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Aus Kalk austretende Quellen sind selten gut filtriert, können aber sehr reines Wasser liefern, sobald sie ein hoch gelegenes und unbewohntes Sammelgebiet haben. Gut filtriertes Quellwasser ist immer klar. Es gibt aber Quellen, welche sich periodisch, besonders bei Volumenzunahme, trüben, was davon herrührt, dass Sand und Schlamm von der Oberfläche mitgerissen werden. Gewisse Quellen sind immer trüb, weil sie sehr lösliches unreines Gestein durchfliessen, so z. B. der Mehlbach bei Kerns, welcher unreinem Gips entspringt.
Thermalquellen entstehen, wenn Sickerwasser sehr tief in die Erdrinde eindringt und mit einer gewissen Geschwindigkeit wieder an die Oberfläche gelangt. Fände nämlich das Aufsteigen an die Oberfläche nicht schneller statt wie das Absinken, so würde sich das Wasser wieder auf die mittlere Bodentemperatur an der Oberfläche abkühlen und somit keinen thermalen Charakter annehmen können. Thermalquellen sind in der Schweiz nicht häufig. Im Flachland erklärt sich ihr Auftreten aus dem Vorhandensein von Spalten oder Verwerfungen, durch welche das Wasser aus der Tiefe senkrecht aufsteigt (z. B. die Thermen von Baden und diejenigen von Yverdon). Im Gebirge treten die Thermen dagegen meist am Fuss oder an den Gehängen sehr hoher Gräte hervor, weil im Gebirgsinnern (gleich wie in der Tiefe) hohe Temperatur herrscht, so dass also horizontal austretendes Wasser ebenfalls thermal sein kann (Leuk, Lavey).
II. Flüsse.
Das oberflächlich abfliessende Wasser vereinigt sich mit den Quellergüssen und bildet so Bäche, Flüsse und Ströme. Die grosse Veränderlichkeit der Oberflächengewässer wird durch den immerwährenden Wechsel der atmosphärischen Einflüsse bedingt.
Bei lang andauerndem Regenmangel werden Bäche und Flüsse fast ausschliesslich durch Quellwasser gespiesen; sind die Quellbäche konstant, so nimmt auch der oberflächliche Wasserlauf nur sehr langsam ab.
Flüsse, welche ihr Nährgebiet in den Alpen haben, werden ausserdem noch durch die sömmerliche Schneeschmelze in den Firn- und Gletschergebieten beeinflusst; sie haben den ganzen Sommer über Hochwasser, während ihr äusserstes Niederwasser im Laufe des Winters, gewöhnlich im Februar, eintritt. Ganz anders verhält es sich mit den aus dem Jura und dem Mittelland stammenden Gewässern, die vorzugsweise im Laufe des Sommers, d. h. bei anhaltend trockenem Wetter, Niederwasser führen, aber doch dem reduzierenden Einfluss anhaltender Kälte während der Wintermonate ebenfalls unterliegen. Es kann sich bei ihnen somit zweimal im Jahr Hochwasser und zweimal Niederwasser einstellen.
Regulierende Einflüsse sind ein sehr langer Flusslauf und das Vorhandensein grösserer, in einen Flusslauf eingeschalteter Seebecken. In der Nähe der Gletscher und Firnfelder sind die Bäche und Flüsse sogar täglichen Volumenveränderungen unterworfen, indem das Abschmelzen am Tage schneller vor sich geht als des Nachts. In einer gewissen Distanz gleicht sich indessen dieser Einfluss so ziemlich aus, da die einzelnen Anschwellungen in den verschieden langen Nebenadern zu verschiedenen Tagesstunden im Hauptstrom eintreffen.
Die Art und Weise, wie die Bäche und Flüsse ihre Rinnsale ins Gestein eingraben, sowie die Eigenschaften derselben sind im Kapitel Orographie besprochen worden.
