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Garonnegebiet, verwüstete Auvergne, Limousin und Poitou, suchte aber bei Annäherung des französischen Heers sich nach Bordeaux [* 2] zurückzuziehen. Indes bei Poitiers wurde seinem kleinen Heer der Rückzug abgeschnitten. Hart bedrängt, bot er J. für freien Abzug einen siebenjährigen Waffenstillstand an; J. jedoch, siegesgewiß, schlug jeden gütlichen Vergleich aus, und so kam es bei Maupertuis zu einer Schlacht, in welcher J. Sieg und Freiheit verlor.
Erst der Friede von Bretigny 1360 befreite ihn aus seiner Haft, nachdem er, außer 3 Mill. Goldstücke, mehrere Provinzen abzutreten versprochen hatte. Da sein als Geisel in England zurückgelassener Sohn, der Herzog von Anjou, noch vor Bezahlung der Loskaufssumme von da entfloh, kehrte J. Anfang 1364 nach London [* 3] in seine Gefangenschaft zurück, wurde hier als königlicher Gast glänzend empfangen, starb aber schon 8. April d. J. Sein ältester Sohn erster Ehe, Karl V., war sein Nachfolger. Die von J. 1363 gestiftete Sekundogenitur des Hauses Valois, Burgund, schlug ebenfalls zu Frankreichs Verderben aus, so daß nach ihm kein Thronfolger mehr Johann genannt wurde.
[Hannover.]
10) J. Friedrich, Herzog von Hannover, geb. 1625, Sohn des Herzogs Georg, trat auf einer Reise nach Italien [* 4] 1651 zur römisch-katholischen Kirche über und erhielt 1665 die Lande Kalenberg, Göttingen [* 5] und Grubenhagen, zu deren Hauptstadt und Residenz er Hannover [* 6] erhob. Seine Unterthanen gewaltsam zu bekehren, verschmähte er und begünstigte die Wissenschaften, wie er denn Leibniz an seinen Hof [* 7] berief. In der äußern Politik hielt er zu Frankreich, ohne jedoch seine Hoffnungen auf Ländererwerb erfüllt zu sehen. Er starb in Augsburg, [* 8] ohne Söhne zu hinterlassen, worauf ihm sein Bruder Ernst August von Osnabrück [* 9] (s. Ernst 4) folgte.
[Nassau.]
11) J. von Nassau, Erzbischof von Mainz, [* 10] ein ehrgeiziger, ränkesüchtiger Mann, erlangte das Erzbistum 1397 durch päpstliche Ernennung und verdrängte den vom Kapitel gewählten Erzbischof Gottfried von Leiningen. Auf seinen Betrieb wurde 1400 Kaiser Wenzel abgesetzt und Ruprecht von der Pfalz gewählt, gegen den er dann wieder, als er sich nicht ganz von ihm leiten ließ, 1405 den Marbacher Bund zu stande brachte. Er verband sich sogar mit dem Raubritterbund »Zum Luchs« und begab sich in Vasallenverhältnis zu Frankreich, um Ruprecht erfolgreichen Widerstand leisten zu können, welcher starb, ehe er J. gedemütigt. Bei der neuen Königswahl war er für Jobst von Mähren, [* 11] vertrug sich aber 1411 mit Siegmund, nachdem dieser ihm große Zugeständnisse bewilligt hatte. Auf dem Konstanzer Konzil vertrat er die Sache Johanns XXIII., doch ohne Erfolg. Er starb in Aschaffenburg. [* 12]
12) J. Moritz, Fürst von Nassau-Siegen, niederländ. Feldmarschall, der »Brasilianer« genannt, geb. zu Dillenburg als Sohn des Grafen Johann VIII. von Nassau-Dillenburg, trat 1621 in die Dienste [* 13] der holländischen Republik und zeichnete sich unter der Leitung des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien 1626 bei der Belagerung von Grol und 1632 vor Maastricht [* 14] aus. 1636 zum Gouverneur der Besitzungen der Westindischen Gesellschaft in Brasilien [* 15] ernannt, eroberte er, trotzdem er nur geringe Streitkräfte zur Verfügung hatte, einen großen Teil des Landes und verwaltete es so vortrefflich, daß es zu hoher Blüte [* 16] gedieh. Er sendete 1637 eine Expedition an die afrikanische Küste, welche den Holländern die Hauptfestung von Guinea, St. George del Mina, erwarb, und drang im Frühjahr 1638 an der brasilischen Küste südlich vor, belagerte aber vergeblich Bahia. [* 17] Nachdem die portugiesische und die spanische Flotte durch die Holländer vor Itamarica (12.