haben, dafern nicht zur Durchführung eines städtischen Expropriationsgesetzes und zur Niederreißung ganzer
Straßen außerordentliche
Mittel verfügbar sind, wie in
Paris
[* 2] unter Napoleon Ⅲ. und der dritten Republik
(Anlage der
Rue de Rivoli, der
Boulevards de
Sébastopol, St. Germain und der äußern
Boulevards, der
Avenue de l'Opéra und anderer großenStraßen),
in
London
[* 3] (die großartigen Embankment genannten Uferstraßen an der
Themse, die Straßenüberführung
Holborn-Viadukt und viele
andere), in
Wien
[* 4]
(Anlage der Ringstraße, Straßendurchbrüche in der innern Stadt), in
Berlin
[* 5] (Kaiser-Wilhelmstraße,
Neue Friedrichstraße),
in
Dresden
[* 6] (König-Johannstraße), in
Straßburg,
[* 7] Hannover
[* 8] u. a. deutschen
Städten, besonders großartig aber in
Italien:
[* 9] so
in
Rom
[* 10]
(Via Nazionale,
Durchbruch vom Corso zur Engelsburg, Tiberregulierung), in
Florenz
[* 11]
(Abbruch des Mercato
vecchio), in Mailand
[* 12] (Freilegung des
Domes), Neapel
[* 13]
(Abbruch der von der
Cholera betroffenen Stadtteile).
In den meisten Fällen wird man sich bei
Anlage von Bebauungsplan für alte Stadtteile damit begnügen müssen, die
Baufluchten festzustellen
und bei Neubauten deren Einhaltung anzuordnen. Nach und nach kann auf diesem Wege eine bessere Bauordnung
eingeführt werden (Kärntnerstraße in
Wien, Hohestraße in Köln
[* 14] u. a.). Die
Aufstellung eines Bebauungsplan kann nur in den seltensten
Fällen durch einen Privatmann geschehen. Meist ist sie Sache der Gemeinden, die im Einvernehmen mit dem
Staate die
Straßen
anlegen und die Bauordnungen aufstellen.
Von großem Werte ist, daß sie dann auch im
Besitz der anliegenden Baugrundstücke sind, deren steigender Wert die Kosten
der Neuanlagen vielfach deckt. Dies ist namentlich der Fall, wo durch
Auflassung von Festungsringen
Stadterweiterungen stattfinden
Wien,
Magdeburg,
[* 15]
Straßburg, Mainz,
[* 16] Köln u. a.). Den Besitzern der einzelnen Grundstücke werden
dann im allgemeinen Interesse bestimmte
Beschränkungen auferlegt, die oft durch besondere Lokalstatute verschärft werden,
um neuen
Straßen gewisse
Vorrechte zu sichern, wie Vorgärten, nicht zu hohe Häuser u. s. w. –
Bibirurinde (CortexBibiru, engl. Greenheart-Bark), harte, geruchlose, bitterschmeckende
Rinde von zimmetbrauner
Farbe, stammt von Nectandra Rodiei Schomb.,
einem in Britisch-Guayana heimischen
Baum aus der Familie der Lauraceen, der das Grünholz (s. d.) liefert.
In der Bebeerurinde findet
sich ein amorphes, geruchloses, sehr bitter schmeckendes
Alkaloid, das
Bebeerin oder
Bebirin, C19H26NO3 ,
welches als Ersatzmittel des
Chinins empfohlen wird.
(im
AltertumChelai), Ortschaft am europ. Ufer des
Bosporus,
[* 17] 10 km von
Konstantinopel,
[* 18] an einer geschützten, aber
klippenreichen
Bucht, von Griechen und Armeniern bewohnt und beliebter Sommeraufenthalt der
Franken. Am
Ufer ein kaiserl.
Kiosk,
Humajun-Abad, berühmt durch die geheimen Konferenzen, welche hier die
Sultane und Großwesire mit
europ. Gesandten abhielten.
Ferd. Aug., einer der Führer der socialdemokratischen
Partei in
Deutschland,
[* 19] geb. zu Köln, erhielt in der Dorfschule des
nahe gelegenen
Brauweiler, dann
in der
Bürgerschule zu Wetzlar
[* 20] seinen Jugendunterricht, erlernte nachher das Drechslerhandwerk, kam 1860 nach
Leipzig
[* 21] und
ließ sich 1864 dort als Drechslermeister nieder. Seit 1861 hatte sich Bebel mit großem Eifer der deutschen Arbeiterbewegung
angeschlossen, die seit Lassalles Auftreten einen wesentlich socialistischen Charakter angenommen hatte. Bebel leitete
in diesemSinne den
LeipzigerArbeiterbildungsverein, dessen Präsident er seit 1865 war.
Auch als Mitglied des ständigen
Ausschusses der deutschen Arbeitervereine übte er in socialdemokratischem
Sinne Einfluß.
