XIII. Band. Nr. 21
Erscheint wöchentlich.
Abonnement jährlich Fr. 2.50;
als Beilage zum «Schweiz. Familienwochenblatt» gratis.
Inserate die kleine Zeile 25 Cts.
Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.
1903. 21. November. Inhalt: Unsere Brennmaterialien und ihr Hetzwert. - Unsere Genußmittel. - Das Emailgeschirr und die Blinddarmentzündungen. - Weihnachtsgebäck. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate,
Unsere Brennmaterialien und ihr Heizwert.
Von Dr. Albert Neuburger, Berlin
(Nachdruck verboten.)
Der Winter naht und die Frage: «Mit was wollen wir heizen?» wird wieder aktuell, und verursacht so manches Kopfzerbrechen.
Der eine hat mit diesem, der andere mit jenem Brennmaterial schlechte Erfahrungen gemacht, und die Meinungen über die einzelnen Sorten von Hetzmitteln sind sehr geteilt.
Wenn irgendwo, so gilt ganz besonders für das Gebiet der Heizmaterialien der Ausspruch: «Eines schickt sich nicht für alle», und wenn irgendwo, so ist gerade aus diesem Gebiete das in jüngster Zeit so beliebt gewordene Schlagwort von der «individuellen Behandlung» voll und ganz zutreffend.
Der Brennstoff muß der Individualität des Ofens, der es zu heizenden Raumes, der des Ortes und last not least der des Geldbeutels angepaßt sein.
Besonders der letztere Punkt scheint uns der schwerwiegendste zu sein.
Während früher Vergleiche zwischen den Kosten der einzelnen Arten von Brennmaterialien recht schwer waren, da man keinen Vergleichsmaßstab hatte, und sich scheute, auf sie die bekannte Frage: «Wenn ein Pfund Zwetschgen 20 Cts. kostet, was kostet ein Pfund Kirschen?» anzuwenden, hat man jetzt einen Vergleichsmaßstab gefunden, der uns in die Lage setzt, eine vorzügliche Schätzung eines jeden Brennstoffes vorzunehmen.
Die beliebten auf subjektiven Gefühlsäußerungen beruhenden Gespräche, die meist darin gipfelten, daß der Herr Meyer behauptete, im letzten Winter für soundsoviele hundert Franken Holz verfeuert und dabei doch gefroren zu haben, während der Herr Müller trotz des geringen Preises seiner Kohlen immer recht warm gehabt zu haben vorgibt, sind heutzutage wirklich nicht mehr nötig: Die Wissenschaft hat uns in den Stand gesetzt, den Heizwert jedes Brennmaterials aufs genaueste zu bestimmen, und dieser Heizwert ist der beste und zuverlässigste Maßstab für den Preis.
Nur auf Grund dieser Bestimmung läßt sich das «teuer» oder «billig» richtig und vollkommen einwandsfrei erwägen, und es wäre wünschenswert, daß sich der Begriff des Hetzwertes mit der Zeit immer mehr einbürgert.
Man mißt heutzutage den Heizwert ähnlich, wie man die Lichtstärke verschiedener Lichtquellen oder die Kraft verschiedenartiger Maschinen mißt.
Als Einheit für die Wärmemenge resp. den Heizwert eines beliebigen Brennmaterials gilt die sogenannte «gewöhnliche Calorie», d. h. diejenige Wärmemenge, welche ein Kilogramm Wasser von der Temperatur von 15-17 Grad Celsius um einen Grad zu erwärmen vermag.
Man kennt in der Wissenschaft eine ganze Anzahl derartiger Calorien.
Für die Wertschätzung der Brennmaterialien hat sich aber die eben angeführte «gewöhnliche Calorie» eingebürgert. Je mehr Calorien also ein Brennstoff zu entwickeln vermag, desto wertvoller ist er, und wenn zum Beispiel in nachfolgenden Zeilen behauptet wird, Holzkohle habe eine Heizkraft von 7500 Calorieen während Holz nur eine solche von 4600 Calorien habe, so heißt das, daß man mit demselben Gewicht Holzkohle 7500 Kilogramm Wasser von der Temperatur 15-17 Grad um ein Grad zu erwärmen vermag, mit dem man nur 4600 Kilogramm Wasser um das gleiche erwärmen kann, wenn man Holz benützt.