-17. Jan. 1640) beinahe ganz vernichtet worden waren, begann der Krieg in Brasilien aufs neue und wurde mit großer Grausamkeit geführt. Um die große Anzahl von Abenteurern unter seinen Fahnen zu beschäftigen, unternahm J. eine Expedition nach Chile [* 18] (1643). Zwei von ihm gegründete Orte, die Festung [* 19] Moritzschloß an der Mündung des São Francisco und die Stadt Moritzstadt bei Pernambuco, [* 20] erinnern in Brasilien an ihn. 1644 nach Holland zurückgekehrt, ward er zum Gouverneur von Wesel [* 21] und General der Reiterei ernannt, trat 1647 in kurbrandenburgische Dienste, wurde Statthalter von Kleve, Mark und Ravensberg und 1652 Meister des Johanniterordens in Sonnenburg und deutscher Reichsfürst. 1658 war er als brandenburgischer Gesandter bei der Wahl Kaiser Leopolds J. in Frankfurt [* 22] thätig, schloß 1661 den Defensivvertrag zwischen England und Brandenburg [* 23] ab, erhielt 1665 das Kommando der holländischen Truppen gegen Münster, [* 24] wurde 1671 erster Feldmarschall, befehligte die Holländer im Kriege gegen Ludwig XIV. (1672-74) und nahm an der Schlacht bei Senef hervorragenden Anteil. 1674 wurde er Gouverneur von Utrecht [* 25] und trat 1676 ins Privatleben zurück. Er starb in Bergenthal bei Kleve und ist in Siegen [* 26] beigesetzt. Sein Palast im Haag [* 27] war das »Moritzhaus« (jetzt Museum).
Vgl. Driesen, Leben des Fürsten J. Moritz von Nassau-Siegen (Berl. 1849).
[Österreich.]
13) J. Baptist Joseph Fabian Sebastian, Erzherzog von Österreich, Reichsverweser von Deutschland, [* 28] geb. sechster Sohn des Kaisers Leopold II. und der spanischen Infantin Marie Luise. Von gewecktem Geist, zeigte er früh Neigung für die militärischen Wissenschaften sowie für die Geschichte und die Naturwissenschaften und erhielt vielfache geistige Anregung durch den damals im Ministerium des Äußern in Wien [* 29] angestellten Geschichtsforscher Johannes Müller. 1800 ward er an die Spitze des geschlagenen österreichischen Heers gestellt, das nach seines Bruders Karl Abgang von Kray unglücklich geführt worden war, und wußte der Armee durch rasches Vorrücken und einzelne kleine Siege das verlorne Selbstvertrauen wiederzugeben.
Bei Hohenlinden (3. Dez.) unterlag er jedoch der Übermacht Moreaus, und auch bei Salzburg [* 30] versuchte er vergeblich, dem siegreichen Vordringen der Franzosen ein Ziel zu setzen. Nach dem Frieden von Lüneville wurde er zum Generaldirektor der Ingenieurakademie zu Wien und der Kadettenakademie in Wiener-Neustadt ernannt und erhob diese Anstalten rasch zur Blüte. Als 1805 der neue Krieg gegen Napoleon I. zum Ausbruch kam, war die Bewaffnung der Tiroler und Vorarlberger seine erste Sorge. Hierauf trat er an die Spitze des Armeekorps, das sich Ney und den Bayern [* 31] in Tirol [* 32] entgegenstellte. Vom heldenmütigen Landvolk unterstützt, brachte er den Bayern unter Deroy 2. und die erste Niederlage am Strubpaß bei, mußte aber auf Befehl seines Bruders Karl Tirol räumen und durchs Pusterthal nach Kärnten rücken, um sich mit der italienischen Armee zu vereinigen. Dies gelang Ende November, und sofort drangen beide Erzherzöge, J. an der Spitze des rechten Flügels der vereinigten Armee, gegen Wien vor; die Schlacht bei Austerlitz, [* 33] Preußens [* 34] schwankende Politik und endlich der Friede von Preßburg [* 35] machten jedoch ihre Versuche, dem Krieg eine günstige Wendung zu ¶
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geben, erfolglos. Tirol, bisher Johanns Lieblingsaufenthalt, war verloren. Die folgenden Friedensjahre benutzte J. hauptsächlich zu wissenschaftlichen Arbeiten, und zwar wandte er nun seine Aufmerksamkeit vor allem Steiermark [* 37] und Kärnten zu, die er, von Gelehrten und Künstlern begleitet, nach allen Richtungen durchwanderte. Zugleich beschäftigte er sich mit militärischen Dingen und entwarf den Plan eines Volkskriegs in den österreichischen Alpenlanden.
