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meisten Hakim haben Recht über Leben und Tod; andre können nur mit Schlägen, Verstümmelungen oder Gefängnis bestrafen. Der Scheich ul Islam hat noch eine Anzahl Kadi als Einzelrichter unter sich. Bestechung findet leicht und oft statt. Die Einkünfte des Schahs erwachsen ordentlicherweise aus der Grundsteuer (Mal i Diwan) und aus Zöllen. Jene wird teils in Geld, teils in Produkten bezahlt, und die Eintreibung derselben hat der Kedchuda zu besorgen. Die Güter zahlen nominell ⅕, in der That aber ⅓ des Ertragswerts; was über ⅕ hinausgeht, bleibt in den Händen der Steuererheber.
Wer Kronland bebaut, zahlt die Hälfte des Ertrags. Wer eignen Boden besitzt, muß nicht bloß für das bebaute, sondern auch für das brach liegende Feld Steuer entrichten, und wer mit der Steuer im Rückstand bleibt, geht des ganzen Grundstücks verlustig. Dazu kommt die unregelmäßige Steuer (Sadir Awariz), die bei Ausrüstung eines Heers oder unter irgend einem andern Vorwand ausgeschrieben wird und den Unterbeamten ganz besondere Veranlassung zu Erpressungen bietet.
Die ordentlichen Einkünfte der Regierung werden auf 45 Mill. Toman geschätzt, mögen jetzt aber stark heruntergegangen sein; die Ausgaben werden zu 4¼ Mill. Toman angenommen. Eine Staatsschuld besteht nicht, dagegen ein Schatz, in welchem an Gold, [* 2] kostbarem Geschirr und Edelsteinen ca. 9 Mill. Toman sich befinden sollen, und in den auch die Überschüsse aus der Staatsverwaltung fließen. Das Heer, für welches seit 1875 die allgemeine Wehrpflicht mit zwölfjähriger Dienstzeit vom 20. Lebensjahr an eingeführt ist, ist teilweise von europäischen Offizieren eingeübt und besteht aus Fußvolk (Serbaz), Reiterei (Savareh) und Artillerie (Toptschi). Zu Anfang 1879 zählte es nominell 77 Regimenter Infanterie zu 800-1000 Köpfen, zusammen ca. 70,000 Mann;
79 Regimenter Kavallerie zu etwa je 400 Pferden, zusammen ca. 30,000 Pferde; [* 3]
20 Regimenter Artillerie von 13 Batterien zu 48 Geschützen, zusammen 5000 Mann mit 200 Geschützen;
ein Pionierregiment zu 500 Mann.
Neben diesen regulären 105,000 Mann, von denen aber kaum die Hälfte wirklich unter Waffen [* 4] steht, gibt es noch 24 Bataillone Miliz von 250-500 Köpfen für den Gendarmerie- und Polizeidienst, zusammen ca. 10,000 Mann. Ein Teil der Truppen führt Chassepot-, ein andrer Werndl-Gewehre, die Artillerie Uchatius-Geschütze. Uniformiert ist das Heer neuerdings ganz nach österreichischem Muster. Die persische Fahne besteht aus einem dreieckigen, sehr langen Stück Seidenzeug, worauf ein Löwe gemalt ist, über dessen Rücken eine breite Sonne [* 5] strahlt (s. Tafel »Flaggen«); [* 6] die Fahnenspitze bildet eine ausgestreckte Hand [* 7] von Silber. Der Schah bedient sich jedoch nicht dieses Wappens, sondern führt in seinem Siegel nur seine Namenschiffer. - Das Reich zerfällt administrativ in 9 Hakimnischin (Provinzen.), die wieder in Buluk oder Mehal (Kreise) [* 8] abgeteilt sind.
Jeder Provinz ist, wie schon erwähnt, ein Hakim vorgesetzt, der aber gewöhnlich in der Hauptstadt seinen Sitz hat, während er in der Provinz durch einen Wesir vertreten wird. Die Provinzen sind: Aserbeidschân, Ispahan (nebst Fars, Arabistan, Jezd, Irak Burudschird, Luristan, Kirmanschahan, Kurdistan, Bachtiar etc.), Chorasan mit Seïstan, Teheran (mit Gilan, Masenderan, Astrabad, Kaschan etc.), Chamseh, Kazwin, Hamadan, Kirman nebst Belutschistan und Semnan (mit Danghan und Schahrud). Hauptstadt des Reichs ist Teheran.
