Erforschungsgeschichte.ZurErforschung des
Landes im 19. Jahrh. (über die frühere Zeit s.
Asien)
[* 2] trug namentlich
die Rivalität der europ. Mächte, erst Englands und
Frankreichs, dann Englands und
Rußlands bei. 1805 und 1806 führte Jaubert
eine
Reise durch
Armenien und P. aus;
Morier entdeckte 1808 die Euphratquellen und ging weiter nach P. Wichtige
Beitrüge zur Kenntnis des
Landes lieferte die Napoleonische Gesandtschaft unter
General Gardanne 1807–9; ihr folgte 1810–12
Sir William Ouseley und 1821
Fraser.
Nach den Erfolgen der
Russen gegen P. 1827 und 1828 begannen die Engländer für
Indien zu fürchten.
Ihre Sendlinge waren 1829 Conolly, 1831 Monteith
und
Burnes. Von der andern Seite erschien 1838 mit Geschenken vom russ.
Kaiser an den Schah der Hauptmann
Lemm, der eine vollständige
Kette von Längen- und Breitenbeobachtungen ausführte und zuerst den Demawend maß. Infolge
der engl. Expedition nach
Afghanistan
[* 3] 1838–39 schrieb Major Hough seinen Marschbericht; bald darauf bereisten Conolly und
Leech Seïstan;
Ferrier bereiste 1845–46
Afghanistan und P. und gab die ersten Mitteilungen über das Quellgebiet des Herirud.
KeithAbbott, engl. Konsul in
Teheran, bereiste 1849–50 bisher noch nicht berührte Gebiete im Innern des
Landes. 1858–60
führte R. Lenz («Erforschungen in Ostpersien und Herat») gegen 100 Längen-
und ebenso viele Breitenbestimmungen aus, und 1860 erschien eine preuß.
Gesandtschaft unter dem
Freiherrn von Minutoli, worüber H.
Brugsch (s. d.) ausführlich berichtete. Von 1858 bis 1860 währte
die große Forschungsreise durch
Chorassan unter Chanykow (s. d.)
Göbel,
Bungeund Lenz. über seinen neunjährigen
Aufenthalt am
Hofe des Schah berichtete dessen Leibarzt Dr. J. E. Polak («P.,
das
Land und seine Bewohner», 2 Bde., Lpz.
1865). Bei dem zwischen P. und
Afghanistan ausgebrochenen Grenzstreit wegen der Landschaft Seïstan war England zum Schiedsrichter
aufgerufen.
Infolgedessen bereisten unter Leitung des Generalmajors Goldsmid die Offiziere St. John, Lovett und
Smith 1870–72 die Grenzgebiete. 1873 untersuchte
der österr. Geolog Tietze das Elbursgebirge, im folgenden Jahre durchzog der
Kapitän Napier die nördl.
Grenzdistrikte. 1875 ging
Andreas zu archäol. Forschungen nach Südpersien und bereiste Oberst McGregor
Chorassan. Seit 1876 bereiste
Houtum-Schindler, pers.
General und Oberinspektor der Telegraphenverwaltung, nach allen
Richtungen zum Zweck der Anlegung von
Telegraphenlinien P.
Stolze, welcher 1875 dieProvinz Farsistan bereiste, bewirkte eine große Anzahl von
photogr.
Aufnahmen in der Ruinenstadt
Persepolis. 1876 ging Floyer im südöstlichen P. vom Küstenort Dschask am
Indischen Ocean nach
Bampur; am 1035 Erforschungsgeschichte 1876 verließ dieser Reisende zum zweitenmal Dschask und wanderte durch
die wenig bekannte Landschaft Baschkerd uach
Kerman. Der pers.
General Gasteiger Chan, ein ehemaliger österr.
Offizier, reiste Dez. 1880 bis März 1881 von
Teheran über Jesd und
Bampur an die Südostgrenze des
Reichs gegen
Belutschistan.
Beresford Lovett erforschte 1881–82 das östl. Elbursgebirge Mischen
Teheran und
Astrabad, wobei er den 3820 m hohen Schawar
erstieg.
Wells bereiste 1881–82 das teilweise uoch unbekannte Gebiet zwischen
Schiras, dem Nirissee und Ispahan;
der Nirissee gewann durch
WellsAufnahmen ein namentlich im N. ganz verändertes
Aussehen. Im SO. von
Schiras war
Stack thätig.
