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teilweise versorgenden zurückgedrängt. Noch blüht die Leinwandfabrikation im Emmenthal und Oberaargau und liefert Fabrikate von altbewährter Qualität. Der Flachs kommt meist schon fertig gesponnen ins Land. Einzig Burgdorf weist eine Flachsspinnerei auf, die jedoch meist fremden Rohstoff verarbeitet. Die übrigen Hauptplätze dieser Industriegruppe sind Eriswil, Langenthal, Sumiswald und Bleienbach.
Die Wollindustrie kommt neuerdings in moderner Gestalt wieder auf. Bern, Belp, Burgdorf und Langnau sind die Hauptplätze. Die Einflüsse der textilen Nord- und Ostschweiz machen sich bemerkbar im Oberaargau und im Laufenthal. Dort weisen Roggwil und Kirchberg bedeutende mechanische Webereien, Herzogenbuchsee die Seidenbandfabrikation auf; im Laufenthal hat sich, von Basel ausgehend, eine bedeutende Floretspinnerei verbreitet. Bis nach Bern gehen diese Einflüsse, welches die grösste Baumwollspinnerei des Kantons und eine Seidenweberei aufweist.
Der aus Jeremias Gotthelf bekannt gewordene Webstuhl im Kellergelass des emmenthalischen Taunerhauses ^[richtig: Bauernhauses] verschwindet gänzlich, die Arbeit wird auch dort glücklicherweise in menschenwürdigeren Fabriksälen konzentriert.
Kleine Landstädte halten oft mit echt bernischer Zähigkeit irgend eine spezielle Branche der Exportindustrie fest: so Burgdorf seine Bleiweissfabrikation, Wangen seine Rosshaarspinnerei;
dagegen ist die früher weithin bekannte Fassfeckerei der Landschaft der Ungunst des Holzmarktes zum Opfer gefallen.
Eine alte, echt bodenständige Industrie ist die Töpferei des Heimberg. Dieses 4 km lange Strassendorf giebt ein gutes Bild der langgestreckten Industriedörfer der deutschen Mittelgebirge. Das Heimberger Geschirr mit seinen fröhlichen Farben auf dunkelbraunem Grunde findet besonders bei den Fremden während der Saison immer noch ordentlichen Absatz.
In den Gebirgthälern des Oberlandes haben sich ebenfalls einige bodenständige Industrien zu behaupten gewusst. Die Holzschnitzlerei von Brienz, Meiringen und Interlaken ist als Zeugnis rein volkstümlichen Kunstfleisses ein Stolz des Kantons. Sie verarbeitet neuerdings meist nur fremde Holze (Linde, Birnbaum, Nussbaum und Eiche). Man kommt von der Nachahmung fremder Ornamentik wieder zur Bevorzugung der einheimischen Motive zurück. Zeichnungsschulen in Meiringen und Interlaken, besonders aber die Brienzer Schnitzlerschule, fördern in jeder Hinsicht diese schöne Industrie (jährlicher Export von ca. ½ Mill. Franken).
Holz wird auch in den kleinen Parquetterie- und Chaletfabriken von Interlaken verarbeitet.
Die Fabrikation von Phosphorzündhölzchen im Frutigthal und bei Wimmis ist durch den Bundesbeschluss von 1898, welcher die Verwendung des gelben Phosphors verbietet, in ihrer bisherigen Art unmöglich geworden. Man geht nun zur Herstellung schwedischer Zündhölzer über.
Die Herstellung von Bauhölzern, eines der wichtigsten Gewerbe des Kantons ist in den waldreichen Gegenden des westlichen Oberlandes (Saanen und Lenk), des Emmenthales, des Gurnigelberglandes und des ganzen Jura verbreitet.
In den Thälern von Lauterbrunnen, Kandersteg und Oherhasle verschaffen Spitzenklöppelei und Seidenweberei besonders der Armut einen bescheidenen Verdienst. Diese Zweige der Industrie werden deshalb mit Recht von der Regierung väterlich gefördert.
