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Freiburg, 1591 in Pruntrut, 1620 in Brig, 1646 in Solothurn und Bellinzona, 1734 in Sitten. Der Erzbischof von Mailand, Kardinal Karl Borromäus, stiftete für Schweizer Jünglinge 1579 in Mailand eine theologische Schule, das sog. Collegium helveticum. «Vierzig bis fünfzig Zöglinge konnten dort unentgeltlich Pflege und Unterricht erhalten und wurden mit dem nötigen Rüstzeug zur Bekämpfung der reformierten „Ketzerei“ versehen.» In Luzern wurde eine ständige päpstliche Nuntiatur errichtet, auf deren Veranlassung die 7 katholischen Orte Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zug, Freiburg und Solothurn im Jahr 1586 den «goldenen Bund» oder «borromäischen Bund» schlossen, «ein Sonderbündnis zu Schutz und Trutz, zur Verteidigung und Aufrechterhaltung der katholischen Religion», dem 1587 ein Bündnis mit Spanien folgte.
Das Ansuchen Strassburgs, wohin bei Anlass eines Schützenfestes im Jahr 1576 die Zürcher in einem Schiff an einem Tage einen Hirsbreitopf mitgebracht hatten, um Aufnahme in den Bund der Eidgenossen wurde 1585 von den Katholiken abgewiesen. Damit war die Spaltung zwischen den Eidgenossen zum tiefreichenden Bruch gediehen und schien das Band der alten Bünde vollständig zerrissen zu sein. Zu bemerken bleibt hier auch noch, dass die reformierten Orte den Ueberlebenden der Bartholomäusnacht Schutz und Asyl gewährten und das Begehren der Gesandten Karls IX. um Ausweisung der Hugenotten rundweg abwiesen.
Die italienischen und französischen Protestanten, unter denen sich Männer von hoher Bildung und Tatkraft befanden, strömten im 16. Jahrhundert zahlreich nach der Schweiz. Wenn sich diese rühmt, eine beträchtliche Anzahl von Gelehrten und Schriftstellern von europäischem Ruf hervorgebracht zu haben, so verdankt sie diesen Ruhm zu einem Teil dem Zuzug von Aussen und dem hervorragenden Einfluss auf die Hebung der Bildung, den die Fremden ausgeübt haben. Aus dieser Zeit stammt die Niederlassung der Calandrini, Paravicini, Diodati, Marti, Pestalozzi, Orelli, Muralt, Saussure, Polin, Bernoulli und vieler anderer Geschlechter in der Schweiz, die durch ihr Wissen und ihre Schaffenskraft vieles zum Aufblühen der reformierten Orte beigetragen haben. Das würdigen Verfolgten fremder Nationen in weitestgehendem Mass gewährte Asylrecht ist eines der grundlegenden Prinzipien des schweizerischen Staatsrechtes.
5. Zwistigkeiten zwischen dem Herzog von Savoyen einerseits und den Republiken Bern und Genf andrerseits.
Während dieser unruhigen Zeit der religiösen kämpfe und Kriege war Genf als kriegerische und fromme Stadt stets bereit, wie Henry Fazy sagt, «de tenir les armes prêtes et hanter les sermons.» Nachdem der Herzog von Savoyen die Herrschaft über das linke Ufer des Genfersees wieder erlangt hatte, war es sein begreiflicher Wunsch, auch wieder in den Besitz des Waadtlandes zu gelangen. Ferner dachte er daran, sich auch Genf neuerdings zu eigen zu machen. Er kümmerte sich wenig um die Verpflichtungen, die er im Vertrag von Lausanne (1564) auf sich genommen, und zwang die Bewohner seines Reiches, sich dem katholischen Glauben zu unterwerfen.
Dieser Zweck, sowie die Gründung von Jesuitenkollegien in Annecy, Évian und Thonon wurde namentlich durch die unermüdliche Tätigkeit des h. Franz von Sales erreicht, der sich von den weltlichen Behörden in seinem Wirken kräftig unterstützt sah. Der Hof von Savoyen steuerte sein Schifflein geschickt bald auf Seite Spaniens und bald auf diejenige Frankreichs. Doch liessen sich die Franzosen von diesem Spiel nicht täuschen. Ihnen lag es vor allem daran, zu verhindern, dass der Herzog in den Besitz eines strategisch so wichtigen Punktes, wie es Genf ist, gelange.
