mehr
sehr ergiebig. In hoher
Blüte
[* 1] steht die
Pferde- und
Viehzucht.
[* 2] Die
Industrie, zumeist in
Spitzen- und Hutfabrikation, Zuckersiederei,
Tuch-,
Woll- und Baumwollfabrikation,
Brauerei und
Brennerei thätig, ist sehr lebhaft, und auch der
Handel ist in der neuesten
Zeit wieder in regem Aufschwung begriffen. Die
Provinz zerfällt in drei
Bezirke: Antwerpen
,
[* 3]
Mecheln
[* 4] und
Turnhout.
Die gleichnamige Hauptstadt der Provinz, zugleich Hauptfestung und bedeutendster (auch für Deutschland [* 5] wichtiger) Seehafen des Königreichs, liegt halbkreisförmig am rechten Ufer der über 600 m breiten Schelde, die bis oberhalb der Stadt am Wechsel der Ebbe und Flut teilnimmt, 44 km nördlich von Brüssel [* 6] und 5 km vom Meer. Das Äußere derselben hat sich in neuester Zeit merklich verändert. An Stelle der alten, nunmehr abgetragenen Festungswälle mit ihren Gräben, welche ausgefüllt und in ansehnliche Boulevards und neue Stadtteile umgewandelt sind, umzieht ein einziger Wall mit breitem Wassergraben im Umfang von 18 km das fast um das Sechsfache des frühern vergrößerte Weichbild der Stadt, mit beiden Enden auf die Schelde sich stützend und an der Nordseite in die Nordcitadelle auslaufend.
Vor dieser Umfassungslinie sind seit 1859 nach den Grundsätzen der modernen Befestigungskunst eine Anzahl detachierte Forts und vorgeschobene Hornwerke errichtet, während die alte Citadelle (Citadelle du Sud, 1567 von Herzog Alba [* 7] angelegt) seit 1874 geschleift und der dadurch gewonnene Raum teils zu maritimen Bauwerken (Werften, Bassins, Entrepots etc.), teils zur Herstellung eines neuen Bahnhofs verwendet worden ist. Die Stadt wird von 11 Kanälen durchschnitten, über welche mehr als 40 Brücken [* 8] führen.
Die Straßen der neuen Stadtteile sind breit und regelmäßig (namentlich bilden die prächtigen Avenuen des Quartiers Leopold im S. gegenwärtig den fashionabeln Glanzpunkt der Stadt), die der innern Stadt dagegen meist eng, besonders in der Nähe des Flusses, an dem sich ein wahres Labyrinth von Gassen hinzieht, in welchen Matrosen und Schenkwirte ihr Wesen treiben. Die freiesten Stellen im Innern sind: der Markt, der Grünplatz (Gemüsemarkt, seit 1840 mit der ehernen 4½ m hohen Statue Rubens' von Geefs auf 5,8 m hohem Sockel) und der sogen. Meir, eine breite Straße mit modernen Häusern und Palästen, unter welcher ein Kanal [* 9] hinfließt.
Das ausgezeichnetste Gebäude der Stadt ist die prachtvolle Kathedrale (Notre Dame), 117 m lang, 65 m breit, 40 m hoch, die schönste und größte gotische Kirche Belgiens (nur etwa ein Sechstel an Flächeninhalt kleiner als der Kölner [* 10] Dom). Sie wurde 1322 begonnen und im 15. Jahrh. vollendet. Unter den zahlreichen Kunstwerken der Malerei und Plastik, welche die Kirche schmücken, befinden sich drei Hauptgemälde von Rubens (die Kreuzabnahme, Kreuzeserhöhung und Mariä Himmelfahrt) sowie reiche Glasmalereien.
Der zierlich durchbrochene Turm, [* 11] von Jean Amel aus Boulogne 1422 entworfen, im 16. Jahrh. in einer Höhe von 123 m abgeschlossen, steigt als schlanke Pyramide empor und enthält eins der bedeutendsten Glockenspiele Belgiens (99 Glocken, die größte 80 metr. Ztr. schwer); der andre Turm ist nur zum dritten Teil vollendet. Das Chor wurde 1521-1523 erweitert. Durch die Bilderstürmer erlitt die Kirche 1566 arge Beschädigungen, nicht minder durch die französischer Republikaner 1794. Unter den fünf Pfarrkirchen zeichnen sich besonders aus: die Kirche St. Jakob im spätgotischen Stil (1491 gegründet, mit prachtvollen Skulpturen, Marmorzieraten, Gemälden von Rubens, van Dyck etc. und der Grabkapelle der Familie Rubens);
die Dominikanerkirche (St. Paul), ebenfalls im spätgotischen Stil (1540-71 erbaut, mit einer Geißelung Christi von Rubens), und die Andreaskirche (1514-33 erbaut, mit großer, kunstvoll geschnitzter Kanzel).
