charakterisiert werden, weiß der Verfasser von Friedrich I. schon nicht mehr, daß derselbe die Königswürde erworben hat.
Die nachfolgenden Könige werden ganz verkehrt und den geschichtlichen Thatsachen widersprechend geschildert. Das elfte Stemma,
mit dem das Hohenzollernhaus enden sollte, war Friedrich Wilhelm III., und nur durch die gezwungene Auslegung, daß Friedrich
II. und Friedrich Wilhelm IV., weil ohne direkte Nachkommen, keine Stemmata seien, dehnen die ultramontanen Erklärer die Frist
bis auf Wilhelm I. aus, nach welchem der Hirt, d. h. der Papst, die Herde, Deutschland den (katholischen habsburgischen) König
wiedererhalten werde.
Die Weissagung ist augenscheinlich von einem Märker um 1690 verfaßt. Die älteste Widerlegung schrieb 1746 der
Pfarrer Weiß in Lehnin. Auf Veranlassung Friedrich Wilhelms III. beschäftigte sich Wilken zuerst mit der Frage nach dem Verfasser
und erklärte 1827 den 1693 verstorbenen Kammergerichtsrat Martin Friedrich Seidel dafür, Giesebrecht den Rittmeister v. Ölven,
Gieseler den Abt von Huysburg, Nikolaus v. Zitzewitz. Schon Valentin Schmidt wies auf Ludwig Andreas Fromm hin,
und Hilgenfeld (»Die Lehninsche Weissagung«, Leipz. 1875) begründete eingehend die Behauptung, daß Fromm der Urheber der Fälschung
sei.
Dieser war Propst an der Petrikirche zu Berlin, und selbst ein eifriger orthodoxer Lutheraner, trat er gegen die Maßregeln
des Großen Kurfürsten wider die lutherischen Geistlichen schroff auf und entzog sich einer Disziplinaruntersuchung 1666 durch
die Flucht nach Wittenberg. Da er hier nicht den gewünschten Empfang fand, begab er sich nach Prag, trat hier 1668 zur katholischen
Kirche über und wurde Domherr in Leitmeritz, wo er 1685 starb. Aus religiösem Fanatismus, und um sich an
dem hohenzollerischen Fürstenhaus zu rächen, schrieb der Konvertit das Gedicht und verbreitete es unter der Hand in geheimnisvoller
Weise unter einflußreichen Personen. Andre (Bailleu in der »Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde«, Bd.
15, S. 368) behaupten, daß ein in der Stadt Brandenburg oder deren Umgebung wohnender katholischer Märker, der
über die Ansiedelung von Schweizer Kolonisten bei Lehnin erzürnt war, 1691 das Vaticinium verfaßt habe.
Vgl. Sabell, Litteratur
der sogen. Lehninschen Weissagung (Heilbr. 1879).
im subjektiven Sinn das einer Person an einer fremden Sache zustehende erbliche Nutzungsrecht, welches ursprünglich
vom Eigentümer gegen das Versprechen der Treue verliehen wurde;
im objektiven Sinn der Inbegriff der über
die Lehnsverhältnisse geltenden Rechtsgrundsätze. Vgl. Lehnswesen.
(Feudal-, Benefizialwesen). Man versteht unter Lehen (Lehnrecht, lat. Feudum, Feodum, Beneficium) das ausgedehnteste
erbliche Nutzungsrecht an einer fremden Sache, welches sich auf eine Verleihung seitens des Eigentümers
gründet, die zugleich zwischen diesem und dem Berechtigten das Verhältnis wechselseitiger Treue hervorruft; auch diese Sache
selbst, zumeist ein Grundstück oder ein Komplex von Grundstücken, wird Lehen (Lehnsgut) genannt.
Der betreffende Eigentümer ist der Lehnsherr (Lehnsgeber, dominus feudi, senior), der Berechtigte der Vasall
(vassus, vasallus) oder Lehnsmann. Sprachlich hängt der Ausdruck »Lehen« mit »leihen« zusammen, bedeutet also s. v. w.
geliehenes Gut, während
das Wort »Feudum« nach einigen vom lat. fides (Treue),
richtiger aber wohl vom altdeutschen feo (d. h.
