Form grosser, mehr oder weniger gefärbter Krystalle, als Kandis gewinnt. Der jetzt verbleibende flüssige Rest heisst Sirup. Der indische Sirup dient zu Speisezwecken oder vergohren zur Bereitung des Rums. Der Rübenzuckersirup hat in Folge einer grossen Menge pflanzensaurer Salze einen so unangenehmen Geschmack, dass er für Speisezwecke unbrauchbar ist. Früher verarbeitete man ihn deshalb theils zu Pottasche, theils benutzte man ihn zur Destillation des Rübensprits, welcher aber ebenfalls einen so unangenehmen Geruch besass, dass man ihn nur zu technischen Zwecken verwenden konnte. Heute wird mittelst des Strontianverfahrens auch aus der Rübenmelasse der grösste Theil des Zuckers abgeschieden.
Saccharum tostum, Zuckerkulör. Die unter diesem Namen in den Handel kommenden sirupartigen Flüssigkeiten werden dadurch bereitet, dass man Rohzucker oder auch Stärkezucker, meist unter Zusatz von etwas Soda, soweit erhitzt, dass derselbe schmilzt, dann bei noch grösserer Wärme, durch Bildung von Karamel und anderen Umsetzungsprodukten des Zuckers, sich braunschwarz färbt. Jetzt wird so viel Wasser zugesetzt, dass die Masse auch nach dem Erkalten dickflüssig bleibt. Neben unzersetztem Zucker enthält die Zuckerkulör Karamel und andere Brenzprodukte des Zuckers, die ihr einen eigenthümlichen Geruch und etwas bitteren Geschmack verleihen. Je nach der Art ihrer Anwendung, ob sie zum Färben von Spirituosen, Bier, Essig etc. dienen soll, werden von den Fabrikanten die Zusätze der Alkalien und auch der Grad der Erhitzung erhöht oder verringert.
Zuckerkulör besitzt ein so grosses Färbungsvermögen, dass man gut thut, sie beim Färben niemals konzentrirt, sondern im verdünnten Zustande anzuwenden. Von Bischof und Schweissinger sind in neuster Zeit mehrfach Zuckerkulören untersucht, welche sich als arsenhaltig erwiesen. Dieser Arsengehalt stammt jedenfalls aus rohem Stärkezucker, welcher durch Behandeln von Stärkemehl mit arsenhaltiger Schwefelsäure, hergestellt war. Wenn ein solcher Arsengehalt auch so gering ist, dass er bei der starken Verdünnung, in welcher Zuckerkulör zum Färben von Genusswaaren verwandt wird, niemals schädlich wirken kann, so mahnt das Auffinden von Arsen in der Zuckerkulör doch ernstlich daran, dass die Fabrikanten niemals derartig unreinen Stärkezucker verwenden sollten.
Sáccharum lactis.
Milchzucker.
Der Milchzucker findet sich in der Milch aller Säugethiere, hier und da auch in krankhaften Absonderungen des thierischen Körpers. Dargestellt wird er fabrikmäßig nur aus der Milch der Kühe und zwar fast ausschliesslich in der Schweiz. Schlesien und Ostpreussen haben neuerdings kleine Anfänge in dieser Fabrikation gemacht, doch ist die Produktion nur ¶
eine geringe. Die Milch enthält 3-6 % Milchzucker, der sich nach Abscheidung des Fettes und des Käsestoffes in den Molken aufgelöst vorfindet. Aus diesen, jedoch nur aus süssen Molken lässt sich derselbe darstellen. Da die Gewinnung des Milchzuckers immer nur als Nebenproduktion der Milchwirthschaft betrieben werden kann, ist sie überhaupt nur in den Gegenden möglich, wo bei einer ausgedehnten Milchwirthschaft eine Süsskäsefabrikation betrieben wird, d. h. wo der Käsestoff nicht durch saure Gährung, sondern durch Laab (Kälbermagen) aus der süssen Milch abgeschieden wird.
Diese Bedingungen treffen im ausgedehntesten Maaße in der Schweiz zu und hier wird auch die Fabrikation von Alters her, zum Theil noch heute in sehr primitiver Weise betrieben. Man verfährt in der Weise, dass man die abgeschiedenen klaren Molken in offenen Kesseln über freiem Feuer bis zu einem gewissen Grade eindampft und dann in hölzernen Gefässen, durch die entweder Wollfäden gespannt, oder hölzerne Stäbe eingehängt sind, zum Erkalten bei Seite stellt. Hierbei scheidet sich der Milchzucker an den Wandungen des Gefässes in dicken, harten Krusten oder um die Fäden und Stäbe in dichten Krystalldrusen aus.
Die Krystallmassen erscheinen bei den Stäben immer keulenförmig, an dem einen Ende weit dicker als an dem anderen; dies hat darin seinen Grund, dass durch die Auskrystallisation die oberen Schichten der Flüssigkeit immer armer an Milchzucker werden. Bricht man eine solche Krystalldruse durch, so zeigt sich deutlich eine vom Mittelpunkt aus strahlenförmig angeordnete Krystallisation. Dieses so gewonnene erste Produkt ist immer noch sehr unrein und muss durch ein- oder mehrmaliges Umkrystallisiren gereinigt werden. Neuerdings fängt man in den grösseren Fabriken auch schon an, das Abdampfen im Vakuum vorzunehmen.
Der Milchzucker bildet mehr oder weniger weisse, in gänzlich reinem Zustande völlig farblose Krystalle (rhombische Prismen), die sehr hart, zwischen den Zähnen sandig knirschen und von schwach süssem Geschmack sind. Seine Löslichkeit ist bedeutend geringer als die des Rohrzuckers, da er drei Theile siedendes und sieben Theile kaltes Wasser zu seiner Lösung bedarf. In Weingeist, Aether und Chloroform ist er vollkommen unlöslich; er wird sogar aus starken wässerigen Lösungen durch Weingeist ausgefällt.
Der Milchzucker ist weit schwerer als die anderen Zuckersorten gährungsfähig; er bildet auch nicht wie diese bei der Gährung Alkohol und Essigsäure, sondern sofort Milchsäure.
Guter Milchzucker muss möglichst weiss sein, von schwach süssem Geschmack und ohne jeden Geruch. Ein säuerlich-ranziger Geruch zeigt an, dass zu seiner Darstellung auch saure Molken verwendet sind.
Anwendung findet er fast nur in der Medizin, namentlich in der Homöopathie zum Verreiben der Mischungen. Ferner als Zusatz zur Kuhmilch bei Säuglingen, da die Kuhmilch einen weit geringeren Zuckergehalt hat als die Frauenmilch. ¶