum Herbst 1854. Inzwischen hatte sich aber die Kammermajorität ermannt. Sie lehnte im Januar 1855 den Wahlgesetzentwurf der Regierung ab. Auch bewilligte sie statt der vom Kriegsminister verlangten 15 Mill. Fl. für die Kriegsbereitschaft des bayrischen Bundeskontingents, welche der Bundestag beschlossen hatte, nur 6½ Mill. Das Ministerium löste darauf 24. März die Kammer auf und strengte, unterstützt vom ¶