Teleskope manchmal in
Höhen von mehr als 6000 m über der
Erde hinziehen sehen; bei nebeliger
Luft ziehen sie aber stets bedeutend
tiefer, zum
Beweis, daß eben das
Auge
[* 2] ihr hauptsächlichstes Ortssinnesorgan bleibt. Es ist aber durchaus nicht unwahrscheinlich,
daß die Sicherheit der einzuschlagenden
Richtung durch anderweite
Wahrnehmungen, wieBeobachtung des Sonnenstandes,
Empfindung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luftströmungen, vielleicht auch Geruchswahrnehmungen u.
dgl., wesentlich erhöht wird.
Lubbock überführte sich bei den angedeuteten Ameisenuntersuchungen, daß diese
Tiere stets ihren Weg fanden, indem sie die
Richtung beobachteten, aus welcher das herrschende
Licht
[* 3] kam. Solange die Lichtquelle an derselben
Stelle blieb, wußten sie,
wenn auch oftmals auf der rotierenden
Platte umgedreht, nach dem Aufhören der Drehung ihren Weg von und
nach dem
Neste wieder sicher zu finden. Sobald aber das
Licht versetzt wurde, erschienen sie über die einzuschlagende
Richtung
unsicher gemacht, selbst ohne alle
Rotation.
Wenn aber schon
Ameisen im stande sind, sich nach der
Richtung der Lichtstrahlen, bez. nach dem jeweiligen
Sonnenstand zu richten, so ist nicht abzusehen, weshalb nicht
Vögel
[* 4] dieselben
Mittel benutzen sollten. Bei
Brieftauben,
Hunden
und dergleichen
Tieren, die über
Nacht in verschlossenen
Wagen oder Käfigen weite
Strecken zurücklegten und nachher den Weg
zurückfinden, ist es wahrscheinlicher, daß sie sich durch versuchsweise eingeschlagene
Richtungen zurechtfinden,
als daß sie, wie einige geglaubt haben, ein bestimmtes
Gefühl für die
Richtung, in der man sie von der
Heimat entfernt hat,
zu
Rate ziehen können.
Brieftauben steigen zunächst senkrecht auf, um einen Überblick für den ersten
Versuch zu gewinnen.
[* 5]
LudwigPhilipp,
Herzog von, wurde aus dem Gefängnis in
Clairvaux entlassen.
SeinVater, der
Graf von
Paris,
[* 6] unternahm darauf mit ihm eine
Reise nach
Amerika.
[* 7] Über die
Verbindung des Prätendenten mit
Boulanger
brachte die französische
Presse
[* 8] unangenehme Enthüllungen, aus denen hervorging, daß der
Graf zwar die Unterstützung
Boulangers
und seiner Anhänger durch die Monarchisten gebilligt und befördert habe, im
Glauben, dadurch die
Republikaner
zu entzweien und die
Republik zu stürzen, selbst aber zu den
Kosten der Wahlagitationen wenig beigetragen, sondern nur die
Herzogin von
Uzès veranlaßt habe, 3 Mill.
Frank zu diesem
Zwecke zu opfern, die er nach Wiederherstellung seinesThrones
zurückzubezahlen versprach. Der
Graf leugnete nicht, daß er, von der
Republik geächtet, im
Kampfe gegen sie alle
Waffen
[* 9] aufgerafft
habe, die sie ihm lieferte, verlor aber hierdurch auch in den
Augen der Monarchisten nicht wenig an Einfluß und
Achtung. -
Von dem 1842 gestorbenen
HerzogFerdinand von Orléans wurden die
»Lettres 1825-42« (Par. 1889) und die
»Récits
de campagne en
Algérie 1833-41« (das. 1890) durch seine
Söhne herausgegeben.
In das bayrische
Abgeordnetenhaus gewählt,
schloß er sich der Patriotenpartei an und trat namentlich 1889/90 durch seine heftigen
Angriffe
auf das
MinisteriumLutz hervor.
Als Mitglied des
Reichstags (seit 1884) gehörte er zum demokratischen
Flügel der Zentrumspartei.
