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leichtesten Schaffell und liefert ein Leder, dessen Fasern zwar zunächst schwach aneinander haften, aber durch einfache mechanische Bearbeitung voneinander gelöst werden können, worauf dann das Leder den höchsten Grad von Weichheit und Geschmeidigkeit zeigt. Niemals aber ist das Gerbmaterial in dem weißgaren Leder so fest gebunden wie in dem lohgaren; es läßt sich mit Wasser ausziehen, und das ist dann wieder in Haut [* 2] verwandelt. Beim Kochen mit Wasser wird es in Leim verwandelt, während das lohgare Leder viel widerstandsfähiger ist.
Das weißgare Leder hatte früher größere Bedeutung als jetzt, es ist vielfach durch lohgares und in manchen Fällen auch durch sämischgares Leder verdrängt worden; das Glaceeleder und in neuerer Zeit das Kidleder sowie die Chevreaux für Fußbekleidung sind gegenwärtig die wichtigsten Artikel der Weißgerberei. Bei der gemeinen Weißgerberei werden Schaf- und Ziegenfelle verarbeitet und, sofern erstere noch mit Wolle versehen sind, durch ein eigentümliches Verfahren (Anschwöden) enthaart, um die Wolle (Gerberwolle, Raufwolle) zu schonen.
Man bestreicht sie auf der Fleischseite mit einem Brei aus Kalk, Asche und Wasser, legt sie so zusammen, daß die Wolle mit dem Kalk nicht in Berührung kommt, bringt sie in einen Behälter und packt sie um, sobald Erwärmung eintritt. Nach hinreichender Lockerung der Wolle wird dieselbe ausgerauft und der Kalk durch Waschen und mechanische Arbeit entfernt. Nachdem die Häute dann eine weiße Schwellbeize passiert haben, bringt man sie in die Gerberbrühe. Letztere besteht aus 0,75 kg Alaun [* 3] (auch schwefelsaure oder essigsaure Thonerde), 0,30 kg Kochsalz und 22,5 Lit. Wasser, und man zieht die Felle ein- oder zweimal hindurch, um sie dann aufeinander zu legen und nach 2-3 Tagen auszuringen und zu trocknen.
Sie zeigen sich dann ziemlich steif, werden aber durch das »Stollen«, wobei man sie der Breite [* 4] nach über eine stumpfe, bogenförmige Schneide hinwegzieht, sehr steif. Diese Ware dient als Weißleder besonders zu Schuhfutter. Die ungarische Weißgerberei wird auf Büffel-, Rinds- und Roßhäute angewandt und liefert besonders Riemen- und Sattlerleder. Man weicht dieselben ein, enthaart sie dann sofort mit einem scharfen Putzmesser und bringt sie ohne weiteres in die Alaunbrühe, in welcher sie durchgetreten werden und im Sommer 8 Tage, im Winter 1-2 Monate liegen bleiben.
Nach dem Trocknen wird dies Leder gereckt, in der Wärme [* 5] auf beiden Seiten mit Talg getränkt, über Kohlenfeuer hin- und hergezogen und dann aufgehängt. Auch hier verbindet sich das Fett mit der Faser, und das Leder wird gewissermaßen zweimal gegerbt. Dasselbe zeichnet sich durch große Stärke [* 6] und Zähigkeit aus. Zu Glaceeleder verarbeitet man Zickel- und Lämmerfelle, welche angeschwödet oder auf gewöhnliche Weise mit Kalk, bisweilen unter Zusatz von Auripigment, Gaskalk oder Schwefelnatrium, behandelt, enthaart, gewaschen und wiederholt abwechselnd im Wasser mit hölzernen Stampfen behandelt und auf der Narben- und Fleischseite bearbeitet werden.
Dann bringt man sie in eine Kleienbeize, reinigt sie nach 24 Stunden und schreitet nun zur Gerbung. Hierzu dient ein Brei (Nahrung) aus 85 kg Mehl, [* 7] 700 Eidottern, 10,5 kg Alaun, 2,6 kg Kochsalz und der erforderlichen Menge Wasser (auf 1000 Felle oder 300 kg). Die Felle werden in dem Brei bei 35° getreten und bleiben schließlich 24 Stunden darin liegen. Aus dem Alaun tritt, wie bei der gewöhnlichen Weißgerberei, schwefelsaure Thonerde in die Haut ein und verbindet sich mit der Faser; auch das Kochsalz wirkt stark gerbend, das Weizenmehl liefert vielleicht eine Verbindung von Kleber mit Thonerde, welche in die Haut eingeht, und das Eigelb wirkt durch seinen Gehalt an Fett, welches das Leder geschmeidig macht und durch Emulsionen fetter Öle [* 8] ersetzt werden zu können scheint.