Ganz andere Verhältnisse treffen wir im Jura an. So zersplittert die Industrien des alten Kantons, so einheitlich sind diejenigen des neuen. Hier hängt Wohl und Wehe der Bevölkerung von dem Gange der Uhrenindustrie (Taschenuhren) ab. Diese hat sich von La Chaux-de-Fonds aus in den bernischen Jura verbreitet und wurde erst in den letzten Jahren technisch und kommerziell von jenem Centrum unabhängig. Noch herrscht der Kleinbetrieb bei weitem vor. Hunderte von «Etablis» beschäftigen nur einen oder zwei Arbeiter.
Doch drängt die Zeit mächtig auf Centralisation. So ist Biel das Centrum für den Südfuss des Jura und das angrenzende Seeland, wo die Industrie ihre Ausläufer bis nach Büren, Lyss und Täuffelen sendet, geworden; St. Immer ist das Centrum des gleichnamigen Thales; Tramelan, Moutier und Pruntrut weisen weiterhin eine bedeutende Ansammlung grösserer Fabriken auf. Die Freiberge arbeiten meist noch für La Chaux-de-Fonds. Von dem Uhrenexport der Schweiz kann annähernd die Hälfte (ca. 40 bis 50 Mill. Fr.) für den Kanton Bern in Anspruch genommen werden. Die ökonomische Lage dieser Industrie ist keine so günstige, als sie sein könnte. Die Preise sind seit langem gedrückt. Fabrikanten- und Arbeitersyndikate suchen den Missständen vorzubeugen. Es giebt drei Uhrmacherschulen, deren Sitze Biel, St. Immer und Pruntrut sind. (Ins übrige Bernerland ist die Uhrmacherindustrie des Jura nicht weiter ¶
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vorgedrungen. Selbständig hat sich in Sumiswald die Fabrikation von Wanduhren entwikelt.)
Die jurassische Industrie ist mit der Uhrenindustrie nicht erschöpft. Die reichen Wasserkräfte, welche besonders durch Stauung der Flüsse in den Klusen (barrages) geliefert werden, begünstigen die Verarbeitung schwerer Rohstoffe, wie Kalk zu Cement und hydraulischem Kalk, neuerdings auch zu Carbid (Nidau), Holz zu Holzstoff und Kisten, des Eisens zu Draht (Bözingen). Glasindustrie (Münster) und Velofabrikation (Biel) schliessen sich an.
Der ganze Kanton zeigt seit einigen Jahren einen lebhaften industriellen Aufschwung, der auf der ersten kantonalen gewerblichen Ausstellung in Thun 1899 zum Ausdruck gelangte. Besonders beginnt nun auch die Metallindustrie sich zu verbreiten. Bern, Ostermundingen, Oberburg, Nidau, Biel und Reconvillier weisen in diese Gruppe gehörende Etablissemente auf. Vom Gewerbe ist als spezifisch bernischer Charakterzug hervorzuheben, dass städtisches und ländliches Wesen inniger verknüpft sind, als das meist anderswo der Fall ist. Anforderungen und Leistungen tragen auf dem Lande recht viel städtisches, in der Stadt hinwiederum ländliches Gepräge. Das hervorragendste Gewerbe ist das Baugewerbe. Ihm kommt die Vorliebe des Berners, besonders des auf dem Lande wohnenden, für das Stattliche und nach herkömmlicher Art Geschmückte der Wohnung zu gute.
1889 gab es im Kanton 779 dem Fabrikgesetz unterstellte Etablissemente. Davon entfielen auf die Uhrenindustrie 222, auf die Textilindustrie 50, auf die Verarbeitung des Holzes (worunter meist Sägereien) 110, auf die Eisenindustrie 94, auf die Bierbrauerei 13, Tabakindustrie 13, auf die Papierfabrikation, den Buchdruck etc. 63, auf die Baumaterialienindustrie 43 u. s. w. 1888 waren in der Uhrenindustrie 19157, in der Textilindustrie 7705, in der Holzschnitzlerei 1064, in der Töpferei 543 Personen beschäftigt.
