Auch für sie besteht die einige, heilige, katholische und apostolische, daher allein wahre und seligmachende
Kirche in der
Vereinigung mit ihren sichtbaren Häuptern und
Hirten als den vom
HeiligenGeist gesetzten Stellvertretern
Christi. Die
Kirchengewalt
zerfällt auch hier in die
Verwaltung der
Sakramente, in das Lehramt und in die Handhabung der
Disziplin,
und in völliger Übereinstimmung mit der römisch-katholischen
Kirche wird gelehrt, daß diese
Kirchengewalt einem besondern
Stand verliehen worden, der in den
Aposteln seinen Anfang genommen, in den
Bischöfen als deren Nachfolgern sich fortgesetzt
und mittels der
Handauflegung in ununterbrochener
Reihe sich erhalten habe.
BeimGebet richtet sich der
Geistliche, wie alle Betende, nach altem
Gebrauch gegen
Osten. Während des
Gottesdienstes stehen die
daran Teilnehmenden. Nur am Pfingsttag wird gekniet;
Instrumentalmusik ist in derKirche verboten. Das
Predigen war früher gar nicht gebräuchlich; höchstens wurden zuweilen alte
Homilien vorgelesen, was noch jetzt in Rußland
großenteils und in
Griechenland
[* 7] fast durchgängig zu geschehen pflegt.
Freies Predigen findet sich in Rußland hier und da
erst seit dem Ende des 17. Jahrh., in
Athen
[* 8] geschieht es aber gegenwärtig alle
Sonntage.
Die
Kirchensprache ist unter den Nationalgriechen die griechische, unter den
Russen und andern slawischen Völkern, die sich
zur griechischen
Kirche bekennen, die altslawonische, in der außer der
Bibelübersetzung auch die sehr voluminöse Kirchenagende
abgefaßt ist, unter den
Georgiern die altgeorgische. Die meist massiv und in Kreuzesform gebautenKirchen
zeichnen sich durch altertümliche Pracht aus. Eine mit Zierat versehene Bretterwand, wo die
BilderChristi,
Marias und der
Heiligen angebracht sind, trennt den
Altar
[* 9] vom
Schiff
[* 10] der
Kirche. An dem
Thor dieser Wand fungieren die
Geistlichen und öffnen
dasselbe, während das
Hochamt am
Altar celebriert wird, welchen
Akt dieGemeinde nur durch dieses
Thor mit
ansieht.
Vgl. Wenger, Der gegenwärtige
Geist der griechischen
Kirche (Berl. 1839);
Litteratur.Wie bei fast allen Völkern, so war auch bei dem griechischen
Poesie der
erste Flügelschlag des aufstrebenden
Geistes. Die frühsten Erzeugnisse waren ohne
Zweifel kurze
Lieder: Klagelieder, Brautgesänge,
Reinigungs- und Weihelieder, auch Orakelsprüche und Heilvorschriften,
Rätsel und Zauberlieder, Spruchlieder, vor allen aber
Lieder zum
Preis der
Götter. Mancherlei
Spuren weisen darauf hin, daß eine Art mystischer Hymnendichtung besonders von
den
Priestern des in alter Zeit durch Nordgriechenland weitverbreiteten sangesreichen Thrakervolkes geübt wurde. Wie auf
diese später
¶
mehr
aus dem eigentlichen Griechenland verschwundenen Thraker der Kultus der Musen
[* 17] zurückgeht, so gehörten ihnen nach der Tradition
auch die ältesten von den Griechen genannten Sänger, wie Orpheus,
[* 18] Eumolpos, Musäos und Thamyris, an. Namentlich scheinen einzelne
priesterliche Sängergeschlechter Träger
[* 19] und Fortbildner dieser Hymnenpoesie gewesen zu sein, die sie bei gewissen erblichen
gottesdienstlichen Funktionen übten. Ein solches waren in Attika die Eumolpiden, so genannt nach ihrem Ahn, dem erwähnten Eumolpos,
wie schon der Name (»der Schönsingende«) zeigt, einer Personifikation der Gesangskunst.
Mitgliedern dieses uralten Geschlechts kam noch in historischer Zeit bei den Eleusinischen Mysterien außer andern Funktionen
das Anstimmen der liturgischen Gesänge zu. Indem sich sodann die Vorstellungen von dem Wesen und Walten
der Götter immer mehr zu symbolischen Mythen von ihrer Geburt, ihren Thaten und Leiden
[* 20] entwickelten, gestalteten sich die Hymnen
allmählich zu epischen Kultusgesängen, aus denen das eigentliche Epos, die frühste und höchste Blüte
[* 21] der griechischen
Poesie, hervorging.
Im Lauf der Zeit von dem Zusammenhang mit der Religion befreit, nahm nämlich der epische Gesang eine selbständige Entwickelung,
indem er sich nicht mehr auf die Göttermythen beschränkte, sondern auch die Heldenthaten der Vorzeit und der näherliegenden
Vergangenheit verherrlichte. Sänger, die bei öffentlichen Festen auftraten oder bei den Mahlen der Fürsten
die Gäste durch ihre Lieder von den »Ruhmesthaten der Männer« unterhielten, gab es jedenfalls schon im eigentlichen Griechenland;
seine eigentliche Ausbildung aber erhielt der epische Gesang durch die ionischen Griechen in Kleinasien, wo eine sich sicherlich
durch Jahrhunderte erstreckende Übung wahrscheinlich in allmählichem Fortschritt von kürzern Liedern
zu längern epischen Erzählungen eine in Sängerfamilien von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzte Technik des epischen Stils
in Sprache
[* 22] und Metrik und des Gesanges (denn gesungen wurden diese Poesien) schuf.