Das gare Leder wird langsam getrocknet, durch Wasser gezogen, auf Haufen gebracht, nach gleichmäßigem Durchfeuchten auf der Kurbelwalke bearbeitet und dann in der Länge und Breite über eine stumpfe, halbrunde Klinge gezogen (gestollt). Schließlich läßt man die Felle abermals etwas trocknen, bearbeitet sie auf der Kurbelwalke und egalisiert sie in der Dicke auf einer dem Stolleisen ähnlichen, aber scharfen Klinge. In der Regel wird nun das Glaceeleder gefärbt und zwar entweder durch Eintauchen in die Farbebrühe oder durch Auftragen der letztern mit einer Bürste (Fixfärberei).
Früher färbte man nur mit Pflanzenfarben, jetzt fast ausschließlich mit Anilinfarben. Die gefärbten Felle werden schnell getrocknet und dann durch Treten und Stollen zugerichtet. Das Kidleder wird aus Kalb- und Ziegenfellen hergestellt und für Beschuhungszwecke verwendet. Die Kidgerberei weicht von der Glaceegerberei nur in einigen Punkten ab, die Bearbeitung in der Nahrung erfolgt hier mit einer durch Dampfkraft bewegten Walke. In der Regel werden die Felle mit Blauholz und chromsaurem Kali schwarz gefärbt und erhalten zarten, milden Glanz, indem man sie mit einer Emulsion aus Seifenlösung, Wachs und Talg bestreicht, dann wie Wäsche bügelt und auf der Narbenseite mit Fett einreibt. Die Glanz-Chevreaux aus Zickelfellen werden nach dem Färben getrocknet und auf der Glanzmaschine geglänzt.
[Mineralgerberei.]
Der Weißgerberei schließt sich die Mineralgerberei an, welche speziell die Lohgerberei ersetzen soll, bereits sehr beachtenswerte Resultate erzielt hat und in der Zukunft noch bedeutungsvoller werden dürfte. Die in üblicher Weise gereinigten Blößen werden bei der Mineralgerberei in eine kalte Lösung von basisch schwefelsaurem Eisenoxyd gehängt und, nachdem sie in 2-4 Tagen die Gare erreicht haben, mit Fetten in gelöster Form und mit Eisenseife im Walkfaß behandelt.
Das so erhaltene Leder, welches in 8-14 Tagen hergestellt werden kann, ist wohlfeil, sehr dauerhaft und wird durch Wasser nicht verändert. Ein ähnliches Fabrikat wird erhalten, indem man geschwellte Blößen in eine viertelprozentige Lösung von Chromsäure oder in eine halbprozentige Lösung eines Chromoxydsalzes, beide mit Alaun und Kochsalz versetzt, bringt und nach einiger Zeit in immer stärkere Lösungen überträgt. Nach 4-14 Tagen knetet man das Leder in einer 4-8prozentigen Lösung von Chlorbaryum, Bleizucker oder Seife, wäscht, trocknet oberflächlich, wirkt gut aus und bringt es 36 Stunden in eine Lösung von Stearin, Paraffin, [* 9] Wachs, Harz etc. in Benzin. Ober- und Riemenleder wird dann mit Talg, Thran oder Dégras geschmiert und an einen warmen Ort gehängt oder gewalkt. Das chromgare ist viel wasserdichter als lohgares, und seine Gare kann ihm durch Wasser nicht entzogen werden.
