Satyren und den Nymphen, den Göttinnen der Berge, Wälder und Gewässer geweiht gewesen sei, bezweifelt kein Verständiger. Und so ist die zweite Behauptung klar. - Drittens ist noch von dem weltlichen Mißbrauch an diesem Orte zu reden. Denn weil (pag. 157) der Götzendienst nicht ewig dauern konnte, sondern im Laus der Zeiten abnahm, so geschah es, daß an den Orten, wo einst Tempel der Götter standen, Tyrannen ihre Vesten, Burgen und Bollwerke errichteten, indem sie diese gerade auf den zerstörten Mauern der Tempel bauten, wie aus dem Monte Cassino geschah, wo aus dem überaus alten Tempel Apollos eine sehr feste Burg und nachher ein Kloster des hl. Benedikt entstanden war.
Auch in der Legende des heiligen Dominikus steht, daß ein edler Gras von Montfort (Montis Fortis) unserem allerheiligsten Vater Dominikus die Burg Samuel übergeben habe auf einem Berg, auf dem einst ein Tempel Jupiters gewesen war, und die Kirche eben dieser Burg habe den Namen des Götzen behalten und sei auch nach der Besiedlung durch die Prediger-Brüder Jupiters Tempel genannt worden. So war es auch auf dem Berg Elchingen geschehen. Denn nachdem hier des Jupiters Tempel zerfallen oder vielleicht von den ersten Christen zerstört worden war, erbauten die Tyrannen und Herren der Gegend auf den alten Fundamenten einen in der ganzen Gegend ringsum sichtbaren sehr hohen Turm und eine Burg, die sie nicht sowohl wegen ihrer Höhe und Festigkeit, als wegen der Wildheit und Grausamkeit ihrer Bewohner den Turm von Babylon nannten, weil er wie ebendieser Turm mit seiner Spitze bis in die Wolken zu reichen schien und man ein neues allen furchtbares Nimrods-Geschlecht in ihm wiedererweckt zu sehen glaubte.
Diese schreckliche Burg aber stand an der Stelle des Berges, wo jetzt die Kelter und die Herberge des Klosters ist, unter der zu ihrer Zeit die Frauen den Flachs brechen und die Wägen, Karren und Pfluge untergebracht werden, damit sie nicht vom Regen Not leiden. Neben dem Turm aber ringsherum bauten diese grausamen und wilden Räuber Wohnungen mit Mauern und Basteien, um der ganzen Gegend Furcht und Schrecken einzujagen. Und nichts anderes taten sie, als daß sie die Vorüberziehenden hinauf auf die Burg schleppten, ausplünderten und quälten, ihr Leben ihnen mit harten Foltern entrissen und die Getöteten innerhalb ihrer tyrannischen Behausung in das Innerste der Erde versenkten. Daher werden noch heute an jeder Stelle, wo gegraben worden, menschliche Gebeine gefunden, die unzweifelhaft Überreste der von den Räubern getöteten oder von den Götzendienern bei den Opfern der Götter geschlachten Menschen sind. Aber auch sehr feste und (pag. 158) gewaltige Fundamente finden sich in der Tiefe der Erde, gemauerte Gewölbe und unterirdische Höhlen, die einstigen Wohnungen der Heiden und Räuber.
