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Württemberg, [* 2] Franken, Thüringen, in Rheinland, Brandenburg [* 3] ist die Leinenweberei hausindustriell entwickelt; es mögen etwa 120000 Webstühle [* 4] vorhanden sein, die indes nur bei sehr flottem Geschäftsgänge voll beschäftigt sein werden; die Mehrzahl der Weber ist nebenbei landwirtschaftlich thätig. Das Fortbestehen ist überhaupt nur eine Frage der Zeit, da der Handwebstuhl den Mitbewerb mit dem Maschinenwebstuhl nicht ertragen kann. - Fertige Wäsche wurde früher vorzugsweise in Bielefeld [* 5] hergestellt, neuerdings aber auch in Berlin [* 6] und andern großen Städten mit Erfolg.
Seilerwaren liefern Westfalen, [* 7] die Seestädte, Oberschlesien, das schwäb. Bayern [* 8] und der Reg.-Bez. Cassel; Packleinwand Ostfriesland und die Gegenden der Ems [* 9] und mittlern Weser. Die Zwirnerei erstreckt sich hauptsächlich auf das Königreich Sachsen, [* 10] auf Schlesien [* 11] und die Rheinprovinz. [* 12] In der Hanfindustrie sowie in deren Gespinsten und Geweben wird im Deutschen Reich Hervorragendes nicht geleistet. Am meisten ist dieselbe in Baden [* 13] und in Schwaben zu Hause.
Jutewaren bezog Deutschland [* 14] vor ungefähr 20 Jahren aus England; seitdem sind in Braunschweig, [* 15] Meißen, [* 16] bei Hamburg, [* 17] Berlin und andern Orten eine Anzahl von Jutewebereien und -Spinnereien entstanden, deren Erzeugnisse steigende Aufnahme gefunden haben. Da der Rohstoff eingeführt werden muß, so läßt sich an den Ziffern der Einfuhr das Wachstum der Juteindustrie am besten darlegen: 1880 wurden 17564 t = 6,7 Mill. M., 1893: 88868 t Rohjute = 28,4 Mill. M. eingeführt.
Für Wolle sind etwa 1450000 Spindeln für Streichgarn und etwa 600000 Spindeln für Kammgarn thätig. Die Hauptsitze der Wollspinnereien sind die Rheinprovinz, das Königreich Sachsen (namentlich die Gegend von Werdau [* 18] bis Plauen), [* 19] Württemberg und das Oberelsaß. Diese Bezirke sind auch die Hauptsitze der Tuchfabrikation, denen sich noch die Niederlausitz und der südöstl. Teil der Mark Brandenburg mit den Städten Cottbus, [* 20] Forst, [* 21] Spremberg, [* 22] Sorau, [* 23] Sommerfeld zugesellen.
Besonders feine Tuche liefern Aachen, [* 24] Großenhain [* 25] und andere sächs. Städte. In Bezug auf Kammwollwaren zeichnen sich die Bezirke von Chemnitz, [* 26] Glauchau [* 27] bis mit Crimmitschau [* 28] und Plauen, von Gera, [* 29] Greiz, [* 30] Zeulenroda und Pößneck, Mülhausen [* 31] i. Els., Gebweiler [* 32] und Bischweiler, [* 33] auch Württemberg aus. Die Tuchweberei und die Verfertigung von Wollwaren wurde früher in vielen Städten, selbst in Posen, [* 34] Ost- und Westpreußen [* 35] hausindustriell betrieben, hat aber, weil sie kaum noch lohnend ist, mehr und mehr aufgehört.
Für wollene Strumpfwaren sind Chemnitz, Apolda, [* 36] Zeulenroda sowie einzelne Bezirke in Württemberg und dem Elsaß zu nennen, für Shawlweberei Berlin, für wollene Plüsche Berlin, Barmen, [* 37] Hannover [* 38] und Dresden, [* 39] für Teppiche Berlin, Barmen, Schmiedeberg (Schlesien), Wurzen. [* 40] Die Einfuhr von Wollgarn betrug 1880: 93,1 Mill. M., 1893: 103,4 Mill. M.; die Einfuhr von Wollwaren 26,1 bez. 13,4 Mill. M.; dagegen hielt sich die Ausfuhr 1888-93 auf annähernd derselben Höhe von 190 bis 200 Mill. M.
