Hafenstadt von
Copiapo, der Hauptstadt der
ProvinzAtacama in
Chile,
[* 5] in öder Sandgegend, aber mit sicherm, durch
zwei
Molen geschütztem
Hafen und (1875) 3082 Einw.;
1)
DonPedro Calderon de la Barca Henao y Riano, der große dramatische Dichter der
Spanier,
geb. zu
Madrid
[* 8] als Sprößling einer altadligen
Familie. In seinem 9. Jahr wurde er einem Jesuitenkollegium daselbst
übergeben und bezog dann im 13. Jahr die hohe
Schule vonSalamanca, wo er sich juristischen, philosophischen und mathematischen
Studien widmete. Daneben
lag er aber auch der
Ausbildung seines poetischen
Talents ob, und schon in seinem 14. Jahr
konnte er die erste
Frucht desselben, sein
Schauspiel »Elcarro de cielo«, veröffentlichen. Im J. 1619 von
Salamanca nach
Madrid
zurückgekehrt, fand er am dortigen
Hof
[* 9] mächtige
Freunde, verließ denselben aber 1625 wiederum seinem kriegerischen Hang
nachzugeben, und folgte den
Fahnen des
Königs zehn Jahre lang, namentlich in
Mailand
[* 10] und in den
Niederlanden,
ohne sich jedoch Heldenruf erwerben zu können.
Philipp IV. rief ihn 1635 an den
Hof zurück, übertrug ihm die Leitung seines
Theaters im Lustschloß
Buen Retiro sowie die
Anordnung aller königlichen
Feste und Lustbarkeiten und erhob ihn 1637 zum
Ritter des
Ordens von
Santiago.
Vom König beauftragt, für die königliche
Bühne ein dramatisches Werk zu liefern, schrieb Calderon das
Schauspiel
»Certamen de
amor y zelos«, eilte dann zu dem
Heer der spanischen
Ritterorden nach
Katalonien und erntete jetzt auch kriegerischen
Ruhm.
Der König überhäufte ihn nun mit Auszeichnungen wie mit künstlerischen Aufträgen, setzte ihm eine
hohe
Pension aus und ließ seine
Dramen mit möglichstem
Pomp ausführen. In seinem 50. Jahr bemächtigte sich des einst so
lebensfrohen Dichters ein Hang zum Mystizismus; er trat 1651 in den geistlichen
Stand und erhielt 1653 vom König eine der
Kaplanstellen an der erzbischöflichen
Kirche zu
Toledo,
[* 11] die er auch beibehielt, als ihn
Philipp IV., um
ihn in der
Nähe zu haben, 1663 zum
Kaplan an der königlichen Hofkapelle zu
Madrid ernannte.
Noch ehe Calderon öffentlich in den geistlichen
Stand getreten war, hatte sich seine poetische Thätigkeit überliegend den
Autos
sacramentales (s.
Auto) zugewendet; von jetzt an widmete er sich ausschließlich dieser dem orthodoxen
Zeitgeist entsprechenden Dichtgattung und leistete darin in der That Ausgezeichnetes.
Schneller als sein weltlicher Dichterruf
verbreitete sich sein
Ruf als Schöpfer der herrlichsten geistlichen
Schauspiele über ganz
Spanien, und von allen ersten
Städten
des
Reichs,
Madrid,
Toledo, Sevilla,
[* 12]
Granada
[* 13] u. a., wurde er mit Auftragen überhäuft. 1663 zugleich Mitglied
der
Brüderschaft von
San Pedro zu
Madrid, wurde er einige Jahre später zum
Capellan-Mayor derselben ernannt, und diese
Ehre
erfreute ihn so, daß er dem frommen
Verein sein ganzes nicht geringes
Vermögen vermachte. Er starb SeineAsche
ruhte über anderthalb
Jahrhunderte in der
KircheSan Salvador zu
Madrid, wo ihm die genannte
Brüderschaft von
San Pedro ein Denkmal
setzen ließ; 1841 wurde dieselbe nach dem
Kirchhof des
KlostersSan Nicolas vor dem Atochathor übergeführt.
Eine (sitzende) Bronzestatue des Dichters von
Figueras wurde im
Januar 1880 auf dem St. Annenplatz zu
Madrid
feierlich enthüllt. Calderon ist ohne
Zweifel das glänzendste poetische
Genie, das der
Katholizismus hervorgebracht hat, und zwar
der vorzugsweise »katholische Dichter«, dabei von erstaunlicher Vielseitigkeit.