Vieh, dann überhaupt »Gut«) abzuleiten ist. Den Gegensatz zum Lehen bildet das freie Eigentum, Allodium (s. d.).
Die dem Vasallen zustehende Berechtigung nähert sich thatsächlich dem Eigentum so sehr, daß man dieselbe geradezu als nutzbares
Eigentum (dominium utile) und das Recht des eigentlichen Eigentümers als Obereigentum (dominium directum) zu bezeichnen pflegt.
Die Rechtsgrundsätze über das Lehnswesen bilden das Lehnrecht im objektiven Sinn.
[Geschichte des Lehnswesens.]
Das Lehnswesen entwickelte sich zuerst in der fränkischen Monarchie und bildete jahrhundertelang die
Grundlage der mittelalterlichen Heerverfassung und des germanischen Staats. Die Karolinger pflegten nämlich an freie Leute
Güter zu verleihen, wogegen sich diese zur Leistung von Kriegsdiensten verpflichteten, indem sie als Fideles (Getreue) in das
königliche Gefolge eintraten, und dies Verfahren wurde bald von weltlichen und geistlichen Großen nachgeahmt.
Nach und nach bildete sich dann der Grundsatz der Erblichkeit der Lehen und der Zulässigkeit des Weitervergebens in Afterlehen
aus, welch letztere 1037 von Konrad II. ebenfalls für erblich erklärt wurden. So kam es, daß im 12. Jahrh. bereits
alle Herzogtümer und Grafschaften als Lehen vergeben waren. Innerhalb dieser einzelnen Territorien aber
bestand wiederum ein vielgliederiges und ebendasselbe war in den geistlichen Territorien der Fall. Mit dem Sinken der kaiserlichen
Macht entwickelte sich dann aus dem Lehnswesen die Landeshoheit der Reichsfürsten, so daß die schließliche Auflösung des Deutschen
Reichs zumeist durch das mittelalterliche Lehnswesen herbeigeführt worden ist.
Übrigens blieb das Lehnswesen keineswegs auf das Gebiet des öffentlichen Rechts beschränkt; dasselbe überwucherte vielmehr in
Deutschland auch die Privatrechtsverhältnisse, indem die verschiedenartigsten Gegenstände »ins
Lehen gereicht« und die verschiedenartigsten Berechtigungen als lehnrechtliche konstituiert wurden. Mit der politischen Bedeutung
des Lehnswesens sank jedoch auch diese privatrechtliche, und heutzutage hat dasselbe seine Lebensfähigkeit
vollständig verloren.
Schon durch die Revolution von 1649 und dann durch eine ausdrückliche Verordnung Karls II. von 1660 wurde in England der Lehnsverband
beseitigt, ebenso in Frankreich durch die Beschlüsse der Nationalversammlung vom 4. und 5. Aug. 1789. In Deutschland wurden mit
der Auflösung des Deutschen Reichs 1806 die vorhandenen Reichslehen teilweise allodifiziert, indem deren Inhaber souveräne
Fürsten wurden. Bei andern Reichslehen dagegen trat an die Stelle von Kaiser und Reich derjenige Landesherr als Lehnsherr, in
dessen Gebiet das Lehnsgut gelegen war, indem die Lehnsträger mediatisiert wurden.
Zudem entsagten in der Rheinbundsakte, Art. 34 (sogen. Verzichtsartikel),
die verbündeten Fürsten gegenseitig allen Lehnrechten, welche dem einen rücksichtlich des Gebiets des andern zustehen möchten.
Innerhalb der einzelnen Territorien aber wurde in der Folge der Lehnsverband vielfach für ablösbar erklärt und so die Möglichkeit
der Umwandlung des Lehens in volles Eigentum gegeben, so zuerst 1836 in Hannover; auch wurde die Errichtung
neuer Lehen gesetzlich untersagt, z. B. in Preußen durch das Gesetz von 1852, wie denn auch die deutschen Grundrechte von 1848 bestimmt
hatten: »Aller Lehnsverband ist aufzuheben«. So kommt es denn, daß dermalen
nur noch wenige Überreste des einst so bedeutungsvollen Lehnswesens in die
mehr
Gegenwart hineinragen, deren Tage ebenfalls gezählt sind (s. Ablösung).
