[* 1] Amtshauptstadt in der sächs. Kreishauptmannschaft
Dresden,
[* 8] ehemals Sitz der
Markgrafen,
Burggrafen und
Bischöfe
von Meißen, an der Mündung der Triebisch in die
Elbe, über die hier zwei
Brücken
[* 9] führen, und an der
LinieLeipzig-Döbeln-Dresden der
Sächsischen Staatsbahn, was seine landschaftliche Umgebung betrifft, eine der schönstgelegenen
StädteDeutschlands,
[* 10] 109 m ü. M., in seinem Innern reich an altertümlichen
Architekturen; nur der neue Anbau im Triebischthal
trägt ganz modernen
Charakter. Zu Meißens berühmtesten Bauwerken gehört der
Dom, ein Meisterstück
gotischer
Baukunst,
[* 11] mit einer 80 m hohen Turmpyramide von sehr zierlich durchbrochener
Arbeit; die beiden Haupttürme sind 1547 durch
Blitz zerstört worden.
Der erste
Gründer des
Doms ist
KaiserOtto I., nachdem aber das ursprüngliche Gebäude zu Anfang des 13. Jahrh. durch
Feuer zerstört worden, ward das gegenwärtige von 1372 bis Mitte des 15. Jahrh.
erbaut. Das schöne figurenreiche Hauptportal wird leider durch die von
KurfürstFriedrich dem Streitbaren als Erbbegräbnis
seines
Stammes erbaute Fürstengruft verdeckt; dieselbe enthält mehrere aus P.
Vischers Werkstatt stammende Grabplatten. Einen
zweiten Anbau bildet die Grabkapelle
HerzogsGeorgs des
Bärtigen und seiner Gemahlin
Barbara.
Unter den übrigen acht
Kirchen Meißens sind die Stadt- oder Frauenkirche, die uralte, schon von
Thietmar von
Merseburg
[* 12] erwähnte
Nikolaikirche, in welcher noch Fresken von hohem
Alter sichtbar sind, die St. Afrakirche, die nicht mehr benutzte
Franziskaner-
und die 1887 vollendete
katholische Kirche nennenswert. Das neben der
Domkirche stehende
Schloß, eins der
edelsten und großartigsten Profanbauwerke spätgotischen
Stils, ist 1471-83 unter
KurfürstErnst und
HerzogAlbrecht durch
MeisterArnold vonWestfalen
[* 13]
erbaut, unter
JohannGeorg II. im 17. Jahrh. restauriert und
Albrechtsburg genannt. 1710 der Porzellanmanufaktur
eingeräumt, seit deren Verlegung in das Triebischthal im J. 1860 aber in würdiger
Weise restauriert
und in seinen Haupträumen mit
Wandmalereien geschmückt. Im
Hof
[* 14] derselben das Standbild
HerzogsAlbrecht von Hultzsch (vgl.
Puttrich, Das
Schloß und der
Dom zu Meißen, Leipz. 1845;
Gurlitt, Das
Schloß zu Meißen,
Dresd. 1881). Das von 1479 an erbaute
Rathaus
ist 1875 restauriert worden.
Die
Fürsten- und Landesschule zu St.
Afra, auf dem durch einen einzigen
Bogen
[* 15] von 13 m
Spannweite mit dem Schloßberg verbundenen
Afraberg, seit 1879 in neuem Gebäude, die Bildungsstätte
Gellerts und
Lessings, ist 1543 von
HerzogMoritz gestiftet, der ihr
die Gebäude des aufgehobenen (1205 gegründeten) Afraklosters überwies (vgl.Flathe, Geschichte der
Fürstenschule St.
Afra zu Meißen, Leipz. 1879); die schöne
Aula enthält Wandgemälde von
Große und
Pauwels.
Die Stadt zählt (1885) 15,474 meist evang. Einwohner. Unter ihren
industriellen Anstalten steht die königliche Porzellanmanufaktur obenan. 1710 von J.
