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vorhanden, und zahlreiche Gartenanlagen, öffentliche Spazierwege und baumgeschmückte Boulevards unterbrechen die Häusermassen. Während der einst von Mauern umschlossenen Altstadt zu ihrer räumlichen Entwickelung der Platz gefehlt hat und sich ihre wachsende Bevölkerung in engen Gassen und dicht geschaarten Häusern einpferchen musste, haben sich diese von jeder einengenden Schranke freien neuen Stadtteile ganz nach ihrem Belieben entwickeln und sogar auf die vorstädtischen Gemeinden ausdehnen können. Noch weiter nach Aussen folgt ein Gürtel von Villen. Nur gegen W. hin schliessen sich an die Altstadt mehr gewerbetreibende Quartiere an. Von der an und auf einem Hügel gebauten Altstadt unterscheiden sich diese Aussenviertel auch durch ihre Lage in einer einheitlichen Ebene, die einzig gegen SO. mit den Quartieren Champel und Malagnou etwas ansteigt.
Wenn wir der Rue de La Corraterie folgen, so kommen wir bald zur Place Neuve, dem grössten freien Platz im Weichbild von Genf, der einen ziemlich mächtigen Eindruck macht und von schönen Bauten eingefasst ist. In der Mitte steht das 1884 eingeweihte Reiterdenkmal des Generals Dufour, des Führers der eidgenössischen Truppen im Sonderbundsfeldzug, das vom Berner Bildhauer Lanz ausgeführt und dessen Kosten aus dem Ertrag einer allgemeinen schweizerischen Gabensammlung bestritten worden sind.
Rechts von der Einmündung der Corraterie in die Place Neuve bemerkt man das im altgriechischen Stil gehaltene und an äusserem architektonischen Schmuck ziemlich arme Musée Rath, das wegen der unmittelbaren Nachbarschaft des prachtvollen Theaters nicht recht zur Geltung kommen kann. Das 1825 erbaute Museum enthält die Sammlungen des Generales Rath (1766-1819), eines in russischen Diensten stehenden Genfers, die von seinen Erben der Stadt Genf geschenkt und von dieser mit Sorgfalt vermehrt worden sind, so dass sie heute noch die ansehnlichste Gemäldegalerie der Stadt bilden.
Der schönste Schmuck der Place Neuve ist aber das aus dem Legat des Herzogs von Braunschweig 1877-79 erbaute Theater mit seiner prachtvollen Renaissancefront. Schade ist nur, dass sich der bauleitende Architekt Gosse in seinen Plänen zu sehr an das Vorbild der Grossen Oper in Paris angelehnt hat. Bis 1879 hatte sich Genf mit einem bescheidenen Theatergebäude behelfen müssen, das dem jetzigen gegenüber an der Einmündung der Promenade des Bastions in die Place Neuve stand, aus dem Jahr 1782 datierte und 1880 abgetragen worden ist.
Ebenfalls an der Place Neuve erhebt sich der etwa aus 1857 stammende zierliche Bau des Musikkonservatoriums, das die Stadt der Freigebigkeit eines ihrer Bürger, Bartholoni, verdankt. Dem Theater gegenüber tritt man durch ein Monumentalgitter in die mit schattenreichen alten Bäumen bepflanzte Promenade des Bastions ein, an der die Büsten von zahlreichen verdienten und berühmten Genfer Bürgern stehen. Wir finden in dieser Genfer Ruhmeshalle die Brustbilder des Naturforschers François Jules Pictet de la Rive (1809-72), des Botanikers Edmond Boissier (1810-85), des Ingenieurs Jean Daniel Colladon (1802-93), des Staatsrates Antoine Carteret (1813-89), des Botanikers Augustin Pyramus de Candolle (1778-1841; von Pradier geschaffen und mit wertvollen Bas-Reliefs geschmückt), des Naturforschers Gosse (1753-1816; ein bescheidenes Denkmal, von der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft 1886 zu Ehren ihres Gründers gestiftet). Zu erwähnen ist ferner noch ein von Chaponnière gehauener David.