Ferner war den französischen Königen der Zuzug von Schweizer Söldnern, die bei Dreux (1562) und Meaux (1567) den Tron gerettet, notwendig. Durch Gründe dieser Art sah sich der König Heinrich III. veranlasst, Freiburg, Bern und Solothurn zur Erneuerung ihres Burgrechtes mit Genf zu ermutigen. Die Folge war, dass diese drei Orte in dem 1579 mit Frankreich abgeschlossenen Vertrag von Solothurn die Unabhängigkeit Genfs garantierten. Drei Jahre später (1582) erneuerte Frankreich sein Bündnis mit den eidgenössischen Orten, dem 1581 auch Zürich beitrat. Der Herzog Karl Emmanuel von Savoyen liess sich aber nicht entmutigen. Seinen Sendboten gelang es, mit einigen Waadtländer Geschlechtern, die die Herrschaft Savoyens zurücksehnten, sich in Verbindung zu setzen. Es bildete sich in Lausanne eine Verschwörung, an deren Spitze ¶
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der Bürgermeister Isbrand d'Aux stand, mit dem Zweck, die Stadt den Savoyarden in die Hände zu spielen. Dieses Komplott wurde aber verraten. Es zeigte sich, dass die Verschwörer zugleich einen Angriff auf Genf geplant hatten, was die Berner über die Gefahr aufklärte, die ihnen drohte. Sogleich überzogen Bern und Genf gemeinsam das Pays de Gex und das Chablais mit Krieg, worauf Bern 1589 mit dem Herzog den Frieden von Nyon schloss, durch den es Genf preisgab, welche Stadt den Kampf gegen Savoyen mit wechselnden Erfolgen tapfer fortsetzte.
Der Tod Heinrichs III. und der Uebertritt Heinrichs IV. zum Katholizismus (1593) machten den Bürgerkriegen in Frankreich ein Ende. Der neue französische König legte sich zu gunsten von Genf ins Mittel, erklärte Savoyen den Krieg und schloss dann mit dieser Macht den Frieden von Lyon durch welchen Genf das Pays de Gex, das es 11 Jahre lang besetzt gehalten, auf Betreiben des päpstlichen Legaten, der das Land nicht unter der Herrschaft einer reformierten Republik wissen wollte, an Frankreich verlor.
Einige Monate später sollte Genf, das sich in Sicherheit glaubte, einer grossen Gefahr glücklich entgehen. In der Nacht des versuchten einige tausend Mann des Herzogs, die Stadt durch einen Ueberfall zu überrumpeln und in ihre Gewalt zu bringen. «Dreihundert Mann, meist Angesehene, stiegen ab und erklommen auf geschwärzten Leitern, angefeuert durch einen schottischen Jesuiten, den äussern Wall. Sie kamen ans Bollwerk, in der Absicht, das „neue Tor“ zu sprengen, und glaubten schon, die Stadt zu besitzen. Da wurden sie von einer Schildwache entdeckt. Diese liess schnell den Fallgatter nieder und machte Lärm. Die Bürger eilten zu den Waffen, die Kanonen wurden aufgeführt und in kürzester Zeit die Savoyarden zurückgeworfen und verjagt. Karls Emmanuels Hoffnungen waren vernichtet. Alljährlich feiert Genf andächtig die „Escalade“, den Tag dieser glücklichen Befreiung.» In dem nun folgenden Frieden von Saint Julien verpflichtete sich der Herzog, Genfs Unabhängigkeit anzuerkennen und in einem Umkreis von 4 Stunden von der genferischen Grenze weder Truppen unterhalten noch eine Befestigungsanlage errichten zu wollen. Aber noch während etwa eines vollen Jahrhunderts musste Genf stets auf der Hut bleiben, da der Herzog fortfuhr, den Besitz der Stadt mit allen Mitteln zu erstreben.
6. Kulturelle Zustände des 16. Jahrhunderts.
Mit dem 16. Jahrhundert machte sich in der Schweiz eine ganz neue kulturelle Richtung Bahn. Die Volkskraft und nationale Energie, die bisher einzig auf den Schlachtfeldern zum Durchbruch gekommen waren, wandten sich nun erhabeneren Zielen zu. Es gelangten jetzt auch die Künste des Friedens zu Ehren. Sowohl die Reformatoren als auch die katholische Geistlichkeit richteten ihr Augenmerk auf die Gründung von Schulen, die eine allgemeinere Bildung in die breiten Massen des Volkes zu tragen bestimmt waren.
