junge Mädchen jene feine
Bildung und gesellschaftlichen
Formen an, welche das Verächtliche ihres
Treibens verdeckten und selbst
ernste
Männer bethörten, um so mehr, als die griechischen Hausfrauen ihrer beschränkten
Bildung wegen nicht im entferntesten
sich mit ihnen in geistiger Beziehung messen konnten. Daß die
Künste, mit denen die Hetären ihre
Liebhaber
ins
Netz lockten, und die Herzlosigkeit, mit der sie die Umgarnten aussogen, dieselben waren wie zu allen
Zeiten, würde vermutet
werden können, auch wenn es nicht namentlich in den Hetärengesprächen Lukians und den
BriefenAlkiphrons mit zahlreichen
Beispielen berichtet wäre.
Daneben zeigen sich freilich auch
Züge einer uneigennützigenLiebe und hochsinniger Aufopferung. Die
edle Leäna ließ, auf
Hippias' Befehl gefoltert, ihr
Leben, ohne den Geliebten zu verraten. Timandra blieb ihrem
Alkibiades
auch nach seinem
Tode treu und bestattete den von
Freund und Feind gehaßten, heimatlosen Flüchtling. Einige Hetären erwarben sich
ungeheure
Reichtümer und große Berühmtheit und wurden selbst durch
Bildsäulen verherrlicht. Eine
Lais
verkaufte ihre
Gunst nur zu den höchsten
Preisen, eine
Phryne (bekanntlich für
Praxiteles das Musterbild seiner
Aphrodite)
[* 2] konnte
den Thebanern anbieten, die zerstörten
Mauern ihrer Stadt auf eigne
Kosten wieder aufzubauen.
Eine Pythionike und Glykera genossen am
Hof
[* 3] des
Harpalos königliche
Ehren, und eine Myrrhina teilte mit
dem
Demetrios alles, bis auf das
Diadem. Eine
Thais, die Geliebte
Alexanders, gab dem
Thron
[* 4] der
Ptolemäer einen
Erben und den Kypriern
eine
Königin. Die Tänzerin Aristonike und die Paukenschlägerin Önanthe traten, wie Plutarch sagt, königliche
Diademe
[* 5] mit
Füßen. Neben
Athen
[* 6] war es namentlich das von
Fremden viel aufgesuchte
Korinth,
[* 7] wo das Hetärenwesen am
meisten in
Blüte
[* 8] stand. Über das Hetärenwesen bei den
Römern s.
Meretrices.
(griech.,
»Verein,
Klub,
Bündnis von
Freunden«) nannte man im alten
Griechenland
[* 9] die Vereinigungen von Parteigenossen
zum
Zweck gegenseitiger Unterstützung bei Bewerbungen,
Prozessen u. dgl. gegen den überwältigenden
Druck des
Volkes. Diese Hetärien erlangten in bewegten
Zeiten, in Parteikämpfen erhöhte Bedeutung und,
als Geheimbünde organisiert, deren Mitglieder sich durch
Eide verpflichteten, großen, oft verderblichen Einfluß; so namentlich
die oligarchischen Hetärien in
Athen während des Peloponnesischen
Kriegs, welche den
Staat im Innern zerrütteten, 411
v. Chr.
einen
Staatsstreich versuchten, durch verräterische
Verbindung mit dem Feind seine Verteidigungskraft
lähmten und endlich die Herrschaft der
Dreißig Tyrannen aufrichteten.
Bei den verschiedenen
Versuchen der
Neugriechen, das türkische
Joch abzuschütteln, ist der
Name vornehmlich von zwei
Verbindungen,
einer wissenschaftlichen, den Philomusen, und einer politischen, im griechischen Freiheitskampf oft genannten,
gebraucht worden. Der
Zweck der erstern, welche 1812 zu
Athen gegründet wurde, war, in ganz
GriechenlandSchulen anzulegen und
wissenschaftliche
Zeitschriften zu verbreiten sowie einen
Fonds zur Aufgrabung und
Erhaltung derAltertümer, zur Anlegung einer
Bibliothek und eines
Museums in
Athen, zur Herausgabe der griechischenKlassiker in den
Urschriften und Übersetzungen
und zur Unterstützung einzelner junger Griechen auf europäischen
Universitäten zu sammeln.
