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einheitliche Bauart dieses Systems für Verwaltung, zweckmäßige Einteilung der Krankenräume, der Wärterzimmer u. dgl. darbietet, so hat sie doch zahlreiche schwere Übelstände zur Folge, welche dem Hauptzweck eines jeden Krankenhaus, [* 2] der Erzielung günstiger Heilerfolge, hinderlich entgegenstehen. Schon die Anhäufung so vieler Kranker unter einem Dache muß eine beträchtliche Luftverderbnis zur Folge haben; dazu kommt, daß der Dunst aus der Küche und den Waschräumen sich leicht den Korridoren und Krankenräumen mitteilt, sodaß eine zweckmäßige Lüftung nur schwierig zu bewerkstelligen ist, daß das Licht [* 3] gewöhnlich nur beschränkten Zutritt zu den Krankensälen besitzt und daß es bei der übermäßigen Anhäufung von Kranken leicht zur Entwicklung und Weiterverbreitung von ansteckenden Krankheiten, z.B. von Hospitalfiebern, Hospitalbrand und Pyämie kommt.
Aus diesem Grunde pflegt man jetzt beim Neubau von Krankenhaus nach den Grundsätzen der örtlichen Decentralisation die Anstalt in mehrere Gebäude zu trennen. Das Decentralisationssystem findet seinen besten Ausdruck in dem System der isolierten Pavillons, das kurzweg auch Pavillonsystem genannt wird. Bei diesem System gruppieren sich mehrere kleinere Hospitäler (sog. Pavillons) um ein gemeinschaftliches, für die Verwaltung bestimmtes Hauptgebäude, wodurch eine Sonderung aller Wirtschaftsräume von den Krankenabteilungen und unter diesen eine Trennung der chirurg. Kranken von den innerlich Kranken, der Frauen von den Männern, der Wöchnerinnen, Irren und der an ansteckenden Krankheiten Leidenden ermöglicht wird.
Ein solcher Pavillon besteht aus einem Stockwerk mit einem, höchstens zwei Sälen (10-30 Betten), den zugehörigen Bädern, Aborten, Wärterstuben und einigen Nebenräumen (eigentlicher Pavillon), oder aus einem Gebäude mit mehrern Stockwerken (sog. Block), in dem sich, durch einen Korridor verbunden, Kraukenzimmer mit 1-6 Betten und Räume für Bäder, Wärter u. dgl. befinden. (S. Tafel: Krankenhäuser II, [* 1] Fig. 1 [Pavillon im Stadtkrankenhaus zu Dresden] [* 4] und [* 1] Fig. 2 [Zweistöckiger Pavillon des Krankenhaus im Friedrichhain zu Berlin].) [* 5] Dem Pavillonsystem nahe verwandt ist das in England hier und da für den Krankenhausbau angewendete Cottagesystem, bei dem man in einzeln stehende, kleinere, oft nur sechs Betten zählende Häuser wenige Kranke unterbringt. Für gewisse Zwecke gewährt dasselbe auch manche Vorteile, wiewohl es wegen der Zersplitterung ärztlicher und pflegender Kräfte kostspielig ist.
Neuerdings wird in vielen Krankenhaus das Pavillonsystem durch das sog. Barackensystem (s. Baracke und Barackensystem) ersetzt.
Da sowohl das Korridor- wie das Pavillonsystem besondere Vorzüge besitzen, so finden sich bei vielen größern Krankenhaus Kombinationen beider Bauarten vor, durch welche die Vorteile beider Systeme vereinigt werden. So sind z. B. bei dem städtischen Krankenhaus zu St. Jakob in Leipzig [* 6] beide Systeme in sehr zweckmäßiger Weise verbunden, indem das ältere massive Korridorgebäude durch verdeckte Gänge mit festen in Stein gebauten Baracken in Verbindung steht und außerdem eine Reihe ganz frei stehender Baracken und Pavillons für die Krankenpflege vorhanden sind. (S. Tafel: Krankenhäuser I.)
