im allgemeinen das Unempfindlichwerden durch Gewöhnung. Man kann sich gegen
Wärme
[* 2] und
Kälte, gegen harte
Arbeit, gegen die schädliche Einwirkung der Nässe, schlechter
Atmosphäre etc. dadurch abhärten,
daß man sich anfangs vorsichtig, später dreister und andauernd jenen Einflüssen aussetzt. Fleißige
Bewegung im
Freien,
Turnübungen,
Schwimmen, kühles, hartes Nachtlager sind
Mittel zur Abhärtung, wie denn jede Art von
Leibesübung,
die
Strapazen großer
Reisen und des
Felddienstes in hohem
Grade die Abhärtung befördern. Die Abhärtung kleiner
Kinder muß sich durchaus dem
Kräftezustand derselben anpassen und sollte nur unter sachverständiger Leitung ausgeführt werden.
die Gewöhnung des Menschen an äußere Einwirkungen, Anstrengungen oder Entbehrungen,
welche leicht zu schädlichen Nachwirkungen führen können. Es giebt eine geistige und eine körperliche und zwar ist die
eine in gewissem Maße durch die andere bedingt, da einerseits die Energie und Widerstandsfähigkeit des geistigen Menschen
ihn auch körperlich widerstandsfähiger gegen schädliche Einflüsse macht, andererseits aber ein abgehärteter
Körper eine größere geistige Rüstigkeit mit sich bringt.
Für die geistige wie die körperliche Abhärtung gilt das physiol. Gesetz, daß
jedes Organ durch eine maßvolle Anspannung seiner Thätigkeit mit nachfolgender Ruhe immer kräftiger und innerhalb gewisser
Grenzen
[* 3] zu immer größern Leistungen befähigt wird, während alle Überspannung, sei es dem Maße oder
der Dauer nach, zur Abspannung oder Krankheit führt. Für jede Abhärtung gilt es, daß man in geringem Maße und behutsam die Abhärtung anfängt,
allmählich dieselbe steigert, aber sofort nachläßt, wenn statt der beabsichtigten Gewöhnung eine erhöhte Empfindlichkeit
eintritt.
Die Hauptmittel der körperlichen Abhärtung sind: kalte, frische, reine Luft (Morgenluft, Gebirgsluft,
Winterluft, kaltes Klima),
[* 4] kaltes Wasser (Waschungen, Fluß- und Seebäder, Regen- und Wellenbäder, Douchen), leichte Kleidung,
kühles und hartes Nachtlager, Körperbewegung (Turnen, Fechten, Reiten, Fußreisen), einfache, aber nicht zu einförmige
Kost, Gewöhnung an Licht,
[* 5] Lärm, Schmerz, Hunger und Durst. Durch eine zweckmäßige Abhärtung werden Katarrhe und
Rheumatismen, Hämorrhoiden, Verdauungsschwäche, Bleichsucht, Hypochondrie, Hysterie und die Neigung zu gefährlichen Erkältungen
in zahlreichen Fällen verhütet.
Unter den verschiedenen Organen bedarf besonders die Haut
[* 6] der Abhärtung, weil gerade diese häufig Erkältungen ausgesetzt ist. Man
trage bei kühlem Wetter
[* 7] Flanell auf der bloßen Haut, meide aber zu warme, schweißerregende Kleidung. Man
reibe sich täglich in einem warmen Zimmer den ganzen Körper
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mit kaltem Wasser ab, später wasche man sich kalt und reibe sich anfänglich nach der Waschung noch mit wollenen Tüchern.
Sodann gehe man zu kurzen kalten Douchen und im Sommer zu kurzen kalten Flußbädern über. (S. Kaltwasserkur.) Ein Übermaß
ist jedoch hier zu vermeiden, denn das kalte Wasser ist ein sehr starker Reiz für die Hautnerven und
kann, wenn über Bedürfnis angewandt, zur Nervenüberreizung und Nervenschwäche führen. Täglich gehe man in die freie
Luft, und lasse sich auch durch ungünstiges Wetter nicht abhalten.
Alte Leute haben jedoch zu wenig Wärme, kleinere Kinder eine zu zarte Haut, um sich so leicht kleiden und
so kalte Bäder nehmen zu dürfen wie kräftigere Menschen; dasselbe gilt von Menschen, deren Ernährung daniederliegt und die
darum weniger Eigenwärme erzeugen. Um die Atmungswege abzuhärten, meide man nicht ängstlich die kalte Luft, die, wenn man
warm genug gekleidet ist, der Luftröhre und Lunge
[* 9] keineswegs schadet. Gegen unreine, staubige Luft, schlechte
Dünste darf man sich jedoch nicht abhärten wollen, denn sie sind unter allen Umständen schädlich.
Von hoher Wichtigkeit ist ferner die Abhärtung des Magens. Diese wird dadurch erzielt, daß man sich nicht ängstlich auf leicht
verdauliche Speisen beschränkt und den Magen
[* 10] nicht an eine allzu einförmige Nahrung gewöhnt. Ist der
Magen nicht geradezu krank, so mute man ihm immerhin etwas zu. Reizende Speisen, geistige Getränke und scharfe Gewürze aber,
z. B. Pfeffer, Senf, Spirituosen, meide man möglichst. Sie nähren nicht und überreizen den Magen, so daß dann einfache
Speisen zu reizlos werden, um genügend verdaut werden zu können.
Das Nervensystem wird am besten dadurch abgehärtet,daß man nicht ängstlich die auf natürlichem Wege sich bietenden Aufregungen
desselben meidet. Kaffee, Thee, Tabak,
[* 11] Spirituosen dürfen nur mäßig, von Kindern gar nicht genossen werden. Das Muskelsystem
wird durch mäßige, zweckmäßig geleitete, d. h. möglichst alle Muskeln
[* 12] nach und nach in Anspruch nehmende, nicht
bis zu übermäßiger Ermüdung fortgesetzte Bewegung abgehärtet. (S. Turnen.)
Die geistige Abhärtung besteht wesentlich in der Erziehung der Kinder oder der Selbsterziehung des Erwachsenen zur Charakterstärke,
zur Standhaftigkeit gegen Mißgeschick, zur Beherrschung der Leidenschaften, zum Maßhalten in Freude und Leid.