Fr.
^[JohannFriedrich]
Böttger (s. d.)
gegründet, ist sie die älteste inEuropa
[* 16] und beschäftigt 800
Personen; ihr durch die ganze
Welt berühmtes
Fabrikat pflegt mit Vorliebe den Rokokostil (vgl.
Böhmert, Geschichte der Meißener Porzellanmanufaktur, in der
»Zeitschrift
des königlich sächsischen statistischen
Büreaus« 1880, Heft 1 u. 2). Durch sie angeregt, blühen in Meißen die
keramischen
Gewerbe; außerdem befinden sich hier
Eisengießereien u. Maschinenfabriken, eine Jutespinnerei,
Sicherheitszünderfabriken,
Zigarren-,
Nähmaschinen-,
Lampen-, Metallwaren- und Möbelfabrikation, Bierbrauerei,
[* 17] Weinhandel
und
Schiffahrt etc. Meißen hat ein
Amtsgericht, ein
Hauptsteueramt, eine
Realschule mit
Progymnasium, eine
Handels- und eine landwirtschaftliche
Schule. In der schönen, ansehnlichen
Obst- und Weinbau treibenden Umgebung sind zu bemerken: die
Ruinen des 1570 aufgehobenen
Cistercienserinnenklosters zum
HeiligenKreuz,
[* 18] das v. Miltitzsche
Schloß Siebeneichen mit großem
Park,
das alte
Schloß Scharfenberg, an dessen
Fuße Silberbergbau getrieben wird, und die moderne Huttenburg im Triebischthal. -
Meißen (ursprünglich Misni, vermutlich v. slaw. mysny,
»Vorgebirge«) wurde von König
Heinrich I. um 928 als Zwingburg gegen die
Daleminzier erbaut und blühte als Sitz des
Markgrafen, des
Burggrafen und des
Bischofs empor. Im 15. Jahrh.
litt es durch die
Hussiten. Im J. 1548 fanden hier Beratungen über das
Interim statt. Im
SchmalkaldischenKrieg (1547) wurde
Meißen von den Kaiserlichen besetzt, im Dreißigjährigen 1637 von
BanérsSchweden
[* 19] überrumpelt und zum großen Teil verbrannt, 1645 von
denselben unter
Königsmark das
Schloß erobert.
Auch im Siebenjährigen
Krieg erlitt die Stadt mehrfache Drangsale. Am ließ der französische
MarschallDavoût
die Elbbrücke abbrennen; am wurde dieselbe beim Einmarsch der
Preußen
[* 20] von den
Sachsen gesprengt.
Vgl.
Reinhard,
Die Stadt Meißen, ihre Merkwürdigkeiten etc. (Meiß.
1829);
Rüling, Geschichte der
Reformation zu Meißen etc. (das. 1839);
Gersdorf, Urkundenbuch der Stadt Meißen (Leipz. 1873);
»Mitteilungen
des
Vereins für die Geschichte der Stadt Meißen« (1882 ff.).
Großalmerode. Sein weithin sichtbarer, geologisch interessanter Gipfel, 750 m hoch, ist eine 4 km lange, 2 km breite und 450 Hektar
große Wiesenfläche mit dem FrauHollen-Teich an der östlichen Seite.
Letzter besteht aus Buntsandstein, die westliche aus
Muschelkalk, von Basalt durchbrochen (s. Tafel »Gangbildungen«,
[* 25] Fig. 1).
»Epaminondas« (das. 1798) etc.
und seine einst sehr beliebten »Skizzen« (das. 1778-96, 14 Sammlungen), novellenartige Schilderungen und
Aufsätze verschiedenen Inhalts (in Auswahl, Lindau
[* 30] 1876). Meißners sämtliche Werke wurden von Kuffner (Wien
[* 31] 1813-14, 36 Bde.)
herausgegeben.