Die Entwicklung der deutschen Baumwollindustrie erscheint um so beachtenswerter, wenn man erwägt, daß der Rohstoff in dem Heimatlande nicht erzeugt wird;
sie ist konzentriert im Oberelsaß (Mülhausen, Gebweiler, Thann, Münster, [* 41] Markirch, [* 42] Wesserling), in Sachsen (Chemnitz und Umgebung, vorzugsweise die Flußthäler der Zschopau, Flöha und Mulde);
im Rheinland (M.-Gladbach, Dülken, Barmen, Elberfeld bis nahe zum Rhein), in Württemberg (bei Reutlingen), [* 43] im nördl. Abfall der Rauhen Alb und von hier übergreifend bis nach Bayern;
in Baden im südl. Abfall des Schwarzwaldes;
in Bayern (Augsburg) [* 44] und in Oberfranken (Bayreuth [* 45] bis Hof); [* 46]
in Schlesien (Reg.-Bez. Liegnitz [* 47] bis zu dem Eulengebirge).
Die Einfuhr von roher Baumwolle, [* 48] die jetzt statt über London [* 49] mehr und mehr über Bremen [* 50] erfolgt, belief sich 1840 auf rund 10000 t, 1870 auf 71000 t, 1893 auf 271610 t = 202 Mill. M. Obgleich die Spinnereien (nahezu 6 Mill. Feinspindeln) ihre Erzeugung zu steigern bemüht gewesen sind, kann der Bedarf an Baumwollgarn doch nicht ganz gedeckt werden, vielmehr wurden 1893 noch 17972 t = 44,4 Mill. M. eingeführt. Erzeugt werden zur Zeit die gröbern und mittelfeinern Garne bis zu etwa Nr. 80, im Oberelsaß bis zu etwa Nr. 100; feinere Garne werden aus England geholt. - Das Oberelsaß nimmt in Bezug auf die Feinheit der Stoffe den ersten Rang ein, dann folgen Königreich Sachsen und Rheinland.
Für die Verfertigung von Weißwaren (Gardinen, Mull, Musselin) ist außerdem das Vogtland (Plauen) zu nennen, für baumwollene Strumpfwaren Chemnitz, für Buntstickerei Berlin, Rheinland und Württemberg, für Posamentierwaren Barmen, Elberfeld, Annaberg [* 51] (Sachsen), Isny (Württemberg), Brieg [* 52] (Schlesien), Straßburg [* 53] und Colmar, [* 54] für Wachstuch Berlin und Leipzig, [* 55] für Schirmstoffe Chemnitz, Berlin, Elsaß und Rheinland. Hausindustriell entwickelt ist die Spitzenklöppelei und Weißstickerei im Erzgebirge (Eibenstock, [* 56] Schwarzenberg, Schneeberg bis in das Vogtland hinein), letztere auch im südl. Württemberg. Die Einfuhr von Baumwollwaren hat sich seit 1880 mit durchschnittlich rund 1500 t und 12 Mill. M. Wert auf derselben Höhe gehalten. Die Ausfuhr ist dagegen immer noch steigend, sie betrug 1880: 14332 t = 49,6 Mill. M., 1893: 23514 t = 153,7 Mill. M.
Für die Seidenindustrie sind Krefeld, [* 57] Barmen und Elberfeld Mittelpunkte, ferner Berlin, Aachen, Baden und Lothringen. Der Schwerpunkt [* 58] der deutschen Seidenindustrie liegt auf den Halbseidenstoffen und Sammeten, in denen sogar die berühmte franz. Industrie erreicht, vielleicht überholt ist, während in den schweren Stoffen Frankreich noch den ersten Platz behauptet. Die Einfuhr ist seit 1880 nur wenig gestiegen; der Gesamtwert (einschließlich Rohseide) betrug 1893: 156,1 Mill. M., dagegen wurde 1893 für 181,9 Mill. M. (mit Einschluß der Halbfabrikate) ausgeführt.
Die Bleicherei, Färberei, Druckerei und Appretur der Garne und Webwaren schließen sich an den einzelnen Webstoff an, dem sie zu dienen bestimmt sind, und finden sich in denselben Bezirken. In Bezug auf die Zeugdruckerei und Appretur fand Jahrzehnte hindurch ein lebhafter Wechselverkehr mit den Nachbarländern statt, die ihre dort gearbeiteten Webelstoffe nach Deutschland sandten und hier im Veredelungsverkehr bearbeiten ließen. Solche Zeugdruckereien finden sich noch in Mülhausen, Berlin, Augsburg, Baden, Sachsen, doch hat dieser Veredelungsverkehr durch die Erhöhung der Zölle in den Nachbarländern stark gelitten.