Das im Renaissancestil nach Zeichnungen von Cornelis de Vriendt (1561-65) erbaute Stadthaus steht den prächtigen gotischen zu Gent, [* 12] Brüssel und Löwen [* 13] nach. Die neue Börse, welche an Stelle der 1858 niedergebrannten alten Börse, eines prächtigen spätgotischen Baues von 1531, neuerdings (1869-72) nach Plänen von J. ^[Joseph] Schade ^[richtig: Schadde] ganz im Stil des alten Gebäudes aufgeführt wurde, ferner das französische Theater [* 14] (1834 erbaut), das vlämische Schauspielhaus (im Renaissancestil 1869-1872 erbaut), das große Hospital und das alte malerische Gildehaus der Schützen sowie das ehrwürdige Hansahaus (auch Osterlingshaus) sind gleichfalls ansehnliche Gebäude.
Letzteres, ehemals Niederlage der Hansa, 1564 erbaut, ist 1863 von den Hansestädten an Zahlungs Statt für die Ablösung des Scheldezolls an Belgien [* 15] abgetreten worden. Merkwürdig sind ferner: das Museum, vor dem seit 1856 van Dycks Statue (von Cuyper) steht;
das in ein Museum umgewandelte alte Haus der Druckerfamilie Plantin-Moretus;
die alte, mit vier Türmchen gezierte Fleischhalle (im Stil des 14. Jahrh.), jetzt als Getreideniederlage dienend;
der königliche Palast am Meir (1755 im Pompadourstil erbaut);
Rubens' Haus (1864 restauriert);
die neue Fischhalle;
das von Ecktürmen flankierte ehemalige Inquisitionsgebäude (jetzt Altertumsmuseum);
das große Seearsenal mit umfangreichen Werkstätten;
das Militärmagazin;
die über 1 km langen Werften oder Kais an der Schelde (von Napoleon I. 1802 angelegt);
endlich die berühmten, stets von großen Seeschiffen aller Völker belebten Hafenbassins am Nordende der Stadt (s. unten).
Die
Bevölkerung
[* 16] Antwerpens
(1846 nur 88,487
Seelen) betrug 169,112
Seelen und wurde 1883 auf 180,447 berechnet.
Die jährliche Zunahme betrug 1846-82 im
Durchschnitt 2,9 Proz. Im J. 1882 war die
Zahl der Lebendiggebornen 7217, der Totgebornen 316, außerdem starben 4544
Personen; 1654
Ehen wurden geschlossen. Die Zahl
der bewohnten Gebäude ist von (1846) 11,756 auf (1880) 22,010 gestiegen, und ihre
Vermehrung hat mit der Zunahme der
Bevölkerung
fast gleichen
Schritt gehalten. Es gab 1880: 34,880 Haushaltungen. Die obern
Klassen sprechen überwiegend
französisch, die untern meist vlämisch.
Die
Industrie Antwerpens
ist von nicht geringer Bedeutung. Es bestehen 15 Diamantenschleifereien, in denen jährlich für 15 Mill.
Frank rohe
Diamanten verarbeitet werden, 2 Schwefelraffinerien, 2 Wollwäschereien, 1 Wachsteppich- und 1 große Stearinkerzenfabrik, 2 Schiffswerften,
bedeutende
Branntweinbrennereien und
Brauereien, 6 Reismühlen; die früher zahlreichen Zuckerfabriken
können aber die deutsche
Konkurrenz nicht bestehen. Außerdem gibt es
Fabriken für
Bleiweiß,
[* 17]
Lackmus, Baumwollstoffe,
Spitzen
(ein altes, neuerdings durch die
Mode wieder belebtes
Gewerbe),
Zwirn (berühmt ist die schwarze Nähseide),
Tapeten,
Tabak,
[* 18]
Gold-
und Silbertressen,
Hüte etc.