Die Krankensäle sollen die ganze Breite [* 7] des Pavillons oder der Baracke einnehmen, womöglich von drei Seiten Licht und Luft erhalten und an der vierten Seite durch eine Treppe [* 8] mit dem Freien oder durch einen verdeckten Gang [* 9] mit den übrigen Pavillons in Verbindung stehen. Jeder Krankensaal enthält am zweckmäßigsten 20, höchstens 30 Betten und soll für den einzelnen Kranken durchschnittlich 80-100 cbm Luft pro Stunde oder 40-50 cbm Luftraum gewähren; kleinere Säle schaffen unnötig viel Winkel, [* 10] wodurch Reinlichkeit, Lufterneuerung und Aufsicht erschwert wird. (S. auch Krankenzimmer.)
Über die Einrichtung des Krankenbettes s. d. Die Bettstellen werden am zweckmäßigsten mit dem Kopfende gegen die Wand gestellt, sodaß zwischen Bett [* 11] und Wand ein Zwischenraum von 50 cm, zwischen je zwei Betten ein solcher von mindestens 80 cm verbleibt. Am Kopfende befindet sich eine Tafel, auf der Name und Alter des Kranken, der Tag seiner Aufnahme, seine Kostklasse und häufig auch lateinisch die Diagnose seiner Krankheit bemerkt ist; neben dem Bett steht ein Tischchen für das Nachtgeschirr, Spuckschale, Arzneien und die für den Handgebrauch bestimmten Gegenstände. Die Einrichtung der Fenster, der Anstrich der Wände und Fußböden in den Krankensälen erfordert besondere Aufmerksamkeit; die Dielen müssen geölt, Wände und Decken aus einem Material (am besten Gips [* 12] mit Wasserglas oder Kalktünche) hergestellt sein, das für die Luft möglichst durchgängig ist und leicht mit desinfizierenden Mitteln gereinigt werden kann.
Sehr wichtig ist die ausgiebige Ventilation der Krankensäle. Dieselbe geschieht entweder nur durch die natürliche Lufterneuerung durch die Poren der Wände und durch Öffnen der Thüren und Fenster, bei den Baracken durch sog. Dachreiter, oder durch künstliche Vorrichtungen (s. Ventilation). Die einströmende Luft muß behufs Reinigung von organischen und unorganischen Staubteilchen erst durch eine zwischen Drahtgeflechten verpackte Wattelage oder durch Feuer geleitet werden, ehe sie in die Krankenzimmer gelangt.
Freilich darf von der Ventilation allein nicht alles Heil erwartet werden; es ist vielmehr in jedem Krankenzimmer das Hauptaugenmerk darauf zu richten, daß Unreinigkeiten jedweder Art (unreine Bett- und Leibwäsche, gebrauchte Stechbecken, Spuckschalen, Uringläser und Verbandstücke) unverzüglich aus dem Krankenzimmer entfernt werden, daß das Reinigen der Zimmer und das Abwischen des Staubes nur mit feuchten Tüchern erfolge und daß allenthalben Sauberkeit und Reinlichkeit herrscht. Aus diesem Grunde erfordert die Anlage der Aborte (am besten mit Wasserspülung) und Senkgruben, die niemals in unmittelbarer Nähe der Krankensäle sich befinden dürfen, besondere Sorgfalt; die Exkremente müssen sofort desinfiziert und aus den Latrinen entfernt werden.
Die Heizung [* 13] der Krankenhaus geschieht entweder durch Öfen [* 14] oder durch Zentralheizung (s. Heizung); immer soll die Beheizung derart eingerichtet und betrieben werden, daß die Temperatur in allen Krankensälen nebst den zugehörigen Badezimmern auch bei strengster Kälte bis auf 20° C., in den Vorräumen und Aborten auf 18° C. und in den Verbindungsgängen auf 15° C. gebracht und je nach Bedarf leicht reguliert werden kann. Für größere Krankenhaus haben sich Dampfheizungsanlagen am besten bewährt. Zur Beleuchtung [* 15] wird, wenn irgend möglich, seiner Billigkeit und Bequemlichkeit wegen das Leuchtgas [* 16] verwendet, doch muß dafür Sorge getragen werden, daß die Verbrennungsprodukte direkt nach außen geleitet
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werden; vorteilhafter ist das elektrische Glühlicht, [* 18] welches bereits in mehrern neuern Krankenhaus eingeführt ist.
