Staatsbahnen,
[* 2] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Naumburg),
[* 3] hat
(1895) 5351 E., darunter 37 Katholiken, Post,
Telegraph,
[* 4] ein ehemals festes Schloß;
Töpferei und in der Umgegend 26 Braunkohlengruben,
deren
Kohlen in 12 Fabriken zu
Teer, Paraffin
[* 5] und
Solaröl verarbeitet werden.
linker Nebenfluß des Rio
[* 6]
Bermejo, Nebenflusses des
Paraguay,
[* 7] zweigt sich vom Rio
Bermejo
(s. d.) ab, fließt ihm im
NO. parallel und vereinigt sich wieder mit ihm am
Fort Presidencia Roca etwas nördlich von 26°
südl.
Br. Der Teuco kann vom Dezember bis April mit Dampfern befahren werden. Er erhält neuerdings mehr Wasser als
der
Bermejo.
L.,Gamander, Pflanzengattung aus der Familie der Labiaten (s. d.), mit nahezu 100 in
den gemäßigten Zonen, besonders reichlich in den Mediterranländern verbreiteten
Arten, kraut- oder strauchartige Gewächse
mit wirtelständig oder verzweigt angeordneten
Blüten, denen die Oberlippe der
Blumenkrone vollständig fehlt; an
Stelle derselben
ist ein
Spalt vorhanden, durch welchen die
Staubgefäße
[* 8] und der Griffel nach außen vorragen. Mehrere
Arten wachsen in
Deutschland,
[* 9] besonders auf trocknen Kalkbergen, z. B. Teucrium botrysL. und Teucrium chamaedrysL. Von dem auf Sumpfwässern
wachsenden Knoblauchgamander, Teucrium scordiumL., war früher das Kraut (Herba scordis) als Wurmmittel offizinell.
Am bekanntesten ist der vielfach kultivierte
Katzengamander,
Katzenkraut, Teucrium marumL. (gewöhnlich Marum
verum); er wächst in Südeuropa wild und hat in allen
Teilen einen starken Kampfergeruch. Die
Katzen
[* 10] werden von diesem
Geruch
angelockt und wälzen sich sehr gern auf dem Kraute herum. Die
Pflanze war als Herba mari veri offizinell, das getrocknete
Kraut wirkt niesenerregend und bildet deshalb gewöhnlich einen
Bestandteil der als Niespulver verkäuflichen
Schnupfmittel.
und Teuerungspolitik. Teuerung nennt man den wirtschaftlichen Zustand, in welchem die Gegenstände des notwendigsten
Lebensbedarfs, namentlich die Nahrungsmittel,
[* 11] einen, mit dem Preise anderer Orte und
Zeiten verglichen, hohen Preis besitzen.
Eine Teuerung kann zwar bei jeder Warengattung eintreten; von bedeutender nationalökonomischer und selbst polit. Wichtigkeit
ist aber vorzugsweise die Getreideteuerung. Sie kann bei längerer
Dauer, namentlich in vom Verkehr abgeschiedenen
Ländern
zur Hungersnot führen.
Die
Summe der wirtschaftlichen Maßregeln, die eine Regierung ergreift, um das Entstehen von Teuerungen zu verhindern
oder wenigstens ihre Folgen zu mildern, nennt man Teuerungspolitik.
Schon im alten
Rom
[* 12] schritt früh die Regierung der Republik
bei drohenden Teuerungen durch rechtzeitigen Einkauf im
Auslande ein. Später wurde überdies das dem
Staat aus den Provinzialzehnten
in wachsenden Mengen zufließende Getreide
[* 13] zu billigen Preisen an die Bürgerschaft abgegeben.
Seit der gracchischen Zeit sorgten sogar Getreidegesetze aus polit.