Von Mai bis Juli 1883 waren Polak,
Wähner und Pichler im NW. P.s mit botan. Untersuchungen und
Sammlungen beschäftigt; diese Reisenden gingen von Enseli am
KaspischenMeere über
Rescht und den Elburs
nach Kaswin und von dort durch Karaghan nach Hamadan. 1886 war das Ehepaar Dieulafoy in Farsistan und Chusistan thätig,
wenn auch überwiegend zu archäol. Zwecken. Das nördliche P. durchzogen in demselben Jahre die
Franzosen Capus,
Bonvalot
und derMaler Pépin. Das
Thal
[* 4] des obern Karun berührte Rodler auf seiner geolog. Expedition in das Bachtijarengebirge.
Oberst
Bell bereiste 1884 das südwestliche P. und 1888 P. und
Belutschistan. Wichtig sind die
Reisen von Curzon (1889), von
Sven Hedin (1890) und von C. E. Biddulph in der pers. Wüste (1891).
Vorzeit. Im
Altertum unterschied man die ursprüngliche
ProvinzPersis, die im O. von
Karmanien, im N. von Medien, im W. von
Susiana und im S. vom
PersischenMeerbusen begrenzt wurde, von dem spätern eigentlichen
Perserreiche, welches schon unter Cyrus vom Mittelmeere bis zum Indus und vom
Schwarzen und
Kaspischen bis zum
IndischenMeere sich erstreckte und auf kurze Zeit auch
Ägypten,
[* 5]
Thrazien und Macedonien umfaßte. Die ältesten Bewohner bestanden
aus mehrern
Stämmen, unter denen die
Pasargadä die angesehensten waren, und aus jener Anzahl von Nomadenhorden, die später
vereint mit dem
NamenPerser bezeichnet wurden.
Die edelste Familie oder
Brüderschaft der Pasargaden war die der
Achämeniden (s. d.), die Nachkommen
des letzten Königs Achämenes, der seinen
Thron
[* 6] verlor, als die
Perser gegen 650 v.Chr. von dem
MederPhraortes unterworfen
wurden.
AlteGeschichte. Cyrus (559–529 v.Chr.) stürzte die Herrschaft der
Meder durch die Besiegung des
Astyages (s. d.),
und die
Perser wurden das herrschendeVolk in
Asien; auch besiegte er König
Krösus von
Lydien (546), eroberte
Babylonien und unterwarf
Kleinasien.
Sein Sohn und Nachfolger Kambyses (s. d., 529–522 v.Chr.) bezwang
Tyrus, Cypern
[* 7] und
Ägypten, worauf der nach kurzer Herrschaft
des
Pseudo-Smerdis gewählte
Darius l. (s.d.) Hystaspes (521–485), mit Cyrus der größte Herrscher der Dynastie, das aufrührerische
Babylon,
Thrazien und Macedonien unterwarf, während seine Feldherren von den Griechen bei
Marathon (490) geschlagen wurden.
Auch der
Angriff seines
SohnesXerxes I. (s. d., 485-465) auf
Griechenland
[* 8] scheiterte, nachdem er selbst bei
Salamis (480) unterlegen
war. P. kam
Griechenland gegenüber in die Defensive.
Unter
Artaxerxes I. (s. d.) Longimanus (464–424), der nach
einer blutigen Palastrevolution den
Thron bestieg, dauerte diese fort. Aber obwohl sich die innern und äußern Feinde verbanden,
gelang es dem König schließlich, die Oberhand zu gewinnen; die aufrührerischen Baktrier und Ägypter wurden unterworfen
(462 und 455). Mit
Athen,
[* 9] das die Ägypter unterstützt hatte, schloß
Artaxerxes 449 den sog. Kimonischen
Frieden, worin er auf Westkleinasien,
Athen mit
Ägypten und Cypern verzichtete. Die folgenden Herrscher,
Xerxes II. und Sogdianus,
wurden rasch ermordet, den Tbron behauptete ein unechter Sobn des
Artaxerxes, Ochus. als Herrscher
Darius II. (s. d.) Nothus
genannt (424–405). Das
Reich verfiel mehr und mehr; aber gleichzeitig fesselte
¶
mehr
der PeloponnesischeKrieg den Hauptgegner Athen. Artaxerxes II. (s. d.) Mnemon (404–358), Darius' Sohn, ein verweichlichter
Orientale, hatte am Beginn seiner Regierung mit seinem energischern Bruder, dem jüngern Cyrus, zu kämpfen; als aber dieser
bei Kunaxa (401) gefallen war, blieb ihm das Reich, das ihm trotz langandauernder Kämpfe mit den Lacedämoniern
(399–386), trotz einer gefährlichen Erhebung der kleinasiat. Küstensatrapen (368–358) von seinen tüchtigen Feldherren
und Ratgebern erhalten wurde.
