die man am besten die
Grenze zwischen
West- und Ostalpen verlegt. Diese verläuft demnach als eine fast gerade
Linie vom
Bodensee
durch das Rheinthal, über den Splügenpaß zum
Comersee und über den
Luganer See zum
Lago Maggiore. Entsprechend dem scharfen
Unterschied, der in physiognomischer und geologischer Hinsicht zwischen der kristallinischen Zentralzone
und den diese auf beiden Seiten begleitenden Kalkgebirgen besteht, teilt man die Ostalpen in Gneisalpen und
Nördliche und
SüdlicheKalkalpen.
Die
Grenze zwischen den einzelnen
Zügen ist im N. viel einfacher und deutlicher als im S. Da die Alpen
[* 2] durch einen von S. nach
N. gerichteten
Druck in Falten gelegt sind, der Steilabfall der Gebirgsglieder also immer nach S. gerichtet
ist, so kehren die Nördlichen Kalkalpen der Zentralzone ihren Steilrand zu, der vom
Rhein bis
Wiener-Neustadt sich ununterbrochen
verfolgen läßt. Zwischen die Nördlichen Kalkalpen und die Gneiszone schiebt sich ein verschieden breiter
Streifen paläozoischer
Schiefergesteine, so daß also die nördliche
Grenze der Gneisalpen nicht mit der südlichen
Grenze der
Nördlichen Kalkalpen zusammenfällt. Im S. fehlt eine entsprechende
Zone von
Schiefern; eine besondere
Stellung nimmt hier
das
Becken von
Klagenfurt
[* 3] ein. Für die
Einteilung der Ostalpen läßt sich folgendes
Schema aufstellen:
2) NordtirolerKalkalpen. Hochgebirgszug: a) Wettersteingruppe; b) Karwendelgruppe; c) BrandenbergerGruppe; d)
Kaisergebirge. - Voralpenzug: a)
VilserGebirge; b)Ammergauer Alpen; c) AltbayrischeAlpen.
3)
SalzburgerKalkalpen. Hochgebirgszug: a) WaidringerAlpen; b)
BerchtesgadenerAlpen; e) AusseerAlpen. Voralpenzug: a)
WolfgangerAlpen; b) GrünauerAlpen; c) OberösterreichischerSeehügel.
(hierzu Tafel »Alpenpflanzen«
[* 7] in
Farbendruck), die oberhalb der Baumgrenze in dem zentraleuropäischen
Hochgebirge verbreiteten
Gewächse, deren
Physiognomie wesentlich durch ihre Lebensbedingungen bestimmt wird.
Ihre Vegetationszeit
wird durch die lange Frostperiode auf 3-4
Monate beschränkt und beginnt in günstigen
Lagen Ende Mai, in den ungünstigsten
erst Ende Juli; die
Entwickelung der
Pflanzen schreitet sehr rasch vorwärts, da der Einfluß der
Insolation
[* 8] sich im Hochgebirge
viel stärker geltend macht als in der
Ebene.
Vor der Pflanzenwelt des hohen
Nordens zeichnet sich die der
Alpen durch reichlichere
Entwickelung zusammenhängender und ausgedehnter
Grasmatten, durch üppigern
Reichtum bunterBlumenteppiche und durch größere Mannigfaltigkeit der floristischen
Bestandteile aus. Der
Gefahr des
Erfrierens, der die Alpenpflanzen auch im
Sommer durch die nicht seltenen
Nachtfröste und Schneefälle
ausgesetzt sind, begegnen sie durch
Verkürzung der Stengelglieder und durch polsterförmig gedrängten Wuchs, der sie zugleich
gegen die Belastung mit
Schnee
[* 9] schützt.
Letzterer hält viele zartlaubige
Gewächse vom Hochgebirge fern; nur einzelne steifblätterige
Stauden,
wie
Eisenhut,
Germer
(Veratrum) und hochwüchsige
Enziane
(Gentianalutea u. a.), wagen sich aus dem Bergwald auf die Alpentrift
hinaus. Vor den Polargegenden hat der
Boden des Hochgebirges Erwärmung bis zu größerer Tiefe voraus, und die unterirdischen
Teile der Alpenpflanzen können daher beträchtlichere
Dimensionen annehmen. Die
Mehrzahl der Hochgebirgspflanzen
besteht aus perennierenden
Gewächsen, nur etwa 4 Proz. sind einjährige
Kräuter; dies ist auch insofern von Bedeutung, als
bei der kurzen Vegetationszelt die Samenreife nicht immer erreicht wird.