Vgl. außer den Reisewerken von M. Wagner (Leipz. 1852), Brugsch (»Reise der preußischen Gesandtschaft nach Persien«, [* 9] das. 1862; »Im Lande der Sonne«, Berl. 1886), Petermann (Leipz. 1861),
Arnold (Lond. 1876),
Anderson (das. 1880): Polak, Persien (Leipz. 1865, 2 Bde.);
Khanikow, Ethnographie [* 10] de la Perse (Par. 1866);
Piggot, Persia ancient and modern (Lond. 1874);
»Eastern Persia: an account of the journeys of the Persian boundary commission 1870-72« von Goldsmid, Blanford u. a. (das. 1876, 2 Bde.);
»Aus Persien. Aufzeichnungen eines Österreichers« (von Postrat v. Riederer, Wien [* 11] 1882);
Stolze und Andreas, Die Handelsverhältnisse Persiens (Ergänzungsheft zu »Petermanns Mitteilungen«, Nr. 77, Gotha [* 12] 1885);
Wills, In the land of the lion and the sun (Lond. 1883);
Derselbe, Persia at it is (das. 1886);
Benjamin, Persia and the Persians (das. 1886).
Geschichte.
Die Perser gehören zu dem arischen (indogermanischen) Völkerstamm und bewohnten seit ältester Zeit den südwestlichen Teil des Hochlandes von Iran, die schöne und fruchtbare Landschaft Persis. Sie führten als Ackerbauer und Hirten, Jäger und Krieger ein abgehärtetes, mäßiges Leben und waren in zehn Stämme eingeteilt, unter denen die Pasargaden die vornehmsten waren. Sie verehrten gleich den übrigen Ariern Ahuramasda (Ormuzd) als ihren höchsten Gott, den Gott des Lichts und des Guten, dem Angramainyus (Ahriman), der Gott der Finsternis und des Bösen, feindlich gegenüberstand; die Sonne beteten sie als besondere Gottheit (Mithra) an, und das Feuer war ihnen namentlich heilig. Im 9. Jahrh. v. Chr. wurden sie zuerst von den Assyrern bekriegt und von Salmanassar II. (859-823) zur Zahlung eines Tributs gezwungen.
Sie blieben den Assyrern unterthan bis zu der Zerstörung des Reichs derselben. Die Erzählung Herodots von der Befreiung der Meder und der Unterwerfung der Perser durch den medischen König Phraortes (660) ist eine medisch-persische Sage, deren historischer Kern sich auf eine vereinigte Empörung der Meder und Perser unter Phraortes gegen die Assyrer 640 beschränkt, welche 633 niedergeschlagen wurde. Von 606 bis 558 bildeten die Perser unter der Herrschaft von Unterkönigen aus dem Geschlecht der Achämeniden einen Teil des medischen Reichs, bis Kyros den König Astyages stürzte und die Herrschaft von den Medern auf die Perser übertrug, ein Ereignis, welches schon früh von vielgestaltigen schönen Sagen umwoben und verdunkelt wurde.
Hiermit beginnt die Geschichte des altpersischen Reichs, das 558-330 bestand. Nachdem Kyros das ganze Hochland von Iran, besonders das kriegerische Volk der Saken, unterworfen hatte, zog er gegen den König Krösos von Lydien, den er nach der unentschiedenen Schlacht am Halys 548 in seiner Hauptstadt Sardes selbst gefangen nahm. Hierauf unterjochte Harpagos 546 die griechischen Städte an der Küste, und so ward ganz Kleinasien mit dem persischen Reich vereinigt. 538 eroberte Kyros Babylon und dehnte seine Herrschaft über das Euphrat- und Tigrisgebiet sowie ganz Syrien aus.