Wieder durch eine Palastrevolution kam nach ihm sein unechter Sohn Artaxerxes III. (s. d.) Ochus (358–338) zur Herrschaft.
Er unterwarf 345 endlich Ägypten und stellte noch einmal die pers. Königsgewalt in altem Geiste her,
fiel aber schließlich durch Meuchelmord. Dasselbe Schicksal hatte nach kurzer Regierung (337–336) sein Sohn Arses (Xerxes
III.), dann folgte Darius III. (s. d.) Codomannus (336–330), unter dem P. dem Ansturm der
Macedonier erlag. (S. Alexander der Große.) Als nach AlexandersTode 323 das Macedonische Reich zerfiel, herrschten über P.
die Seleuciden (s. d.), die das Land aber schon gegen 240 den Parthern (s.
Arsaciden) überlassen mußten.
Während der parthischen Herrschast (bis 226 n. Chr.) hatte P. häufig eigene Herrscher
unter parthischer Oberhoheit. Mit dem Zerfall des Parthischen Reichs erhob sich P. von neuem (226 n. Chr.) durch Ardeschir,
Sassans Sohn (226–242). Er gründete die Herrschaft der Sassaniden (s. d.),
das zweite große Perserreich, das dem ersten an Macht gleichkam, ihm aber an moralischer Kraft
[* 11] und an Dauer überlegen war.
Die Sassaniden herrschten 426 Jahre. SchonArdeschir nahm den Kampf mit Rom
[* 12] auf, der unter seinen Nachfolgern Schapur I. (Sapor,
242–273), Hormizd (273), Bahrâm I. (274–277), Bahrâm II. (277–294) meist mit Glück gegen die Kaiser
Gordian III., Valerian, Probus fortgesetzt wurde.
Erst unter Diocletian gelang es nach Galerius' Siege über den Perserkönig Narses (um 293–303), einen vorteilhaften und
andauernden Frieden zu schließen, in dem P. sogar einen Teil des Landes östlich vom Tigris abtrat. Aber als
Schapur II. (310–379), der nach der kurzen Regierung Hormizd's II. (303–310) als Säugling auf den Thron gekommen war,
die Volljährigkeit erlangt hatte, entriß er in einem hartnäckigen Kriege (337–363) den Römern das Land wieder.
Auch sonst hob und festigte er das Reich von neuem und machte in der Tatarei und Indien Eroberungen. OhneEntscheidung wechselten nach seinem TodeKrieg und Frieden. Unter Ardeschir II. (379–384), Schapur III. (385–388) und Bahrâm
IV. (388–399) blühte das Reich. Araber, Hunnen und Türken traten nacheinander für und gegen P. auf den Kampfplatz. Jesdegerd
I. (399–420), ein Freund der Christen, schloß 408 Frieden und Freundschaft mit Rom. Nach ihm kam Bahrâm
V. (420–439) mit Hilfe der Araber auf den Thron. Er kämpfte gegen Theodosius II. und die aus Baktrien vordringenden Epthaliten
oder «weißen Hunnen».
Ihm folgte 439–457 Jesdegerd II., dann Hormizd III., der aber bald durch seinen Bruder Perôz mit Hilfe der Hunnen verdrängt
wurde. Perôz fiel 484 im Kampfe gegen seine alten Bundesgenossen. Sein Bruder und Nachfolger Balâsch
(484–488) zeigte sich den schwierigen Verhältnissen nicht gewachsen. Äußere und innere Feinde hausten im Reiche; erst
sein Neffe Kavâdh I., Perôz' Sohn (488–531), schaffte wieder Ordnung, vertrieb den von Adel
und Klerus erhobenen Prätendenten
Dschamâsp und nahm den Kampf gegen Ostrom (Justin I. und Justinian I.) wieder mit Glück auf.
