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Süddeutschland ausdehnen, jenseit des Rheins in den Vogesen und der Haardt ihre Fortsetzung finden und noch weit nach Frankreich hinein verfolgbar sind. Ob in Spanien [* 2] mächtige, aber versteinerungsleere Schichten der Trias zuzuzählen sind, ist eine offene Frage. In England tritt die Trias zwar mächtig auf, aber insofern in einem vom deutschen stark verschiedenen Typus, als der Muschelkalk zwischen Buntsandstein und Keuper vollkommen fehlt. Ebenfalls in stark abweichender Facies beteiligt sich die Trias an dem Aufbau der Alpen, [* 3] neben ihr aber in besonderer Mächtigkeit die Zwischenformation zwischen Trias und Jura, die rätische Formation, in Deutschland [* 4] bloß dürftig angedeutet. - Von allen Jurabildungen ist die interessanteste der ununterbrochene Zug, welcher, von der Gegend der Rhônemündung ausgehend, als Jura Frankreich und die Schweiz [* 5] trennt, als Schwäbische Alb durch Württemberg [* 6] zieht und als Fränkische Schweiz sich bis zum Main verfolgen läßt.
Nach Gesteinsmaterial und sonstiger Ausbildung nicht unwesentlich verschieden von dieser Facies des Jura ist derjenige, der im Innern Frankreichs entwickelt ist, und mit welchem alles, was in unbedeutender Menge im W. des Schwarzwaldes, weiterverbreitet in Norddeutschland und in England vorkommt, sich ungezwungener parallelisieren läßt als mit der schwäbisch-fränkischen Facies. Weitere Juragebiete finden sich in Spanien, Italien, [* 7] in den Alpen, in Oberschlesien, von wo aus die Formation sich unterirdisch nachgewiesenermaßen bis an die Ostsee erstreckt, in Polen, in der Gegend von Moskau [* 8] und weiter nordöstlich in ununterbrochener Folge bis zum Nördlichen Eismeer. - Die als Wealdenformation losgetrennte Zwischenbildung zwischen Jura- und Kreideformation [* 9] findet sich in Südostengland, Nordostfrankreich und in Nordwestdeutschland (Deister), an letztgenanntem Orte technisch sehr wichtig, weil Kohle führend.
Die Kreideformation ist zunächst in der typischen, Kreide [* 10] führenden Facies in England, Frankreich, Dänemark [* 11] und Südschweden entwickelt, in Deutschland nur ganz untergeordnet im äußersten Norden, [* 12] auf der Insel Rügen, während ihre übrigen deutschen Gebiete, in Westfalen, [* 13] wo sie die Decke [* 14] der Steinkohlenformation bildet, in Sachsen [* 15] (und Nordböhmen), Schlesien [* 16] und, wenig ausgedehnt, in der Gegend von Regensburg, [* 17] teils aus Sandstein (dem sogen. Quadersandstein) und Mergel (dem sogen. Plänermergel), teils aus glaukonitischen Mergeln bestehen.
Neben diesem auf der Natur der zusammensetzenden Gesteine [* 18] beruhenden Unterschied machen sich sonstige, besonders auf paläontologische Merkmale begründete Faciesbildungen (Fehlen oder Auftreten von Hippuriten) bemerkbar, gewöhnlich als nördliche und südliche Facies bezeichnet. Die oben genannten Lokalitäten gehören sämtlich der nördlichen an, während sich die südliche (die Hippuritenkreide) von Portugal aus durch Spanien, die Pyrenäen und Südfrankreich hindurch verfolgen läßt und am Aufbau der Alpen, der Apenninen und der Karpathen sich beteiligt. Breite [* 19] Kreidestreifen ziehen sich in die Balkanhalbinsel, [* 20] und im O. erstrecken sich die betreffenden Gesteine bis zur Wolga und bauen den Kaukasus mit auf, während das Land nördlich und östlich des genannten Flusses sich aus älterm Material zusammensetzt, mit Ausnahme eines schmalen Streifens, der halbmondförmig etwa unter dem 40. Breitengrad westöstlich sich hinzieht. - Aus dem Umstand, daß die Gesteine tertiären Alters in den großen Kettengebirgen, den Pyrenäen, den Alpen, den Apenninen, den Karpathen, bis zu bedeutenden Höhen ansteigen, ist mit Recht geschlossen worden, daß sich der wesentliche Akt des Faltungsprozesses, welcher diese Gebirge bildete, erst nach der Ablagerung dieser dem ältern Tertiär angehörigen Gesteine vollzog.