Nachdem er 529 im Kampf gegen die Derbikker seinen Tod gefunden, folgte ihm sein Sohn Kambyses, der 525 nach dem Sieg bei Pelusion das ägyptische Reich eroberte. Als er 522 aus Ägypten [* 13] nach Persien zurückkehrte, empfing er die Nachricht von einem Aufstand, den ein medischer Magier, Namens Gaumata, angezettelt hatte, indem er sich für den auf Kambyses' Befehl heimlich bereits vor dem ägyptischen Feldzug ermordeten Bruder desselben, Bardija (Smerdis), ausgab. Kambyses starb an einer durch unglücklichen ¶
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Zufall ihm zugefügten Verletzung, nachdem er den persischen Großen das Geheimnis der Ermordung seines Bruders mitgeteilt und den Betrug des Gaumata aufgedeckt hatte. Trotzdem behauptete sich derselbe, unterstützt von den Magiern, welche die Herrschaft wieder an die Meder bringen wollten, 7 Monate im Besitz des Königtums, bis er von dem Achämeniden Dareios und dessen Genossen in seiner Burg in Medien ermordet wurde.
Dareios bestieg nun 521 den Thron, [* 15] hatte aber mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, da fast alle Provinzen den Aufstand des Gaumata benutzt hatten, um sich von der persischen Herrschaft loszureißen. Indes gelang es Dareios durch Energie und Umsicht, alle Aufstände zu unterdrücken, auch Babylon nach langer Belagerung 518 wiederzuerobern und das wiederhergestellt Reich, welches ganz Vorderasien nebst Ägypten umfaßte, neu zu organisiert. Das Reich selbst war in 20 Statthalterschaften oder Satrapien eingeteilt, die außer einem nach ihrer Größe und ihrem Vermögen abgestuften Tribut und einer Anzahl Truppen noch bedeutende Naturallieferungen für den Hof [* 16] und das Heer, namentlich bei einem Durchmarsch, zu leisten hatten.
Die Satrapen waren dem König unbedingten Gehorsam schuldig und wurden durch Späher, die »Augen« und »Ohren« des Königs, kontrolliert. Übrigens ließen die Perser den unterworfenen Völkern ihre Religion, ihre Sprache [* 17] und Sitten sowie auch ihre eigne innere Verwaltung. Die Residenz des Königs, Susa, wo er einen prachtvollen, kostspieligen Hofhalt hielt (15,000 Personen), war mit den entferntern Reichsteilen durch Kunststraßen und Posten verbunden. Durch den erfolglosen Zug gegen die Skythen 515 wurde Dareios in Kriege mit den Griechen verwickelt (s. Perserkriege).
Zwar eroberte er Thrakien und schlug einen Aufstand der kleinasiatischen Ionier (500-494) nieder; aber die große Unternehmung seines Schwiegersohns Mardonios scheiterte 492 am Berg Athos, und seine Feldherren Datis und Artaphernes wurden 490 bei Marathon von den Athenern entscheidend geschlagen. Hierauf bereitete Dareios einen Heereszug vor, zu welchem das ganze Reich drei Jahre rüstete, sollte aber seinen Zweck nicht erreichen. Ägypten fiel ab, und er mußte seine ganze Macht auf dessen Rückeroberung verwenden.
Der Tod ereilte ihn 485, und sein Sohn Xerxes erbte den Rachekrieg gegen Griechenland, [* 18] den er 480 mit einem ungeheuern Heer unternahm. In der Schlacht bei Salamis siegte jedoch abermals die Freiheitsliebe der Griechen, und Xerxes floh mit kläglichen Heerestrümmern zurück, um sich fortan dem Serailleben zu überlassen, während die Griechen allmählich die thrakische Küste, die Inseln zwischen Griechenland und Kleinasien und die Westküste Kleinasiens von der Perserherrschaft frei machten.
Von nun an war das Reich in merklichem Sinken begriffen: die Könige und auch das persische Volk entarteten durch Verweichlichung, Luxus und Wollust, und die Satrapen gewannen eine immer selbständigere Stellung. Xerxes ward 465 ermordet und hatte seinen zweiten Sohn, Artaxerxes I. Longimanus (»Langhand«),
zum Nachfolger. Derselbe dämpfte einen Aufstand in Baktrien, unterwarf 462-456 das abgefallene Ägypten wieder und beendigte die Empörung des Satrapen Megabyzos in Syrien durch Unterhandlungen. Er starb 425, und ihm folgte sein einziger legitimer Sohn, Xerxes II., auf dem Thron. Doch schon nach 54 Tagen ermordete ihn ein natürlicher Sohn des Artaxerxes, Sogdianos, der nun den Thron bestieg, 423 aber von einem andern unechten Sprossen des königlichen Stammes, Ochos, aus dem Wege geräumt wurde.