Das in England als Crown leather bekannt gewordene Leder wurde zuerst von Klemm nach einem ihm 1849 in Württemberg [* 10] patentierten Verfahren hergestellt und ist jetzt in England, Deutschland, [* 11] der Schweiz, [* 12] in Nordamerika [* 13] (als Eurekaleder) sehr verbreitet. Nach dem ursprünglichen Verfahren werden die enthaarten trocknen Häute auf der Fleischseite mit einer Mischung aus Mehl, Rindshirn, ¶
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Butter, Milch, Klauenfett und Salz [* 15] bestrichen, in rotierenden Trommeln unter Zuströmen warmer Luft bearbeitet, an die Luft gehängt, von neuem mit dem Gemisch behandelt und hiermit so lange fortgefahren, bis sie gar sind. Das ist besonders biegsam, leicht, fest und dauerhaft. Nach einem zwischen dem Weiß- und Sämischgerben stehenden Verfahren erhielt Klemm das Fettleder, welches, aus starken Häuten bereitet, zu Maschinenriemen, schwerem Schuhwerk, Tornistern etc. verwendbar ist, während Hirsch-, Reh-, Ziegen-, Schaf- und Gemsfelle die schönsten Handschuhleder liefern. Es wird durch anhaltende Behandlung mit siedendem Wasser wenig oder kaum verändert. Zur Darstellung werden die Häute durch Anschwöden enthaart, ausgewaschen und ausgestrichen, in Kleienbeize behandelt, in frischem Wasser abgeschwenkt und auf der Fleischseite ausgestrichen. Zum Gerben benutzt man eine salzhaltige warme Alaunbrühe, in welcher die Häute 24 Stunden verbleiben; dann wäscht man sie mit lauem Wasser, bearbeitet sie in einem Brei aus Mehl, Hirn und Kammfett und läßt sie trocknen.
[Sämischgerberei.]
In der Sämisch- oder Ölgerberei werden Hirsch-, Reh-, Gems-, Elen-, Schaf-, Ziegen-, Kalbfelle, auch Ochsenhäute verarbeitet, und man verwandelt dieselben in Leder, indem man sie mit Fett oder Thran (welches jetzt meist mit einigen Prozenten Karbolsäure versetzt wird) imprägniert und der Luft aussetzt. Das Fett verschwindet dabei für die Wahrnehmung vollständig; es läßt sich aus dem Leder nicht mehr durch Waschen entfernen, und beim Kochen mit Wasser verwandelt sich das Leder äußerst schwer in Leim.
Das sämischgare ist ungemein weich, von fast wolliger Beschaffenheit, besonders wenn, wie bei dicken Ledern üblich, die minder dehnbare und geschmeidige Narbe abgestoßen wurde. Es ist nicht wasserdicht, verliert aber durch Wasser nicht seine Gerbung und kann ohne Schaden gewaschen werden (Waschleder). Die Felle werden geweicht, gestreckt, stark gekalkt und enthaart, wobei man von den stärkern zugleich die Narbe abstößt, dann wiederholt mit Kalk behandelt und auf der Fleisch- und Narbenseite bearbeitet.
Hierauf wässert man die Häute in lauwarmem Wasser, bringt sie in angewärmte, stark saure Kleienbeize und spült und preßt oder ringt sie aus. Behufs der Gerbung werden die Felle wiederholt mit Thran eingerieben, gewalkt und dazwischen der Luft ausgesetzt, bis sie nur noch wenig Fett aufzunehmen vermögen. Schon während des Aushängens an die Luft verändert sich ein Teil des Fettes und verbindet sich mit der Haut; die Umwandlung und Bindung des größern Restes erreicht man durch Aufschichten der Felle in der Wärmekammer, wobei eine Art Gärung eintritt und das Fett energischer Oxydation unterliegt (Färben in der Braut).
Das ölgare ist nun gelb und besitzt einen eigentümlichen, nicht mehr thranigen Geruch. Es enthält aber immer noch etwas ungebundenes Fett und wird deshalb zunächst mit lauwarmer Pottaschelösung behandelt (s. Dégras), dann ausgerungen, getrocknet und gestollt, um ihm die größte Geschmeidigkeit zu geben. Man kann das sämischgare auch bleichen, indem man es an der Sonne [* 16] mit Wasser, Seifenlösung oder der zum Auswaschen benutzten Pottaschelösung benetzt.
