Den kräftigen Formen der Barockzeit folgen die zierlichen, gewundenen und geschnörkelten Formen des Rokoko
[* 10]
(Fig. 1 u. 8).
Man maskierte das Holz mit weißem Lackanstrich, Vergoldung und Bemalung, und der Tischler Boulle brachte die Einlagen von
Schildkrot und Metall in die Mode
[* 10]
(Fig. 12). Von der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts an bis zur
Mitte des jetzigen herrschte die Geradlinigkeit und Schmucklosigkeit, die Anwendung der Furnierung der wohlfeilen Holzarten
mit dünnen Platten kostbarerer Hölzer vor
[* 10]
(Fig. 13). In der Gegenwart wird die deutsche Kunsttischlerei, welche seit ca. 1875 einen
großen künstlerischen Aufschwung genommen hat, meist von dem Renaissancegeschmack beherrscht, während
die Franzosen mehr den nationalen Stilrichtungen (Louis XIV, XV und XVI) folgen. In England hat sich ein eigentümlicher Möbelstil
ausgebildet, welcher mehr von dem praktischen Bedürfnis als von künstlerischen Grundsätzen beeinflußt wird.
Gewebe
[* 14] verschiedener Art zum Beziehen von Polstermöbeln, zu Vorhängen, Decken etc., namentlich Atlas,
[* 15] Damast, Kattun, Plüsch, Roßhaargewebe. In neuester Zeit haben namentlich Jutegewebe als Möbelstoffe große Bedeutung erlangt.
(spr. mobīl), Haupthandelsstadt im nordamerikan.
StaatAlabama, auf sandiger Ebene an der Mündung des Flusses Mobile in die Mobilebai, mit (1880) 29,132 Einw.,
worunter 12,240 Farbige. Mobile hat eine kath. Kathedrale, eine Arzneischule, ein von Jesuiten geleitetes College (im benachbarten
Dorf SpringHill), ein Theater,
[* 16] ein kath. Waisenhaus und andre wohlthätige Anstalten. Schiffe
[* 17] von 4 m Tiefgang
können bis in die Docks gelangen. Zum Hafen gehören 1886: 132 Seeschiffe von 10,983 Ton. Gehalt. Wert derAusfuhr 1885-86: 2,748,811
Dollar, der Einfuhr 69,734 Doll. Zur Ausfuhr gelangen namentlich Baumwolle,
[* 18] dann Holz, Teer, Terpentin, Faßdauben. Die Stadt ist
Sitz eines deutschen Konsuls. - Mobile wurde 1699 von den Franzosen gegründet, fiel 1763 an England, 1780 an Spanien
[* 19] und
1813 an
die Vereinigten Staaten.
[* 20] Am erzwang sich der Unionsadmiral Farragut den Eingang zum Hafen, die Stadt selbst fiel erst
River (spr. mobīl riwwer), Hauptfluß des nordamerikan.
StaatsAlabama, gebildet durch den Zusammenfluß von Alabama und Tombigbee, ergießt sich nach einem Laufe von 80 km in die seichte
Mobilebai, ein Haff, 56 m tief, dessen Hauptzugang, DogRiverBar, jetzt von Schiffen von 4 m Tiefgang passiert
werden kann.
(Garde mobile, eigentlich Garde nationale mobile), im Frühjahr 1848 in Stärke
[* 22] von 24 Bataillonen à 1000 Mann inParis
[* 23] zur Bekämpfung der Revolution errichtete Truppe, wurde nach Jahresfrist aufgelöst, dann durch Gesetz
vom aus dem Teil der Wehrpflichtigen wieder ins Leben gerufen, der bei der Aushebung für felddienstfähig erklärt,
aber durch Losnummer, Stellvertretung etc. vom Dienst im Heer frei geblieben war und im Kriegsfall zum Besatzungsdienst verwendet
werden sollte. Man rechnete, bis 1877 an Mobilgarde 500,000 Mann zur Verfügung zu haben; mit der Reorganisation
des Heers 1872 ging die Mobilgarde indes wieder ein.