Trotz seiner bedeutenden
Mittel geriet dieser
Verein durch den
Ausbruch der
Revolution 1821 ins
Stocken, wurde 1824 mit den frühern,
wesentlich gleichen
Zwecken wieder ins
Leben gerufen, erlosch aber, seit er durch die Errichtung des
KönigreichsGriechenland seine ursprüngliche Bestimmung teilweise verloren hatte. Die politische Hetärie verdankt ihren
Ursprung dem Thessalier
Konstantin Rhigas. Derselbe erkannte das erwachende Verlangen der Griechen nach
Freiheit und verband
sich mit gebildeten und patriotisch gesinnten Männern zu einer Hetärie, welche eine gewisse Übereinstimmung in
alle auf
BefreiungGriechenlands vom türkischen
Joch abzielenden
Unternehmungen bringen sollte. Er rechnete
namentlich auf die Mitwirkung
NapoleonBonapartes, mit welchem er deshalb während dessen italienischen
Feldzugs 1797 in nähere
Beziehungen getreten war.
Rhigas'
Hinrichtung (1798) ließ es nicht zu dem angestrebten Erfolg kommen; doch waren einmal der
Enthusiasmus und der Vereinigungstrieb
unter den Griechen angeregt, so daß 1814 in
Odessa eine neue Hetärie, die rein politische Hetärie der Philiker
(PhilikeHetäria), gestiftet ward. Dieselbe machte sich die
Befreiung der Griechen vom türkischen
Joch zum
Ziel. Nur Griechen
fanden darin
Aufnahme, und kein Mitglied durfte zugleich einer andern geheimen
Gesellschaft angehören.
Die Aufzunehmenden mußten sich hinsichtlich ihres Lebenswandels, ihrer
Gesinnungen und ihrer Vermögensumstände
einer
Prüfung unterziehen und einen zu
Frömmigkeit, Vaterlands- und Freiheitsliebe verpflichtenden
Eid leisten. Jedes Mitglied
hatte das
Recht, einen jeden aufzunehmen, welcher nach seiner Überzeugung die erforderlichen
Eigenschaften besaß.
Alle Mitglieder
verpflichteten sich zunächst zu freiwilligen Geldbeiträgen in die sogen. Nationalkasse.
Das Ganze ward von einer
Archie geleitet und
war in mehrere
Grade oder
Klassen eingeteilt. Zur Anwerbung
neuer Mitglieder, insbesondere zur Gewinnung der unabhängigen
Klephthen und
Armatolen (s. d.), sowie überhaupt für einzelne
Gesellschaftszwecke wurden
Apostel ausgesandt, und außerdem hatte die an den Hauptorten des türkischen
Reichs ihre
Agenten
undEphoren, welche für die Erweiterung der
Gesellschaft Sorge trugen und besonders auch die
Schritte der
türkischen
Regierung zu überwachen hatten. Die Hetärie hatte drei Bathmi, d. h.
Stufen oder
Grade: die Oberhäupter oder Blamides,
die Beigeordneten oder Systemeni und die
Priester oder Hiereis. Die Mitglieder erkannten sich, wie die Freimaurer, an gewissen
Zeichen der
Hand
[* 15] und
Stellungen der
Finger. Als alles zum
Aufstand bereitet und dem russischen
GeneralFürstenAlexanderYpsilanti
die
¶
mehr
Oberleitung übertragen war, führte dieser 1821 durch seine verfehlte Erhebung in den Donaufürstentümern die Katastrophe herbei
(vgl. Griechenland, S. 709 ff.). Während der Revolution und des Freiheitskampfes übten mehrere Mitglieder der Hetärie, welche
mit Rußland in Verbindung blieben, vielfach einen schädlichen Einfluß aus.