Gründen dafür, daß das hauptstädtische
Proletariat jederzeit unmittelbar durch die Regierung mit einer ausreichenden Menge Getreide zu festgesetzten billigen Preisen
versorgt wurde. Im Mittelalter gab es einen freien Kornhandel nicht, vielmehr bewegte er sich in fest vorgezeichneten
Bahnen.
Die städtischen
Behörden leiteten ihn nach dem
Gesichtspunkte,
die Bevölkerung möglichst reichlich und
gleichmäßig und zu billigen Preisen mit den notwendigen Lebensmitteln zu versorgen. Um dies zu erreichen, wurde der Verkehr
der Verkäufer und
Käufer auf dem Markte
bis in alle Einzelheiten hinein durch strenge Vorschriften geregelt und im einzelnen
kontrolliert, das Interesse des platten
Landes den städtischen Lokalinteressen völlig untergeordnet.
Die städtische Getreidemarktpolizei wurde von den ausgebildeten Territorialstaaten zum großen
Teil aus dem Mittelalter übernommen
und fortgesetzt. Auch in ihren übrigen Maßnahmen wurde die spätere staatliche Getreidehandelspolitik, ähnlich wie die
städtische Politik des Mittelalters, lange Zeit hindurch von dem
Gesichtspunkt geleitet, dieErnährung derBevölkerung
[* 14] sicherzustellen und eine vermeintlich künstliche Preissteigerung durch den von vornherein allzusehr als
Kornwucher betrachteten Getreidehandel zu verhindern.
Als Hauptmittel dienten ihr neben den marktpolizeilichen
Beschränkungen anfangs vorzugsweise
Ausfuhrverbote (s. d.) oder anderweitige
Ausfuhrbeschränkungen, besonders
Ausfuhrzölle (s. d.), die sowohl im Verkehr von
Provinz zu
Provinz als auch im Verkehr der
einzelnen
Provinzen und später des ganzen
Staatsgebietes mit dem
Auslande gehandhabt wurden. Später kamen zwar diese
Beschränkungen
im Verkehr zwischen den einzelnen
Provinzen und Landesteilen desselben
Staates der Hauptsache nach in Wegfall, im auswärtigen
Verkehr blieben sie indessen lange Zeit hindurch bestehen.
Soweit Einfuhrzölle zur
Erhebung gelangten, was meistens erst in späterer Zeit der Fall war, suchte
man dem Steigen der Preise bei ungünstigen Ernteverhältnissen durch vorübergehende Aufhebung dieser
Zölle oder gar durch
Gewährung von Einfuhrprämien zu begegnen. Vielfach richtete sich die Höhe der Ausfuhr- wie der Einfuhrzölle
gesetzlich nach dem
Stande der binnenländischen
Marktpreise. Während in England seit dem 15. und 16. Jahrh.
die Getreidehandelspolitik die Hochhaltung der
Getreidepreise
[* 15] als Ziel verfolgte, nicht nur im Interesse des
Landbaues und
des Grundbesitzes, sondern auch im Interesse der
Industrie, deren
Vorteil man mehr durch hohe als durch niedrige
Getreidepreise
zu wahren glaubte, wurde in
Frankreich, nachdem unter
Sully vorübergehend behufs Förderung und
Hebung
[* 16] des
Landbaues die Ausfuhr unter Beibehaltung nur mäßiger
Zölle allgemein freigegeben worden war, unter Colberts Regiment
diese
Freiheit wieder aufgehoben und die landwirtschaftlichen Interessen völlig den industriellen untergeordnet.
Nur bei besonders reichen Ernten wurde die Getreideausfuhr und dann nur gegen hohe
Zölle erlaubt. Durch billige Kornpreise
suchte Colbert die Löhne niedrig zu halten, um den
Absatz der gewerblichen Produkte im
Auslande nach Möglichkeit
zu fördern, eine Politik, die von seinen Nachfolgern mechanisch fortgesetzt wurde, um in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh.
unter dem Einfluß des Kampfes der die Landbauinteressen fördernden physiokratischen Schule mit dem die industriellen Interessen
begünstigenden Merkantilismus schwankenden Grundsätzen Platz zu machen.
