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Ablagerungen und wurde so weit über das deutsche und russ. Gebiet verstreut, als sich diluviale
Ablagerungen darin vorfinden. Nach
Schluß der
Eiszeit
[* 2] gelangte der Bernstein
durch die umlagerte und abtragende Thätigkeit der Wasser
in die schichten, die wir mit alluvial bezeichnen, und auch in die heutige Ostsee. Aus letzterer wird
er nach jedem gegen die
Küste gerichteten
Sturm, untermischt mit Seetang, als sog.
Strandsegen ausgeworfen und gesammelt. In
frühern Jahrtausenden blieb der aufgeworfene an geschützten
Stellen liegen, sammelte sich zu größern
Ablagerungen an, versandete
und bildete so neue
Ablagerungen, die als altalluviale Lagerstätte bezeichnet werden, wie man sie beispielsweise
bei
Schwarzort findet.
Ein besonderes wissenschaftliches Interesse erlangt der Bernstein
durch seine tierischen und pflanzlichen Einschlüsse.
Die
Tiere und
Pflanzen des Bernstein
stehen denen, welche heute im südl. Nordamerika
[* 3] und
Japan
[* 4] vorkommen, sehr nahe, gehören meist
noch jetzt lebenden Gattungen an, sind aber in den
Arten gegenwärtig ausgestorben. Beobachtet wurden
Säugetierhaare, Federn von spechtartigen
Vögeln, Eidechsen,
[* 5] Schnecken,
[* 6]
Krebse,
Spinnen,
[* 7] Skorpione, Tausendfüße und alle
Klassen der eigentlichen
Insekten.
[* 8]
Über den Artenreichtum an
Tieren im B. gab R.
Klebs auf der Versammlung deutscher Naturforscher und
Arzte zu
Heidelberg
[* 9] 1889 eine
Übersicht. Von Mücken und Fliegen
[* 10] kann man oberflächlich allein 230
Arten unterscheiden (s. beistehende
Abbildung 1, die eine Myramide in natürlicher
Größe
[a] und stark vergrößert darstellt); von den gegenwärtigen 75 Käferfamilien
fehlen dem Bernstein
bis jetzt nur 26; in ähnlicher
Weise sind alle Insektenfamilien durch zahlreiche
Arten vertreten.
[* 1] ^[Abb: Fig. 1.]
Die bedeutendsten Sammlungen sind die des Bernstein
museums von Stantien &
Becker zu Königsberg,
[* 11] welche
über 50000 Einschlüsse enthält;
ferner die Sammlung des Museums für Naturkunde zu Berlin [* 12] mit etwa 14000 Nummern und die des Museums für Berg- und Hüttenwesen zu Berlin;
letztere besitzt eine Übersicht von Exportartikeln des verarbeiteten Bernstein.
Der
Wert der seltenen Einschlüsse ist sehr hoch;
so wurde das eingeschlossene Blatt [* 13] des Zimmetbaums (s. nachstehende Abbildung 2) mit 1100 M. bezahlt.
[* 1] ^[Abb: Fig. 2.]
Die Blüte [* 14] von Stuartia Kowalewskii Caspary wurde für 300 M. verkauft. Häufig vorkommende Einschlüsse kann man zum Preise von 0,25 bis 3 M. erhalten.
Der Bernstein
findet sich in verschiedener Färbung von reinweiß bis dunkelrotbraun, sogar bläulich
und smaragdgrün. Die Färbung rührt von kleinen
Bläschen her, die den Bernstein
durchsetzen. Die zahlreichsten
Bläschen besitzt
der schaumige Bernstein
, welcher sehr weich ist und keine Politur mehr annimmt.
Weniger
Bläschen weist der knochige Bernstein
auf, noch weniger der sog.
Bastard, am wenigsten der flomige (halbklare) Bernstein;
blasenfrei
ist der klare. Ferner unterscheidet man massiven und die sog. Schlauben.