In Bezug auf Herstellung von Kleidungsstücken (Konfektion), auch für Ausfuhr, steht Berlin obenan und hat z.B. in Damenmänteln und Kinderkleidern ¶
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bereits Paris [* 60] überholt. Dasselbe gilt von Herren- und Damenhüten, in denen gleichfalls in Berlin, Leipzig, Dresden, Köln, [* 61] Frankfurt [* 62] a. M. Beachtenswertes geleistet wird, sowie von künstlichen Blumen (Berlin, Dresden, Sebnitz in S., einzelne Bezirke in Württemberg, Rheinland und Elsaß). Seit 30 Jahren sind große Fortschritte gemacht worden, und wahrscheinlich wäre man den Pariser Artikeln schon ganz gleichgekommen, wenn nicht für die teuersten und besten Erzeugnisse Paris hierin von dem Ausland als Weltmarkt betrachtet würde. -Strohgeflechte liefern Dresden und das Müglitzthal (Sachsen), ebenso der Schwarzwald; Schmuckfedern Dresden und Berlin. In diesen Artikeln ist die Ausfuhr beträchtlich und im letzten Jahrzehnt meist gestiegen. Ausgeführt wurden:
Warengattungen | 1880 Mill. M. | 1893 Mill. M. |
---|---|---|
Kleider, Leibwäsche, Putzwaren | 78,0 | 104,6 |
Filzwaren | 4,3 | 6,7 |
Herrenhüte | 3,3 | 6,1 |
Strohhüte | 3,7 | 3,4 |
Künstliche Blumen | 2,5 | 3,2 |
Lederindustrie. Hierfür vermag Deutschland den starken Bedarf an Rohmaterial längst nicht mehr zu decken, es findet vielmehr in Häuten eine starke Einfuhr (früher aus Rußland, Österreich [* 63] und den Donauländern, neuerdings aus Südamerika [* 64] und Australien) [* 65] statt. 1893 wurden eingeführt für 73,2 Mill. M. Rinds- und Kalbfelle, für 16,6 Mill. M. Schaf- und Ziegenfelle, für 3,2 Mill. M. Hasen- und Kaninchenfelle, außerdem für 46,2 Mill. M. Felle zur Pelzbereitung.
Einen Maßstab [* 66] für die Entwicklung der Gerberei giebt auch die Zufuhr von Gerberlohe und Holzborke, da 1891 außer der einheimischen Gewinnung und dem sehr starken Verbrauch anderer wirksamerer Gerbmittel allein 96374 t Gerberlohe für 9,2 Mill. M. eingeführt wurden. Die Gerberei ist in allen Städten des Reichs vertreten, fabrikmäßig betrieben in Mainz [* 67] und Worms, [* 68] Kirn a. d. Nahe, in Malmedy, an der Sieg und im Königreich Sachsen. Kidleder wird vorzugsweise in Dresden hergestellt.
Sattler-, Riemer- und Täschnerwaren liefern alle größern Städte des Reichs, Schuhmacherei wird in größerm Maßstabe in Pirmasens, [* 69] Mainz, Balingen (Württemberg), Offenbach, [* 70] in Thüringen, Sachsen und Schlesien betrieben. Die in den Provinzen Sachsen und Schlesien wie im Königreich Sachsen bestehende Marktschuhmacherei für Jahrmärkte ist sehr zurückgegangen. Für feine Lederwaren (Ledergalanterieartikel) ist Offenbach der Hauptplatz, doch sind auch Berlin, Hanau, [* 71] Nürnberg, [* 72] Freiberg, [* 73] Dresden nennenswert. Handschuhe führen Königreich Sachsen, Württemberg, Berlin und die Rheinprovinz in beträchtlichen Mengen aus. Für Pelzwerk [* 74] ist Leipzig Welthandelsplatz, ebenso ist es für die Verarbeitung von Pelzwerken hervorragend. 1893 betrug die Ein- und Ausfuhr von Leder und Lederwaren:
Leder und Lederwaren | Einfuhr Mill. M. | Ausfuhr Mill. M. |
---|---|---|
Leder aller Art | 24,3 | 49,8 |
Grobe Lederwaren | 2,0 | 5,8 |
Feine Lederwaren | 9,8 | 55,9 |
Lederhandschuhe | 9,7 | 27,0 |
Die Kautschuk- und Guttapercha-Industrie, welche in den Seestädten, in Berlin, im Rheinland und in Sachsen vertreten ist, hat von 1881 bis 1893 ihre Ausfuhr von 13,8 auf 21,6 Mill. M., die Einfuhr von 2,6 auf 5,2 Mill. M. gesteigert.
