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Bodenbeschaffenheit.
Der größte Teil Englands
hat eine leicht wellige Oberfläche, ein andrer ist völlig eben, im N. und
SW. findet sich Gebirgsland.
Im allgemeinen ist der landschaftliche
Charakter nicht großartig, aber lieblich und durch Abwechselung angenehm.
Ebenen im
Schmuck des frischesten
Grüns, von ansehnlichen, ruhig hinfließenden
Strömen durchzogen, von bläulich
grünen Waldgruppen umsäumt und von zahlreichen Viehherden belebt, dehnen sich weit aus. Ohne große
Wälder zu enthalten,
ist England
doch gut bewaldet; charakteristisch sind die
Hecken und Baumreihen, welche die gartenähnlichen
Felder umgeben und dem
Fußreisenden die Aussicht oft entziehen; ferner die zahlreichen und prächtigen Landsitze des
Adels, gewöhnlich von
unübertrefflichen samtartigen Grasplätzen und
Gruppen mächtiger alter
Bäume umgeben, zwischen denen sich malerisch geordnetes
Buschwerk und Unterholz hinzieht.
Nicht selten stößt diese englische
Landschaft mit ihrem milden und zugleich luxuriösen
Charakter unmittelbar ans
Meer. Im
S. wechseln häufig schon höhere
Hügel mit
Thälern; im N. und W. aber ragt eigentliches Gebirgsland
kahl über die umgebende grüne
Landschaft hervor.
Wohl in keinem andern Land läßt sich die Abhängigkeit der Terrainformen
von der geologischen
Beschaffenheit des
Bodens mit mehr Vorteil studieren als in England
, wo fast alle geologischen
Bildungen, von
den ältesten bis zu den jüngsten, vertreten sind.
Von den Alluvialflächen an der Themsemündung in nordwestlicher
Richtung fortschreitend, durchkreuzen
wir sie sämtlich der
Reihe nach, bis wir von den kambrischen
Felsen der
Insel
Anglesey herab auf das
Irische Meer blicken. Von
Schottland wird England
durch die
Cheviot
Hills (s.
Cheviots) getrennt, welche in ihrem Kulminationspunkt eine
Höhe von 813 m erreichen.
Ihre Gipfel sind teilweise kegelförmig, felsig und kahl; die Abhänge, steil und durch tiefe Schluchten
und
Thäler getrennt, bieten zahlreichen
Herden eine fruchtbare
Weide.
[* 2]
Eine Einsenkung, durch welche die
Eisenbahn von
Carlisle nach
Newcastle
[* 3] läuft (136 m), trennt dieses Grenzgebirge von dem breitbuckligen
Zug
der der
Kohlenformation angehörigen
Penninischen Kette (s. d.). Dieses
»Rückgrat« Nordenglands
erstreckt
sich 245 km weit bis nach
Derbyshire hinein, wo es mit dem 351 m hohen
Weaver
Hill endet. Es bildet die
Wasserscheide zwischen
der
Nordsee und dem
Irischen
Meer.
Sein höchster
Punkt ist der
Croß
Fell (892 m). Nach O. fällt es sanft in die breite,
ergiebige Thalebene von
York ab, westlich grenzt es steiler an die fruchtbare, vom
Eden durchflossene Cumbrische
Ebene und an
das Tiefland von
Lancashire und
Cheshire.
Das Penninische Gebirge mit seinen meist abgerundeten Formen und großen Strecken von Torfboden und Heideland macht auf den Beschauer einen höchst trostlosen Eindruck. Es wird aber durchzogen von malerischen Thälern, die im üppigsten Grün prangen, und sein Reichtum an Steinkohlen und Eisen [* 4] hat selbst in seinen Einöden Hauptsitze der Industrie erwachsen lassen. Durch den Sattel von Yap Fell, an den Quellen von Eden und Lune, steht die Penninische Kette mit dem Cumbrischen Gebirge in Verbindung, welches die Halbinsel von Cumberland erfüllt und im Sca Fell zu 984 m ansteigt.