Allerdings beginnt das Aufblühen vieler Alpenpflanzen sehr zeitig, indem sie ihre Blütentriebe, schon im Vorjahr
anlegen und dieselben
vor derEntwickelung neuer
Laubblätter sofort nach dem Abschmelzen des
Schnees emporschicken. Die
Blüten
pflegen auch dem
Laien durch ihre unverhältnismäßige
Größe aufzufallen und erreichen bisweilen (z. B. bei
Gentianaacaulis.
s. Tafel) eine
Länge, die mehr als die Hälfte der Einzelpflanze beträgt; jedoch wird in andernFällen
jener
Eindruck mehr durch die
Verkürzung und Zwergbildung der Stengelteile als durch Vergrößerung der
Blumenkronen hervorgerufen;
auch hat eine ganze
Reihe alpenbewohnender
Pflanzen, wie Nigritella angustifolia (s. Tafel),
Orchisustulata, Chamaeorchis alpina,Oxytropis lapponica u. a., entschieden kleinere
Blüten als ihre Verwandten in der
Ebene.
Die
Farbe der Alpenblumen erscheint dunkler und intensiver als die der Flachlandgewächse; das Dunkelblau
der
Enziane (s. Tafel), die Purpurfarbe der Blütenteppiche von
Saxifraga
[* 10] oppositifolia, (s. Tafel), die goldgelben
Sterne vonDraba aizoides, das tiefe
Violett von
Violacalcarata (s. Tafel) u. a. pflegen auf jeden Alpenbesucher
den
Eindruck unvergleichlicher Pracht zu machen, doch wird letzterer mehr durch dichten Wuchs der
Blumen
als durch ihre Buntfärbung bedingt. Am meisten übertreffen die Alpenpflanzen die
Gewächse des Tieflandes durch
Geruch und Honigreichtum
der
Blumen, den beiden wichtigsten
Mitteln zur Anlockung blumenbesuchender
Insekten,
[* 11] unter denen die
Schmetterlinge
[* 12] in der Hochalpenwelt
zu ausfallender Geltung kommen. Als Charakterpflanzen der alpinen Strauchregion erscheinen zunächst
die
Legföhren oder Krummholzfichten (verschiedene
Formen von
Pinusmontana), die mit ihren dicht dem
Boden sich
¶
mehr
anschmiegenden Stämmen und ihren bogenförmig gekrümmten Zweigen oft undurchdringliche Dickichte herstellen; ihre elastischen
Äste leisten im Winter dem Schneedruck erfolgreichen Widerstand; hier und da mischen sich ihnen vereinzelte Büsche der Zwergmispel
bei, oder sie werden strichweise von dem Strauchwerk des Zwergwacholders ersetzt. An den Bächen und Runsen, in welchen die
Lawinen herabgehen, siedeln sich regelmäßig niedrige Weidengebüsche (Salixhastata u. a.) an. Den schönsten Schmuck der
Thalgehänge bilden die roten Blütenbüschel der immergrünen Alpenrosen, die vorzugsweise die Höhenzone zwischen 1600 und 2400 m
bewohnen, aber unter Umständen auch bis zum Spiegel
[* 14] der Alpenseen, wie des Achensees u. a., hinabsteigen; die gewimperte Art
(Rhododendronhirsutum, s. Tafel) gilt als kalkstet, die rostfarbene (R. ferrugineum) als Pflanze des Schiefergebirges; jedoch
wachsen beide Arten, z. B. am Sachselngrat, bei Engelberg u. a. O., nebeneinander auf gleicher Bodenunterlage.
Das Buschwerk der Grünerle (Alnusviridis) herrscht besonders in den Zentralalpen bis zu 2000 m aufwärts, kommt aber auch
in den Thälern vor und fehlt nur auf Kalkgerölle, das die Legföhre dagegen bevorzugt; in dem Schutz der
Grünerle steigt auch manche Bergpflanze, wie z. B. Astrantiaminor (s. Tafel), aus dem Waldgürtel bis in die Alpenregion
auf. Auch Bestände von Heidekraut sowie der zierlichen Ericacarnea und von Vaccinium-Arten gewinnen in den
Alpen bisweilen eine Ausdehnung,
[* 15] die an die der norddeutschen Heiden erinnert. Bis zur Schneegrenze hinauf gehen von den Sträuchern
die Kriechweiden (Salixreticulata, s. Tafel) u. a., deren federkieldicke Stämmchen
sich dem Boden andrücken und außer wenigen Blättern meist nur ein einziges Blütenkätzchen entwickeln.
Die Pflanzenwelt der alpinen Mattenregion zeigt je nach der überwiegenden Trockenheit oder Feuchtigkeit
der Bodenunterlage einen verschiedenen Charakter. Auf dürren Bergrücken, die keinen Wasserzufluß genießen, herrschen starrblätterige
Gräser
[* 16] und dichtwollige Habichtskräuter vor; hier und da erscheinen an solchen Stellen auch die weißwolligen Blütenköpfe
des Edelweiß (GnaphaliumLeontopodium, s. Tafel), dieser Lieblingsblume der Touristen, die sich in vielbesuchten
Thälern auf schwer zugängliche Stellen geflüchtet hat; wo sie ungestört wächst, steigt sie bis in die Voralpenregion hinab.
Wo in vertieften MuldenBäche herabrieseln, breiten sich Quellfluren mit vielblütigen Stauden aus.