Holzindustrie. Der Verbrauch dieser Erzeugnisse ist, nach der steigenden Einfuhr von Nutzhölzern zu schließen, erheblich; jedoch erst in dem letzten Jahrzehnt ist in Bezug auf die geschmack- und sogar kunstvolle Gestaltung der Tischlerarbeiten eine Höhe erreicht, wie sie bereits vor dem Dreißigjährigen Kriege vorhanden war. In der Herstellung von Möbeln zeichnen sich Berlin, Mainz, Stuttgart, [* 75] Frankfurt a. M., Dresden, München, [* 76] Hanau, Coburg [* 77] aus; Drechslerwaren liefern Berlin, Nürnberg, Hamburg, Danzig [* 78] (Bernstein), [* 79] Ruhla (Meerschaumpfeifenköpfe); Schnitzereien die bayr. Alpen [* 80] (Ammergau, Partenkirchen, München).
Holzspielwaren für den Welthandel werden hausindustriell im sächs. Erzgebirge (Seifen, Grünhainchen) und in Thüringen (Sonneberg) [* 81] gearbeitet, während die berühmte Nürnberger Spielwarenindustrie zur Herstellung ihrer Artikel mehr Metalle aller Art, Leder, Papiermaché u. dgl. benutzt. Die Ausfuhr von Spielzeug aller Art betrug 1893: 29,8 Mill. M., feinerer Holzwaren 27,2 Mill. M. Zu erwähnen ist sodann die (besonders im Königreich Sachsen) stark vertretene Holzschleiferei, welche den Bedarf für die Papierfabrikation [* 82] liefert.
Papier. Der jährliche Papierverbrauch wird für das Deutsche Reich [* 83] mit etwa 4,75 kg pro Kopf anzunehmen sein und dürfte nur von Großbritannien [* 84] mit 5,25 kg übertroffen werden. Vorhanden sind gegen 500 Papierfabriken mit etwa 650 Papiermaschinen und 180 Mühlen [* 85] mit etwa 350 Bütten, und die deutsche Papierfabrikation kann als die hervorragendste der Erde angesehen werden. Erzeugt werden alle verlangten Sorten, außer etwa den feinsten, für welche im Inlande geringer Bedarf vorhanden ist. Die starke Steigerung der Produktion war auch nur dadurch möglich, daß man mehr und mehr den Mangel an Lumpen durch Holz- und Strohcellulose ersetzte, wodurch die Herstellung hochfeiner Papiere von selbst ausgeschlossen ist. Die Hauptbezirke der Papierfabriken sind das Königreich Sachsen, die Rheinprovinz, Schlesien, Thüringen, Württemberg und Bayern. - Die Weiterverarbeitung des Papiers ist sehr mannigfach und sind deren Zweige wohl sämtlich vertreten.
Bunt-, Gold- und Silberpapiere werden besonders in Berlin, Dresden, Leipzig, Nürnberg hergestellt. Für photogr. Papiere ist Dresden Weltplatz. Papiertapeten werden in Rheinpreußen, in Unterfranken, Sachsen, Hessen, [* 86] Berlin, Hamburg, Dresden, Wurzen gearbeitet. Die Einfuhr von Papier, Papier- und Pappwaren beläuft sich jährlich auf rund 4-4,5, die der Tapeten betrug (1893) 0,4 Mill. M.; die Ausfuhr von Papier und Pappe (1893) 56,2 Mill. M., von Tapeten 2,4, von Papier und Papierwaren 14,2 Mill. M.
Für die graphischen Gewerbe und den damit im engsten Zusammenhang stehenden Buchhandel sowie für die Buchbinderei ist Leipzig noch immer der Hauptsitz; nennenswert sind weiter Berlin, Stuttgart, München, Dresden, Braunschweig u. a. Auch im Musikalienhandel steht Leipzig obenan, im Kunsthandel, insoweit die bildende Kunst in Frage kommt, sind Berlin, München, Düsseldorf [* 87] zu nennen. Die zu den graphischen Gewerben zu zählenden ¶