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Faltenwurf der obern Ueberschiebungsmassen noch nicht in dem Masse durch die Erosion zerstört worden, wie im S. und O. des Kantons; daher lässt sich hier der Einfluss der tektonischen Struktur auf die orographische Gestaltung des Gebirgsreliefs noch deutlich erkennen. Im O. des Kantons dagegen, in der Kärpfstock- und Magereugruppe, wo jene obere Faltenserie infolge der Denudation ganz verschwunden ist, sehen wir die Bergketten nach allen Richtungen sich verästeln; die gegenwärtige Anordnung der Berge und Thäler ist hier das reine Ergebnis der Arbeit des fliessenden Wassers.
Klima.
Die klimatischen Verhältnisse stimmen im Wesentlichen mit denjenigen der übrigen zentral- und ostschweizerischen Teile der Nordabdachung der Alpen überein. Sie werden durch folgende Zahlen illustriert (mitgeteilt von der schweiz. meteorologischen Zentralanstalt in Zürich):
Mittelwerte der Temperaturen (1864-1900)
Station | m | Jahr °C | Januar °C | Juli °C |
---|---|---|---|---|
Glarus | 482 | 7.9 | -2,5 | 17.3 |
Linthal | 660 | 7.0 | -3,0 | 16.2 |
Elm | 961 | 5.7 | -3,3 | 14.9 |
Mittlere Höhe der jährlichen Niederschläge (1864-1900)
m | mm | |
---|---|---|
Glarus | 482 | 1421 |
Auen bei Linthal | 821 | 1705 |
Elm | 961 | 1587 |
Obstalden | 685 | 1692 |
Linthkolonie bei Ziegelbrücke | 427 | 1615 |
Winter- und Sommertemperatur, wie auch die mittlere Jahrestemperatur stehen in der Thalsohle bei Glarus nur wenig tiefer als im schweizerischen Mittellande. Die mittlere Jahrestemperatur von Glarus ist um 0,6 °C geringer als diejenige von Zürich und um 1,2 °C geringer als diejenige von Altorf, wahrscheinlich infolge der durch die ungünstige Richtung des Thales bedingten kürzern Dauer der Insolation. Die Abnahme der Temperatur mit der Höhe zeigen deutlich die Zahlen der Stationen Linthal und Elm. Das mildeste Klima besitzt die Uferzone des Walensees. Einen günstigen Einfluss auf die Temperatur übt der Föhn aus, der häufig im Spätherbst und Winter während längern Perioden als leichte, in der Höhe fliessende s. Luftströmung prachtvoll helles und warmes Wetter bringt, oft aber auch als heftiger Sturm die Thäler durchtobt.
Das ganze Gebiet des Kantons Glarus ist wie überhaupt die gesamte N.-Abdachung der nö. Schweizeralpen reich an Niederschlägen. Die jährliche Regenmenge scheint zwar in Glarus durchschnittlich etwas geringer zu sein als im w. angrenzenden Kanton Schwyz, übersteigt aber diejenige der annähernd gleich hoch liegenden Station Altorf im Reussthal um 156 mm und erreicht fast die doppelte Höhe wie in Chur. Die oben genannten Zahlen veranschaulichen deutlich die rasche Zunahme der Regenmenge mit der Höhe; schon im s. Teile des Linththales ist sie um 280 mm grösser als in Glarus. Eine Zone maximaler Niederschläge streicht durch den nördlichsten Teil des Kantons. Etwas trockener sind dagegen die Thalsohle bei Glarus und der s. Teil des Sernfthales, wo sich bereits die Trockenzone des bündnerischen Rheinthalbeckens bemerkbar macht. Heftige Gewitter kommen nicht sehr häufig vor, und verheerende Hagelschläge sind, wenigstens für die tieferen Teile des Landes, eine seltene Naturerscheinung.
Flora.
Da der Kanton Glarus vom Kamme der Hochalpen bis nahe an den Rand des schweizerischen Mittellandes sich erstreckt und durch das Linththal mit diesem in direktem Zusammenhang steht, zeigt seine Pflanzenwelt alle Uebergänge von der Ebenenflora bis zur Flora des Hochgebirges. Die Flora der Thalsohlen, der Hügel- und Bergregion hat hier im ganzen denselben Charakter wie im ostschweizerischen Mittellande, mit dem Unterschiede jedoch, dass die Artenzahl der Ackerunkräuter stark zurücktritt, weil der Ackerbau durch die Wiesenkultur sehr zurückgedrängt worden ist.