Weiterhin ist für jedes Krankenhaus eine ausreichende Wasserversorgung von sehr wesentlicher Bedeutung. Da der tägliche Wasserbedarf eines Hospitals zum Trinken, Kochen, Waschen, zu den Bädern, Klosettanlagen u. dgl. sehr beträchtlich ist (durchschnittlich pro Bett täglich 4-500 l), so muß schon bei der Errichtung eines Krankenhaus hierauf Rücksicht genommen werden. Was die Badeeinrichtungen anlangt, so soll jeder Pavillon, jede Baracke seinen eigenen Baderaum für Wannen- und Douchebäder besitzen: daneben ist für größere Krankenhaus noch ein möglichst in der Mitte gelegenes Badehaus für Reinigungsbäder, Dampf- und irisch-röm. Bäder unerläßlich; für die chirurg. Abteilungen sind auch Vorrichtungen zu permanenten Wannenbädern erforderlich, in denen der Kranke wochen-, selbst monatelang ununterbrochen zubringt und ein fortwährender Wechsel des gleichmäßig erwärmten Wassers ermöglicht ist. Derartige permanente Wannenbäder kommen bei schweren Verletzungen und Verbrennungen, bei gewissen chronischen Hautkrankheiten, [* 19] bei Knochenvereiterungen und Pyämie mit Erfolg zur Anwendung.
Weiterhin gehören zu den Erfordernissen eines Krankenhaus eine genügend geräumige, gut ausgestattete Kochküche, die in größern Hospitälern meist für Dampfbetrieb eingerichtet ist, eine Waschanstalt mit Waschküche, Centrifugaltrockenmaschine, Roll- und Plättstube und Wäschemagazin, ein Desinfektionsraum, wo Kleider, Wäsche, Matratzen u. dgl. desinfiziert und entseucht werden (s. Krankenwäsche und Desinfektion), [* 20] ferner ein Eiskeller, [* 21] eine vollständige Apotheke mit Laboratorium [* 22] oder, für kleine Krankenhaus, wenigstens eine Dispensieranstalt (s. d.) sowie ein Leichenhaus (s. d.). Für größere Krankenhaus ist auch die Beschaffung eines besondern Operationssaales (s. d.) notwendig, wo alle größern Operationen ausgeführt und die chirurg. Instrumente aufbewahrt werden. Er muß so liegen, daß die Überführung der Kranken in denselben und zurück bequem und geschützt geschehen kann. Schließlich muß jedes Krankenhaus eine genügende Anzahl abgesonderter Räume für unruhige, tobende, übelriechende, syphilitische und ansteckende Kranke besitzen; die letztern werden am besten in abgesonderten Baracken, sog. Isolierbaracken, untergebracht.
Das erforderliche ärztliche Heilpersonal besteht aus einem, an größern Krankenhaus auch aus zwei Chefärzten, deren einer sodann der mediz., der andere der chirurg. Abteilung vorsteht, und einer entsprechenden Anzahl ordinierender Arzte und Hilfsärzte (Assistenzärzte). Man rechnet auf je 50-80 Kranke einen Arzt; einige Ärzte müssen im K. selbst wohnen, damit bei plötzlichen Erkrankungen schnell Hilfe zur Hand [* 23] ist. Die Krankenwartung erfordert ein sehr zuverlässiges, opferfreudiges, geschultes Personal und wird teils durch religiöse Genossenschaften (Barmherzige Schwestern, Diakonissinnen u. dgl.), teils durch Wärter und Wärterinnen aus dem Laienstande besorgt. Im allgemeinen eignen sich Krankenpflegerinnen besser als Krankenwärter, geistliche Pflegerinnen besser als weltliche; auf je 10 Kranke soll durchschnittlich eine Pflegerin kommen.
Die Herstellungskosten eines Krankenhaus schwanken nach Art und Durchführung der Anlage, den nach Zeit und Ort wechselnden Boden-, Material- und Arbeitspreisen beträchtlich. Ohne die Kosten für Grund und Boden stellen sich gegenwärtig die Baukosten eines Krankenhaus ohne Inventar (dessen Kosten etwa 1000 M. pro Bett betragen) auf 3-4000 M. pro Bett; so betrugen die Herstellungskosten (ohne Grunderwerb und Inventar) der Krankenhaus zu Osnabrück [* 24] 3408, München [* 25] 3426, Göttingen [* 26] 3534, Hamburg-Eppendorf 3783, Frankfurt [* 27] a. M. 4284, Heidelberg [* 28] 5111, Oldenburg [* 29] 5154 M. pro Bett.
