Abchasen
,
eins der kaukas. Bergvölker, ein
Zweig der
Tscherkessen im
Bezirk Suchum der kaukasischen
Statthalterschaft, westlich vom
Kaukasus bis zum
Schwarzen
Meer (Abchasien), war früher ziemlich zahlreich, zählt jetzt aber,
nachdem schon nach 1864 ein großer Teil und wieder in dem letzten russisch-türkischen
Krieg etwa 32,000
Personen nach der
Türkei
[* 2] ausgewandert, nur noch 13,200
Köpfe. Die Abchasen
zerfallen in die Achtschipsu, Pschu, Zebeldi, Dschigeti
oder Sadzen, Bsybsk, Abdschub und Samurzakansk.
Sie sind dunkel von Farbe, von hagerer, aber kräftiger Gestalt und gewöhnlich von mittlerer Größe. Dem Charakter nach sind sie unbändig und roh, rachsüchtig und diebisch, dabei indolent und Strapazen abgeneigt. Ihre Hauptbeschäftigung ist Ackerbau und Viehzucht; [* 3] nebenbei betreiben sie Weinbau und Bienenzucht. [* 4] Ihre Nahrung besteht zumeist aus saurer Milch, Maiskolben und schlechten Maiskuchen; Festspeisen sind Otschomuqua (mit frischem Käse durchkneteter Hirsebrei), Adshgogo (gehacktes und mit Pfeffer etc. stark gewürztes Schaffleisch) und Kiafta (Fleischkugeln, mit Zwiebeln durchknetet und in Fett schwimmend).
Ihre
Hütten
[* 5] liegen in den Wäldern zerstreut und bestehen meist nur aus schlechten geflochtenen Strauchwänden
mit einem Farnkrautdach. Die Begräbnisstätten der
Toten, für die man eine große
Pietät hat, sind verhältnismäßig viel
besser unterhalten als die
Wohnungen der
Lebenden. Die Abchasen
haben sich zum Teil die äußere Form der
Lehre
[* 6]
Mohammeds bewahrt,
halten aber selbst diese nicht heilig; die Samurzakansk bekennen sich äußerlich zum
Christentum, sind
aber lau und entbehren aller Kenntnis des
Glaubens. Die
Sprache
[* 7] der Abchasen
zeigt mit dem Tscherkessischen einige
Verwandtschaft
(vgl.
¶
mehr
Kaukasische Sprachen). Ein Alphabet fehlte ihnen; Lesen und Schreiben wird erst seit der russischen Herrschaft gelehrt. Von den Fürsten sind einige in russische Dienste [* 9] getreten, die Mehrzahl derselben lebt von ihren Einkünften. Das Verhältnis der Bauern zu den Fürsten war zeitweise ein sehr hartes; seit ist die Sklaverei durchgehends abgeschafft. Auch Verwaltung und Rechtspflege sind geregelt, und dem blutigen Streit, zu dem die Blutrache sonst bei jeder Gelegenheit trieb, ist gesteuert. Die geringe Industrie liefert Waffen [* 10] und grobe Webstoffe für den Hausbedarf. Zur Ausfuhr gelangen Wein und Honig, namentlich aber Nutzhölzer (Buchsbaum- oder Palmenholz) aus den Wäldern des Landes.
Vgl. G. Raddes Reiseberichte in »Petermanns Geographischen Mitteilungen« (1866-68). -
Abchasien war als Nachbarland des schon im hohen Altertum berühmten Kolchis (Mingrelien) den alten Kulturvölkern nicht unbekannt.
Im J. 550 n. Chr. fand der christliche Glaube dort Eingang; die Byzantiner hatten einigen Verkehr mit Abchasien, die Mongolenchans
dehnten ihre Herrschaft bis hierher aus und verstärkten ihre Heere durch die Bewohner des Landes. Rußland
trat in freundliche Beziehungen zu Abchasien schon 1154 durch die Ehe des Großfürsten Isjalaf Mstislawitsch mit einer Fürstentochter
der Abchasen.
Seit dem 15. Jahrh. unter türkischer Herrschaft, wurden die Abchasen
Mohammedaner.
Abteilungen der Abchasen
stießen 1809 zu den Russen bei der Belagerung von Poti. Die Erwerbung Abchasiens von
seiten Rußlands beginnt mit dem Frieden von Adrianopel 1829. Eine Reihe russischer Posten erstand längs des Meers; 1837-40 vollzog
sich die Besitznahme des südlichen Abchasien. Allmählich wurden die russischen Stationen gegen das Gebirge hin vorgerückt;
in die Jahre 1839-42 fällt die Unterwerfung des nordwestlichen Abchasien vom Bsyb (oberhalb Pizunda)
an. Es dauerte jedoch bis 1864, ehe die Pazifizierung des Landes vollkommen war, und seitdem sind viele Abchasen
nach der Türkei
ausgewandert (s. oben). Sitz der Verwaltung ist Okum, im südlichen Teil Abchasiens, ein ärmlicher Platz, und Zebeldinsk,
am Kodorfluß, im mittlern Abchasien, eine kleine Festung,
[* 11] 477,5 m hoch gelegen.