Zwangsvollstreckung (s. d.) ^[= (Exekution, Hilfsvollstreckung), die amtliche zwangsweise Ausführung eines Richterspruchs oder ...] in das bewegliche Vermögen.
eine direkte, auf das Einkommen aus beweglichem Vermögen gelegte Steuer. Eine solche ist
die Kapitalrentensteuer. Die französische Contribution personnelle mobilière sollte zwar ursprünglich als Gegensatz zur
Contribution foncière den Ertrag des Mobiliarvermögens treffen, sie ist jedoch in Wirklichkeit eine nach dem Mietwert der
Wohnungen bemessene Einkommensteuer. Die Mobiliarsteuer kann praktisch immer nur die Erträge aus bestimmten Gattungen des beweglichen Vermögens
erfassen. Letzteres entzieht sich zu sehr der Nachforschung, als daß eine volle und gleichmäßige Belastung
des gesamten Einkommens aus demselben ermöglicht würde.
Kapital flüssig, umlaufsfähig machen,
z. B. durch Verkauf, Verpfändung, insbesondre bei Grundstücken durch Erleichterung des Besitzübergangs von einer Hand
[* 24] zur
andern.
(Mobilisierung), die Überführung des Heers aus dem Friedenszustand auf den Kriegsfuß. Dazu gehört:
1) Die Ergänzung der Feldtruppen auf volle Kriegsstärke durch Einziehen vonReserven und Beschaffen von
Pferden, unter Abgabe der Kranken und Unausgebildeten, und Aufstellung der Neuformationen für das mobile Heer, wie Munitionskolonnen,
Brückentrains, Proviantkolonnen etc.
Pioniere, Besatzungseskadrons und Ausfallbatterien), aus denen mobile Reservedivisionen und Etappentruppen entnommen werden.
4) Aufstellung der sogen. Administrationen und Branchen, d. h. Intendantur, Proviantamt, Feldpost, Lazarett- und Etappendienst
für das mobile Heer, und 5) die Bildung der stellvertretenden Behörden, namentlich der General- und Brigadekommandos zum Oberbefehl
über die Ersatztruppen, und Leitung des Ersatzgeschäfts. Die Mobilmachung des Heers erfolgt auf Grund des Mobilmachungsplans
und der von den Generalkommandos für ihren Bezirk gegebenen Ausführungsbestimmungen, der Mobilmachungsinstruktionen.
»Catalogus librorum islandicorum et norvegicorum aetatis
mediae« (das. 1856),
der nebst der in deutscher Sprache abgefaßten Fortsetzung: »Verzeichnis der auf dem Gebiet der altnordischen
Sprache und Litteratur von 1855 bis 1879 erschienenen Schriften« (das. 1880) ein unentbehrliches bibliographisches Hilfsmittel
bildet;
»Analecta Norroena« (das. 1859, 2. Aufl.
1877);
»Über die altnordische Philologie im skandinavischen Norden«
[* 35] (das. 1864);
»Háttatal
Snorra Sturlusonar« (Halle 1879-81) und »Kormaksaga« (das.
1886).
3) Karl, Zoolog, geb. zu Eilenburg,
[* 36] wurde 1853 Lehrer der Naturwissenschaften am Johanneum in Hamburg,
[* 37] 1868 Professor
der Zoologie in Kiel und 1887 als Direktor des zoologischen Museums nach Berlin berufen. In Kiel widmete er sich dem Studium der
Seetiere. Er bereiste die deutschen, französischen und englischen Küsten zum Studium der künstlichen
Austernzucht und machte über diese und über die Miesmuschelzucht sehr beachtenswerte Vorschläge (»Über Austern- und Miesmuschelzucht«,
Berl. 1870). 1871 und 1872 war er Mitglied der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere und befuhr
auf der Pommerania die Ost- und Nordsee. 1874-75 begleitete er die zur Beobachtung des Venusdurchgangs ausgeschickte
Expedition nach Mauritius und den Seschellen. Er schrieb: »Die Nester der geselligen Wespen« (Hamb. 1856);
»Die Bildung, Geltung und Bezeichnung der Artbegriffe« (Jena
[* 42] 1886);
auch bearbeitete er für die »Berichte über die Expeditionen zur physikalisch-chemischen und biologischen Untersuchung
der Ost- und Nordsee« (Berl. 1873 u. 1875) mehrere Klassen der wirbellosen Tiere.
