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534, und nun wurde Burgund mit dem Frankenreiche vereinigt, doch so, daß es bei dessen zahlreichen Teilungen meist ein besonderes Königreich bildete. -
Vgl. Binding, Das burgund.-roman. Königreich (Lpz. 1868);
Drapeyron, De Burgundionum historia et ratione politica Merovingorum aetate (Par. 1869);
Jahn, Die Geschichte der Burgundionen und Burgundiens bis zum Ende der 1. Dynastie (2 Bde., Halle [* 2] 1874).
Beim Zerfalle des Frankenreichs im 9. Jahrh. machte Burgund sich wieder selbständig. Der Graf Boso von Vienne, Schwager Karls des Kahlen, wußte 879 auf dem Reichstage zu Mantaille die Wahl der Großen auf sich zu lenken und wurde somit König des Burgundischen Reichs, das von Bosos Residenzstadt Arles das Arelatische Reich (s. Arelat), von seiner Lage am Jura das Cisjuranische Burgund genannt wurde. Boso nahm 882 sein Reich von Kaiser Karl dem Dicken zu Lehen, kam aber im eigenen Lande wegen der übermächtigen Gewalt der Großen nicht zu Ansehen.
Nach Bosos Tode, 887, war die Königin-Witwe Irmengarde die schwache Stütze ihres unmündigen Sohnes Ludwig, unter dessen Regierung sich 889 Herzog Rudolf, Sohn eines Grafen Konrad, zum Herrscher von Oberburgund oder des Transjuranisch-Burgundischen Königreichs erhob, welches die Franche-Comté, die Schweiz [* 3] diesseit des Flusses Reuß, [* 4] Wallis und einen Teil Savoyens in sich vereinigte. Auch Rudolf suchte im Besitze seines neugestifteten Königreichs, wie früher Boso, dadurch sich zu befestigen, daß er es von dem deutschen Kaiser Arnulf zu Lehen nahm.
Ihm folgte 912 sein Sohn Rudolf II. Zugleich entstand an der Grenze der Franche-Comté ein dritter burgund. Staat, das Herzogtum Burgund (s. unten). Durch Rudolf II. (912-937), dessen Gemahlin Bertha von Schwaben 922 ihm den Aargau zubrachte, wurde 930 das Arelatische Reich, das jener von dem Grafen Hugo von Provence für Überlassung der Herrschaft über Italien [* 5] gewonnen hatte, mit dem Transjuranischen Reiche wieder vereinigt. Nie hatte der Name der Burgunder in größerm Ansehen gestanden als jetzt; aber unter dem folgenden Regenten, Konrad (937-953), litt das Reich durch die Einfälle der Ungarn [* 6] von Rhätien und der Araber von der Südküste Frankreichs her, sowie zugleich bei der selbständigen Macht der Großen durch innere Fehden und Raubkriege.
Rudolf III., Konrads Nachfolger, setzte den Kaiser Heinrich II., den Sohn seiner ältern Schwester Gisela, als seinen Erben ein und ließ ihm im voraus huldigen (1016). Nach Heinrichs II. kinderlosem Tode 1024 machte Kaiser Konrad II., mit Hinweisung auf das früher vorhandene Lehnsverhältnis zwischen Deutschland [* 7] und Burgund, im Namen des Deutschen Reichs und seiner oberlehnsherrlichen Gewalt für sich das Heimfallsrecht geltend. Nach mehrfachen Kämpfen mit den mächtigen Großen des Landes, die den nähern Verwandten Rudolfs, dem Herzog Ernst von Schwaben (gest. 1030) und dem Grafen Otto von Champagne (gest. 1037), Beistand leisteten, behauptete der Kaiser endlich seine Ansprüche und übertrug diese, nachdem der burgund.
Mannsstamm mit Rudolf III. 1032 erloschen war, auf seinen Sohn Heinrich III., der 1038 auf dem Reichstage zu Solothurn [* 8] zum König von Burgund gewählt und gekrönt wurde. Damit wurde das Reich Arelat, das sich ungefähr östlich von der Rhône zwischen Besançon [* 9] und Marseille [* 10] bis an die Alpen [* 11] ausdehnte, ein Teil des Deutschen Reichs, und mit ihm wurde eine wichtige Grenzwehr gegen Frankreich und eine gute Straße nach Italien gewonnen. Die Prälaten des Reichs und auch die größern weltlichen Herren, so die Pfalzgrafen von Burgund (d. h. des nördlichsten Teils des Arelats zwischen Lothringen und Genf [* 12] mit der Hauptstadt Bisanz [Besançon], der speciell den Namen Burgund führte), die Grafen und Markgrafen von Provence, von Vienne (die spätern Dauphins), von Savoyen u. s. w. wurden damit Reichsfürsten und holten mehr oder weniger die Bestätigung ihrer Privilegien vom Deutschen Kaiser ein.