Der Hetzwert eines Brennmaterials ist abhängig von seinem Gehalt an brennbarer Substanz.
Als brennbare Substanzen sind der in jedem Brennmaterial enthaltene Kohlenstoff und Wasserstoff zu betrachten, und je mehr von diesen ein Heizmittel enthält, desto größer ist also auch sein Heizwert.
Beeinträchtigt wird der Hetzwert durch das Vorhandensein nicht brennbarer Stoffe, wie Sauerstoff und Stickstoff, sowie von sogenannten Mineralbestandteilen, die wir im gewöhnlichen Leben Asche nennen.
Sobald wir also die chemische Zusammensetzung irgend eines Brennstoffes genau kennen, können wir uns aus derselben auch seinen Hetzwert leicht berechnen.
Und in der Tat, wird der Heizwert einfach dadurch bestimmt, daß man die ¶
einzelnen Brennmaterialien analysiert und aus dem Ergebnis der Analyse berechnet, welche Wärme sie zu entwickeln vermögen.
Noch eine andere Methode ist gebräuchlich, die darauf beruht, daß man eine bestimmte Gewichtsmenge des zu untersuchenden Stoffes verbrennt und mit Hilfe genauer Apparate sorgfältig mißt, um wieviel durch die beim Verbrennen entstehende Wärmemenge die Temperatur eines genau abgemessenen Wasserquantums erhöht wird.
Betrachten wir nun die gebräuchlichsten unserer Brennmaterialien inbezug auf ihre chemische Zusammensetzung, und auf ihren mit dieser in so engem Zusammenhang stehenden Heizwert!
Das älteste und bekannteste aller Heizmittel ist das Holz.
Sein Gebrauch für Heizwecke ist in steter Abnahme begriffen, was zum Teil daher rührt, daß Kohle leichter und bequemer zu transportieren ist, und bereits zerkleinert ins Haus geliefert wird, zum Teil aber in dem durch die vielfache industrieelle Verwertung des Holzes in die Höhe gehenden Preise desselben seinen Grund hat. In großen Städten wird fast gar nicht mehr mit Holz geheizt und auch in kleineren und auf dem Lande ist eine Abnahme unverkennbar.
Das Holz besteht zum größeren Teil aus der Holzfaser, der sogenannten Zellulose, die fast die Hälfte seiner Bestandteile ausmacht.
Die Zellen der Holzfasern sind mit Saft gefüllt, der zum größten Teil aus Wasser besteht.
Der Saftreichtum und mit ihm natürlich auch der Wasserreichtum des Holzes schwanken je nach der Jahreszeit.
Während dasselbe im Frühjahr bis zu 60 Prozent Wasser enthält, enthält es im Winter durchschnittlich nur etwa 30 Prozent.
Aus diesem Grunde fällt man das Brennholz auch stets im Winter und läßt es dann lagern, um seinen Wassergehalt möglichst zu vermindern.
Aber selbst bei langem Lagern bleiben noch immer mindestens 15 Prozent Feuchtigkeit im Holz zurück.
Der beim Lagern entstandene Wasserverlust bedingt das «Schwinden des Holzes».
Hierbei verliert das Laubholz im Durchschnitt 11 Prozent, das Nadelholz durchschnittlich 6 Prozent an Umfang.
Ein beim Holzhandel sehr wichtiges Moment, das inbezug auf die Billigkeit des Einkaufs eine wesentliche Rolle spielt, ist das sogenannte Derbmaß.