Zwischen der Schweiz und ihren Nachbarländern entwickelte sich ein Ideen- und Meinungsaustausch, der äusserst befruchtend wirkte. Die schweizerischen Reformatoren unterhielten einen ausgebreiteten Briefwechsel mit den Herrschern von Frankreich, England, Deutschland, Dänemark und Polen. Neben den Theologen, wie Zwingli, Calvin und Bullinger, glänzten hervorragende Humanisten: Glarean und Vadian machten sich durch ihre Arbeiten über die lateinischen Klassiker einen Namen.
Ceporin, einer der Lehrer an der philologisch-theologischen Lehranstalt in Zürich, erklärte die griechischen Klassiker. Konrad Gessner, Professor in Lausanne und Zürich, zeichnete sich als Naturphilosoph aus. Von den Chronisten der damaligen Zeit sind die berühmtesten: Valerius Anshelm, Arzt und Schulmeister in Bern, der die Chronik dieser Stadt fortführte, und Heinrich Bullinger, der zweite Reformator Zürichs. Ihnen reihen sich an Thomas und Felix Plater, Konrad Pellican, François Bonivard, Jeanne de Jussie, Froment und Pierrefleur, dann Aegidius Tschudi, Johannes Stumpf, Josias Simmler, Franz Guillimann, Renward Cysat u. A. Die Medizin ist vertreten durch Theophrastus Paracelsus (1493-1541), der als erster die Chemie der medizinischen Wissenschaft dienstbar machte, Vadian, Vesal, der als erster an der Universität Basel einen menschlichen Körper sezierte, Prévost aus Delsberg u. A. Die Geographie erscheint durch Sebastian Münster vertreten.
Satirische und dramatische Dichter unterstützten die Prediger in dem Bestreben, die Sitten des Volkes zu reformieren. Anonyme Werke der Dichtkunst wurden veröffentlicht von Beamten, Pädagogen, Aerzten, Malern und Gewerbetreibenden. Von Poeten jener Zeit nennen wir den Maler Niklaus Manuel aus Bern, den Zürcher Pfarrer Utz Eckstein, die Luzerner Murner und Salat, die Dramatiker Cysat, Campell, Ulrich von Travers, Gengenbach und J. Ruf, den Engadiner Lemnius, Valentin Bolz, Wagner, Ritz, Malingre, Pierre Viret, Thomas Beza.
Veröffentlichung der Werke aller dieser hervorragenden Geister brachte das Buchdruckergewerbe zum Aufblühen. Berühmte Buchdrucker jener Zeit sind Amerbach, Froben, Oporin und Plater in Basel, in welcher Stadt damals 24 Drucker und 60 Buchhändler lebten, Frosthauer in Zürich, Stephani (Estienne) in Genf. Auch in der Baukunst ging eine Umwandlung vor sich. Der gotische Stil wird durch den italienischen Renaissancestil verdrängt. Die ersten Anfänge dieser neuen Kunstrichtung offenbarten sich in den Freskomalereien, von denen besonders diejenigen im Kloster zu Stein a. Rh., im Rathaus zu Basel und im Hertensteinschen Hause zu Luzern zu erwähnen sind. Um die Mitte des Jahrhunderts entstanden im ganzen Land Bauwerke im Renaissancestil, so z. B. in Bern, Zürich, Stein, in Graubünden, Avenches, Freiburg, Brig, sowie noch in manchen andern Städten.
Mit dem wachsenden Wohlstand hielten Luxus und Eleganz Einzug in die Patrizierhäuser. Wände und Zimmerdecken bedeckten sich mit künstlerischen Holzschnitzereien, die zusammen mit stilvollen Möbeln diesen Wohnungen einen komfortabeln und feierlich-ernsten Anstrich gaben, wie er mit der Gesinnungsweise der damaligen Zeit wohl übereinstimmte. Eine grosse Rolle spielten auch dekorative Oefen und die Glasmalerei. Von Glasmalern haben sich namentlich Holbein, H. Funk, Grebel, Asper, Graf, Maurer und Stimmer einen Namen gemacht.
Das Ende des 16. Jahrhunderts wird durch einen politischen und sozialen Umschwung gekennzeichnet. Die Schweiz, die im 15. Jahrhundert die Rolle als ¶