Ausser den bereits genannten industriellen Schulen giebt es ca. 20 Handwerkerschulen, worunter in Bern die einzige Hufbeschlagsschule der Schweiz. Für den höheren technischen Unterricht existieren zwei Technikum, ein kantonales in Burgdorf und ein kommunales in Biel. Ferner hat der Staat ein ansehnliches Gewerbemuseum in Bern begründet.
Handel und Verkehr.
Die wichtigsten Zweige des Handels sind der Handel mit Uhren, Käse, Vieh, Wein, Geweben, Baumaterialien und Schnitzlereien. (Dabei ist das reine Importgeschäft nicht mit berücksichtigt.) Der Käseexport der Schweiz geht zu reichlich zwei Dritteilen vom Kanton Bern aus. Bern, Langenthal, Burgdorf, Langnau und Herzogenbuchsee sind die wichtigsten Plätze dieses Geschäftszweiges. Seit alters wird ein bedeutendes Weingeschäft getrieben, das besonders mit der jeweiligen Ernte des Waadtlandes rasch aufräumen hilft und in der Stadt Bern seinen Hauptsitz hat. Der Artikel Uhren geht vielfach noch ohne Vermittlung des Handels direkt aus den Fabriken in die ausländischen Absatzgebiete. Doch haben wir namentlich in Biel und St. Immer eine Anzahl bedeutender Exporthäuser.
Von den über 100 Geldgeschäften des Kantons bilden die Spar- und Darlehenskassen die weit überwiegende Anzahl. Dem kommerziellen Geldverkehr dienen vorab die Kantonalbank (Sitz in Bern, 6 Filialen), die Schweizerische Volksbank (4 Filialen), die schon erwähnte Hypothekarkasse, die bernische Filiale der Eidgenössischen Bank, sowie eine stattliche Reihe Banken in Bern, Biel, Delémont, Moutier, Porrentruy, St. Imier, Thun, Langenthal, Interlaken etc. (zus. 40).
Eine kantonale Handels- und Gewerbekammer ist seit 1898 neu organisiert; dieselbe vertritt die Interessen des Handels- und Gewerbestandes sowie der handeltreibenden Landwirtschaft gegenüber den Behörden.
Für den kommerziellen Unterricht bestehen eine Handelsabteilung am städtischen Gymnasium von Bern, 11 Fortbildungsschulen von ebensovielen Sektionen des kaufmännischen Vereins und mehrere Fortbildungsschulen an öffentlichen Mittelschulen.
Dem Verkehr dient in erster Linie ein besonders im Mittellande sehr ausgebildetes Netz von Eisenbahnen. Dasselbe besitzt eine Gesamtlänge von 630 km (Ermittlung durch das Kurvimeter, approximativ). Davon entfallen 367 km auf Hauptbahnen und 263 km auf Nebenbahnen. Dieses Netz muss als ein verhältnismässig sehr dichtes bezeichnet werden; es kommen 900 km Eisenbahnlänge auf 10000 km2 des Areals. [Italien 546, Frankreich 782, Deutsches Reich 990, Belgien 2052.] Es entspricht diese Ausbildung des Eisenbahnnetzes genau dem schweizerischen Durchschnitt, wo ebenfalls 900 km auf 10000 km2 entfallen.
Hauptbahnen sind folgende auf den Kanton entfallende Strecken: 1. Flamatt-Bern-Murgenthal. 2. Grellingen-Biel. 3. Delle-Delémont. 4. Oensingen-Wangen und Grenchen-Biel-Neuenstadt. Diese zusammen 210 km ausmachenden Linien dienen in hervorragendem Maasse auch dem internationalen Transit. Fernere Hauptbahnstrecken: 5. La Chaux-de-Fonds-Sonceboz. 6. Biel-Bern-Interlaken. 7. Bern-Trubschachen.