In
Deutschland wie auch in andern
Staaten wurde vielfach, um die Teuerung zu bekämpfen, das
System staatlicher Kornmagazine
entwickelt, die sich teilweise
bis in das 19. Jahrh. hinein erhalten haben. Solcher
Magazine bediente sich unter anderm
Friedrich
d. Gr. Neben den staatlichen bestanden in einzelnen deutschen
Staaten obligatorische
Getreidemagazine,
¶
mehr
halboffizielle Niederlagen, oder auch Vorschriften, welche die Landwirte zum Halten bestimmter Vorräte zwangen. Ähnliche
Einrichtungen bestehen noch heute in Rußland. Der franz. Konvent nötigte noch durch ein Gesetz vom J. 1793 alle Getreidehändler
und Landwirte, ihre Vorräte zu deklarieren und zu einem festen Preise zu verkaufen. Vorübergehend sind Ausfuhrverbote in
Teuerungszeiten mehrfach auch noch im Laufe dieses Jahrhunderts in verschiedenen Staaten erlassen worden. Auch die Ausfuhrzölle
haben sich bis zur Mitte dieses Jahrhunderts teilweise in Europa
[* 18] erhalten. Ein weiteres Mittel, das behufs Bekämpfung der
Teuerung Anwendung fand, war die Suspension der Luxusgewerbe, die Korn als Rohstoff verarbeiten, der Branntwein-, Bier-,
Stärke-, Puderfabrikation u. s. w. Auch diesem begegnet man noch im Laufe dieses Jahrhunderts;
so noch in dem Notjahre 1846/47.
Seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts entwickelte sich mehr und mehr die Anschauung, daß das geeignetste Mittel,
um Teuerungen vorzubeugen, in der freien Entwicklung eines selbständigen Kornhandels zu erblicken sei.
Als aber seit den sechziger Jahren des 19. Jahrh. die überseeische Getreideproduktion
sich immer stärker entwickelte und mit ihren billigen Produkten dem europ. Getreide auf seinen
alten Märkten eine immer empfindlichere Konkurrenz bereitete, entwickelte sich allmählich in den Staaten, die nicht, wie
England, in der Lage und gewillt waren, die Interessen der Landwirtschaft denen der Industrie und des Handels
zu opfern, eine Politik, die bezweckte, eine übermäßige Verbilligung des Getreides und anderer wichtiger landwirtschaftlicher
Produkte zu verhüten. In Deutschland wurden zu diesem Zwecke die bereits abgeschafften Getreide-, Mehl- und Viehzölle 1879 wiederum
eingeführt und in den folgenden Jahren allmählich erhöht.
Ähnlich verfuhren die übrigen Staaten. Da aber der getreidereiche OstenDeutschlands,
[* 19] um den Vorteil der
durch den Zoll erhöhten Preise sich nutzbar zu machen, genötigt war, seinen Überschuß anstatt wie früher überseeisch
ins Ausland, nunmehr zu Lande nach Mittel-, West- und Süddeutschland abzusetzen, so daß ihm auf dem teuern Landwege der
größte Teil des Vorteils aus den Zöllen wieder verloren ging, wurde durch Gesetz vom nachdem zuvor durch die
Handelsverträge (s. d.) der J. 1891-94 die Getreidezölle um etwas ermäßigt
waren, der Identitätsnachweis (s. d.) bei der Ausfuhr von Getreide aufgehoben
und dadurch für den Getreideexport eine Art von Ausfuhrprämie geschaffen. Der tiefgreifendste Versuch,
ein weiteres Sinken der Getreidepreise zu verhindern und die gesunkenen Preise wieder zu heben, liegt in dem zuerst 1894,
dann noch zweimal im J. 1895 in modifizierter Gestalt im Reichstage eingebrachten Antrag Kanitz (s. Getreidehandel und Kanitz).