Einen würdigen Fortsetzer seines Regiments fand er in seinem jüngsten Sohn Khosrev (s. d.) Anôscharwân
(531–579), einem der bedeutendsten unter den Sassaniden. Auch er kämpfte außer mit Indern, Türken, Arabern besonders mit
Ostrom. Der Krieg dauerte fort unter Hormizd IV. (579–590) und dessen Sohn Khosrev II. (s. d.) Parvêz
(591–628), der das neupers. Reich auf den Gipfel seiner Macht erhob, aber am Ende seiner Regierung durch den byzant. Kaiser
Heraklius das eben Eroberte rasch wieder verlor.
Eine Thronrevolution stürzte ihn; sein eigener Sohn Kavâdh II. Schêroe ließ ihn hinrichten, wurde
sodann aber selbst nach acht Monaten ermordet, nachdem er noch mit Heraklius einen Waffenstillstand abgeschlossen hatte. Unter
beständigen innern Unruhen ging nun das Land seinem Untergange entgegen. Die Großen des Reichs erhoben nach Kavâdhs Tode dessen
siebenjährigen Sohn Ardeschir III., den einer seiner Feldherren, Schahrbarâz, beseitigte (630), um selbst
nach wenigen Monaten zu fallen.
Weiterhin findet man unter andern zwei Frauen, Borân und Azarmiducht, an der Regierung, endlich bestieg 632 der 16jährige
Jesdegerd III. (s. d.), ein Enkel Khosrevs, den Thron. Er wußte sich allgemeine Anerkennung zu verschaffen und kämpfte mannhaft
gegen die unter den Chalifen Omar vordringenden Araber; aber nach Verlust der Schlachten
[* 13] von Kâdisije (Kadesia
636) und Nehâvend (um 642) mußte er das Land räumen und wurde um 651 ermordet. Mit ihm erlischt die Sassaniden-Dynastie.
–
Vgl. Nöldeke, Aufsätze zur pers. Geschichte (Lpz. 1887).
Mittlere Geschichte. Mit der Eroberung P.s durch die Chalifen verschwindet P. als solches aus der Geschichte,
obgleich die hohe Blüte
[* 14] der pers. Litteratur beweist, daß das Nationalgefühl das PersischeReich überdauerte. Die Herrschaft
der Araber (s. Chalif) dauerte bis 1258, wurde aber sehr bald rein nominell, da teils die Statthalter sich unabhängig machten,
teils pers. und türk. Fürsten Provinzenan sich rissen und als selbständige Staaten beherrschten.
Unter den in P. herrschenden Dynastien sind zu bemerken im nördlichen und nordöstlichen P.:
1) Das Haus der Tahiriden in Chorassan, 820–873. 2) Die Dynastie der Saffariden, die jene stürzte und über Chorassan und
Farsistan bis 901 herrschte.
3) Die Samaniden, die sich 874 unter Ahmad, einem Enkel Samans, in der von Chorassan abhängigen Provinz
Mawarânnahr erhoben. Ahmads Sohn, Ismail, stürzte die Saffariden und gelangte zu Macht und Ansehen. Sein Geschlecht erhielt
sich bis 998. 4) Die Ghasnewiden, die von Sebuk-Tegin, einem türk. Sklaven und Statthalter der Samaniden zu Ghasni, abstammen.
Sein Sohn Mahmud (s. Mahmud von Ghasni) eroberte 999 auch Chorassan und trieb die Samaniden nach Buchara,
wo sie bald durch die Turkomanen gestürzt wurden. In den folgenden Jahren machte Mahmud große Eroberungen in Indien, wo er
sogar den Ganges überschritt und den reichen Tempel
[* 15] von Somnath, ein nationales Heiligtum der Inder an der Küste
von Gudschrat, plünderte und zerstörte. In seinen letzten Lebensjahren (1028–30) wendete er seine Waffen
[* 16] gegen die Bujiden
im Westen und nahm ihnen einen Teil des pers. Irak sowie Hamadan und Ispahan weg. Aber sein
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