Hier gelangte auch die epische Poesie um 900 v. Chr. zu ihrem nie wieder erreichten Höhepunkt, wie ihn die beiden
großen Epen »Ilias« und »Odyssee« bezeichnen, welche den Namen des Homeros tragen. Sollte dieser auch, wie man behauptet und
zu beweisen gesucht hat, der Verfasser des einen oder gar der beiden Gedichte in der überlieferten Gestalt nicht sein, so
muß er dennoch ein alle seine Vorgänger verdunkelndes Verdienst um die Vollendung der epischen Kunst
gehabt haben, da ihm sonst die einstimmige Überlieferung des Altertums nicht die schönsten Blüten derselben beigelegt haben
würde.
Jedenfalls war er es, dessen Genie es zuerst gelang, wirkliche, planmäßig angelegte und kunstvoll durchgeführte Epen zu
schaffen. Durch fahrende Sänger (Rhapsoden) fanden die Homerischen Gesänge schnell im Mutterland und überall,
wo Griechen wohnten, Verbreitung und Aufnahme. Sie wurden dem Hellenen zu einem wahren Volksbuch; sie waren die unversiegbare
Quelle,
[* 23] aus der er fort und fort Bildung und Erhebung schöpfte (s. Homeros). In den ionischen Sängerschulen, besonders der der
sogen. Homeriden auf Chios, lebte das epische Dichten noch lange fort.
Eine neue Richtung erhielt die epische Poesie ungefähr 100 Jahre nach Homer im eigentlichen Griechenland durch Hesiodos aus dem
böotischen Askra, den Schöpfer des didaktischen und des mythographisch-genealogischen Epos, welches
sich zwar durchaus in den Formen der Homerischen Poesie bewegt, aber die mythische Überlieferung nicht mehr im freien Spiel
der Phantasie gestaltet, sondern als Kunde der Vorzeit der Nachwelt echt und unverfälscht zu überliefern strebt.
Vermissen wir auch in den erhaltenen Dichtungen des Hesiod die heitere, lebensfrische, objektive Anschauung
der menschlichen Verhältnisse und den hohen Schwung der Homerischen Gesänge, so sind sie doch ehrwürdige und wertvolle
Zeugnisse von der beginnenden Entwickelung der griechischen Poesie zu ihrer spätern Vielseitigkeit. Wie an Homer die Kykliker,
so schloß sich auch an ihn eine Anzahl Dichter der genealogischen Richtung an, die sogen. Hesiodische
Schule, deren Schöpfungen schon frühzeitig verschollen sind.
Bis zum Anfang des 7. Jahrh. hatte bei den Griechen die epische Dichtkunst und deren Versmaß, der Hexameter, fast ausschließliche
Geltung; von dieser Zeit an beginnt die kunstmäßige Ausbildung der längst im Volk bei Götterfesten,
Siegesfeiern, Hochzeiten, Leichenbegängnissen geübten Lyrik. Die erste Gattung derselben war die Elegie, deren Form das aus
Hexameter und Pentameter bestehende Distichon, deren Inhalt der Ernst und der tiefere, später aber jeder nur denkbare, auch der
heitere Gehalt des Lebens ist.
Während die Homerischen Dichtungen zur Kithara
[* 24] gesungen wurden, ist das der Elegie eigentümliche Instrument
die Flöte. Bei den ältesten Vertretern der Elegie, Kallinos von Ephesos
[* 25] (um 700) und Tyrtäos aus dem attischen Aphidnä (um 680 v. Chr.),
hat die Elegie eine durchaus kriegerische und politische Richtung, der auch Solon von Athen anfangs folgte, während in seinen
spätern Elegien das betrachtende Element überwog. Im Grund politisch, aber zugleich gnomisch und erotisch
war die Elegiendichtung des Theognis von Megara (um 540). Als Begründer der erotischen und threnetischen Elegie gilt Mimnermos
von Kolophon (um 630); die letztere brachte der vielseitige LyrikerSimonides von Keos im 5. Jahrh. zur Vollendung. Beide Gattungen,
die Liebes- und die Trauerelegie, waren in der Folgezeit die vorherrschenden. - Hatte das Versmaß der
Elegie sich nur wenig von dem des Epos unterschieden, so trat in der iambischen Poesie eine ganz neue metrische Form hervor.
Sie wurde von dem genialen Archilochos aus Paros, welcher um 700 blühte, kunstmäßig ausgebildet und
von ihm besonders zu Spottgedichten verwendet. Die Alten selbst stellten diesen Dichter nach Homer am höchsten und nannten
ihn den zweiten Schöpfer der hellenischen Poesie. Über Inhalt, Anlage und Durchführung seiner Gedichte wissen wir nur weniges;
dagegen sind uns seine von spätern Dichtern vielfach nachgeahmten Metra erhalten. Von den Nachfolgern
des Archilochos in dieser Gattung der Poesie nennen wir Simonides von Amorgos (um 660), Solon und Hipponax von Ephesos (um 540).
In naher Verbindung mit der iambischen Dichtkunst steht die Tierfabel. Mit Unrecht hält man gewöhnlich den
¶