Jedoch war der Zusammenhang mit dem Reiche stets ein ziemlich lockerer; die deutschen Herrscher hatten zu wenig Ansehen, um den innern Fehden mit Erfolg entgegentreten zu können, welche Burgund bewegten und auch durch den Gottesfrieden nicht beseitigt wurden. Unter den Staufern wurden allerdings Schritte gethan, die Verbindung B.s fester zu knüpfen: Friedrich I. ließ sich 1178 in Arles zum König von Burgund krönen, Friedrich II. griff durch Vikare in die innern Verhältnisse ein und sah sogar 1238 die Truppen burgund.
Fürsten in seinem Heere in Italien. Doch nach seinem Tode wurde der deutsche Einfluß immer schwächer, ein Teil nach dem andern fiel an Frankreich, so 1271 Stücke der Provence, 1312 Lyon, [* 13] 1349 die Dauphiné. Wenn Rudolf von Habsburg und Karl IV. (der sich 1364 noch in Arles krönen ließ) in die Verhältnisse B.s eingriffen, so war es um polit. Zwecke willen, nicht der straffern Zusammenfassung wegen. Außer Mömpelgard und Savoyen war das Arelat am Ende des Mittelalters bereits französisch. -
Vgl. Hüffer, Das Verhältnis des Königreichs Burgund zu Kaiser und Reich besonders unter Friedrich I. (Paderb. 1874);
Sternfeld, Das Verhältnis des Arelats zu Kaiser und Reich vom Tode Friedrichs I. bis zum Interregnum (Berl. 1881);
O. Winckelmann, Die Beziehungen Karls IV. zum Arelat (Straßb. 1882);
Fournier, Le [* 14] royaume d'Arles (Par. 1891).
Ein ähnliches Schicksal hatte das Herzogtum Burgund, das von Richard, Grafen von Autun, einem Bruder Bosos, um 990 gestiftet wurde. Dieses Land, später die Bourgogne genannt, grenzte östlich an die Franche-Comté, südlich an die Landschaften Bresse und Beaujolais, westlich an Bourbonnais und Nivernais und nördlich an die Champagne. Nach Richards Tode fiel das Herzogtum seinem Sohne Rudolf zu, der, nachmals zu Soissons zum Könige von Frankreich gekrönt, 936 ohne Erben starb.
Durch die Verheiratung der Enkelin Richards, Ludegardis, mit dem Bruder des Königs Hugo Capet von Frankreich, Odo, der schon ein Stück von Burgund besaß, kam das Herzogtum an einen Nebenzweig der Capetinger, der erst mit dem unmündigen Herzog Philipp 1361 erlosch. Burgund wurde nun sogleich von König Johann von Frankreich teils als Lehen, teils weil er der nächste Erbberechtigte war, mit der Krone Frankreich vereinigt. Bald darauf aber wurde von ihm selbst die Würde der burgund. Herzöge wiederhergestellt, indem er 1363 seinen jüngsten Sohn, Philipp den Kühnen (s. d.), mit Burgund belieh.
Philipp wurde Stifter der neuen Linie der burgund. Herzöge, und mit ihm beginnt die glänzendste Epoche B.s im Mittelalter. Handel, Gewerbe und Kunst standen während dieser Periode daselbst in hoher Blüte [* 15] Philipp vermählte sich 1369 mit Margareta, der einzigen Tochter und Erbin Ludwigs III., Grafen von Flandern, und erwarb sich auf diese Weise zu seinem Gebiete noch Flandern, Mecheln, [* 16] ¶
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Antwerpen [* 18] und die Franche-Comté. Beim Ausbruch der Geisteskrankheit seines Neffen Karls VI. von Frankreich wurde Philipp zum Reichsverweser ernannt, weshalb des Königs Bruder Ludwig, Herzog von Orléans, [* 19] einen bittern Haß auf ihn warf. Als Philipp 1404 starb, folgte ihm in Burgund sein Sohn Johann der Unerschrockene (s. d.), während Orléans nunmehr Reichsstatthalter in Frankreich wurde. Allein beide Vettern blieben erbitterte Feinde; trotz scheinbarer Versöhnung wurde 1407 Ludwig von Orléans zu Paris [* 20] von Meuchelmördern getötet, und Herzog Johann von Burgund bekannte sich selbst als Anstifter dieser That, die einen langjährigen Krieg zwischen Frankreich und Burgund zur Folge hatte (s. Frankreich).