Heiden kommen zwar auch hier vor, aber malerische
Seen, saftige
Wiesen und bewaldete
Thäler sind tonangebend und haben diesen
»Lake District« zu einer der besuchtesten Touristengegenden werden lassen. Die
Ebene von
Cheshire trennt die
Gebirge Nordenglands
von den
Kambrischen
Gebirgen in
Wales (s. d.), welche im
Snowdon bis 1074 m ansteigen. Als
Vorhügel dieses Gebirgslandes kann
man die
Clee Hills (550
m) und die
Malvern
Hills (426 m) jenseit des
Severn auffassen. Den
Kanal
[* 5] von
Bristol kreuzend, erreichen
wir die an malerischen
Schönheiten so reiche
Halbinsel
Devon-Cornwall, wo der
Dartmoor, eine wüste, sumpf-
und heidereiche Granitinsel, über eine üppig grüne
Landschaft hervorragt und im Yeo Tor eine
Höhe von 633 m erreicht.
Andre
Höhenzüge sind hier der
Exmoor im N., ein
Schutz gegen Nordwinde, und die
Cornischen
Höhen
(Cornish Heights) im äußersten
Westen
(Brown Willy, 416 m).
Diese aus den ältern
Gesteinen bestehenden Bergländer Englands
sind von
Thälern oder niedern Tafelländern
begrenzt, durch die sie von den Hügellandschaften des südöstlichen England
getrennt werden. Im N. liegt die fruchtbare
Thalebene von
York, die in ausgedehnten, an der
Verbindung von
Ouse und
Trent gelegenen
Marschen ihre Fortsetzung findet. Die
Mitte des
Landes nimmt das ausgedehnte
Tafelland von
Birmingham
[* 6] ein, 100-200 m hoch, mit dem Wrekin (400
m) als isoliertem Gipfel
nahe seinem Westrand. Im O. geht dieses
Tafelland in den
Distrikt der
Fens (s. d.) über, ein kleines
»Holland« mit zahlreichen
Kanälen und saftigen
Weiden, während es im W. mit den Tiefebenen von
Lancashire und
Cheshire in
Verbindung
steht.
Letzteres läßt sich in südlicher
Richtung längs des
Severn (als Thalebene von
Gloucester) verfolgen und setzt sich als Thalebene
von
Taunton etc. jenseit des
Kanals von
Bristol bis zur Südküste
Devons fort. In diesen weiten Gebieten herrschen
Sandsteine,
Kalksteine,
Thon und
Mergel der
Trias- und Liasbildungen vor, und wellenförmige
Wiesen wechseln mit ergiebigen
Ackerfeldern und Obsthainen ab. Die Hügellandschaften des südöstlichen und östlichen England
gehören fast ausschließlich
zwei geologischen
Formationen an, nämlich der Oolithenbildung und der
Kreide.
[* 7]
Die oolithischen Kalksteinhügel erstrecken sich von der Küste Dorsets in nordnordöstlicher Richtung bis zum Humber und treten nördlich desselben nochmals in dem »Moor« von Yorkshire (457 m) auf. Nach W. fallen sie steil ab, nach O. haben sie eine sanfte Abdachung. Sie sind weidereich. Ihr wichtigstes Glied [* 8] sind die Cotswold Hills (346 m), welche das bereits erwähnte fruchtbare Thal [* 9] von Gloucester überschauen. Östlich von dieser Kalksteinregion betreten wir die Region der Kreide, welche sich von der Küste des Kanals bis an die Nordküste Norfolks erstreckt und jenseit der seichten Meeresbucht the Wash noch abgetrennt in den Wolds von Lincoln und Yorkshire auftritt. Am massenhaftesten entwickelt ist die Kreidebildung in der Ebene von Salisbury (180 m), von wo ein Hauptarm nach NO. ausläuft, während sich zwei Arme in östlicher Richtung abzweigen.
Zum erstern gehören die
Marlborough
Downs, die
Chiltern Hills (275
m) und die Ostanglischen
Höhen
(East
Anglian Heights). Die
östlichen
Arme bilden die
North
Downs (Inkpen, 305 m), die in den
Felsen von
Dover
[* 10] enden, und die
South
Downs
(Butser
Hill, 296 m), die im steilen
Beachy Head ihr Ende finden. Diese Kreidehügel sind mit zartem
Gras bewachsen und nähren
zahlreiche Schafherden. Sie umschließen sowohl die sogen.