In den Laubwäldern, welche, stark mit Tannen durchsetzt, den Fuss der Berge bekleiden, wiegt die Buche durch Individuenzahl ausserordentlich vor. Ihr gesellt sich der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) bei, der, meist ohne grössere Bestände zu bilden, in der Bergregion zur schönsten Entwicklung gelangt und mancherorts (so im Klönthal, auf den Ennetbergen ob Ennenda, auf Braunwald) eine Zierde der Landschaft bildet, Eiche und Birke treten nur vereinzelt auf, während Linden, ¶
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Ulmen und Eschen überall in die Laubwälder eingestreut sind. Ein weit grösseres Areal bedeckt der Tannenwald, der fast ganz aus der Rottanne (Picea excelsa) gebildet wird und mancherorts (z. B. im Klönthal, am Gandstock bei Schwanden) ausgedehnte Bergabhänge zusammenhängend bekleidet. In kleinern Gruppen und vereinzelten Individuen steigt sie bis zu 1900 m empor, begleitet von der Bergföhre (Pinus montana) und der Alpenerle (Alnus viridis). Verhältnismässig selten sind die Weisstanne (Abies alba) und die Föhre (Pinus silvestris). Larix europaeus kommt nur in künstlich angelegten Beständen vor. - Die Arve, dieser ächt alpine Baum, bildet leider keine geschlossenen Bestände mehr; kleine Gruppen derselben trifft man noch auf der Rautialp am Wiggis, am Mürtschenstock und am Kärpf.
In den Torfmooren und Riedwiesen des glarnerischen Unterlandes sind infolge der durch die Linthkorrektion bewirkten Entwässerung manche interessante Sumpfpflanzen verschwunden. Immerhin findet der Botaniker dort auch heute noch: Nymphaea alba, Ranunculus lingua und R. flammula;
Drosera rotundifolia, D. intermedia und D. anglica;
Typha minima und T. latifolia, Iris sibirica, mehrere Potamogeton- Arten.
Kleinere Torfmoore der Berg- und untern Alpenregion beherbergen noch Andromeda polifolia, Menyanthes trifoliata, Oxycoccus palustris, Sweertia perennis.
Für das warme Ufer des Walensees und den der Föhnwirkung stark ausgesetzten untern und mittlern Teil des Linththales bilden eine Reihe von meridionalen Pflanzen ein charakteristisches Florenelement. Bei Mühlehorn gedeiht noch die Edelkastanie, bei Niederurnen wird mit Erfolg die Weinrebe kultiviert, und an manchen Stellen, namentlich bei Ennenda, finden wir schöne Gruppen von Nussbäumen. Als Vertreter dieser warmen Flora sind ferner zu erwähnen: Helleborus viridis, Hypericum coris, Geranium sanguineum, Staphylaea pinnata, Prunus mahaleb, Rhamnus alpina, Euonymus latifolius, Coronilla emerus, Asperula taurina, Sedum hispanicum, Hippophaës rhamnoides, Cyclaminus europaea (häufig am Walensee), Linaria cymbalaria, Tamus communis, Alnus incana var. sericea, Stupa pennata.
Die Thalflora wird immer mehr durch fremde Elemente bereichert, die durch die modernen Verkehrsmittel bis in die hintersten Winkel der Alpenthäler vordringen. Solche zu ständigen Niedergelassenen gewordene Einwanderer sind z. B.: die ostasiatische Matricaria suaveolens, die bei Glarus sehr häufig geworden und bereits ins Sernfthal vorgedrungen ist; ferner Erigeron annuus, Lepidium ruderale und Draba, Euphorbia Engelmanni.
