meist mit der Generaluntersuchung der in ihrem
Bezirk verübten
Verbrechen von den
Untersuchungsrichtern des
Bezirks beauftragt.
Von
Frankreich war mit dem französischen
Rechte das
Institut der Friedensgerichte auch auf Rheinpreußen,
Rheinbayern und
Rheinhessen übergegangen.
Doch ist dasselbe durch die neue Reichsjustizorganisation dort ebenso wie in
Elsaß-Lothringen
[* 1] beseitigt worden. Ganz andrer
Natur als die englischen und französischen Friedensgerichte sind die in vielen deutschen
Ländern eingeführten
Institute der Friedensrichter
oder
Schiedsmänner, welche Verminderung und
Abkürzung der
Prozesse durch Beilegung zivilrechtlicher Streitigkeiten, öfters
auch Ehrenkränkungssachen, im Weg des
Vergleichs oder schiedsrichterlichen
Ausspruchs bezwecken. Vgl.
Schiedsmann.
(heiliger
Kuß, Liebeskuß), in der altchristlichen
Kirche derKuß, welchen man sich als Zeichen gänzlicher
Aussöhnung beim
Abendmahl oder auch bei andern kirchlichen
Handlungen, z. B. bei der
Taufe,
Absolution,
Ordination, gegenseitig
zu geben pflegte. Da die
Heiden von dieser
SitteAnlaß zu Verdächtigungen der
Christen nahmen, ordneten
schon die apostolischen
KonstitutionenAbsonderung der
Geschlechter hinsichtlich des Friedenskusses an. Die
Sitte erhielt sich
in der abendländischen
Kirche bis ins 13. Jahrh. und wurde neuerdings von den Herrnhutern wieder belebt.
Auch der
Kuß, welchen ein neugewählter
Papst bei der
Adoration in der
Peterskirche auf die
Wangen jedes
adorierenden
Kardinals drückt, heißt Friedenskuß In der griechischen
Kirche tritt am Ostermorgen nach der
Verkündigung der
Auferstehung
der höchste
Geistliche der
Kirche an die
Galerievor der Ikonostase, um, nachdem er sämtliche
Priester umarmt, jedem Mitglied
der
Gemeinde, das sich ihm nähert, seinen
Kuß und
Segen mit den
Worten:
»Christus ist erstanden!« zu geben,
welchen die Erwiderung folgt: »In
Wahrheit, er ist erstanden!« Hierauf küssen sich die Anwesenden, jedoch nach Geschlechtern
gesondert, untereinander.
Ein Häuptling
raucht sie mit einigen
Zügen an und reicht sie dann den Abgesandten des feindlichen
Stammes sowie den übrigen Vornehmen,
so daß sie während der Unterhandlungen stets im
Kreis
[* 7] herumgeht.
Rudolf, preuß. Staatsmann, geb. zu
Breslau,
[* 9] studierte die
Rechte in
Breslau,
Heidelberg,
[* 10]
Berlin
[* 11] und erwarb 1849 an letztgenannter
Universität den Doktorgrad mit der
Dissertation
»De rerum litigiosarum alienatione
ex jure
romano« (Berl. 1849).
Zuerst willens, sich der akademischen Laufbahn
zu widmen, trat er als
Auskultator in die juristische
Praxis, ward 1851
Referendar und 1854
Assessor bei dem
Kammergericht. Um
die
Verwaltung seines großen Grundbesitzes und seiner ausgedehnten industriellen Etablissements zu übernehmen, schied er 1854 aus
dem Justizdienst, ward 1856 Kreisdeputierter fürNeiße
[* 12] und 1857
Landrat des
KreisesGrottkau. 1864 nach
dem
Tod seines
Vaters trat er überhaupt aus dem
Staatsdienst aus und widmete sich ganz der
Verwaltung seines Ritterguts Gießmannsdorf
und seiner übrigen Besitzungen.
Hier wirkte er durch sein
Beispiel und manche neue Einrichtungen für
Hebung
[* 13] der
Landwirtschaft, wie er auch die
Lage seiner ländlichen
Arbeiter und Beamten zu verbessern bestrebt war. Seit 1867 Mitglied des
Reichstags des Norddeutschen
Bundes sowie des deutschen
Reichstags, hielt er sich anfangs zu den Altliberalen und ward später Begründer und
Führer der
freikonservativen oder deutschen
Reichspartei. Die durch den Norddeutschen
Bund geschaffenen
Reformen beleuchtete er in der
Schrift
»Reichstag und
Zollparlament, gesetzgeberische
Resultate der
Sessionen von 1867 und 1868« (Berl. 1869). Im
November 1870 wurde
er mit
Blankenburg und
Bennigsen als Vertrauensmann nach
Versailles
[* 14] berufen,
um an den Vorverhandlungen zur Feststellung des
Entwurfs der deutschen
Reichsverfassung teilzunehmen. 1870 trat er auch in das preußische Abgeordnetenhaus, wo
er, 1873 zum Vizepräsidenten gewählt, in allen
Fragen einen vermittelnden Einfluß übte und sich namentlich um das Zustandekommen
der
Kreisordnung (1872) und der übrigen auf die Verwaltungsreform bezüglichen
Gesetze verdient machte. Am wurde
er nach dem Ausscheiden des
GrafenKönigsmark an die
Spitze des landwirtschaftlichen
Ministeriums berufen,
was ihn nötigte, seine industriellen
Unternehmungen aufzugeben. In seinem neuen bisher sehr vernachlässigten
Amt entwickelte
Friedenthal eine rastlose schöpferische Thätigkeit durch
Gesetzvorschläge sowie segensreiche und anregende Verwaltungsmaßregeln
und erwarb sich den Dank und die
Anerkennung aller
Parteien.