Massiver Bernstein entfloß einst lebenden
Stämmen, er ist
fast immer trübe. Schmolzen diese Harzmassen in der Sonnenhitze, oder entzog letztere abgestorbenen
Stämmen
das Harz, so
wurde es klar. Dadurch, daß die einzelnen Ergüsse schnell erhärteten, konnten nachfolgende Harzflüsse
nicht mehr fest daran haften. Es entstanden dadurch
Stücke, deren Kohäsion in der Flußrichtung sehr schwach ist und die
daher leicht schalig zerspringen.
Sie führen den Namen Schlauben und zeichnen sich durch Klarheit und den Reichtum an Einschlüssen aus. Im Handel unterscheidet man die Farben des Bernstein: Perlfarbe oder Blau des Handels, fast milchweiß, oft mit schwachem Stich ins Bläuliche;
Kumstfarbe, gelblich trübe, von Kumst = Kohl abgeleitet, d. h. Farbe des Sauerkohls;
Weiß;
Buntknochig, gelb mit weißen oder klaren Wolken;
Helles Klar, sog. Braunschweiger Klar, und weinfarbiges Klar und Dunkel gelb.
Farben wie smaragdgrün, blau, braun kommen zwar auch vor, gehören aber zu den größten Seltenheiten.
Meist ist der Bernstein mit einer dunkelrotbraunen, an der Oberfläche gelbstaubigen Rinde umgeben, die durch Verwitterung während der Lagerung im Erdboden entstanden ist; je nach den verschiedenen Ablagerungsschichten ist auch die Farbe und Beschaffenheit der Verwitterungsrinde eine andere. Charakteristisch ist die gänsehautähnliche Beschaffenheit der Oberfläche des Bernstein aus der blauen Erde; die Rinde des Bernstein aus Thonerden und Lehmmergeln ist dunkelbraun und mehr glatt, am dicksten ist sie bei allen Stücken, die in sandigen Schichten sich finden. Fast gar keine Rinde zeigt der aus dem Meere gewonnene an dem Wellen [* 15] und Sand einen natürlichen Schleifprozeß vorgenommen haben.
Wie der Bernstein das fossile Harz von Pinites succinifer G. ist, haben auch andere Pflanzen Harzausscheidungen gehabt, die in dem Erdboden uns erhalten sind. Keine derselben ist in Bezug auf Abstammung so bekannt wie der Bernstein. Im ostpreuß. Tertiär kommen mit dem Bernstein zusammen vor: der Gedanit (s. d.), der Glessit (s. d.), der Beckerit (s. d.), der Stantinit (s. d.), ein schwarzes, klares, fossiles Harz. An andern Orten wurden wiederum andere fossile Harze beobachtet, die häufig auch als Bernstein bezeichnet werden, aber dennoch nicht Bernstein sind. Am nächsten steht dem nordischen Bernstein der Simentit (s. d.), der Bernstein aus Rumänien [* 16] und Galizien. Bernsteinähnlich sind auch einzelne fossile Harze des Libanons und aus China.
Chemisches. Der hat ein spec. Gewicht von 0,98 bis 1,2. Er ist ein Gemenge von mindestens drei Harzen, die sich durch verschiedene Löslichkeit in Alkohol, Äther, Chloroform auszeichnen, mit unlöslichem Bitumen. Bei der Verschiedenheit des und den wechselnden Verhältnissen, in denen die einzelnen Harze in ihm vorkommen, ist es auch nicht möglich, eine chem. Formel für seine Zusammensetzung aufzustellen. Die elementare Zusammensetzung für knochigen Bernstein ist Kohlenstoff 73,68, Wasserstoff 9,94, Sauerstoff 16,27, Schwefel 0,11; für klaren gelben Bernstein Kohlenstoff 78,63, Wasserstoff 10,48, Sauerstoff 10,47, Schwefel 0,42. In dem Gemenge von Harzen liegt wohl nur beigemengt Bernsteinsäure von 2,1 bis 8,7 Proz. Der Bernstein ist unzersetzt nicht schmelzbar. Bei einer Temperatur von 300 bis ¶
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330° C. beginnt er unter Zersetzung zu schmelzen, indem Bernsteinsäure, Bernsteinöl und andere Brennprodukte entweichen, ein in Ölen lösliches Harz (Colophonium succini) aber zurückbleibt.