Lange Zeit aber war es mit diesem Ort so schreckhaft bestellt und er brachte der Stadt Ulm vielen Schaden und war ihr ein Dorn im Auge. Um aber dem Übermut dieser Räuber Einhalt zu tun, glaubt man, sei die Burg Albegg erbaut worden, und manche Kämpfe haben da und dort bis auf die Zeiten Kaiser Konrads, des Bruders von Friedrich I, 1) stattgefunden, wie im Folgenden sich zeigen wird. Die Pfarrkirche aber der Veste und Burg Elchingen war die Kirche des hl. Pankratius, die heute an das Kloster angebaut ist und nach der viel Volk auch von den Orten jenseits der Donau den Zug hatte. Denn die Stadt Leipheim gehörte zu dieser Pfarrei. Daher fand im vergangenen Jahre der Herr (Bischof?) von Augsburg, als er mit den Seinigen die Zahl der Pfarrkirchen seiner Diözese zu wissen
1) Friedrich, Herzog von Schwaben, + 1147. ¶
wünschte, unter andern auch eine Kirche des hl. Pankratius, und niemand wußte etwas von dieser Kirche, wo sie sei oder wer daselbst Pfarrer sei, bis zuletzt in Erfahrung gebracht wurde, daß es die kleine Kirche in Elchingen sei, ehemals eine Pfarrkirche, jetzt aber eine Kapelle. - Viertens wollen wir sehen, wie dieser Ort Elchingen zum Dienst Gottes gebracht worden ist. Als im Jahr 1128 1) der Kaiser Heinrich, der fünfte dieses Namens gestorben war, kamen die Kurfürsten zur Wahl eines neuen Königs zusammen, und, in Parteien gespalten, wählten sie zwei Könige, nämlich Lothar, den Herzog von Sachsen, und Konrad von Staufen, einen schwäbischen Fürsten. Es waren aber beide Herzoge durch Verwandtschaft mit einander verbunden, weil Lothars Bruder Konrad eine Schwester Konrads, des miterwählten Herzogs von Schwaben, die Frau Lucia geheiratet hatte, der die Burg Elchingen mit dem Babylonischen Turm, die den Herzogen von Schwaben gehörte, als ihr Erbteil zufiel.
Als nun beide gewählt worden waren und doch nur Einer König sein konnte, hatten sie trotz der Verwandtschaft schwere Kriege miteinander, und beide bemühten sich, die Bevölkerung des Reiches an sich zu ziehen, indem sie das Vaterland in schwere Verwirrung brachten. Doch hatte Lothar den größeren Anhang, da ihn der Papst und die Kardinäle begünstigten und ihm viele Italiener zu Hilfe geschickt hatten, ebenso auch der König von Ungarn, die Herzoge von Sachsen und die Herzoge von Bayern. Die Schwaben aber hingen an ihrem Konrad. Und die Drangsale nahmen zu unter den Parteien, (pag. 159) besonders jedoch bei den Schwaben und Bayern, die sich gegenseitig in den Grenzgebieten zerfleischten.
Von Ulm aus machte nämlich die Partei Konrads Plünderungszüge gegen Bayern. Daher legte Lothar, um der Frechheit der Schwaben zu steuern und Ulm zu schrecken, Kriegsvolk als Besatzung in den babylonischen Turm von Elchingen, der, wie erwähnt wurde, mit Rücksicht auf Frau Lucia, die Schwester des gewählten Konrad, den Herzogen von Sachsen gehörte. Von dieser Burg Elchingen also fanden täglich Raubzüge statt, und die vorüberziehenden Schwaben wurden gefangen genommen, hinaufgeschleppt, beraubt und getötet, und ihre Leichname füllten den Erdboden an. Und umgekehrt wüteten Bewaffnete von Ulm gegen die Sachsen, Lombarden, Ungarn und Bayern, und manche dem erwählten Lothar sehr teuere und wertvolle Leute plünderten sie aus, führten sie nach Ulm und töteten sie.
Darüber ergrimmt sammelte Lothar ein gewaltiges Heer, zog gegen Ulm, schloß es mit einer sehr engen Belagerung ein und eroberte es, und nachdem er die Einwohner getötet hatte, zerstörte er die Stadt selbst vollständig und legte viele Beute, die in Ulm geraubt war, in der babylonischen Burg nieder. Hierauf zog Lothar, welcher mit der Zerstörung von Ulm das Herz Konrads gebrochen zu haben glaubte, mit einem großen Heere Rom zu, um vom Papst gesegnet zu werden, aber vom Tode überrascht starb er in Verona.
2) Ihm folgte, durch die einmütige Wahl der Kurfürsten ernannt, Konrad, der Herzog von Schwaben, und dieser befahl Ulm wieder aufzubauen und zu erweitern. Die Sachsen aber, die Bayern und die Italiener verharrten in ihrer Hartnäckigkeit und führten auf Befehl des Papstes, dem die Wahl mißfiel, wieder Krieg mit Konrad. Und es war ein schwerer Streit zwischen den Parteien, bei dem die verdammte und verderbliche Spaltung des christlichen Volkes in Gibellinen und Gwelfen, an der bis heute noch Italien krankt, ihren Anfang nahm. Es wurde aber Ulm aufgebaut
1) Soll heißen 1125.
2) Ist falsch; vielmehr in Breitenwang bei Reute in Tirol. ¶