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Das prächtigste Brunnendenkmal Luzerns ist der spätgotische Weinmarktbrunnen. Meister Konrad Lux aus Basel führte ihn aus in den Jahren 1481-1494. Wir sehen mitten in einem achteckigen Granittrog einen stilvoll gearbeiteten, schlanken Brunnenstock, unten die spätgotischen Wasserspeier aus Bronze, als Mundstücke grinsende Masken. Darob als Hauptstück die originellen Skulpturen der sechs geharnischten Krieger. Das Ganze krönen die Wimperge mit den Kreuzblumen und die Hauptfiale mit Krappen und Kreuzblume, auf welch' letzterer der erste Stadtpatron St. Mauritius steht. Es ist das der seit Pfingsten 1903 in der ursprünglichen Gestalt von Bildhauer Vetter wiedergegebene Brunnenstock, während der alte bei der Renovation von 1737 ziemlich stark abgeändert worden war.
Von den übrigen öffentlichen Brunnen sind zu nennen der Barfüsserbrunnen mit der Statue des h. Franziskus, der Zeughausbrunnen mit dem wilden Mann als Schildhalter und der Buobenmattbrunnen mit zwei Putten. Das Material dieser Brunnenstöcke bildete der obrigkeitliche Sandstein aus den städtischen Steinbrüchen, der zwar leicht zu bearbeiten ist, aber auch leicht verwittert. Von den Privatbrunnen war wohl der schönste der im Ritterschen Palast, der sich jetzt in der Sakristei der Jesuitenkirche befindet.
[P. X. Weber.]
Geschichtliche Uebersicht.
Wo die Reuss den westl. Arm des Vierwaldstättersees verlässt, stand bereits im 8. Jahrhundert ein kleines Benediktinerkloster, das zu Ehren des h. Leodegar erbaut worden war. Wie aus der Urkunde Kaiser Lothars I. vom 25. Juli 840, in welcher Luzern (Luciaria = Hof des h. Leodegar) zum erstenmal genannt wird, hervorgeht, stand das Stift im«Hof» schon zu König Pippins Zeiten unter dem Kloster Murbach im Elsass. Aus dem Dorf, das sich an den Hof St. Leodegar anschloss, erwuchs allmählig bis zum 12. Jahrhundert eine Stadt, deren älteste deutsche Bezeichnung «Luzzeron» oder «Lucerren» lautet.
Der Oberhoheit Murbachs untertan, wie die übrigen 16 Dinghöfe des Klosters, ist Luzerns Entwicklung doch eine wesentlich von diesen verschiedene gewesen. Die elsässische Abtei liess ihre Rechte durch einen Meier oder Ammann verwalten. Wenn der Abt selbst auf den «Staffeln» vor der Hofkirche Gericht hielt, standen ihm zwölf freie Männer als Schöffen zur Seite. Die hohe Gerichtsbarkeit über Luzern hatten die Landgrafen im Aargau, seit 1239 Habsburg-Oesterreich, die sie jedoch meistens durch ihre «iuniores», die Vögte von Rotenburg, ausüben liessen.
Entwicklung und Aufschwung Luzerns sind in engster Weise mit dem Verkehr über den St. Gotthard verknüpft. Wie sehr sich dieser Verkehr im Lauf des 13. Jahrhunderts gesteigert hatte, ersehen wir aus den österreichischen Zolleinnahmen. Im Minimum betrugen dieselben von 1291-1293 jährlich 460 Pfund (= 9200 Fr. oder nach heutigem Geldwert etwa 55000 Fr.), im Maximum gegen das dreifache dieser Summe. Luzern war zu einem der wichtigsten Stapelplätze des Handels zwischen dem Oberrhein und der Lombardei geworden.
Wie in andern Städten des Mittelalters machte der zunehmende Wohlstand seine Wirkung auch hier in politischer Weise geltend. Die Bevölkerung wuchs zu städtischer Ordnung zusammen. Man hatte an dem Ammann des Klosters einen um so sicherern Rückhalt gegen die Uebergriffe des Vogtes, als das elsässische Mutterkloster die Hand der Habsburger - als Landgrafen im Elsass - in seinen oberrheinischen Besitzungen schwer zu verspüren hatte. Im Kampf zwischen Kaiser und Papst hielt die Stadt unentwegt zu ersterm und schritt im Bündnis mit den Waldstätten zu offener Gewalt gegen Vogt und Kloster.