Becken von
London
[* 11] und von
Hampshire, wo
Kreide von
Thon,
Sand und
Kalksteinen
jüngern
Alters überlagert ist, als den reizenden
Bezirk des Wälderthons (s. Weald), an dessen Nordrand
Leith
[* 12]
Hill (295 m), der höchste
Punkt des südöstlichen England
, liegt.
Die Küsten haben eine Ausdehnung [* 13] von etwa 3060 km, und kein Punkt des Landes ist über 110 km von der Küste entfernt. Ihre Natur entspricht ¶
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vollkommen der geologischen Bildung und den Höhenverhältnissen des Landes. Die Ostküste ist nur wenig gegliedert, und der Mangel an natürlichen Häfen wird nur unvollkommen durch die Flutmündungen einiger großer Flüsse [* 15] ersetzt, so daß man zu künstlichen Hafenbauten hat seine Zuflucht nehmen müssen. Die Flachküste, teilweise Marschland, herrscht vor, und wo Steilküsten vorkommen, sind dieselben aus Kreide, Sand oder Thon gebildet, die dem Anprall der Wellen [* 16] nur wenig Widerstand leisten.
Viel günstiger gestaltet ist die Südküste und namentlich die Westküste, wo steile Felsen aus härtestem Gestein dicht ans Meer herantreten und Buchten tief ins Land hineinschneiden. Aber auch hier, namentlich in Lancashire, kommen Flachküsten vor, und es ist bemerkenswert, daß gerade an einer solchen, an der Mündung des Mersey, der größte Handelshafen des Landes, Liverpool, [* 17] entstanden ist, während der prächtige, fjordartige Milfordhafen an der Küste von Wales nur wenig Anziehungskraft ausgeübt hat.
Bewässerung.
Wenn auch die Flüsse Englands
sich mit denen des Kontinents nicht messen können, so sind sie doch infolge
ihres Wasserreichtums und langsamen Laufs auf bedeutende Strecken schiffbar und leisten dem Verkehr wesentliche Dienste.
[* 18] Eine
Beschreibung der wichtigern Flüsse findet der Leser in besondern Artikeln, und wir beschränken uns daher hier auf die Namhaftmachung
der wichtigsten unter ihnen mit Angabe der Größe ihres Flußgebiets und der Länge ihres Laufs.
Flüsse | Länge Kilom. | Flußgebiet QKilom. | QMeil. |
---|---|---|---|
Ostküste Tyne | 117 | 2727 | 49.52 |
Wear | 105 | 1181 | 21.44 |
Tees | 127 | 1927 | 34.99 |
Humber (Ouse, Trent etc.) | 298 | 24068 | 437.09 |
Witham | 103 | 2795 | 50.75 |
Welland | 116 | 1968 | 357.47 |
Nen | 161 | 2732 | 47.63 |
Ouse (Great Ouse) | 230 | 7164 | 130.10 |
Yare und Waveney | 85 | 2291 | 41.39 |
Themse | 323 | 13600 | 247.17 |
Medway | 71 | 1761 | 31.98 |
Südküste Avon von Salisbury | 98 | 1745 | 31.65 |
Stour | 87 | 1189 | 21.50 |
Westküste Ex | 89 | 1512 | 27.47 |
Parret | 61 | 1453 | 26.40 |
Severn | 299 | 21027 | 381.78 |
Towy | 93 | 1330 | 24.08 |
Dee | 129 | 2105 | 38.14 |
Mersey | 90 | 4460 | 71.00 |
Ribble | 87 | 1515 | 27.52 |
Eden | 111 | 2370 | 42.94 |
Die Mehrzahl der englischen Seen befindet sich im Cumbrischen Gebirge, in dem sogen. Seebezirk (Lake District). Windermere, der größte von ihnen, ist indes nur 15 km lang, kaum 1,5 km breit und bedeckt eine Fläche von nur 10 qkm. Auch in Wales liegen einige kleine Seen, unter welchen der 6 km lange Bala Lake der bedeutendste ist. England hat eine nicht unbedeutende Anzahl von heißen Quellen und Mineralwässern. Zu erstern gehören diejenigen von Bath (47° C.) und Bristol (24° C.) im W. Englands, die von Buxton (27° C.), Matlock (20° C.) und Bakewell (16° C.) in Derbyshire und die St. Taafe's Well bei Cardiff (26° C.) im südlichen Wales.