Seine Werke sind sehr zahlreich, aber weder in streng chronologische
Folge noch rein und vollständig erhalten. Sie zerfallen
in
Autos sacramentales oder Opferdarstellungen (z. B. »La
cena de Baltasar«),
Wunderkomödien (am berühmtesten »La devocion de la cruz«, »El
magico prodigioso«, »El principe constante« u. a.),
tragische
Schauspiele (z. B. »El alcalde de Zalamea«,
»La nina de Gomez
Arias«),
Konversationsstücke (darunter »Dicha y desdicha del nombre«, »La
dama duende«, »Guardate de la agua mansa«); ferner
in mythologische
Festspiele (z. B. »Eco e Narciso«,
»El mayor encanto amor«),
Ritterspektakelstücke (z. B. »La puente de Mantible«,
»En esta vida todo es verdad y todo mentira«),
historische
Schauspiele (darunter »Hija del aire«, »Afectos
de odio y amor« u. a.) und romantische
Schauspiele verschiedener
Qualität, worunter das berühmte »La vida es sueno«,
»Saber del
mal y del bien« etc. zu zählen sind. Was den poetischen Wert derselben betrifft,
so offenbaren sich in Calderons dramatischer Behandlungsweise der
Stoffe ebensoviel künstlerische Absichtlichkeit des berechnenden
Verstandes, dem die
Phantasie bei aller ihrer
Fülle untergeordnet ist, wie tiefe Weltanschauung und
Erhebung des
Gemüts bis
zur äußersten
Grenze der
Welt der
Erscheinungen. Er übertrifft seine Vorgänger durch den psychologisch-ethischen
Gehalt seiner
Dramen, durch die harmonische
Gliederung ihrer Szenerie und durch den edlen, bis aufs äußerste gefeilten
Ausdruck.
Um Neuheit der
Stoffe hat er sich wenig bekümmert, dagegen beherrscht er mit Sicherheit den
Stoff und faßt in der besondern
Thatsache stets das Abbild allgemeiner
Gesetze auf.
Seine Lieblingsbilder kehren zwar oft wieder, gewinnen aber immer neuen
Reiz durch andre Zusammenstellung. Übrigens ist der
Gehalt der dramatischen Werke Calderons ungleich. Während mehreren, unter denen wir besonders »Die
Tochter der Lust«, »Das
Leben ein
Traum«, »Die
Andacht zum
Kreuz«,
[* 14] »Der wunderthätige
Magus«, »Der standhafte
Prinz«, »Des
NamensGlück und Unglück« etc. hervorheben, der wunderbarste Zauberreiz innewohnt, wenn
auch das von ihm gepflegte katholisch-romantische
Ideal sittlich und religiös unser
Gefühl nicht befriedigt (vgl. »Der
Arzt
seiner
Ehre«, »Der
Richter von Zalamea«),
ermüden andre durch rhetorisierende
Dogmatik; auch sind die massenhaftenAllegorien
und
Personifikationen der abstraktesten
Begriffe, welche Calderon ohne
Scheu handelnd auftreten läßt, in vielen
Stücken störend.
Nicht wenige im höhern
Alter verfaßte weltliche
Schauspiele zeugen von kalter Unlust am
Leben; manche Jugendwerke mißfallen
wegen Überladung mit Bilderschmuck und durch Prunk des
Ausdrucks (estilo culto). Calderon selbst legte in seinemAlter
das meiste
Gewicht aus seine
Autos¶
mehr
sacramentales und zeigte gegen seine weltlichen Stücke um so mehr Gleichgültigkeit, je mehr man ihm fremde Stücke unterschob
und seine eignen bis zur Unkenntlichkeit entstellte. Als nachweisbar echt besitzen wir von Calderon 108 Schauspiele (comedias) und 73 Autos
sacramentales nebst den dazu gehörigen Loas (Vorspielen), während von seinen 100 scherzhaften Sainetes
(Zwischenspielen) nicht eins mehr vorhanden ist. Sein letztes Stück, im 81. Jahr geschrieben, war »Ilado y Divisa«.
Außerdem schrieb Calderon viele Lieder, Sonette, Romanzen und andre kleine Gedichte, die zum größten Teil ungedruckt geblieben
sind. Was davon noch auszutreiben war, hat de Castro (»Poesias de Calderon«, Cadiz
[* 16] 1848) herausgegeben; ein Bändchen
neu aufgefundene Gedichte erschien unter dem Titel: »Poesias ineditas« (Madr. 1881). Die erste Sammlung seiner Dramen, von seinem
Bruder besorgt (Madr. 1640-74), gedieh nur bis zum vierten Band.
[* 17] Vollständigere Ausgaben der Comedias lieferten Juan deVera Tassis
(Madr. 1685-94, 9 Bde.), Fern. de Apontes (das. 1760-63, 11 Bde.),
J. G. ^[JohannGeorg] Keil (Leipz. 1827-30, 4 Bde.),
am besten Hartzenbusch (Madr. 1848-50, 4 Bde., 122 Stücke enthaltend) und Garcia Ramon (das. 1882 ff.). Die Autos, welche Eigentum
der Stadt Madrid waren und lange nicht gedruckt werden durften, erschienen zuerst zu Madrid 1717 in 6 Bänden, später von Apontes
herausgegeben: »Autos sacramentales alegoricos y historiales del Phenix de los poetas etc.« (das. 1759-60, 6 Bde.).