Die Lage und Tiefe der Thäler hat sich, wie wir gesehen, im Laufe der geologischen Epochen sehr verändert und ändert sich auch jetzt noch, indem die Thäler sich immer tiefer einschneiden oder seitlich auskolken. Auf diese Weise gelangen gewaltige Schuttmassen in den Unterlauf, wodurch dieses Gebiet gefährdet wird. Dieser Umstand hat Veranlassung zu künstlichem Eingreifen gegeben, nämlich zu den seit einer Reihe von Jahren mit Erfolg ins Werk gesetzten Flusskorrektionen.
Dieselben bestehen in Verbauungsarbeiten im Sammelgebiet der Flüsse, die die Verfestigung der Runsen und der in aktiver Erosion begriffenen Bachrinnen bezwecken; dann in Eindämmungen der mit schwachem Gefälle die Alluvialebenen durchziehenden Unterläufe der Flüsse, wobei der Flusslauf soviel wie möglich gerade gelegt wird, und endlich hauptsächlich im Abschneiden oder wenigstens Verkürzen der vorhandenen Serpentinen. (Siehe das Kapitel Oeffentliche Bauten). Durch diese Unternehmungen sind zahlreiche drohende Erosionswirkungen, Rutschungen und ganz besonders die daraus erfolgenden Ueberschwemmungen verhindert ¶
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worden. Wo grössere Seebecken zur Verfügung standen, wurden die viel Geschiebe führenden Flüsse in dieselben eingeleitet, worauf man zur Ermöglichung der Entsumpfung der anliegenden Alluvialebenen das Niveau der betreffenden Seen im nötigen Masse tiefer gelegt hat.
Betrachten wir das Sammelgebiet eines Flusses, so zeigt sich dasselbe aus einem ausserordentlich verzweigten System von Rinnsalen zusammengesetzt, welche nach ihrer respektiven Vereinigung jeweilen immer grössere Wassermassen führen. Benachbarte Flusssysteme dringen oft zackenartig ineinander hinein. Es ist weiterhin zu bemerken, dass die oberflächliche Abflussrichtung sich nicht notwendigerweise mit derjenigen der unterirdischen Gewässer zu decken braucht.
Das Schweizergebiet verteilt sich auf vier Flussgebiete, nämlich:
1) Das Rheingebiet, dessen Gewässer zur Nordsee abfliessen; | |
2) Das Rhonegebiet, dessen Gewässer dem westlichen Mittelmeer zufliessen; | |
3) Das Pogebiet, dessen Gewässer dem östlichen Mittelmeer zufliessen; | |
4) Das Inngebiet, dessen Gewässer sich ins Schwarze Meer ergiessen. |
Die Wasserscheiden der drei ersten Gebiete haben einen gemeinschaftlichen Punkt am St. Gotthard, wo Reuss, Rhone und Tessin entspringen. In ähnlicher Weise stossen Rhein, Inn und Po am Septimer zusammen.
Das Rheingebiet ist das bei weitem ausgedehnteste, indem es fast ¾ des ganzen Areales der Schweiz einnimmt. Das Rhonegebiet umfasst ungefähr 1/6, das Pogebiet 1/12 und das Inngebiet 1/22 dieses Areales.
1) Rheingebiet. Fläche 28910 km2. Es umfasst die nördliche und nordöstliche Abdachung der Schweiz und grenzt südlich an die Gebiete des Inn, des Po und der Rhone. Während die Wasserscheide im zentralen Teil der nördlichen Alpenkette folgt, dringt das Rheingebiet im Osten und Westen weit gegen Süden vor, indem es sich hier recht nahe an das Becken des Lemansees drängt. Dagegen nimmt dem Jura entlang das Rhonegebiet die ganze West- und Nordwestabdachung ein.
Die Länge des Rheinlaufes von seiner entferntesten Quelle bis zum Austritt aus der Schweiz beträgt 332,5 km, wovon 65 km auf den Bodensee entfallen. Damit ist der Rhein der weitaus längste aller Flüsse der Schweiz.
Das Rheingebiet umfasst nicht nur einen grossen Teil der Alpen, sondern auch fast das ganze schweizerische Mittelland. Demgemäss hat der Flusslauf von der Aaremündung an abwärts einen beständigeren Charakter als ¶