Die Errungenschaft dieses Kampfes ist der «Geschworene Brief» vom Jahre 1252, der das Fundament einer städtischen Verfassung darstellt, da er auf Murbach, das doch Grundherr war, nirgends Bezug nimmt. Bürgerschaft und Rat erscheinen als selbständige Gemeinde mit eigenem Siegel, die ganz unabhängig ihre Bestimmungen über Fehderecht, Selbstrache und Mord aufsetzen. Wer diese Bestimmungen nicht halten will, hat die Stadt zu verlassen. In der Folge konnten alle diese Errungenschaften behauptet werden.
Die finanziellen Verlegenheiten Murbachs benutzte die Bürgerschaft, um ein Recht nach dem andern an sich zu bringen. Hie und da wurden solche auch erzwungen. König Rudolf I. bestätigte den Geschworenen Brief samt allen übrigen Rechten; ja in einem besonderen Gnadenbrief erklärte er Luzerns Bürger für fähig, nach Sitte und auf gleiche Weise Reichslehen zu empfangen, wie Edle und Ritter. Man erhält den Eindruck, als ob der König seine Erwerbung der Stadt in Luzern selbst vorbereiten wollte.
Denn am kaufte Rudolf von Abt Berchtold von Murbach den Hof Luzern samt allen andern Höfen des Klosters in den Waldstätten gegen einige elsässische Dörfer und 2000 Mark Silber (= etwa 100000 Fr.). Dadurch war der Erweiterung der Rechte der Stadt vorerst ein Ziel gesetzt. Aus diesem Gefühl heraus ist denn auch die Verbindung der Bürger mit der Linie Habsburg-Laufenburg nach Rudolfs Tod zu erklären. Freilich mussten sie am König Albrecht I. huldigen, empfingen aber dafür die Bestätigung aller von Murbach errungenen Rechte. So hielt Luzern als Landstadt treu zu Habsburg bis nach der Schlacht am Morgarten (1315). Allein gerade um diese Zeit ward die Stadt von ihrer bisherigen Unterstellung unter den Vogt zu Baden demjenigen zu Rotenburg zugewiesen.
Streitigkeiten konnten nicht ausbleiben, und andererseits blieb der Sieg der Eidgenossen 1315 nicht ohne Einwirkung auf Luzern. Daher schlossen 26 Bürger, Mitglieder des Rates, am eine Verbindung auf fünf Jahre zum Zweck, die Rechte der Stadt unversehrt zu wahren. Im Oktober 1330 traten der gesamte Rat und die Gemeinde, an ihrer Spitze der Schultheiss, zu einer Einigung im gleichen Sinne zusammen. Herzog Otto, der die österreichischen Vorlande verwaltete, gab insoweit nach, als er versprach, den Schultheissen nur aus den Bürgern zu ernennen die «Jahr und Tag» eingesessen seien.
Allein durch dieses Zugeständnis wurde der Schultheiss mehr ein Vertreter rein städtischer Interessen, denn österreichischer Beamter. Es muss damals eine grosse Bewegung im Sinne städtischer Autonomie durch Luzern gegangen sein, sonst wären kaum Johann von Malters und drei weitere Bürger, die mit Oesterreich unterhandelt hatten, kurzweg verbannt worden. Als der Vogt von Rotenburg abmahnte, beschloss die Bürgerschaft am jeden zu strafen, der dem Vogt zu Willen sei. Derart war die Stimmung, als die Stadt Luzern am Samstag vor Martini, den ewigen Bund mit den Waldstätten schloss.
Es war ein entscheidender Schritt gegen den gemeinsamen Feind; aber er war nicht unvorbereitet. Zunächst war es vielfach die kirchliche Zusammengehörigkeit, da das Waldstätter Kapitel mit demjenigen Luzerns eins war. Es traten ferner Interessen des Verkehrs und ¶
Lf. 111.
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Verlag von Gebr. Attinger, Neuenburg.
^[Karte: 6° 0’ O; 47° 0’ N; 1:15000]
▐ Luzern im XIII. Jahrhundert
▓ Luzern vom XIII. Jahrh. -
1597
▒ Luzern von 1597-1792
▒ Luzern von 1792-1857
░ Luzern von 1857-1904
▬ Befestigung im XIII. Jahrh.