Ein Teil der Promenade des Bastions war früher dem von de Candolle 1816 angelegten botanischen Garten und den städtischen Gewächshäusern eingeräumt, die jetzt aber beide zusammen mit dem Herbier Delessert nach Varembé auf das von Gustave Revilliod der Stadt vermachte Landgut übergesiedelt sind. An der O.-Ecke der Promenade des Bastions steht als elegantes Bauwerk in italienischem Geschmack der Palais Eynard, einst Eigentum des berühmten Philhellenen, heute im Besitz der Stadt und von dieser zu einem Museum der schweizerischen Fauna umgewandelt.
Einige Säle sind den Damenklassen der städtischen Kunstschule (École municipale des Beaux-Arts) eingeräumt worden. Eine der Längsseiten der Bastions begleitet die 1868-72 erbaute Universität, bestehend aus drei in Gestalt eines Hufeisens angelegten umfangreichen Bauten, die unter sich durch Glasgallerien verbunden sind. Im Mittelbau befinden sich die Hörsäle (mit Ausnahme derjenigen für Chemie, Anatomie, Pathologie, Zahnheilkunde und Medizin, für die besondere Bauten vorhanden sind), in den beiden Flügeln das naturhistorische Museum bezw. die öffentliche Bibliothek und das archäologische Museum. Vor dem Haupteingang steht die Denkmalbüste des Naturforschers Carl Vogt, und im Vestibül des Mittelbaues sind die Büsten von Alphonse de Candolle, Auguste de la Rive, Marc Monnier, Amiel und Albert Richard aufgestellt.
In der Nähe der Place Neuve sind überhaupt die Mehrzahl der der Wissenschaft, Kunst und speziellen Unterrichtszwecken dienenden Bauten, sowie auch eine Anzahl von Kirchen und Kapellen verteilt. Wir nennen: die Victoria Hall, ein grosses Gebäude in florentinischem Stil, dessen Front mit einer vom Bildhauer Massarotti geschaffenen Statue der Harmonie geschmückt ist, dient als Konzertsaal, ist der Stadt vom ehemaligen englischen Konsul Barton in Genf geschenkt und 1894 eingeweiht worden;
die 1900 vollendete Handelsschule (École de Commerce);
die dem kunstgewerblichen Unterricht dienende École du Grutli;
das Athenäum mit Vortragssälen, Spezialbibliothek und einer ständigen Gemäldeausstellung;
das Chemiegebäude (École de Chimie);
das Wahlgebäude (Bâtiment Électoral) mit mächtigem Saal, in dem die Volksabstimmungen vorgenommen und Konzerte und Ausstellungen veranstaltet werden;
die 1859 erbaute Synagoge;
die 1860 erbaute Kirche Sacré Cœur, einst Freimaurerloge, heute dem römisch-katholischen Gottesdienst eingeräumt.
Zwischen Place Neuve und Rhone liegt das ernste Finanzviertel der Stadt mit seinen zahlreichen Bankgeschäften, der Börse, der Sparkasse, der Handelsbank (Banque du Commerce), dem Comptoir d'Escompte etc.
Ihrem Aeussern nach sehr verschieden von einander sind die die Altstadt und die Nachbarschaft der Place Neuve umrahmenden Aussenviertel, deren jedes sozusagen sein eigenes Gepräge hat und von ganz speziellen Bevölkerungskreisen bewohnt wird. Dieser lange Gürtel beginnt am Rhoneufer mit dem gewerbs- und volksreichen Quartier ¶
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der Coulouvrenière, wo sich zahlreiche Fabriken, die Gasfabrik und das Wasserwerk der Coulouvrenière (Bâtiment des forces motrices du Rhône) finden. Daran schliesst sich als ausgedehntes und schwer zu umgrenzendes Aussenviertel das sog. Plainpalais an, das auf die Gemeinde dieses Namens übergreift und bis zum rechten Ufer der Arve sich hinzieht. Plainpalais bildet mit seinen mächtigen Mietskasernen, verschiedenen industriellen Betrieben, Villen, brach liegenden Grundstücken und grossen Gemüsegärten ein etwas buntes Ganzes, in dessen Mitte das Gebäude der medizinischen Fakultät (École de Médecine), die Kasernenbauten, mehrere Primarschulhäuser u. eine reformierte Kirche stehen.