Nach dem Wiederausbruch der Feindseligkeiten zwischen Frankreich und Österreich [* 38] im März 1809 zum Befehlshaber der unter dem Namen des Heers von Innerösterreich bekannten Armee ernannt, rief er die Tiroler zur Erhebung auf und rückte, während Chasteler in Tirol vordrang, selbst gegen Udine und traf am Tagliamento mit dem Vizekönig Eugen zusammen, den er erst bei Pordenone, dann 16. April entscheidend bei Sacile schlug. Indes die Niederlagen des Erzherzogs Karl an der Donau hinderten ihn, seinen Sieg auszubeuten. Er mußte Anfang Mai von Verona, [* 39] bis wohin er vorgedrungen war, den Rückzug nach Villach und Graz [* 40] antreten, von wo er sich nach Ungarn [* 41] wandte, um bei Körmend Stellung zu nehmen. Am 14. Juni erlitt er aber auf dem Marsch nach Preßburg bei Raab, [* 42] wo er sich mit den ungarischen Insurrektionstruppen vereinigt hatte, durch die Franzosen eine Niederlage und begab sich nun über Komorn nach Preßburg, wo er anfangs den ihm gegenüberstehenden Feind zu beschäftigen Befehl erhielt, dann aber 5. Juli beordert wurde, mit allen Truppen aufzubrechen und in die Schlacht bei Wagram [* 43] einzugreifen.
Als er aber 6. Juli nachmittags mit 13,000 Mann in Siebenbrunn eintraf, war die Schlacht bereits zum Nachteil der Österreicher entschieden. Infolge der Behauptung des Erzherzogs Karl, diesem durch J. verschuldeten Zuspätkommen sei der unglückliche Ausgang des Tags zuzuschreiben, entspann sich zwischen beiden Brüdern ein erbitterter, lange dauernder Streit. Nach der Schlacht bemühte sich J., Ungarn zu decken. Der darauf von ihm aufgestellte Plan, die große Armee sogleich aus Böhmen durch Mähren und das Waagthal nach der Donau zu ziehen und bei Komorn zu konzentrieren, um nach Ablauf [* 44] des Waffenstillstands von Znaim die Feindseligkeiten von neuem zu beginnen, wurde vom Kaiser genehmigt, und schon war der Erzherzog in voller Thätigkeit, die nötigen Anordnungen zu treffen, als der Friedensschluß zu Wien 14. Okt. ihn in seinen Arbeiten unterbrach. J. widmete sich hierauf ganz seinem Beruf als Direktor der militärischen Erziehungsinstitute. Erst 1815 übernahm er wieder ein Kommando bei der Armee des Fürsten Schwarzenberg. Nachdem er zuvor als Stellvertreter des Kaisers in Mailand [* 45] die Huldigung entgegengenommen und die Lombardei bereist hatte, leitete er die Belagerung von Hüningen, das er 26. Aug. zur Übergabe zwang und schleifen ließ. Darauf ging er nach Paris [* 46] und von da über England nach Österreich zurück.