Sie treten sämtlich in der Steinkohlenformation auf. Von kalten Schwefelwässern sind zu erwähnen: das von Gilsland in Cumberland, Harrowgate in Yorkshire und Holbeck bei Leeds; [* 19]
von Laugenwässern: das von Malvern in Worcestershire;
von Eisenwässern: Cheltenham in Gloucestershire, Scarborough und Harrowgate in Yorkshire, Tunbridge Wells in Kent und Brighton in Sussex;
von Bittersalzwässern: Epsom in Surrey;
endlich von Kochsalzquellen: Leamington in Warwickshire, Landridnod in Radnorshire, namentlich aber Ashby de la Zouch und Droitwich in Cheshire.
Bemerkenswert sind noch die jod- und bromhaltigen Wässer von Purton Spa in Wiltshire und die alaunhaltigen Vitriolquellen von Sandrocks auf der Insel Wight.
Klima.
Das Klima Englands ist wesentlich durch die See bedingt, die von drei Seiten das Land umgibt, und namentlich dem Golfstrom verdankt es jene Milde, Gleichmäßigkeit und Feuchtigkeit, welche dem Wachstum von Menschen, Tieren und Pflanzen so ausnehmend günstig sind. Im Frühjahr, ehe noch die Strahlen der nach N. schreitenden Sonne [* 20] das Festland Europas erwärmt haben, herrschen kalte Winde [* 21] aus N. und O. vor. Im Sommer und Herbst sind kühle und feuchte Winde von entgegengesetzter Richtung, im Winter dagegen Nord- und Südwinde vorherrschend.
Die Nordostwinde streichen, ehe sie England erreichen, über eine ausgedehnte Meeresfläche und verlieren dadurch an Kälte, was bei reinen Ostwinden nicht der Fall ist. Diese Winde sind meistens trocken, werden aber zu gewissen Zeiten von Nebel (im N. auch von Schnee) [* 22] begleitet. Die West- und Südostwinde sind feucht und bringen Regen. Der Niederschlag an der Westküste ist bedeutender als im Innern des Landes und an der Ostküste, und während es in Liverpool jährlich an 228 Tagen regnet, ist dies in London nur an 190 Tagen der Fall. Den Einfluß, welchen Gebirge auf die herabfallende Regenmenge auszuüben vermögen, erkennt man recht deutlich an den meteorologischen Stationen der Cumbrischen Gebirge, wo am Westabhang Regenmengen herabstürzen, wie sie sonst nur innerhalb der Tropen wieder angetroffen werden; denn während für ganz England die jährliche Regenmenge 760 mm nicht überschreitet, fallen hier, am Styepaß, 5702 mm. Das Maximum der Niederschläge fällt im größten Teil Englands auf den Winter und nur an einem Teil der Ostküste auf den Sommer.
Schnee ist verhältnismäßig selten und bleibt nur in den Gebirgen längere Zeit liegen. Die Temperatur fällt nur selten unter den Gefrierpunkt, und der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Stande des Thermometers im Jahresdurchschnitt ist für London 35,5° C., für den Südwesten Englands nur 27,7°. Die Schwankungen des Thermometers im Januar und Februar belaufen sich in London auf 13,8; im SW. auf 13,4,° im N. auf 18,9° und im April und Mai bez. auf 20,1,° 13,8° und 21,5° C. Das Klima [* 23] ist im Vergleich zu andern unter gleicher Breite [* 24] gelegenen Ländern ungemein mild, so daß man fast den ganzen Winter hindurch pflügen und säen kann, das Vieh immer auf den Weiden Nahrung findet und das ganze Jahr hindurch unter freiem Himmel [* 25] bleibt.
Seiner gemäßigten Seeluft verdankt England seine große Fruchtbarkeit und das herrliche Grün seiner Wiesen und Triften; aber eben infolge der gleichmäßigen Temperatur gedeihen gewisse Früchte nicht, welche einer hohen Sommertemperatur bedürfen, und wenn auch die Weintraube in einem großen Teil des Landes fast immer reift, so läßt sie doch an Saft und Süßigkeit viel zu wünschen übrig. In der folgenden Tabelle geben wir die Durchschnittstemperatur einer Anzahl von Orten in Celsiusgraden, den Niederschlag daselbst in Millimetern: ¶