Eine vorzügliche kritische Ausgabe des »Magico prodigioso« veröffentlichte Morel-Fatio (Heilbr. 1877). Deutsche
[* 18] Übersetzungen
Calderonscher Dramen lieferten A. W. v. Schlegel (»SpanischesTheater«,
[* 19] Berl. 1803-1809, 2 Tle., 5 Stücke enthaltend),
Martin (das. 1844, 3 Tle.) und M. Rapp (»Spanische
[* 20] Theater«, Bd. 6, Hildburgh.
1870). Übertragungen der geistlichen Schauspiele besorgten J. ^[Joseph] v. Eichendorff (Stuttg. 1846-53, 2 Bde.)
und Lorinser (Regensb. 1856-72, 18 Bde.; 2. Aufl. 1882 ff.).
Das Verdienst, die deutschen Bühnen dem Genius Calderons geöffnet zu haben, gebührt Goethe und Schlegel.
Schon 1811 ging in Weimar
[* 21] »Der standhafte Prinz« über die Bühne; 1816 wurde dasselbe Stück zuerst in Berlin
[* 22] aufgeführt. In
Wien
[* 23] brachte West (Schreyvogel) »DonPedro, das Leben ein Traum« (gedruckt 1867) nach der Griesschen Übersetzung in bühnenmäßige
Form und zur Aufführung. Im allgemeinen aber blieb der Versuch, Calderon auf der deutschen Bühne einzubürgern,
trotz aller Farbenpracht seiner Gebilde ohne nachhaltigen Erfolg, was teilweise in dem ängstlichen Festhalten an der originalen,
dem Deutschen nie mundgerecht zu machenden Form, mehr aber wohl noch in dem ganzen uns fremdartigen und widerstrebenden Geiste,
der die Stücke erfüllt, seinen Grund hat. Die erste Biographie von Calderon schrieb sein HerausgeberVera Tassis (abgedruckt vor dem
ersten Teil der Komödien sowie in mehreren spätern Ausgaben). Gut über ihn urteilten außer A. W. v. Schlegel (»Vorlesungen
über dramatische Kunst und Litteratur«, Bd. 3, Heidelb.
1817) namentlich Valent.
Estudios de las obras etc. (Madr. 1881); Pelayo, y su teatro (das.
1881).
2) Don Serafin, neuerer span. Dichter, geb. 1801 zu
Malaga,
[* 26] studierte die Rechte in Granada, wurde 1822 daselbst Professor der Poesie und Rhetorik, war später Advokat in seiner Vaterstadt
und ließ sich 1830 in Madrid nieder, wo er seine beifällig aufgenommenen »Poesias del solitario«
(Madr. 1833-40, 2 Bde.) herausgab. Nebenbei legte er sich
auf das Studium der arabischen Sprache
[* 27] und verfaßte im Auftrag der Regierung ein Lehrbuch der Staatsverwaltungsgrundsätze
(»Principios de administracion«).
Anfang 1834 wurde er zum Generalauditor bei der Nordarmee und 1836 zum Zivilgouverneur von Logrono ernannt. Durch einen Sturz
vom Pferde
[* 28] für einige Zeit an Madrid gebannt, beschäftigte er sich vorzüglich mit Sammlung der immer
seltener werdenden Schätze der altspanischen Nationallitteratur, der handschriftlichen und gedruckten Cancioneros und Romanceros,
und mit der Vorbereitung einer kritischen Ausgabe derselben, die indessen nicht zu stande kam. Ende 1837 wurde E. politischer
Chef in Sevilla, zog sich aber infolge des Aufstandes im November 1838 ins Privatleben zurück. Er starb Von
seinen Werken sind noch zu nennen: die Novelle »Christianos y Moriscos« (Madr. 1838),
ein sehr schätzbarer Versuch über die
Litteratur der Morisken (»Litteratura de los Moriscos«) und die geistreichen »Escenas andaluzas por el solitario«
(das. 1847). Eine Auswahl seiner Werke findet sich in Ochoas »Apuntes por una biblioteca de escritores
españoles contemporaneos«, Bd. 1 (Par.
1840).
3) PhilipHermogenes, engl. Maler, geb. 1833 zu Poitiers als Sohn eines spanischen Flüchtlings, kam 1846 nach England, wo er
unter Leigh studierte, und ging 1851 nach Paris,
[* 29] um unter Picot seine Studien zu vollenden. Sein »gebrochenes Gelübde« (1857)
gewann ihm die Neigung des englischen Publikums, das sich gern durch Sentimentalität bestechen läßt. Von spätern Werken
sind zu nennen: die Tochter des Gefängniswärters, französische Landleute ihr gestohlenes Kind wiederfindend, die Freigebung
Gefangener, die Werbung (1861, eins seiner besten Bilder), nach der Schlacht, die englische Gesandtschaft in Paris am Abend
des Bartholomäustags, der junge Hamlet. Im J. 1867 wurde Calderon Mitglied der LondonerAkademie, und im gleichen Jahr erhielt er
für des Siegers Heimkehr als der einzige der englischen Künstler auf der PariserWeltausstellung die goldene Medaille. In den
70er Jahren folgten die Königin derTurniere und einige historische Gemälde.