Hier lebte er anfangs in Wien und Wiener-Neustadt, schlug aber sodann seinen Wohnsitz in Graz und später auf dem Bauerngut Brandhof auf, nachdem ihm seit 1827 der Aufenthalt am kaiserlichen Hof durch seine morganatische Ehe mit einer Postmeisterstochter, Anna Plochel von Aussee (geb. 1834 zur Freifrau v. Brandhofen, 1845 zur Gräfin von Meran [* 47] erhoben, gest. in Aussee), unmöglich geworden war. Dagegen stieg die Zuneigung des Volkes zu J. nicht bloß in Österreich, sondern in ganz Deutschland in demselben Grad, in welchem der Haß gegen Metternich und sein System zunahm. J. verdiente sich diese Liebe durch seine gemeinnützigen Unternehmungen, durch das rein Menschliche seines Wesens und seine Neigung zum Volkstümlichen. So gründete er in Graz das Johanneum, um Liebe zur Kunst und Wissenschaft zu erwecken, stiftete landwirtschaftliche Vereine, führte bessere Methoden im Ackerbau und in der Viehzucht [* 48] ein, wirkte aufs thätigste zur Förderung verschiedener Industriezweige, namentlich der Eisenindustrie, veranstaltete Sänger- und Schützenfeste und präsidierte den Versammlungen der Naturforscher und Landwirte in Graz.
Zahllose Lieder feierten denn auch in Steiermark und Tirol den »Herzog Hannes«. Der dem Erzherzog seit der Kölner [* 49] Domfeier 1842 fälschlich in den Mund gelegte Ausspruch: »Kein Österreich, kein Preußen, [* 50] sondern ein einiges großes Deutschland, fest wie seine Berge!« erwarb ihm schnell auch durch ganz Deutschland Popularität. Die Ereignisse des Jahrs 1848 entrissen den Greis seinem Stillleben. Als der Kaiser Ferdinand I. nach den Ereignissen des 15. Mai Wien verließ und sich nach Innsbruck [* 51] begab, ernannte er den Erzherzog J. zu seinem Stellvertreter in Wien, und dieser eröffnete als solcher den Konstituierenden Reichstag.
Inzwischen war auch die Majorität der Frankfurter Reichsversammlung 27. Juni zu dem Beschluß gekommen, den Erzherzog J. zum unverantwortlichen Reichsverweser über Deutschland zu ernennen, und er ließ sich bewegen, die so schwierige Stellung anzunehmen. Er traf auch 11. Juli Frankfurt ein und bildete sofort ein Reichsministerium. Indes fühlte er sich mehr als österreichischer Erzherzog denn als deutscher Reichsverweser. Während er sich in der ersten Zeit den Parteien gegenüber neutral verhielt, wirkte er seit der Ablehnung des Erbkaisertums seitens Friedrich Wilhelms IV. offen im österreichischen Interesse dahin, daß keine Reichsverfassung zu stande kam und die Wiederherstellung des Bundestags als einziger Ausweg übrigblieb. Am trat er in das Privatleben zurück und widmete sich, wie früher, der Förderung gemeinnütziger Unternehmungen in Steiermark. Er starb in Graz. Er hinterließ einen Sohn, Franz, Grafen von Meran und Freiherrn v. Brandhofen, geb. seit 1861 Mitglied des österreichischen Herrenhauses.
Vgl. Schneidawind, Leben des Erzherzogs J. von Österreich (Schaffh. 1849);
Schimmer, Leben und Wirken des Erzherzogs J. (Mainz 1849);
Leitner, J. Bapt., kaiserlicher Prinz und Erzherzog von Österreich (in Hlubeks Werk »Ein treues Bild des Herzogtums Steiermark«, Graz 1860);
Schlossar, Erzherzog J. von Österreich und sein Einfluß auf das Kulturleben der Steiermark (Briefe des Erzherzogs aus den Jahren 1810-25, Wien 1878);
Derselbe, Erzherzog J. Baptist von Österreich (das. 1880).
14) J. Nepomuk Salvator, Erzherzog von Österreich und Prinz von Toscana, geb. zu Florenz, [* 52] jüngster Sohn des Großherzogs Leopold II. von Toscana, ward in der Hofburg erzogen, trat erst in ein Jägerbataillon, dann in ein Artillerieregiment, ward 1876 Oberst und Regimentskommandeur in Komorn, 1878 Kommandeur einer Infanteriebrigade in Wien und Generalmajor und befehligte in demselben Jahr eine Brigade bei der bosnischen Okkupationsarmee. 1879 ward er Divisionskommandeur in Preßburg und Feldmarschallleutnant. Seit 1883 befehligt er die 3. Division in Linz. [* 53] Er schrieb: »Betrachtungen über die Organisation der österreichischen Artillerie« (Wien 1875),
»Geschichte des k. k. ¶