▬ Befestigung vom XIV.-XVI. Jahrh.
K. = Kirche, H. = Hôtel, P. = Pension
V. Attinger sc.
HISTORISCHER PLAN VON LUZERN ¶
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Handels hinzu: Luzern war den übrigen Uferkantonen unentbehrlich. Wenn es 1320 die Aufgabe übernahm, bei vorkommenden Streitigkeiten zwischen den Waldstätten und Einsiedeln zu vermitteln, so lag hierin ein weiterer Beweis gegenseitigen Vertrauens. Aus all' diesen Beziehungen erwuchs die politische Einigung. Natürlich konnte von einer völligen Befreiung von Oesterreich beiderseits keine Rede sein. So behielten in der Bundesurkunde die Waldstätte die Rechte des Reiches, Luzern diejenigen seiner Herzoge vor.
Die Stadt wollte sich für ihre alten Rechte wehren, die Waldstätte ihre bisherige Stellung behaupten. Daher sollte gegenseitige Hilfe - wenn nötig mit den Waffen - geleistet werden. Neu ist hiebei die Formulierung der Bundeshilfe und zwar nicht so rückhaltlos, als beim Bund der Länder unter sich: «Wird einem Orte Schaden zugefügt, so möge er mit der Mehrheit (seiner Angehörigen) auf den Eid (d. h. durch eidliche Volksabstimmung) erkennen, ob ihm Unrecht geschehen sei und sofern es der Hilfe bedarf, möge er die Eidgenossen mahnen».
Während innere Zwistigkeiten schiedsgerichtlich (wie im Dreiländerbund) beigelegt werden sollen, darf - und auch diese Bestimmung ist neu - kein Teil neue Bündnisse eingehen ohne aller Eidgenossen Wissen und Willen. Diese beiden, vom ersten Bundesbrief abweichenden Bestimmungen charakterisieren staatsrechtlich diese Neubildung als Staatenbund umsomehr, als jedes Bundesglied in seiner Landesmark die eigenen Gerichte und guten Gewohnheiten beibehielt. Es bleibt diese Signatur der ganzen weitern Ausgestaltung der Eidgenossenschaft aufgedrückt.
Der Kämpf zwischen Oesterreich und der Stadt liess nicht lange auf sich warten. Er brach naturgemäss mit den habsburgischen Amtsleuten aus. Aber die österreichischen Herzoge, erschöpft durch den langen Krieg mit Ludwig dem Bayer, schlossen am einen Vergleich, der der luzernischen Bürgerschaft ein für die österreichische Herrschaft verbindliches Vorschlagsrecht hinsichtlich der Wahl eines Stadtschultheissen gewährte. Aber nur zwei Jahre dauerte die Waffenruhe.
Diesmal zog Luzern den kürzern, indem es vom Vogt von Rotenburg, Ulrich von Ramswag, 1336 in der Nähe seiner Festung empfindlich geschlagen wurde. Im gleichen Jahr erlitten auch die Waldstätte eine Niederlage bei Buonas. Luzern fügte sich einem schiedsgerichtlichen Spruch und kehrte unter die Herrschaft der Herzoge zurück, jedoch unter Wahrung seiner Rechte. Für die nächsten fünfzehn Jahre haben wir nur dürftige Notizen. In diese Zeit fällt die Zerstörung von Neuhabsburg am See (1352) und wahrscheinlich auch die Episode, in welcher das eidgenössische Bündnis seine Probe in der Luzerner Mordnacht bestand.
Trotz seiner Stellung in der Eidgenossenschaft blieb Luzern noch immer eine österreichische Stadt, ein Verhältnis, das auf die Dauer unhaltbar war. Seit dem Brandenburger und Regensburger Frieden waren allerdings die Beziehungen keine unleidlichen, hatte es doch 1361 von Herzog Rudolf IV. Zollfreiheit vom St. Gotthard bis Windisch einer- und Reiden andererseits erhalten. 1370 nahm Luzern Anteil am Pfaffenbrief. Sein eigenes Gericht hatte als oberste Instanz für alle Fälle seiner Angehörigen von Wenzel 1379 die königliche Sanktion erhalten.