Andre, meist jüngere Tertiärbildungen stellen wohl arrondierte Becken dar, deren geographische Lage durch die Namen Pariser, Londoner, Mainzer, Wiener Becken genugsam fixiert ist. In Deutschland, besonders Norddeutschland, sind an vielen Stellen als Oberflächenbildungen Tertiärgesteine entwickelt, voneinander geschieden durch mächtige Diluvialablagerungen und oft technisch sehr wichtig durch die Führung von Braunkohle, welche auch, mitunter dunkel gefärbt und der Steinkohle äußerlich ähnlich, den Tertiärschichten der Alpen, Böhmens und andrer Gegenden eingelagert ist.
Bildungen jüngsten tertiären Alters endlich (pliocän) stehen besonders charakteristisch in Südengland, in Italien (Subapenninenformation) und in den Steppen Südrußlands an. An vielen Punkten lieferte die vulkanische Thätigkeit der Tertiärperiode gewaltige Ausbrüche von Trachyten, Andesiten, Phonolithen u. Basalten. In Spanien Katalonien, in Frankreich die Auvergne und das Vivarois, die erloschenen Vulkane [* 21] Irlands, der Färöer, der Shetlandsinseln und der Hebriden, in Deutschland Eifel, Siebengebirge, Vogelsgebirge, Habichtswald, Rhön, Kaiserstuhl, [* 22] Hegau, die vereinzelten vulkanischen Kuppen des Lausitzer Gebirges, in Böhmen [* 23] das Mittelgebirge, in Ungarn [* 24] die alten Vulkane von Schemnitz und Tokay, in Italien die Euganeen: alles das sind Beispiele von Produkten des Vulkanismus während der Tertiärperiode, in welche auch die Anfänge derjenigen Eruptionsthätigkeit zurückragen, welche heute noch sich in Island, [* 25] in Italien und im Griechischen Archipel abspielen. - Der Diluvialperiode als Zeit der Bildung gehört der weitverbreitete Löß an, welchem Rhein-, Main- und Donauthal ihre sprichwörtliche Fruchtbarkeit verdanken, und welcher im Elbthal (sowohl in Böhmen als in Sachsen), an der Oder und Weichsel, in Oberschlesien bis tief nach Rußland hinein in mitunter sehr bedeutender Mächtigkeit entwickelt ist.
Ein besonderes Gepräge hat die diluviale Eiszeit [* 26] einem großen Teil der Oberfläche Europas aufgedrückt durch das gewaltige transportierte Gesteinsmaterial, welches als Decke der ältern Formationen zurückblieb, als die von allen höhern Gebirgen ausgehenden, halb Europa [* 27] überziehenden Vergletscherungen sich allmählich in die bescheidenen heutigen Grenzen [* 28] zurückzogen. Südfrankreich, das Tiefland Großbritanniens, die norddeutsche Tiefebene, einschließlich Hollands im W. und der russischen Ostseeprovinzen im O., ein großer Teil Süddeutschlands sind mit solchem »glazialen Schutt« bedeckt. - Langsam, aber stetig wirken die sedimentären Gesteinsbildungsprozesse während der Alluvialzeit durch Absätze in Flußbetten, in Seen und im Meer, durch die Erosion [* 29] der Oberflächengesteine, durch den Vertorfungsprozeß umwandelnd auf die Oberfläche Europas ein, während die vulkanische Thätigkeit der heutigen Entwickelungsphase der Erde speziell auf europäischem Grund und Boden auf ein Minimum reduziert ist: thätige Vulkane besitzen nur Island im N., das italienische Festland (Vesuv), [* 30] einige italienische Inseln (Ischia [* 31] mit dem Epomeo, die Liparischen Inseln mit dem Stromboli, Sizilien [* 32] mit dem Ätna) [* 33] und der Griechische Archipel (Santorin) im S. Europas.
[Mineralien.]