Über Gewinnung und Verarbeitung s. Bernsteinindustrie. - Verwendet wird der Bernstein besonders zu Schmucksachen, [* 18] Cigarrenspitzen und andern Rauchrequisiten, ferner zur Firnis- und Lackbereitung (s. Bernsteinfirnis). Auch zu medizinischen Zwecken dient er vielfach und zwar zunächst in zerkleinertem Zustande als Räuchermittel, gegen Rheumatismus u. dgl. Er war früher auch offizinell, und die erste Ausgabe der «Pharmacopoea Germanica» (von 1872) hat ihn noch als Succinum aufgenommen, ebenso Bernsteinöl als Oleum succini und Bernsteinsäure (s. d.). Die zweite und dritte Auflage enthalten dieselben indes nicht mehr.
Vielfach ist noch gegenwärtig der Glaube verbreitet, daß das Tragen von Bernsteinperlen den Zahndurchbruch kleiner Kinder sehr erleichtere, überhaupt daß der Bernstein alle Krankheitsstoffe von Amme und Kind anziehe und dadurch seine Farben verändere. In einzelnen Teilen von Rußland ist dieser Glaube so fest, daß jede Amme selbst mehrere Ketten bis zu Pfundschwere tragen muß. Der Verbrauch ist so stark, daß diese Ammenketten einen ganz besondern Fabrikationsartikel bilden. Als Schutz gegen Krankheit trägt der Chinese und Koreaner kleine Amulette aus Bernstein, die meist mit Drachenblut gefärbt sind, und der Krieger in Marokko [* 19] schützt sich durch ein geweihtes Bernsteinamulett gegen die Gefahren des Krieges.
Geschichtliches. Die Verwertung des Bernstein ist uralt. In den alten ägypt. Gräbern ist der Bernstein äußerst selten, wenn er nicht ganz darin fehlt. Dagegen finden sich in alten Gräbern um 2000 v. Chr. beispielsweise bei Mykenä [* 20] schon große Mengen Bernsteinperlen. Im Norden [* 21] zählen die bekannten Steinzeitaltertümer von Schwarzort (1500 v. Chr.) nach vielen Hunderten. Ob der Bernstein bereits von Homer erwähnt wird, ist nicht entschieden, da sein Elektron wohl auf eine Metallkomposition zu beziehen ist; sicher aber hatten die alten Griechen bereits Bernstein, dafür spricht die Sage des Phaeton, dessen am Eridanus in Pappeln verwandelte Schwestern Bernstein weinten, besonders aber die zahlreichen Funde von in alten Gräbern. Mit dem Anfange des ersten Jahrtausends v. Chr. scheint der Bernstein eigentlich bei allen europ. und mit ihnen in Berührung gekommenen Völkern sehr häufig in Gebrauch gewesen zu sein. Namentlich die Gräber aus dem 1. Jahrh. n. Chr. sind äußerst reich an Bernsteinfunden. - Den ältesten Handel mit Bernstein vermittelten vor 1500 v. Chr. auf der Rhein- und Postraße die Philister.
Die Semiten des Pontus Euxinus bemächtigten sich später der Donaustraßc. Von 1300 bis 1100 standen die Sidonier mit Jütland in direktem Seeverkehr. Um das 11. Jahrh, blühte der Handel der Tyrier an der Rhonemündung. Von 1000 bis 500 haben die Phönizier am Golf von Genua [* 22] den Bernstein der Rheinstraße in den Händen. Von 600 v. Chr. teilen sich die Massilier, Ligurier und Etrusker in den Bernsteinhandel; die Beziehungen der letztern reichen um 400 weit über die Alpen [* 23] nach Norden. Um 250 v. Chr. nehmen die Römer [* 24] den Etruskern den Bernsteinhandel aus den Händen, der sich unter ihrer Führung bei direktem Verkehr nach Ostpreußen [* 25] (Sendung des Nero 54 u. Chr. nach Ostpreußen) äußerst entwickelt. Um 400 n. Chr. hören die röm. Handelsbeziehungen auf, und die Araber besuchen Ostpreußen.