Dazu ward 1381 vom gleichen König dem Rat und den Schöffen zu Luzern der Blutbann zuerkannt, lauter Massnahmen, die Oesterreichs Rechte schmälern mussten. Noch mehr war dies der Fall durch die Aufnahme zahlreicher Pfahlbürger aus den umliegenden Gemeinden Kriens, Horw, Meggen, Adligenswil, Emmen, Hohenrain, Ruswil, Littau, Malters u. s. w. Die ehemals österreichische Vogtei Weggis wurde 1380 ganz erworben, wodurch die Gebietserweiterung Luzerns angebahnt war.
Mit Umsicht und Erfolg hatte Schultheiss Peter von Gundoldingen über zwei Jahrzehnte (1361-1384) das Gemeinwesen geleitet. Da war es im Jahre 1385 der Bürgerschaft gelungen, Oesterreich zum Aufgeben seines Rechtes der Schultheiss-Ernennung zu veranlassen. Peter von Gundoldingen legte sein verantwortungsvolles Amt nieder. Eine kecke Kriegspartei ergriff die Gelegenheit, gegen die österreichischen Vögte, mit denen wegen der «Ausburger» ohnehin ärgerliche Händel bestanden, energisch vorzugehen.
Besonders lästig fiel der Stadt der Zoll zu Rotenburg, dessen Vogt Hemmann von Grünenberg, wie sein strategisch ungemein gutgelegenes Schloss von Oesterreich begünstigt wurde. So wurde denn am 28. Dezember während des Vormittagsgottesdienstes, als der Vogt und die Einwohner in ihrer etwas entfernten Pfarrkirche zu Rüeggeringen weilten, Rotenburg überrumpelt und die Burg gebrochen. Dann wurde das Amt Entlebuch, das gegen den österreichischen Vogt von Wolhusen, Peter von Thorberg, wegen Erpressung bittere Klage führte und deshalb schon 1382 die Obwaldner zu einem Einfall veranlasst hatte, in das luzernische Bürgerrecht aufgenommen und die thorbergische Festung Wolhusen zu Beginn des Jahres 1386 von Luzern und seinen Bundesgenossen aus den Ländern gründlich zerstört. Weitere Höfe erhielten das Bürgerrecht Luzerns. Von grösster Wichtigkeit aber war die am Dreikönigstag erfolgte Verburgrechtung des Städtchens Sempach, das von Oesterreich zu gunsten Rotenburgs zurückgesetzt worden war und von den dortigen Vögten Beleidigungen erfuhr.
Der für die Eidgenossen günstige Ausgang der Schlacht ob Sempach am und der Heldentod Peters von Gundoldingen waren der Entwicklung Luzerns günstig. Weit mehr als die Länderorte rundeten die Städte in dieser Zeit ihr Gebiet ab. Luzern löste die Pfandschaft der Herrschaft Rotenburg (wozu auch Hochdorf gehörte) ein. Das Entlebuch trat durch ein Verkommnis in nähere Beziehung zu der Stadt, die sowohl die Stellung der Landschaft wie ihre Pflichten genau regelte.
Am See ward über Weggis die Vogteigewalt trotz des Widerstrebens von Schwyz mit Hilfe von Uri und Unterwalden im Sommer 1395 streng durchgeführt. Die Stadt selbst bewehrte sich mit Mauern und Türmen. Jene langgestreckte Verteidigungslinie nach Norden, die Musegg, heute noch samt den Türmen der Hofkirche das Wahrzeichen Luzerns, erhob sich in diesen Jahren als zweite Ringmauer. Als die Eidgenossen 1415 zur Eroberung des Aargaus auszogen, blieb auch Luzern nicht müssig. Zuerst ward Sursee genommen, dann das Zisterzienserkloster St. Urban besetzt, das Michelsamt, Stift und Flecken Beromünster, Richensee, Meienberg und Villmergen erobert.
Nach dem Sturz Waldmanns drang die Bewegung gegen die «Kronenfresser» und Pensionsherren weit über die Limmatstadt hinaus. Luzern musste sich unter den Einwirkungen dieser Strömung zu dem verstehen, was man heute eine Partialrevision einer Verfassung nennt: ohne Zustimmung der «ganzen vollkommenen Gemeinde» durfte der Rat keinen Krieg beginnen, kein Bündnis ¶