An technisch wichtigen Produkten des Mineralreichs ist Europa reich. Seine Kohlenschätze ¶
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sind mit wenigen Ausnahmen (hier und da im Rotliegenden, im Lias von Ungarn, in der norddeutschen Wealdenformation, in der schlesischen Kreideformation) der Steinkohlenformation und dem Tertiär eingelagert; Eisenerz bergen die mannigfaltigsten Formationen; Salz [* 35] kommt bisweilen mit Kalisalzen zusammen in der Dyas (Norddeutschland), in mehreren Niveaus der Trias (Württemberg, Baden, [* 36] Lothringen), in der Juraformation [* 37] (Bex), im Tertiär (Spanien, Galizien, Siebenbürgen) vor und bildet sich in den übersättigten Salzseen der europäischen Ostgrenze auch jetzt noch fort.
Der Hauptdistrikt für europäisches Petroleum sind die Nachbargegenden der Karpathen, abgesehen von unbedeutendern Mengen, wie sie z. B. Norddeutschland darbietet. Asphalt liefert das Juragebirge, Elsaß, die Umgegend Hannovers; Phosphorite entstammen dem Silur (Spanien), dem Devon [* 38] (Nassau), während sie an einer Mehrzahl von Lokalitäten (so in Frankreich, Rußland etc.) mit den Juraschichten gleichalterig oder doch der Lagerung nach eng verknüpft sind.
Von den edlen Metallen wird Gold [* 39] in bedeutender Menge nur im ungarisch-siebenbürgischen Erzgebirge und am mittlern Ural (hier auf sekundärer Lagerstätte mit Platina) gewonnen. Silber ist in geringer Menge sehr verbreitet, an Blei- und Kupfererze gebunden; reichere Silbererze finden sich vorzüglich in Norwegen [* 40] (Kongsberg), im sächsischen Erzgebirge, am Harz und in der spanischen Provinz Guadalajara. Spanien ist auch ausgezeichnet durch seinen Reichtum an Quecksilber (Almaden in der Sierra Morena), das außerdem nur noch in Idria und an einigen andern Punkten der östlichen Alpen in nennenswerter Menge produziert wird.
Kupfererze sind viel verbreitet; besonders reich sind der Ural, Thüringen (durch die zur Dyasformation gehörigen Kupferschiefer), Cornwall und Spanien (Rio Tinto). [* 41] Zinnerz findet sich nur im sächsisch-böhmischen Erzgebirge, in Cornwall und in der Bretagne. Blei- und Zinkerze werden außer in den Gängen der Erzgebirge in England und Deutschland vielfach lagerartig im Devon, in der Steinkohlenformation und der Trias angetroffen. Der Bunte Sandstein ist in Rheinpreußen (Kommern) stellenweise mit Blei- und Kupfererzen imprägniert. Nickel- und Kobalterze sind im sächsischen Erzgebirge, in Thüringen, im Spessart, in den westlichen Alpen und in Skandinavien verbreitet. Antimon wird in größerer Menge, namentlich in Ungarn, als Begleiter der Gold- und Silbererze gewonnen.
Vgl. a. Cotta, Erzlagerstätten [* 42] Europas (Freiberg [* 43] 1861).
Klima und Pflanzenwelt.
Europa ist der einzige Erdteil, der nirgends die heiße Zone berührt, vielmehr mit Ausnahme eines äußerst unbedeutenden Stücks (die nördlichsten Spitzen von Norwegen, Schweden und Nordrußland, die in der kalten Zone liegen) der gemäßigten angehört. Es hat daher vorherrschend ein gemäßigtes Klima. [* 44] Infolge davon fehlen ihm allerdings die Pracht der Farben und der Reichtum der Formen in der Tier- und Pflanzenwelt, die Fülle der letztern, wie sie sich unter der tropischen Sonne [* 45] entfaltet, aber mit ihr auch der Gegensatz zu jener üppigen Fülle, die Wüste, die dort oft dicht an sie herantritt.