Der 17. Wahlkreis des Königreichs
Sachsen
[* 22] (Glauchau-Meerane) wählte ihn 1867 in den Norddeutschen
Reichstag, ins Zollparlament
und 1871 in den
DeutschenReichstag. Hier sowohl wie in der
Presse
[* 23] zeigte sich Bebel als einer der begabtesten
Führer seiner Partei, die sich im Unterschiede von der sog. Lassalleschen, national gesinnten,
bis 1875 die Eisenacher Arbeiterpartei nannte, und die mit dem von
Marx in
London geleiteten
InternationalenArbeiterbund in
engerer
Beziehung stand. (S.
Socialdemokratie.) 1872 der Vorbereitung des Hochverrats gegen das
Deutsche Reich
[* 24] angeklagt, wurde er nebst
Liebknecht zu zwei Jahren Festungshaft und wegen
Beleidigung des
DeutschenKaisers zu neunmonatiger
Gefängnisstrafe verurteilt.
Das ihm gleichzeitig aberkannte Reichstagsmandat erhielt er bei einer Neuwahl im Jan. 1873 von seinem alten Wahlkreise wieder. 1877 nahm
er ein
Mandat für
Dresden an, und 1881 wurde er von
Leipzig-Land auch in den sächs. Landtag gewählt.
Bei der Reichstagswahl dieses Jahres unterlag er viermal in der
Stichwahl, erhielt aber 1883 in einer Nachwahl das
Mandat für
den ersten
Hamburger Wahlkreis, den er bis März 1893 vertrat. Auf
Grund des
Socialistengesetzes aus
Leipzig ausgewiesen, nahm
Bebel seinen Aufenthalt in Plauen
[* 25] bei
Dresden. 1886 wurde er nebst andern socialistischen Führern wegen
Geheimbündelei zu neun
Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Erlöschen des
Socialistengesetzes siedelte er nach
Berlin über, infolgedessen er sein sächs. Landtagsmandat niederlegte (Sept.
1891), beteiligte sich dort an der Redaktion des socialistischen Hauptorgans, des
«Vorwärts», und gehört
dem Parteivorstand (seit 1892 neben
Singer als
Vorsitzender) an. Bei der Neuorganisation der Partei im Herbste 1890 trat er
für die Wirksamkeit der Partei auf gesetzlichem
Boden, insbesondere durch Beteiligung am Parlamentarismus, ein.
Auf den internationalen
Kongressen in
Paris 1889,
Brüssel
[* 26] 1891 und Zürich
[* 27] 1893 spielte er eine hervorragende Rolle. 1893 zweimal
in den
Reichstag gewählt, nahm er das
Mandat für
Straßburg (Stadt) an. Auf dem Parteitag 1894 geriet er in betreff der Landagitation
mit den bayr. Parteigenossen unter von
Vollmar in einen harten
Konflikt, der sich auch noch später fortsetzte. Auch in Agitationsschriften
und größernArbeiten hat Bebel gewirkt: «Unsere Ziele», «Der deutsche
Bauernkrieg» (Braunschw. 1876),
«Die
parlamentarische Thätigkeit des
DeutschenReichstags und der Landtage» (Berl. 1876),
«Christentum und
Socialismus», «Die Frau
in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft» (Zür. 1883; 23. Aufl.
u. d. T. «Die Frau und der
Socialismus», Stuttg. 1894),
«Die mohammed.-arab. Kulturperiode im
Orient und
Spanien»
[* 28] (Stuttg. 1884; 2. Aufl. 1889),
Heinr., Humanist, geb. 1472 als Sohn eines armen Bauern zu Ingstetten bei Justingen, studierte in Krakau
[* 30] und
Basel,
[* 31] wurde 1497 Professor der Beredsamkeit und Poesie in Tübingen,
[* 32] wo er bis zum Tode (nach 1518) lehrte; 1501 krönte
ihn Kaiser Maximilian zum Dichter. Außer grammatischen und metrischen Lehrbüchern schrieb er viele polit.-histor. Reden,
Gedichte und Abhandlungen, die den Kaiser und das deutsche Kaisertum feiern und in patriotischen Streit mit ital. Gelehrten
verwickelten. Die Liebe zum Volksleben, die ihn auszeichnet, veranlaßte ihn Sprichwörter zu sammeln
(«Proverbia Germanica», Neuausg. von Suringar, Leid. 1879) und das Volkslied«Ich stand an einem Morgen» («Vulgaris Cantio»,
1507) ins Lateinische zu übertragen.
Aus dem Volksmunde stammen großenteils B.s vielgelesene «Facetiae» (1508
u. ö.),
eine Sammlung von meist derben Schwänken, Anekdoten und Scherzen, die ihre Spitze gern gegen
die Geistlichkeit richten. Sein «Triumphus Veneris» (6 Bücher in Hexametern, 1509) führt alle Stände von Papst bis Landsknecht
als Sklaven der Venus vor. Auch eine kleine pädagogische Schulkomödie, «Comoedia, vel potius dialogus de optimo studio scholasticorum»
(1504), hat Bebel verfaßt. –