Erheblich höher stellen sich allerdings die Baukosten in manchen Großstädten; so kostet das Bett im Thomashospital zu London [* 30] 20000 M., wovon etwa die Hälfte als Kosten des Bodens, im Hospital Lariboisière zu Paris [* 31] 13 789 M., wovon 4211 M. Kosten des Bauplatzes, im K. Berlin-Friedrichhain 8750 M., wovon 1250 M. Bodenwert, im Israelitenhospital in Wien [* 32] 4000 Fl. Was endlich die provisorischen Barackenlazarette anlangt, so sind deren Herstellungskosten nach den im Kriege 1870/71 in Deutschland [* 33] gemachten Erfahrungen einschließlich der innern Einrichtung auf etwa 1000 M. pro Bett zu veranschlagen.
Geschichtliches. Die ältesten Krankenanstalten wurden schon vor Christi Geburt von buddhistischen Herrschern in Kaschmir [* 34] und Ceylon [* 35] errichtet. Die Griechen und Römer [* 36] kannten Krankenhaus im jetzigen Sinne nicht, ihre Valetudinarien waren nur für verwundete Soldaten und für erkrankte Sklaven bestimmt. Erst das Christentum schuf eine geregelte Armen- und Krankenpflege und führte die Krankenhaus ein. Zu den ältesten christl. Wohlthätigkeitsanstalten gehören die vom heil. Basilius, Bischof von Cäsarea, um 370 vor den Thoren von Cäsarea errichtete Basilias, welche, aus Armenhäusern, Herbergen (Xenodochien), Asylen für gefallene Mädchen und Krankenhaus (für die Hieronymus zuerst das Wort nosokomeion gebraucht) bestehend, eine kleine Stadt für sich bildete, und das Orphanotropheum in Konstantinopel, [* 37] von Kaiser Alexios I. (1081-1118) um die Paulskirche errichtet und von 10000 Hilfsbedürftigen und Kranken bewohnt.
Während der Kreuzzüge entstanden auch die ritterlichen Krankenpflegeorden, besonders die Johanniter- und der Deutsche [* 38] Orden, [* 39] welche viele Krankenhaus errichteten. Zu den ältesten Spitälern des Abendlandes zählen das Hôtel-Dieu in Paris, urkundlich bereits 660 erwähnt, das St. Bartholomäus-Hospital in London (1102 gegründet), die Krankenhaus zu Angers (1153), Tonnère (1293), Chartres, das Hospital San Spirito in Rom, [* 40] von Papst Innocenz III. 1204 errichtet; dasselbe gab Anlaß zur Gründung ähnlicher Heiligengeist-Spitäler, des Johannesspitals zu Brügge (13. Jahrh.), des Hospitals St. Nicolas zu Cues bei Trier, [* 41] der Hospitäler namentlich der Hansestädte. Es sind dies meist an Kreuzgängen gelegene große dreischiffige Saalanlagen. Die zu Tonnère mißt 88 zu 18,6 m Grundfläche.
Im Mittelalter wurden auch besondere Aussatzhäuser (s. Aussatz) errichtet, welche, zumeist dem heil. Georg gewidmet, ausschließlich der Absonderung und Pflege der Aussätzigen dienten und nach dem Erlöschen des Aussatzes in Siechenhäuser und Pfründneranstalten, nur zum kleinern Teil in eigentliche Krankenhaus umgewandelt wurden. Mit den ausbrechenden kirchlichen und polit. Wirren verfiel gegen den Ausgang des Mittelalters das Hospitalwesen; die meisten Krankenhaus boten infolge der Zusammenhäufung von Kranken aller Art, ihrer licht- und luftlosen Räume, ihres Schmutzes und ihrer großen Sterblichkeit trostlose Zustände dar. Doch bestanden, namentlich in Italien, [* 42] auch besser angelegte stattliche Krankenhaus, so der Prachtbau des Francesco Sforza in
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