[* 20] Kaisertum. Der Flächeninhalt der österreichisch-ungarischen
Monarchie, welcher zuletzt offiziell (im
»Statistischen Handbuch der österreichisch-ungarischen
Monarchie«, Jahrg. 1888) mit 622,309,65 qkm angegeben wurde,
stellt sich nach neuern Ermittelungen namentlich für das ungarische Staatsgebiet höher heraus. Mit Zugrundelegung der Ergebnisse
der Grundsteuerregulierung erhält man 625,031,58 qkm, und der Geograph Strelbitsky
gelangte sogar zu einem Ausmaß von 625,623,4 qkm. Neuestens
hat
Professor A. Penck in
Wien
[* 21] mit
Hilfe der Spezialkarte der
Monarchie
(Maßstab
[* 22] 1:75,000) die
Fläche derselben berechnet. Hiernach
beträgt der Flächenraum der
Monarchie 625,556,77 qkm, also um 3247,12 qkm mehr als nach der
jüngsten offiziellen Angabe. Die
Differenz bezog sich hauptsächlich auf
Ungarn,
[* 23] welches nach Pencks Messung um 3054,02 qkm
größer ist, als bisher offiziell angenommen wurde (vgl. A. Penck, Der Flächeninhalt der
österreichisch-ungarischen
Monarchie,
Wien 1889).
Im Jahrzehnt 1880-90 hat sich demnach die
BevölkerungÖsterreichs um 1,691,017 oder 7,6 Proz., d. h.
pro Jahr um 0,76 Proz., vermehrt, ein Zuwachsverhältnis, welches
gegenüber dem der vorausgegangenen
Periode 1869-80 mit jährlich 0,78 Proz. nur eine geringe Verlangsamung
in dem ziemlich stetigen Entwickelungsgang zeigt. Von den einzelnen
Kronländern stehen hinsichtlich des
Bevölkerungszuwachses
Niederösterreich (13,8 Proz.),
Bukowina (13,1 Proz.),
Galizien (10,4 Proz.) und
Dalmatien (10,1 Proz.)
¶
mehr
obenan. Erheblich nachgelassen hat die Bevölkerungsvermehrung in den Sudetenländern Böhmen
[* 26] (5 Proz.), Mähren (5,5 Proz.),
Schlesien
[* 27] (6,5 Proz.). Hier ist mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse gleichsam der Sättigungspunkt hinsichtlich der Dichtigkeit der Bevölkerung erreicht worden, mit dessen Überschreitung
zugleich ein langsamerer Gang
[* 28] der Volksvermehrung eintritt, während in Ländern, welche wie Galizien und
die Bukowina gewissermaßen den Charakter von Kolonialland aufweisen, eine Beschränkung im Bevölkerungszuwachs noch nicht
eingetreten ist. Am geringsten ist der Zuwachs auch diesmal in den Alpenländern, insbesondere in Tirol
[* 29] mit Vorarlberg (1,8
Proz., Tirol allein 0,9, Vorarlberg dagegen 8,2 Proz.), Oberösterreich (3,2 Proz.), Kärnten (3,4 Proz.), Krain
[* 30] (3,6 Proz.), Steiermark
[* 31] (5,6 Proz.). Die Dichtigkeit der BevölkerungÖsterreichs beträgt pro QKilometer 79 Einw. (gegen 74 im
J. 1880). Zwei Faktoren sind es, welche die Entwickelung der Bevölkerung bestimmen, das Verhältnis der Lebendgebornen zu den
Sterbefällen und das der Ein- zur Auswanderung. In dem Dezennium 1880-90 wurden in Österreich 1,994,987 Personen
mehr lebend geboren, als in dieser Zeit gestorben sind. Da die Bevölkerungsvermehrung nach der Volkszählung gegenüber dieser
Ziffer 329,054 Personen weniger beträgt, so ist diese letztere Zahl auf Rechnung des Überschusses der österreichischen Auswanderung
über die Einwanderung zu setzen.