Die Plaine de Plainpalais, eine grosse Wiese, dient als Platz für Volksfeste, als Spielplatz für die Jugend und etwa auch als Exerzierplatz. Das mit Plainpalais zusammen die Stadt Genf mit Carouge verbindende Quartier La Cluse greift ebenfalls auf die Gemeinde Plainpalais über und wird von den eben beschriebenen Stadtteilen durch die langgezogene, stark belebte und volksreiche Rue de Carouge getrennt. Plainpalais und La Cluse gleichen sich in manchen Beziehungen; hier stehen mehrere der medizinischen Fakultät angegliederte Bauten, wie der Kantonsspital, das pathologische Institut, die Anatomie (Morgue) und die Frauenklinik (Maternité).
Weiter nach O. schliessen sich an die Altstadt das fast ausschliesslich aus Villen bestehende Quartier Champel u. die Quartiere Les Casemates und Les Tranchées an. Diese beiden sind ruhig und eintönig, bestehen aus Miet- u. Einfamilienhäusern und werden ihrer ganzen Länge nach von zwei mehrfach überbrückten Strassenzügen durchschnitten. Die Einförmigkeit dieser beiden Viertel wird einigermassen unterbrochen durch die auf einem einstigen Festungswall angelegte Promenade du Pin, den mit einer Büste des Genfer Humoristen geschmückten Square Töpffer und die Promenade de l'Observatoire. In dieser Gegend ist vor Kurzem auch eine neue Kunstschule (Ecole des Beaux Arts) erbaut worden, an die sich in Bälde ein zur Aufnahme der Mehrzahl der städtischen Kunstsammlungen bestimmtes Gebäude anschliessen wird.
Ueber das Quartier Les Tranchées ragen die fünf vergoldeten Kuppeln der russischen Kirche und der doppelte Dom der Sternwarte (Observatoire) in die Lüfte. Nach Aussen hin schliessen sich an diesen Stadtteil endlich noch die Villenviertel Florissant und Malagnou an, zwischen denen und dem See der Stadtteil Les Eaux Vives liegt, eine aus mehreren Quartieren bestehende Häusermasse, die zum, grössten Teil schon der Gemeinde Les Eaux Vives angehört und im Gegensatz zu den eben besprochenen benachbarten Vierteln von einer rührigen, Handel und Gewerbe treibenden Bevölkerung belebt wird.
Von bemerkenswerten Bauwerken sind hier nur zu nennen die massige sog. Salle de la Réformation, wo Konzerte und Vorträge veranstaltet werden, die dem römisch-katholischen Gottesdienst dienende Kirche Saint Joseph und die reformierte Kirche von Les Eaux Vives. Zwischen Altstadt und Les Eaux Vives liegt am Seeufer der elegante Jardin Anglais, eine öffentliche Parkanlage mit mächtigem Springbrunnen und den Denkmalbüsten der Maler Calame und Diday. In der Nähe steht endlich noch seit 1869 das sog. Monument National, eine von R. Dorer ausgeführte Bronzegruppe zum Andenken an den Beitritt Genfs zum Schweizerbund.
Bevölkerungsverhältnisse.
Mit Inbegriff der Aussengemeinden Le Petit Saconnex, Plainpalais, Carouge und Les Eaux Vives betrug die Gesamtbevölkerung der Stadt Genf nach der Zählung von 1901 105 Ew., so dass diese in dieser Beziehung in der Schweiz nach Zürich und Basel die dritte Stelle einnimmt. Diese Zahl verteilt sich (Zählung 1901) wie folgt:
Genfer | Uebrige Schweizer | Ausländer | Total | |
---|---|---|---|---|
Genf | 18620 | 17009 | 23252 | 58881 |
Plainpalais | 6866 | 5816 | 7828 | 20510 |
Eaux Vives | 3804 | 3033 | 5764 | 12601 |
Petit Saconnex | 2227 | 1927 | 2211 | 6365 |
Carouge | 2271 | 1348 | 3541 | 7160 |
: | 33788 | 29133 | 42596 | 105517 |
Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich als auffälligste Erscheinung der grosse Prozentsatz der Ausländer, der in der Stadt Genf noch schärfer hervortritt als im Kanton Genf. Während er nämlich im Kanton 40,37% beträgt, ¶