Quellen des deutschen Lehnrechts sind außer den Verordnungen der fränkischen und deutschen Könige (constitutiones feudales)
die mittelalterlichen Rechtsbücher, wie der Sachsenspiegel und der Schwabenspiegel, das Görlitzer Lehnrecht und der Richtsteig
Lehnrechts, welcher vom lehnrechtlichen Gerichtsverfahren handelt. Außerdem aber fand mit dem römischen
Recht auch eine langobardische Lehnrechtssammlung in Deutschland Eingang, die sogen. Libri feudorum, ursprünglich eine Privatarbeit
des Mailänder Konsuls Obertus ab Orto, welche, mit Schöffensprüchen und kaiserlichen Verordnungen vermehrt, dem Corpus juris
civilis (s. d.) als Anhang beigefügt, von den italienischen Rechtslehrern glossiert
wurde und in dieser Gestalt in Deutschland Gesetzesautorität erhielt. Dazu kamen dann zahlreiche Partikulargesetze
in den einzelnen deutschen Territorien, wie z. B. das kursächsische Lehnsmandat von 1764,
das altenburgische Lehnsedikt von 1795, das badische Edikt vom 12. Aug. 1807, das bayrische Lehnsedikt von 1808 und die Ablösungsgesetze
der Neuzeit.
[Wesentliche Grundsätze des Lehnrechts.]
Zu jedem wahren Lehen gehören als notwendige Voraussetzungen
(essentialia feudi) ein lehnbarer Gegenstand, ein fähiger Lehnsherr, ein fähiger Vasall und das zwischen beiden bestehende
Verhältnis der Lehnstreue. Außerdem werden als natürliche oder regelmäßige Eigenschaften des Lehens (naturalia feudi),
welche im Zweifel bei jedem Lehen vorhanden sind, bezeichnet: die Investitur, d. h. die feierliche Verleihung des Lehens, die
Erblichkeit und die besondere Erbfolge in Ansehung der Lehen mit Bevorzugung des Mannesstamms, endlich die Leistung von Diensten
und zwar ursprünglich und eigentlich von Kriegsdiensten.
Der Mangel einer solchen Eigenschaft macht ein Lehen zu einem unregelmäßigen oder uneigentlichen (feudum irregulare, improprium).
Ursprünglich galten nur Liegenschaften für lehnbar, namentlich die sogen. Rittergüter (Ritterlehen,
adlige Lehen, feuda nobilia, im Gegensatz zu unadligen Lehen, feuda ignobilia) oder eine Burg oder ein sonstiges Gebäude (feudum
castri, keminatae, aedificii). Aber auch an unkörperlichen Sachen wurden Lehen errichtet, indem die verschiedenartigsten Rechte
nach Lehnrecht verliehen wurden, so z. B. gewisse Hoheitsrechte über ein bestimmtes Territorium (feuda regalia),
die sogen. Fürstenlehen oder Fahnenlehen, so genannt, weil bei der Beleihung eine Fahne als Symbol diente.
Dahin gehören ferner die Beleihungen mit gewissen Ämtern (Ämterlehen, Ambachtslehen, feudum officii), namentlich Hofämtern,
und das einst dem Haus Thurn und Taxis verliehene Postlehen sowie die lehnsweise erteilte Gerichtsbarkeit (feudum jurisdictionis).
Dazu kommen dann zahlreiche Lehen an Kirchensachen und kirchlichen Rechten, Kirchenlehen (Stiftslehen, feuda
ecclesiastica), Beleihungen mit den mit einem Altar verbundenen Stiftungen (feudum altaragii).
Außerdem wurden zahlreiche Realberechtigungen, Renten, Gülten und Zehnten (feudum decimarum), verliehen; auch sogen. Geldlehen
kamen vor, bei welchen der Vasall die Zinsen eines gewissen Kapitals bezog. Keine Lehen, sondern Allodialgüter
waren dagegen die sogen. Sonnenlehen, bei welchen die Sonne oder die Gottheit gewissermaßen als Lehnsherrin fingiert wurde.