Die Bewegung der Bevölkerung charakterisierte sich im J. 1889 durch Rückgang der Eheschließungen, Konstanz
[* 32] der Geburten und bedeutende Abnahme der Sterbefälle. Es wurden nämlich verzeichnet:
Gegen das Vorjahr haben die Trauungen um 4,4 Proz., die Sterbefälle um 5,8
Proz. abgenommen, während bei den Lebendgebornen eine Zunahme um 0,95
Proz. eingetreten ist. Für die Eheschließungen des Jahres 1889 ist die bei beiden Geschlechtern wiederkehrende stärkere
Vertretung der obern Altersklassen charakteristisch, welche mit der relativ gesteigerten Häufigkeit der Wiederverheiratung
parallel geht und auch die Erhöhung des durchschnittlichen Alters bei der Trauung mit sich bringt. Auf
je 100 Geborne entfielen 85 ehelich und 15 unehelich Geborne, auf je 1000 geborne Mädchen 1064 Knaben. Von den Sterbefällen
kamen 48,26 Proz. auf Kinder bis zu 5 Jahren. Der Geburtenüberschuß betrug 251,563 (gegen 203,328 im
Vorjahr).
[Bildungswesen.]
Im Schuljahr 1889/90 bestanden in Österreich an Mittelschulen 172 Gymnasien und 84 Realschulen, darunter 142, bez. 63 vollständige.
Die größte Zahl von Mittelschulen weist Böhmen mit 76 (53 Gymnasien, 23 Realschulen) auf, ihm folgt Niederösterreich mit 25 Gymnasien
und 17 Realschulen. Durch den Staat werden 122 Gymnasien und 53 Realschulen erhalten. Die Unterrichtssprache
war an 154 Mittelschulen deutsch, an 57 Mittelschulen tschechisch, an 28 polnisch, an 7 italienisch, an 4 serbokroatisch, an
einer ruthenisch und an 5 utraquistisch. Der Besuch der Mittelschulen bezifferte sich wie folgt:
Bezüglich der höhern
Lehranstalten hat sich keine wesentliche Veränderung ergeben. Zu erwähnen ist nur die Errichtung
eines österreichischen Instituts für Geschichtsforschung in Rom,
[* 33] welches die Aufgabe hat, die von PapstLeo XIII. den wissenschaftlichen
Kreisen zugänglich gemachten Archive des Vatikans und die sonstigen Geschichtsquellen der Ewigen Stadt zu
durchforschen und unter der Leitung des HofratsProfessor v. Sickel im Herbst 1890 seine Thätigkeit begonnen hat.
Von den Lehrern hatten 83,7 Proz. das Zeugnis der Lehrbefähigung, 11 Proz. das Reifezeugnis u.
5,3 Proz. gar kein Zeugnis. In Tirol hatten sogar 27,3 Proz. der Lehrer kein Zeugnis. Österreich zählt 3,335,674 schulpflichtige Kinder;
von diesen blieben jedoch 21,895 Kinder wegen Gebrechen ohne Unterricht, während 365,593 Kinder sich der Schulpflicht gänzlich
entzogen; allerdings sind es nur fünf Kronländer, wo die Fahnenflucht der schulpflichtigen Kinder eine
ständige Erscheinung ist, nämlich in Krain, wo 17 Proz. der schulpflichtigen Kinder, in Dalmatien, wo 23,2 Proz., im Küstenland,
wo 30,5 Proz., in Galizien, wo 40,6 Proz., und in der Bukowina, wo sogar 52,1 Proz. der schulpflichtigen Kinder die Schule nicht
besuchten. Zur Durchführung des Schulzwanges wurden nicht weniger als 185,464 Straferkenntnisse gefällt,
von welchen 68,590 in Form von Arrest- und 116,874 in Form von Geldstrafen vollzogen wurden.
Während die Ernte
[* 34] Österreich-Ungarns im J. 1889 eine der schlechtesten im letzten Jahrzehnt war und nur
zur Deckung des heimischen Bedarfs hinreichte, gestaltete sie sich im J. 1890 um so befriedigender. Ihr
Ertrag wird im Vergleich zu einer Mittelernte (= 100 angenommen) geschätzt:
Bedingung ist, daß sich an dem Meliorationsunternehmen auch die übrigen Interessenten (Land, Bezirk, Gemeinde, Wassergenossenschaften)
finanziell beteiligen. Der Fonds besaß Ende 1888 außer seiner Jahresdotation noch ein Aktivvermögen
von 735,429 Guld. Aus dem Meliorationsfonds (3,494,582 Guld.), dann von den Ländern (3,503,212 Guld.) und den übrigen Interessenten
(2,243,266 Guld.) sind in den Jahren 1885-89 für Meliorationszwecke folgende Beiträge (Subventionen) geleistet worden:
¶