Anderseits ist Europa aber auch von der Herrschaft des eisigen Pols befreit. Ebenso vermissen wir das Übermaß des kontinentalen wie des ozeanischen Klimas. Der Erdteil hat vielmehr vermöge seiner Lage die glücklichste Mischung beider Klimate. Dabei trennt weder ein geschlossenes Hochland, wie in Asien, [* 46] noch ein mächtiges Meridiangebirge, wie in Amerika, [* 47] Osten und Westen voneinander und macht sie zu gänzlich verschiedenen Pflanzen- und Tiergebieten. So kommt es, daß Europa im Gegensatz zu allen übrigen Erdteilen durch eine gewisse Gleichartigkeit seiner Natur charakterisiert ist.
Dabei ist es vor allen andern Teilen der Erde begünstigt durch seine Stellung gegen die aus der Tropengegend abfließenden Luft- und Meeresströmungen, [* 48] die bis zu seinem Nordende, im Kampfe freilich mit den kalten Strömungen aus den Polargegenden, mildernd auf das Klima, insbesondere seines Westens, einwirken. Ihnen ist es zuzuschreiben, daß die Linien gleicher mittlerer Temperatur (Isothermen) hier einen weit höhern Bogen [* 49] nach N. machen als auf der gegenüberliegenden Ostseite Amerikas wie auf der Ostseite der Alten Welt, und daß sich auch die Linien der mittlern Winterkälte ähnlich verhalten. In Nordamerika [* 50] bedecken sich noch die Flüsse [* 51] Pennsylvaniens auf gleicher Breite von Rom [* 52] jährlich mit eisiger Decke; Südlabrador und Südkamtschatka besitzen, obgleich über 15° südlicher gelegen, doch gleiche mittlere Temperatur mit dem nördlichsten Norwegen.
Wie Wärme, [* 53] so führen uns auch die äquatorialen Windströmungen Feuchtigkeit und Regen zu. Je weiter im Innern des Erdteils, um so geringer sind diese Wirkungen, und so finden wir denn gegen O. eine immer geringere mittlere Jahrestemperatur. Die Linien mittlerer Winterkälte steigen noch weiter an den Westküsten nach N. als die der mittlern Jahrestemperatur, während sich die Sommerlinien umgekehrt verhalten. Die kältern Winter und heißern Sommer des kontinentalen Ostens reichen bis in die vom östlichen Mittelgebirge umschlossenen Ebenen hinein.
Der Hauptgrund für diese Erscheinung liegt, abgesehen vom Golfstrom, in dem Vorherrschen der aus NO. und SW. wehenden Winde; [* 54] denn durch die Achsendrehung der Erde nehmen die ursprünglich von N. oder S. kommenden Luftmassen in Europa diese Richtungen an. Das Vorkommen der Buche, deren Verbreitungszone etwa durch eine von der Nordküste Irlands zur Nordküste des Skagerrak und von hier zu der Donaumündung gezogene Linie gegen NO. begrenzt wird, bezeichnet ungefähr die Gegenden, in denen ozeanische Einflüsse vorherrschen; doch sind die Westgestade Skandinaviens, die nördlichen Gegenden Großbritanniens und Irland denselben gleichfalls unterworfen, und der Übergang zum Kontinentalklima findet überhaupt, wo nicht hohe Gebirge feststehende Wetterscheiden bilden, nur sehr allmählich statt. Die Inseln und Halbinseln haben eine durch das Meer bedeutend gemilderte Temperatur, sowohl im Sommer als im Winter. Großbritannien [* 55] und Irland haben eine feuchte, nebelige Luft, fast immer bewölkten Himmel; [* 56] aber die Kälte steigt (die Gebirge ausgenommen) nicht leicht über 12° C., und Schnee [* 57] bleibt selten liegen. Das südliche Schweden und Norwegen hat im Winter mildere Temperatur als die östliche Tiefebene.
Vermöge seiner geographischen Lage hat fast ganz Europa eine regelmäßige Folge von vier in den Witterungsverhältnissen verschiedenartig ausgeprägten Jahreszeiten. [* 58] Nur der äußerste Süden und der äußerste Norden sind davon auszunehmen, indem die Übergangsjahreszeiten, Frühling und Herbst, dort unmerklich mit dem Sommer und dem nur durch häufigere Regengüsse sich ankündigenden Winter verschmelzen, hier aber, wo heiße Sommer und kalte Winter, wie in allen Polargegenden, ungemein schnell aufeinander folgen, von sehr geringer Dauer sind. Die Differenz der Temperatur zweier verschiedener Orte ¶