Die glarnerische Alpenflora stimmt im wesentlichen mit derjenigen der im O. und W. angrenzenden Gebiete überein, kann dagegen an Artenreichtum nicht mit derjenigen Graubündens wetteifern, weil das Glarnerland nur nach N. geöffnet, nach S. dagegen durch die Hochgebirgskette des Tödi abgeschlossen ist. Immerhin haben durch die hochgelegenen Passlücken dieser Gebirgsmauer einige Bündner Pflanzen den Weg in die Glarneralpen gefunden und sich auf der Sandalp und im Hintergrunde des Sernfthales angesiedelt, z. B. Sesleria disticha (Panixerpass), Salix helvetica und S. myrsinites (Obersand), Tofieldia palustris, Phyteuma pauciflora (Kärpf, Hausstock, Clariden, Sandgrat), Gentiana tenella (Panixer), Saxifraga macropetala (Hausstock), Androsace glacialis (Segnes, Sandalp).
Die botanisch reichsten Gebiete der Glarneralpen sind die obere Sandalp, die Berge im Hintergrund des Sernfthales und das Verrucanogebiet der Schild- und Magereugruppe.
Als seltene oder sonst bemerkenswerte Pflanzen des Glarnerlandes sind noch zu erwähnen: aus der Bergregion Malaxis monophylla, Corallorhiza innata, Orchis Traunsteineri, Epipogium aphyllum, Lunaria rediviva, Dentaria Killiasii;
aus der Alpenregion Ranunculus parnassifolius, Aquilegia alpina, Draba Zahlbruckneri, Arabis auriculata, Viola cenisia, Trifolium pallescens, Phaca alpina, Potentilla frigida, Achillea nana und A. moschata, Aronicum glaciale, Senecio aurantiacus, Leontodon incanus, Campanula cenisia, Pleurogyne carinthiaca, Androsace Heerii, Rumex nivalis, Paradisia liliastrum, Gagea minima, Daphne striata.
Eine europäische Seltenheit besitzt der Kanton Glarus in dem nordischen Botrychium virginianum, das bei Glarus am Fusse des Vorderglärnisch vorkommt. - Die Zahl der bis jetzt im Kanton konstatierten Gefässpflanzen beträgt 1207.
In seinen Untersuchungen über die nivale Flora der Schweiz zählt Oswald Heer 42 Arten von Phanerogamen auf, die der glarnerischen nivalen Flora (über 2600 m Höhe) angehören. Mit der nivalen Flora anderer alpinen Kantone, die bis 200-300 solcher Arten zählen, verglichen ist somit diejenige des Kantons Glarus eine verhältnismässig arme.
Fauna.
Wie die Flora, so stimmt auch die Tierwelt im grossen und ganzen mit derjenigen der benachbarten Alpenkantone überein. Auch hier sind im Laufe der letzten Jahrhunderte infolge der intensiveren Besiedelung des Landes und der Jagd manche der grössern Tierformen, namentlich unter den Säugetieren, verschwunden. Der letzte Bär wurde 1816 im Grossthale, das letzte Exemplar der Wölfe, die übrigens nie häufig gewesen zu sein scheinen, gegen Ende des 18. Jahrhunderts in den Näfelserbergen geschossen. Um diese Zeit verschwand auch der Luchs, der früher häufig vorkam.
Der letzte Steinbock wurde im Jahre 1550 am Glärnisch erlegt; seine Hörner waren bis zum Brande von Glarus im Rathause zu sehen. Auch der Hirsch kann als ausgerottet betrachtet werden; zur Seltenheit erscheint ein aus Graubünden versprengtes Exemplar. Dagegen beginnen die Rehe, die seit langer Zeit ganz verschwunden waren, den n. Landesteil wieder zu besiedeln. Unsere typischen Alpentiere, Gemse und Murmeltier, sind im Schild- und Wiggisgebiet selten geworden, ziemlich häufig dagegen in den s. Gebirgsgruppen. Selbst in dem seit 1569 gebannten Freiberg (Kärpfgruppe) waren sie um die Mitte des vorigen Jahrhunderts fast ganz verschwunden. Dank der strengen Handhabung des Jagdgesetzes hat aber in den letzten Jahrzehnten ihre Zahl wieder stark zugenommen. Trotzdem seit einiger Zeit jährlich 50450 Stück durch die Wildhüter abgeschossen werden, zählt der Freiberg heute ungefähr 1500 Gemsen. - Unter den Raubtieren kommen ziemlich häufig der Fuchs und das grosse und kleine Wiesel (Putorius erminea und P. vulgaris) vor, die alle ihre Streifzüge bis ziemlich hoch in die Alpen hinauf ausdehnen, während ¶