2) Alfred, Dichter, geb. zu Teplitz, Enkel des vorigen, besuchte das Piaristengymnasium in Schlackenwerth und studierte
zu PragMedizin, widmete sich inzwischen schon in jugendlichem Alter ausschließlich der Litteratur. Nach
wechselndem Aufenthalt zu Leipzig, Paris
[* 32] und Frankfurt
[* 33] a. M. kehrte Meißner 1850 nach Prag zurück, unternahm von hier aus zahlreiche
Reisen und ließ sich endlich (1869), nach erfolgter Verheiratung, dauernd in Bregenz
[* 34] nieder, wo er starb. Meißners
erstes Auftreten fiel in die Zeit der höchsten politischen Gärung; neben der spezifisch politischen
Poesie hatten Lenau, Byron und die neuern französischen Dichter einen bedeutenden Einfluß auf ihn. Mit dem Epos »Ziska« (Leipz.
1846, 12. Aufl. 1881) errang er einen raschen Erfolg; die lebendige, farbenreiche Schilderung
und die energische Kraft
[* 35] einzelner Gesänge und Bilder halfen über den Mangel künstlerischer Einheit und
tieferer Charakteristik hinüber. In seinen »Gedichten« (Leipz.
1845, 12. Aufl. 1881) fanden sich einzelne wahrhaft empfundene Stimmungen und schwungvolle Lieder, daneben freilich auch viel
hohle Rhetorik und unklare Zerrissenheit. Während der Jahre 1848-49 publizierte Meißner das komische Epos »Der Sohn des AttaTroll« (Leipz. 1850),
»Reginald Armstrong, oder die Welt des Geldes«
(das. 1853) und »Der Prätendent von York« (das. 1857) gewann Meißner zwar keine entscheidenden
Bühnenerfolge, erwies aber so viel echte, wenn schon etwas herbe Gestaltungskraft, daß sein Wiederabwenden von der dramatischen
Dichtung um so beklagenswerter erschien, als seine nachfolgenden Romane dem Unterhaltungsbedürfnis des Publikums und der modernen
Schnellproduktion mehr als billig Konzessionen machten. Fehlte den ersten derselben: »Die Sansara« (Leipz. 1858, 4 Bde.; 3. Aufl.
1861),
»Der Pfarrer von Grafenried« (Hamb. 1855; 2. Aufl. u. d. T.:
»Zwischen Fürst und Volk«, Leipz. 1861, 3 Bde.),
eine tiefere poetische Idee und manche glänzende Einzelausführung nicht, und erhoben sich auch die spätern: »Zur EhreGottes«,
eine Jesuitengeschichte (das. 1860, 2
Bde.),
»Norbert Norson«
(das. 1883) etc., über die geist- und inhaltlose Tagesbelletristik:
so ließen sie doch die eigentlich dichterische Vollendung vermissen. Höher standen einzelne Stücke der »Charaktermasken«
(Leipz. 1862, 3 Bde.),
der »Rokokobilder« (Gumbinn. 1871) sowie das Gedicht »Werinherus« (Leipz.
1872) und »Der Bildhauer von Worms«
[* 36] (Berl. 1874, 2 Bde.).
Außerdem erschienen von Meißner noch: »HeinrichHeine; Erinnerungen« (Hamb. 1856);
und »Historien«, geschichtliche
und litterargeschichtliche Skizzen (das. 1875).
Seine »Gesammelten Schriften« (Leipz. 1871-73, 18 Bde.)
vereinigen den größern Teil der poetischen SchöpfungenMeißners. Eine Nachlese dazu erschien unter
dem Titel: »Mosaik« (Berl. 1886, 2 Bde.),
eine Sammlung seiner »Dichtungen« insbesondere in 4 Bänden (das. 1881). SeinLeben (bis 1856) beschrieb er selbst in der »Geschichte
meines Lebens« (Teschen 1884, 2 Bde.).