Ochos nahm als König den Namen Dareios II. Nothos an. Unter ihm bietet die Geschichte des Perserreichs nichts dar als eine Kette von Empörungen bald königlicher Prinzen, bald mächtiger Satrapen, bald unterworfener Völker, das Innere des Palastes aber alle Greuel des Seraillebens. Dareios II. starb 404. Ihm folgte sein ältester Sohn, Artaxerxes II. Mnemon. Derselbe schlug seinen Bruder Kyros den jüngern, der ihn mit einem Heer von 100,000 Mann, darunter 10,000 griech. Söldnern, vom Thron stoßen wollte, 401 bei Kunaxa und erlangte auch 387 im Frieden des Antalkidas die Herrschaft über die kleinasiatischen Griechen und einen maßgebenden Einfluß in Griechenland selbst wieder. So wurde das Dasein des alten Perserreichs zwar noch gefristet; die unterworfenen Fürsten und Völker, ja selbst die Zendstämme, sehnten sich jedoch nach Unabhängigkeit, und ein großer Aufstand, der sich über Syrien, Phönikien, Phrygien, Karien, Kappadokien, Kilikien, Pamphylien und Lykien verbreitete, ward nur mit Mühe unterdrückt.
Artaxerxes starb 359, worauf Ochos als Artaxerxes III. Ochos den Thron bestieg. Durch Geld und Verrat siegte derselbe über die rebellierenden Phöniker und Kyprier und fiel hierauf verwüstend und plündernd in Ägypten ein, das er 349 wieder zur persischen Provinz machte. 338 ward er von seinem Günstling, dem Eunuchen Bagoas, vergiftet und der jüngste von seinen Söhnen, Arses, nach Ermordung von dessen Brüdern auf den Königsstuhl erhoben. Als dieser selbständig auftreten wollte, fand er durch denselben Bagoas sein Ende, und ein Seitenverwandter des königlichen Hauses, Dareios III. Kodomannos, bestieg 336 den Thron.
Dieser war ausgezeichnet durch Sanftmut, Schönheit und Tapferkeit, konnte aber den Untergang des zerrütteten Reichs nicht aufhalten. Nachdem seine Satrapen 334 am Granikos von Alexander d. Gr. besiegt worden waren, erlag er selbst mit einem ungeheuern Heer der kleinen makedonischen Streitmacht 333 bei Issos und 331 bei Arbela und ward 330 auf der Flucht nach dem Norden [* 19] seines Reichs von einem Satrapen, Bessos, ermordet. Hiermit endete das altpersische Reich.
Alexander d. Gr. beabsichtigte, Perser und Griechen möglichst zu Einem Volk zu verschmelzen; er ward von den Persern als ihr König anerkannt, vermählte sich mit Dareios' Tochter Stateira und nannte sich selbst König von Asien. [* 20] Sein früher Tod (323) zerstörte indes sein unvollendetes Werk; ein lang anhaltender Kampf entspann sich unter seinen Feldherren über den Besitz seines Erbes. Aus den Kämpfen der Makedonier untereinander erhob sich endlich der Satrap von Babylon, Seleukos Nikator, der 312 das Reich der Seleukiden begründete, das, mit Ausnahme Ägyptens und anfangs auch Kleinasiens, so ziemlich wieder die Bestandteile des alten Perserreichs umfaßte und in 72 Satrapien zerfiel.
Aber um 250 benutzten mehrere Satrapen die durch weitere Kämpfe der Diadochen entstandene Verwirrung im Seleukidenreich, um sich unabhängig zu machen, und so entstanden die Reiche von Baktrien (s. d.) und der Parther (s. Parthien), welch letztere sich als Erben der Perser betrachteten und altpersisches Wesen annahmen. Medien und Persien gingen im Partherreich auf. Indes die eigentlichen Perser wollten die Parther nie als ihnen ebenbürtig anerkennen, und 226 n. Chr. gründete Ardeschir (Artaxerxes I.), Sohn Babeks, aus einer Dynastie, welche seit ¶