Will man die Werthigkeit oder die Verwandtschaftseinheiten (Affinitäten)
eines Elementes bezeichnen, so setzt man über oder neben das Symbol
desselben Striche oder römische Zahlen, z. B.
I | II | III | IV |
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Cl, | O, | N, | C, oder Cl' O" etc., oder Cl-, O=, N^ etc., oder in Formeln |
Ag-Cl, H2 = O, K-O-H, C^H4 ^[C^H4], C^O2 ^[C^O2], Cl-N^H4 ^[Cl-N^H4], Ca = (OH)2 ^[Ca(OH)2], B ^[?](OH)3 ^[B^(OH)3], H-C ^[?]Cl3 ^[HC^Cl3] etc. Sind alle Affinitäten der Elemente einer Verbindung befriedigt, so heisst dieselbe eine gesättigte;
es giebt aber auch sogenannte ungesättigte Verbindungen (z. B. CO, Hg2 ^[Hg{2}] Cl2 ).
Wie diese scheinbaren Abweichungen vom Werthigkeitsgesetz zu erklären sind, soll hier nicht weiter erörtert werden.
Die Werthigkeit der Elemente macht sich noch ganz besonders bemerkbar bei der Substitution, d. h. bei solchen chemischen Umsetzungen, wobei eine Substanz in einer anderen einen Bestandtheil der letzteren verdrängt und an dessen Stelle tritt. So tritt z. B. bei der Einwirkung von Natrium auf Wasser Na an die Stelle von H, und es entsteht Natriumhydroxyd: Na + H2O = NaHO + H. Oder: durch Einwirkung von Natrium auf Schwefelsäure entsteht schwefelsaures Natrium und Wasserstoff: Na2 + H2SO4 = Na2SO4 + H2 , durch Einwirkung von Zink auf Schwefelsäure schwefelsaures Zink und Wasserstoff: Zn + H2SO4 = ZnSO4 + H2 .
Während 2 Atome Na nöthig sind, um 2 Atome H zu vertreten, vermag 1 Atom Zn 2 Atome H zu ersetzen.
Also erscheint H einwerthig, Zn dagegen zweiwerthig. 1 Atom Zn ist 2 Atomen H gleichwerthig oder äquivalent, und da das Atomgewicht des Zn = 65,5, ist das Aequivalentgewicht desselben = 32,7. Oder: das Atomgewicht des C ist = 12, und, da C vierwerthig ist, sein Aequivalentgewicht = 3. Nur äquivalente Mengen der Elemente können sich vertreten.
Man achte darauf, die Bezeichnungen «Atomgewicht» und «Aequivalentgewicht» nicht zu verwechseln!
Auch Gruppen von Elementen können sich in dieser Beziehung wie Elemente verhalten und als Gruppen ein- oder austreten;
man nennt sie Radikale.
Auch sie können verschiedene Werthigkeit haben, z. B. im Ammoniak NH3 kann der Wasserstoff durch das einwerthige Radikal Methyl (CH3 )' ersetzt werden: ^[img], aus Jodmethyl und Ammoniak entsteht Jodwasserstoff und Methylamin.
Solche Substitutionen durch Radikale spielen in der organischen Chemie eine ganz ausserordentlich wichtige Rolle. -
Die Elemente werden hergebrachter Weise nach ihren allgemeinen Eigenschaften in zwei Gruppen eingetheilt: in Metalle und in Nichtmetalle oder Metalloide, und von den Verbindungen unterscheidet man gewöhnlich zwei Hauptabtheilungen: man nennt solche, welche aus dem Mineralreich stammen oder den mineralischen Verbindungen ähnlich sind, anorganische, und solche, welche nach ihrem Ursprunge dem Thier- oder ¶
Pflanzenreiche angehören oder in ihren Eigenschaften mit solchen Verbindungen übereinstimmen, organische.
Obschon für diese Eintheilungen keine scharfen Grenzen zu ziehen sind, da dabei mehr auf physikalische als auf chemische Eigenschaften Rücksicht genommen ist, werden sie doch aus praktischen Gründen noch allgemein beibehalten.
Es ist zweckmäßig, vor der speziellen Besprechung dieser einzelnen Abtheilungen noch einige Gruppen chemischer Verbindungen von allgemeinem Gesichtspunkte zu besprechen, nämlich die Oxyde, die Säuren, die Basen und die Salze.
Ein Oxyd ist die chemische Verbindung des Sauerstoffs mit einem anderen Element, und der Vorgang, bei welchem sich der Sauerstoff mit einem anderen Element vereinigt, heisst Oxydation. Je nach dem Sauerstoffgehalte unterscheidet man verschiedene Oxydationsstufen: Suboxyde, Oxydule, Oxyde, Sesquioxyde, Super- (oder Hyper-)oxyde, z. B. Pb2O ^[Pb20], Bleisuboxyd, PbO Bleioxyd, PbO2 Bleisuperoxyd;
FeO Eisenoxydul, Fe2O3 Eisen(sesqui)-oxyd;
MnO Manganoxydul, Mn2O3 Manganoxyd, MnO2 Mangansuperoxyd.
Zuweilen werden diese Oxydationsstufen auch so bezeichnet, dass man in dem Namen derselben die Zahl der in der Verbindung vorhandenen Sauerstoffatome angiebt, also: Monoxyde, Dioxyde, Trioxyde, Tetroxyde, Pentoxyde etc. Als Oxydationsmittel dienen, ausser dem freien Sauerstoff der Luft, wie bei den gewöhnlichen Verbrennungen, solche Verbindungen, welche bei ihrer Zersetzung leicht Sauerstoff abgeben, z. B. Salpetersäure, Chlorsäure, Chromsäure, Kaliumpermanganat.
Der Prozess der Herstellung der Elemente aus ihren Verbindungen mit anderen Stoffen, insbesondere aus ihren Sauerstoffverbindungen nennt man Reduktion.
Die wichtigsten Reduktionsmittel sind Wasserstoff und Kohlenstoff;
z. B.
CuO | + | H2 | = | H2O | + | Cu |
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Kupferoxyd | Wasserstoff | Wasser | Kupfer | |||
Fe2O3 | + | C3 ^[C3] | = | 3 CO | + | Fe2 |
Eisenoxyd | Kohle | Kohlenoxyd | Eisen |
Wenn sich die Oxyde mit Wasser verbinden, entstehen Körper, die sich in zwei scharf unterschiedene Gruppen ordnen lassen, nämlich Säuren und Basen, z. B.:
Von SO2 Schwefligsäureanhydrid leitet sich ab SO3H2 Schweflige Säure
" SO3 Schwefelsäureanhydrid » " » SO4H2 Schwefelsäure
" P2O3 Phosphorigsäureanhydrid » " » PO3H3 Phosphorige Säure
" P2O5 Phosphorsäureanhydrid » " » PO4H3 Phosphorsäure
etc. | etc. |
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" Na2O Natriumoxyd » " » NaOH Natriumhydroxyd Basen
" K2O Kaliumoxyd » " » KOH Kaliumhydroxyd Basen
" CaO Calciumoxyd » " » Ca(OH)2 ^[Ca(OH)2]Calciumhydroxyd Basen
" PbO Bleioxyd » " » Pb(OH)2 ^[Pb(OH)2] Bleihydroxyd Basen
" Fe2O3 Eisenoxyd » " » Fe2(OH)6 ^[Fe2(OH)6] Eisenhydroxyd Basen ¶