Gefärbt wird das sämischgare Leder durch Eintauchen, worauf man es in eine Lösung von Eigelb, Alaun und Wasser bringt, spült, trocknet und glättet. Zum Gelbfärben mischt man Ocker, Kreide [* 17] und Schüttgelb mit Wasser und wenig Kleister zu einem Brei, trägt diesen mit einer Bürste auf, läßt trocknen, stollt und schüttelt das nicht haftende Pulver aus. Weiß färbt man in ähnlicher Weise mit Kreide. Für andre Farben beizt man mit Alaun und trägt dann die Farbebrühe mit einer Bürste auf. Rauh- oder Rauchleder ist sämischgares Leder, dessen Narbe nicht abgestoßen worden, und dessen Fleischseite geschwärzt ist; es ist wegen seiner Milde und Weichheit zu Damenstiefeln sehr beliebt. Transparentleder ist mit verdünntem, alaunhaltigem Glycerin imprägnierte und getrocknete Haut. Es ist sehr weich und eignet sich vorzüglich zu Bindriemen; gegen Wasser verhält es sich nicht viel anders als Haut.
Geschichtliches und Statistisches.
Die Gerberei ist unzweifelhaft einer der ältesten Industriezweige. Die ausgedehnte Benutzung der Tierhäute mußte notwendig zum Aufsuchen einer Behandlungsweise führen, durch welche sie vor Fäulnis geschützt werden konnten, und vielleicht wurde zuerst eine Art sämischgares Leder erzeugt. Lange vor Beginn unsrer Zeitrechnung waren lederne Gefäße und Kleidungsstücke bei Ägyptern und Juden gebräuchlich, und von diesen erhielten auch die Römer [* 18] das Leder. Die Enthaarung erzielte man bei den Römern durch Urin und Maulbeerblätter, auch mit Hilfe der Frucht der Zaunrübe.
Als Gerbmaterialien [* 19] waren Kiefer-, Erlen- und Granatbaumrinde, Galläpfel, Sumach, Eicheln, bei den Ägyptern die Schoten einer Akazie gebräuchlich; doch benutzte man auch Alaun mit Salz. Bis in die neueste Zeit hinein hat sich die Gerberei ganz empirisch entwickelt, die Fortschritte der Naturwissenschaft gingen spurlos an ihr vorüber; sie stützt sich ganz auf praktische Erfahrung, und damit hängt es zusammen, daß wir so wenig von der Geschichte der Gerberei wissen. Im Mittelalter, wo schon bei allen zivilisierten Völkern Leder dargestellt wurde, scheint die Gerberei einen vorwiegend landschaftlichen Charakter angenommen zu haben, und noch jetzt tritt derselbe hier mehr als in andern Industriezweigen hervor.
Das Gerben mit Galläpfeln bildete sich als die Methode des Orients, das Gerben mit Eichenlohe als die des Occidents, das Gerben mit Alaun als die der Sarazenen heran. Der Orient übertraf in seinen Produkten lange Zeit den Westen; 1749 wurde die erste europäische Saffianfabrik im Elsaß errichtet, aber erst seit 1797 datiert mit der Gründung der Gerberei in Choisy bei Paris [* 20] der Aufschwung der französischen Saffiangerberei. In Deutschland (Württemberg) fand diese Fabrikation bald nach 1800 Eingang.
Die englischen Lohgerbereien erzeugten im 18. Jahrh. bereits vorzügliches Leder. In Deutschland erlangten die Gerbereien in Malmedy und Mainz [* 21] großen Ruf. Die Berliner [* 22] Lohgerberei gewann seit 1734 durch französische Einwanderer bedeutende Ausdehnung [* 23] und Vervollkommnung. Die zuerst in Frankreich mit Erfolg betriebene Lacklederfabrikation pflanzte sich bald nach Deutschland fort, ebenso das Weißgerben von Ziegen-, Lamm- und Schaffellen, welches anfänglich ein besonderer Industriezweig der Stadt Annonay und ihrer Umgegend war. 1769 hatte Macbridge das Gerben mit Lohbrühe vorgeschlagen; eine irrationelle Darstellungsweise der Brühe war aber der Ausbreitung dieser Methode lange hinderlich, und erst zu Ende des Jahrhunderts fand sie allgemeine Anwendung. Später wetteiferten Engländer und Amerikaner in der Ausbildung der Schnellgerberei. Während dann die Arbeiten von Knapp, Lietzmann, Rollet, Reimer einen gewissen Einblick in das Wesen der Gerberei verschafften, war man in der Praxis vor allem bemüht, durch Einführung von Maschinen die Zurichtung des Leders zu vervollkommnen. Schon vor 1800 hatte ¶