Hochmoore mit Empetrum, Azalea und Vacciniumuliginosum, mit Wollgräsern und einer Reihe arktischer Seggenarten erfüllen die
sumpfigen Senkungen. Den schattig-feuchten Grund der Karrenfelder nehmen hochwüchsige Arten von Eisenhut,
Kratzdisteln (Cirsiumspinosissimum u. a.), Drüsengriffel (Adenostyles u. a.) ein. Die Geröllfelder in subnivaler Höhe erscheinen
übersäet mit zahlreichen, ganz zerstreut auftretenden, rundlich ausgebreiteten Pflanzenrasen, deren Wurzeln die durchfeuchteten
Schuttmassen festhalten; hier wachsen gern Linariaalpina und zahlreiche andre niedliche Pflanzengestalten.
Das aus dicht zusammenschließenden Gräsern gebildete Grundgewebe der Matten wird von Enzianen mit riesigen
tiefblauen Blumen (Gentianaacaulis. s. Tafel), von Primelarten, von dem purpurschwärzlichen Brändel (Nigritellaangustifolia. s. Tafel) und einer Menge andrer, vorwiegend rot- oder blau-, seltener gelb- oder weißblütiger Gewächse durchsetzt,
unter denen das Auge
[* 17] des Botanikers manche für einzelne Gebiete
der Alpen charakteristische Seltenheiten
herausfindet.
Selbst bis an den Rand der Schneefelder drängt sich ein Kranz zierlich gestalteter und anmutig gefärbter Blumen, wie die Soldanellen
(Soldanellaalpina. s. Tafel), deren hellviolett gefärbte Glocken zierlich gefranst sind, und die mit ihren durch die
Sonnenwärme hervorgelockten Blütenschäften nicht selten die dünne Schneedecke über ihrem Winterlager durchbrechen. An
ähnlichen Orten wachsen auch die Alpen- und Eisranunkeln (Ranunculusalpestris, s. Tafel, und R. glacialis), mehrere Primelarten,
wie der Speik (Primulaglutinosa, s. Tafel) in Tirol,
[* 19] die Mehlprimel (Primulafarinosa), der Frühlingscrocus u. a. Auf hochgelegenen
Felsgraten finden das himmelblaue Eritrichium nanum (s. Tafel), Androsace glacialis,Potentillafrigida, Draba frigida, Hutschinsia alpina, Petrocallis pyrenaica und eine Reihe von hochalpinen Gräsern, Seggen
und Binsen ihren Sitz.
Höhen über 2760 m, also Regionen, die zum Teil von bleibendem Schnee bedeckt sind, werden von den sogen. Nivalpflanzen bewohnt,
zu denen außer einigen eben genannten Arten besonders Soldanellapusilla,Ranunculusglacialis,Sileneacaulis,Saxifragaoppositifolia (s. Tafel), Cerastiumlatifolium,Gentianabavarica u. a. gehören. In der Region des ewigen Schnees erstarrt
auch das pflanzliche Leben fast ganz;
nur die dünne Schlammschicht auf der Oberfläche der Gletscher beherbergt einige Diatomeenarten;
bisweilen treten auch blutstropfenähnliche Flecke im Schnee auf, die von der Schneealge(Haematococcus
oder Sphaerella nivalis) herrühren;
in den eiskalten Quellen der Hochregion leben mehrere andre Algen
[* 20] (Oscillaria, Prasiola
u. dgl.).
Endlich zeigen die aus den Firnschneefeldern hervorragenden nackten Felsklippen noch in Höhe bis 3800 in graue oder
schwärzliche, aus Flechten
[* 21] gebildete Überzüge.
Der geographischen Verbreitung nach kehrt ein verhältnismäßig nur geringer Teil der Alpenpflanzen außerhalb
der Alpen in der arktischen Zone wieder, nach Christ von 294 hochalpinen Arten nur 64 Spezies. Dieselben scheinen ihren Ursprung
vorwiegend in Nordasien gehabt zu haben, und ein Drittel von ihnen fehlt in dem nächstnordischen Gebiet, in Skandinavien,
ganz; eine noch geringere Zahl dehnt ihre Verbreitung von den nördlichen Teilen Amerikas über Grönland, Island
[* 22] und Skandinavien
bis zu den Alpen aus.
Als ausschließliche Produkte der Alpenkette betrachtet Christ nur 182 Arten, die überwiegend Bewohner trockenen Bodens sind,
während die nordisch-alpinen Pflanzen nasse Standorte bevorzugen. Innerhalb der Alpen selbst ist die Verbreitung
der Arten eine ziemlich verwickelte; doch tritt eine Scheidelinie zwischen nördlicher und südlicher sowie ost- und westalpiner
Flora deutlich hervor. Im Vergleich zu der Pflanzenwelt andrer europäischer Hochgebirge zeichnet sich die der Alpen durch reichlichere
Entfaltung der grünen Grasmatten und durch größere floristische Mannigfaltigkeit aus. In denGebirgen
Südeuropas verdorrt die im Frühling¶