Dasselbe bezeichnet diejenige Holzmenge, welche in einem bestimmten Raummaß des aufgeschichteten Holzes tatsächlich enthalten ist. Es beträgt bei Reisig 13-50 Prozent, bet Knüppelholz 50-55 Prozent, bei Scheitholz 70-80 Prozent, oder mit anderen Worten: ein aufgeschichteter Haufen Scheitholz enthält in Wahrheit nur 70-80 Prozent seines Inhalts an Holz, der übrige Raum ist durch die zwischen den einzelnen Holzstücken befindliche Luft ausgefüllt.
Zwischen den einzelnen Holzsorten ist kein sehr großer Unterschied in bezug auf ihren Heizwert, was man schon daraus ersehen kann, daß die besten Hölzer einen Holzwert von 5000 Calorien, die schlechtesten einen solchen von 4600 Calorien besitzen.
Bezeichnet man den Heizwert des besten Holzes, das wir kennen, des Lindenholzes, mit der Zahl 100, so ist der des schlechtesten, der Rotbuche, mit 90 zu bezeichnen, also wiederum kein großer Unterschied.
Ordnet man die einzelnen Holzsorten nach ihrem Hetzwert, so ergibt sich folgende Reihenfolge von der besten zur schlechtesten: Linde, Tanne, Ulme, Fichte, Espe, Weide, Kastanie, Lärche.
Ahorn, Weißtanne, Pappel, Erle, Birke, Eiche, Akazie, Weißbuche, Rotbuche.
Das Stroh, das in einzelnen holzarmen Gegenden, wie z. B. im Innern Rußlands, als Heizmaterial verwendet wird, hat ungefähr denselben Heizwert wie das Holz;
erheblich höher ist dagegen der Heizwert der aus dem Holze dargestellten Holzkohle;
derselbe betragt 7500-8000 Calorten, also nahezug das Doppelte des Holzes.
Die Bemühungen der Torfproduzenten haben in den letzten Jahren zu einer ausgedehnteren Aufnahme des Torfes als Heizmaterial geführt.
Die Bedeutung desselben ist allerdings vorerst immer noch eine mehr oder minder lokale, doch ist nicht daran zu zweifeln, daß die in neuerer Zeit sachgemäß ausgestaltete Torfproduktion, sowie die Herstellung von Torfbriketts, wodurch der Torf in eine transportfähigere und handlichere Form gebracht wird, dazu beitragen werden, demselben immer mehr Verbreitung zu verschaffen.
Der Torf besteht aus den Fasern von Sumpf- und Wasserpflanzen, welche sich im Zustande teilweiser Verwesung befinden. Da diese Pflanzen aus Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff zusammengesetzt sind, und da bei der Verwesung die drei letzteren Stoffe ihnen entzogen werden, so bleibt das kohlenstoffreiche Material übrig, welches wir als Torf bezeichnen.
Entsprechend seinem Bildungsprozeß sind auch die Eigenschaften des Torfes sehr wechselnde.
Für seinen Wert als Brennmaterial hängt viel davon ab, wie weit die Verwesung vorgeschritten ist.
Der von der Erdoberfläche abgehobene Torf zeigt wesentlich andere Eigenschaften, als der aus größerer Tiefe zu Tage geförderte.
Der letztere ist kohlenstoffreicher und besitzt daher einen höheren Brennwert.
Auch ist der Wassergehalt der einzelnen Torfschichten eines Lagers ein sehr verschiedener. Im Durchschnitt kann man jedoch annehmen, daß dem Torfe eine Heizkraft von 3800-3900 Calorien zukommt, wobei der durchschnittliche Wassergehalt desselben mit 16 Prozent angenommen ist.
Als eine Torfart, die aus vergangenen geologischen Zeitaltern stammt, können wir die Braunkohle auffassen.
Auch sie ist in ähnlicher Weise wie der Torf aus Pflanzen entstanden, doch ist in ihr entsprechend ihrem höheren geologischen Alter der Verkohlungsprozeß bereits weiter vorgeschritten als beim Torfe.
Auch das Pflanzenmaterial, aus dem die Braunkohle hervorging ¶