Als Sekundärbahnen sind zu betrachten die kantonalen Strecken: 1. Kerzers-Lyss-Leuzingen. 2. Biberist-Burgdorf-Langnau. 3. Burgdorf-Thun. 4. Herzogenbuchsee-Inkwil. 5. Langenthal-Huttwil. 6. Saignelégier-Chaux-de-Fonds. 7. Spiez-Erlenbach. 8. Bödelibahn. 9. Interlaken-Lauterbrunnen u. Grindelwald. 10. Brienz-Brünig. 11. Tavannes-Tramelan. 12. Pruntrut-Bonfol. Diese ca. 210 km betragenden Sekundärbahnen dienen in erster Linie dem Lokalverkehr, einige von ihnen aber auch dem Touristenverkehr; die Brünigbahn hat nur Sommerbetrieb, sie sowohl als die Lauterbrunnen- und Grindelwaldbahn und die beiden jurassischen Regionalbahnen haben ganz oder teilweise Adhäsionsbetrieb. Dazu gesellt sich eine ganze Zahl von Gebirgsbahnen und kleinen Drahtseilbahnen: Wengernalpbahn (höchste Höhe 2070 m ü. M.), Schynige Platte (2070), Brienzer Rothorn (2300), Lauterbrunnen-Mürren, St. Beatenberg, Giessbach, Reichenbach, Gurten, Magglingen, endlich die begonnene, bis zur Eigerwand fortgeführte und bis dahin vorläufig in Betrieb gesetzte Jungfraubahn.
Keine Gegend der Erde sieht so viele Gebirgsbahnen beisammen. Eine der oben genannten Linien, Burgdorf-Thun, ist eine der ersten elektrischen Vollbahnen der Erde (s. Wasserkräfte).
Neben den Bergbahnen sind technisch interessant die Linien des Jura mit ihren Anstiegswindungen, Brücken und Tunnels, von welch' letztern die beiden Tunnels bei St. Ursanne die bedeutendsten sind (Mont Terri 3,1 km).
Alle Hauptverkehrslinien sind mit Eisenbahnen versehen. Im Jahre 1901 werden eröffnet die Linien Bern-Neuenburg, Bern-Gürbethal und Spiez-Frutigen. Als Fortsetzung der Kanderthallinie ist das Projekt einer Lötschbergbahn aufgestellt. Dieses Projekt will dem Kanton Bern einen Verkehrsweg nach Süden öffnen, wo jetzt die einstigen Handelswege Grimsel und Gemmi nur noch die Rolle von Touristenstrassen spielen können. Die Lötschbergbahn soll Bern mit Brig, dem Ausgangspunkt der Simplonbahn, in Verbindung bringen.
Obschon dieser Berner-Alpenschienenweg der Zukunft den Nachteil einer zweimaligen Ueberschreitung des Kammes aufweisen wird, mag es ihm doch gelingen, einen Teil des ostfranzösischen, niederländischen und britischen Transits an sich zu ziehen. Jedenfalls gewinnt der Kanton selbst einen Ausweg nach Süden, welcher den Handel mit Italien und den Fremdenverkehr ausserordentlich zu beleben fähig ist. Gesichert ist endlich das Projekt einer Linie Bern-Schwarzenburg.
Die Seen des Kantons werden von Dampfschiffen befahren (Thunersee 7, Brienzersee 5, Bielersee 2). Die Schifffahrt auf dem Brienzersee ersetzt die zwischen Interlaken und Brienz zur Zeit noch fehlende Eisenbahn.
Die Schiffe des Thunersees fahren auf einem zu diesem Zwecke erstellten Kanal bis ins Herz des Bödeli (Bahnhof Interlaken).
An Staatsstrassen weist der Kanton 2132 km auf. Diese werden nach Breite und Wichtigkeit in 3 Rangklassen eingeteilt. Der Unterhalt einer vierten Rangklasse fällt den Gemeinden resp. Privaten anheim. Bern besass schon in der Zeit des patrizischen Regiments den Ruf eines Landes mit vorzüglichen Strassen.
Fremdenverkehr.
Derselbe hat sich in den letzten Jahrzehnten bei allen Schwankungen immer noch gesteigert und gilt heute auch den entlegensten Gebirgsthälern. Als zuletzt dem Verkehr erschlossene Thäler können das ¶