Im 12. Jahrh. n. Chr. legt der Deutsche [* 26] Ritterorden auf den Bernstein Beschlag und sorgt für seinen Absatz. Es entstehen in verschiedenen deutschen Städten Bernsteindreherzünfte (Paternostermacher), welche den Bernstein direkt vom Orden [* 27] bezogen: Brügge und Lübeck [* 28] (um 1300), Stolp, [* 29] Kolberg, [* 30] Danzig [* 31] (um 1450), Elbing [* 32] (um 1500), Königsberg (um 1640). Als Haupthandelsplätze galten im 15. Jahrh. Venedig, [* 33] Frankfurt [* 34] a. M., Köln [* 35] und Nürnberg. [* 36] Das Bernsteinregal ist sehr alten Ursprungs und wurde schon von den pomerellischen Herzögen für die Küsten von Westpreußen und Pommern [* 37] ausgeübt.
Von den pomerellischen Herzögen ging das Regal auf den Deutschen Orden über, der es auch auf Ostpreußen ausdehnte. Der Orden übertrug die Ausübung des Regals 1264 an den Bischof von Samland, 1312 an die Danziger Fischer, 1342 an das Kloster Oliva. Auch der Frieden zu Thorn [* 38] 1466 und die Teilung Polens 1773 änderten diese Gerechtsame mannigfach. Gegenwärtig ist der Bernstein Regal an den Stranden von Ost- und Westpreußen und der pommerschen Kreise: [* 39] Neu-Stettin, Dramburg, Belgard [* 40] und Bütow;
im Binnenlande in ganz Ostpreußen und im Bistum Pomesanien.
Auf der Strecke von Weichselmünde bis Polsk ist die Bernsteingewinnung ausschließlich Recht der Stadt Danzig. Sonst ist der Bernstein frei und gehört dem Besitzer des Grundes, auf dem er gefunden wird. (Preuß. Gesetz vom westpreuß. Provinzialrecht §§. 73-75.) An den Stranden von Ost- und Westpreußen wurde das Recht der Bernsteingewinnung seit 1811 in Generalpacht gegeben, seit 1837 aber meistbietend verpachtet und zwar meist an die angrenzenden Besitzer. Die Summe, welche dadurch dem Staate zufloß, betrug in der Zeit vor Stantien & Becker, deren Unternehmungen 1860 begannen, kaum 30000 M. jährlich, durch diese Firma ist aber die Pachtsumme so gestiegen, daß Stantien & Becker seit einer Reihe von Jahren etwa 800000 M. jährliche Pacht bezahlen. Sie beherrschen gegenwärtig den ganzen Bernsteinmarkt, da gegen ihre Produktion die gesamte andere Bernsteingewinnung fast ganz verschwindet.
Schwarzer Bernstein ist soviel wie Jet (s. d.).
Litteratur. Hagen, [* 41] Geschichte der Vorwelt.
Der Bernstein (Königsb. 1824): W. von Ray, Ansichten über Entstehung usw. des Bernstein (Danzig 1840);
Berendt, Die im B. befindlichen organischen Reste (Berl. 1845);
R. Klebs, Der Bernsteinschmuck der Steinzeit [* 42] (Königsb. 1867);
Zaddach, Das Tertiärgebirge des Samlandes (ebd. 1867);
Elditt, Das Bernsteinregal (ebd. 1868);
Helm, Mitteilungen über Bernstein (Danzig 1881 fg.);
Göppert und Menge, Flora des Bernstein (ebd. 1883; fortgesetzt von H. Conwentz, 1888);
Waldmann, Der Bernstein im Altertum (Fellin 1883);
Roetling, Die Fauna des samländischen Tertiärs (ebd. 1885);
R. Klebs, Die Gasteropoden des Bernstein (ebd. 1886);
ders., über die Farbe und Imitation des Bernstein (Königsb. 1887);
Tesdorpf, Gewinnung usw. des in Preußen [* 43] (Jena [* 44] 1887);
R. Klebs, Der und seine Geschichte (Königsb. 1889);
Conwentz, Monographie der baltischen Bernsteinbäume (Danzig 1890);
R. Klebs, über die Fauna des Bernstein (im «Tageblatt der 52. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte», Heidelb. 1890);