Zur persönlichen Lehnsfähigkeit des Lehnsherrn (aktive Lehnsfähigkeit) wird erfordert: Dispositionsbefugnis in Ansehung
des Gegenstandes, der verliehen werden soll, und
Wehrfähigkeit. Da der Vasall nämlich ursprünglich stets zu Kriegsdiensten
verpflichtet war, so konnten nur solche Personen, die den Heerschild hatten, also Ritterbürtige, die sich
eben solche Dienste versprechen lassen konnten, Lehnsherren sein, bis dann in spätern Zeiten an die Stelle der Kriegsleistungen
vielfach bestimmte Abgaben, namentlich die sogen. Ritterpferdsgelder, traten (sogen.
Zins- und Beutellehen). Da nun aber in einem geordneten Staatswesen nur dem Staatsoberhaupt die Militärhoheit
zusteht, so konnte eigentlich nach modernem Staatsrecht auch nur der Souverän selbst als fähiger Lehnsherr erscheinen, wie
dies in einzelnen Staaten, z. B. in Bayern und Mecklenburg, ausdrücklich durch Gesetz verordnet worden ist; daher die Einteilung
in Staatslehen und Privatlehen, bei welch letztern eben ein Unterthan Lehnsherr war.
Zur passiven Lehnsfähigkeit des Vasallen wurde Unbescholtenheit und Waffenfähigkeit erfordert, weshalb namentlich Frauen
lehnsunfähig waren und nur ausnahmsweise sogen. Weiberlehen (»Kunkellehen«, im Gegensatz zu »Helmlehen«) vorkamen. Aus demselben
Grund erschienen Bauern als lehnsunfähig und ebendarum die zahlreichen bäuerlichen Leihen (sogen. Feudaster) als uneigentliche
Lehen (s. Kolonat). Die Begründung eines Lehens geschieht der Regel nach durch Investitur (constitutio feudi,
infeudatio).
Diese ist aber nichts andres als die deutschrechtliche Auflassung (s. d.). Es sind dabei zwei wesentliche Handlungen zu unterscheiden:
die Belehnung (actus traditionis) und die Huldigung (actus inaugurationis);
erstere erfolgte früher regelmäßig unter Anwendung
gewisser Symbole, z. B. einer Fahne, eines Schwertes;
letztere bestand in der eidlichen Versicherung, dem
Lehnsherrn treu, hold und gewärtig sein zu wollen (Lehnseid, homagium, vassallagium);
nur ausnahmsweise genügte der bloße
Handschlag des Vasallen (sogen. Handlehen).
Das über die Investitur von der zuständigen Behörde (Lehnsgericht, Lehnshof, Lehnskurie)
aufzunehmende Protokoll heißt Lehnsprotokoll. Der Vasall kann die Ausstellung eines Lehnsbriefs verlangen,
d. h. einer Urkunde, worin die Investitur samt ihren Bedingungen bezeugt wird. Die Urkunde, durch welche dem Vasallen die stattgehabte
Beleihung vorläufig bescheinigt wird, heißt Lehns- oder Rekognitionsschein und diejenige, durch welche der Vasall dem Lehnsherrn
die Beleihung und die Lehnspflicht bescheinigt, Lehnsrevers (Gegenbrief).
Ein Lehnsinventar, d. h. eine Beschreibung des Lehnsguts mit seinen Pertinenzen, unterschrieben von dem
Lehnsherrn, resp. von dem Vasallen (Lehnsdinumerament), kann jeder von beiden von dem andern verlangen. Lehnskontrakt (contractus
feudalis) heißt der Vertrag, durch welchen eine Beleihung vereinbart und vorbereitet wird. Im Mittelalter kam auch häufig
die sogen. Lehnsauftragung (oblatio feudi) vor, darin bestehend, daß jemand, um
sich unter den Schutz eines mächtigern Lehnsherrn zu begeben, diesem sein Allod zum Eigentum übertrug, um es dann von jenem
als Lehen zurückzuempfangen.
Besondere Arten der Investitur sind die Koinvestitur und die Eventualbelehnung. Erstere (investitura simultanea) ist diejenige
Investitur, welche gleichzeitig an dem nämlichen Gegenstand mehreren Personen erteilt wird. Hier werden
die mehreren Beliehenen nach ideellen Teilen an dem Lehnsgut berechtigt, ohne daß zwischen ihnen etwa ein wechselseitiges
Erbrecht in Ansehung des letztern begründet würde (Mitbelehnung, coinvestitura juris