Zwar erhielt Johann vom Könige endlich einen Erlassungsbrief; als er aber 1419 mit dem Dauphin (Karl VII.) auf der Yonnebrücke zu Montereau zur Aussöhnung zusammenkam, wurde er von den Begleitern des Dauphin niedergestochen. Sein Sohn und Nachfolger Philipp (s. d.), mit dem Beinamen der Gütige, wußte in dem zwischen England, Frankreich und Burgund 1420 zu Troyes geschlossenen Frieden die Ausschließung des Dauphin, als Vergeltung für Herzog Johanns Ermordung, zu bewirken.
Zugleich begann er mit Jakobäa von Brabant und deren zweitem Gemahl, dem Herzog von Gloucester, einen Streit, der mit der Eroberung ihrer Besitzungen Hennegau, Holland und Seeland endigte. Nachdem er schon 1429 Namur [* 21] durch Kauf erworben hatte, fielen ihm 1430 auch Brabant und Limburg [* 22] zu, als daselbst die Familie Antons von Burgund, des zweiten Sohnes Philipps des Kühnen, erlosch. Im Frieden mit Frankreich zu Arras [* 23] 1435 erhielt er ansehnliche Distrikte Frankreichs, nämlich Mâcon, Auxerre, Peronne, St. Quentin, Amiens, [* 24] Abbeville, Ponthieu und die Grafschaft Boulogne für sich und seine Erben. Zu diesen Erwerbungen kam 1443 auch noch durch Abtretung das Herzogtum Luxemburg. [* 25]
Philipp hatte sich 1430, nachdem seine beiden frühern Ehen kinderlos geblieben waren, zu Brügge zum drittenmal, mit Isabella, einer Tochter des Königs Johann von Portugal, [* 26] vermählt und zum Gedächtnis dieser Verbindung den Orden [* 27] des Goldenen Vließes gestiftet. Von den drei Söhnen dieser Ehe überlebte den Vater nur der jüngste, Karl, Graf von Charolais, der ihm in der Regierung folgte. Karl der Kühne (s. d.) war einer der mächtigsten und glänzendsten Fürsten Europas; er fiel 1477 in der Schlacht bei Nancy gegen die Eidgenossen.
Seine Erbschaft fiel an seine einzige Tochter Maria von Burgund (s. d.), die unter den sieben Prinzen, die um sie geworben, den ritterlichen Maximilian von Österreich [* 28] gewählt hatte. König Ludwig XI. von Frankreich bekam von der burgund. Erbschaft nur die Städte in der Picardie und das Herzogtum Bourgogne, das er als Mannlehn einzog. Maria starb schon in ihrem 25. Jahre (1482). Maximilian wollte sogleich, als Vormund der Kinder, die Zügel der Regierung ergreifen; aber ein Teil der burgund.
Provinzen widersetzte sich diesem Vorhaben, am hartnäckigsten die Flanderer, die ihn sogar einmal über 3 Monate lang in Brügge gefangen setzten; erst 1489 erkannten sie ihn als Vormund seines ältesten Sohnes Philipp (s. d.) und als Regierungsverweser an. Als Philipp der Schöne, vermählt mit der span. Erbin Johanna, 1506 starb, fielen diese Länder an dessen noch minderjährigen ältesten Sohn, den nachherigen Kaiser Karl V. Ihre Geschichte geht seitdem in der Geschichte der Niederlande [* 29] (s. d.) auf. Im Madrider Frieden (1526) trat zwar Franz I. von Frankreich, um seine Freiheit wiederzugewinnen, auch das Herzogtum Burgund ganz an Kaiser Karl V. ab; aber die Stände von Burgund entschieden, daß der König gar nicht das Recht gehabt, ihr Land abzutreten, und Franz selbst erklärte sein Versprechen, weil erzwungen, für nicht verbindlich.
In der That sah Kaiser Karl Burgund sich genötigt, im Frieden von Cambrai 1529 seine Ansprüche auf das Herzogtum Burgund fallen zu lassen. Ein Teil von Burgund, die Franche-Comté (s. d.) oder Hochburgund, war zwar 1493 von König Karl VIII. von Frankreich an Maximilian überlassen worden, wurde aber von Ludwig XIV. im Frieden zu Nimwegen [* 30] 1678 Frankreich erworben. Seitdem sind beide Teile B.s vollständig mit Frankreich verwachsen, das jetzt alle Teils des alten Burgund, mit alleiniger Ausnahme der schweizerischen, in sich vereinigt hat. -
Vgl. Barante, Histoire des ducs de Bourgogne de la maison de Valois (8. Aufl., 8 Bde. und Atlas, [* 31] Par. 1858);
Dubois, La Bourgogne depuis son origine jusqu'à son entière réunion à la couronne de France (2. Aufl., Rouen [* 32] 1867);
Petit, Histoire des ducs de Bourgogne de la race capétienne (4 Bde., Par. 1886-92);
Garnier, La Bourgogne (Moulins 1892).