4) PaulHeinrichAugust, Schulmann und Schriftsteller, Bruder von Möbius 2), geb. zu Leipzig, erhielt
nach beendeten philologischen Studien 1848 eine Lehrerstelle an der Thomasschule daselbst, wurde 1852 auch Direktor der Buchhändlerlehranstalt,
übernahm Ostern 1865 die Direktion der Ersten Bürgerschule in Leipzig, wurde 1869 als Schulrat des Herzogtums Gotha
[* 43] nach Gotha
berufen und 1880 zum Oberschulrat ernannt. Von seinen Schriften verdienen Hervorhebung: »Erhard der Waffenschmied.
Eine Volkserzählung« (Leipz. 1852);
(Oposúra), Binnenstadt im mexikan. StaatSonora, am Rio
[* 49] Soyopa, von den Jesuiten gegründeter
Hauptort der Opátaindianer, mit Baumwollfabrik und 3000 Einw.
¶
(v. lat. modus), die Art und Weise, wie etwas existiert oder geschieht oder gedacht wird; im allgemeinen
alles, was man unter zufälliger, veränderlicher Bestimmung eines Dinges zu begreifen pflegt; in der philosophischen TerminologieKants diejenige Bestimmung des Urteils, wodurch das Verhältnis des letztern zu dem urteilenden Subjekt bezeichnet
wird. Dieses Verhältnis kann dreifacher Art sein, je nachdem ein Urteil entweder als bloß möglich, oder als wirklich gültig,
oder als notwendig gedacht wird, also für den Urteilenden entweder problematisch, oder assertorisch, oder apodiktisch ist.
Hieraus ergeben sich die sogen. Modalitätsbegriffe der Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit.
Vgl. Urteil.
(franz., v. lat. modus,
engl. Fashion), die Lebensformen, sofern sie weder durch nationale Tradition noch durch zwingende Erwägungen, sondern durch
wechselnde Tageslaunen bestimmt werden. Das Gebiet, auf welchem die Mode am unbestrittensten herrscht,
ist die Kleidung; doch gibt es kein Gebiet des menschlichen Gemeinlebens, welches sich dem Einfluß der Mode ganz zu entziehen
vermöchte. Die Zubereitung und Aufeinanderfolge der Speisen, die Ausstattung der Wohnungen mit Hausrat, die Anordnungen von
Festlichkeiten, die Form von Briefen: alles ist der Mode unterworfen (vgl. Chic).
Man spricht sogar von Modephilosophen und Modedichtern. Doch hat jede Anwendung des Begriffs der Mode auf das Gebiet von Wissenschaft
und Kunst etwas Tadelndes, denn hier soll die richtende Vernunft und das ästhetische Gesetz ausschließlich herrschen; dagegen
gibt es Gebiete, in denen die Willkür ihr Spiel treiben darf, weil die Vernunft sich jedes Rechts der Einsprache
begibt. Ein solches Gebiet ist vor allen die Kleidung. Ohne Rücksicht auf die Gebote des Anstandes, der Gesundheit und der Bequemlichkeit
herrscht hier ein beständiger Wechsel in Stoffen, Formen und Farben.
Was gegen die Gebote des Anstandes und der Gesundheitspflege verstößt, geißelt man als Ausartungen der
als Modethorheiten. Von diesen abgesehen, haben die Launen der Mode einen weiten Spielraum, innerhalb dessen sie berechtigt
sind und volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Bei Völkern mit gering entwickelter Kultur äußert sich die Mode meist nur in
dem Putz der Frauen. Auch hat die Mode nur wenig Einfluß auf diejenigen Gesellschaftsklassen, die an eine
streng begrenzte Sitte oder Lebensvorschrift gefesselt sind.
Nationaltrachten sind nicht der Mode unterworfen. Doch dringt die Mode immer weiter vor, so daß die Nationaltrachten mehr und
mehr verschwinden oder von ihrem Charakter verlieren. Die Launen der Mode gingen ursprünglich aus dem Streben
nach Fortschritt hervor. Jedes einzelne Kleidungsstück, jeder einzelne Kleidungsteil, der Hut,
[* 51] der Strumpf, die Halsbinde,
der Hosenträger, der Knopf, ist fortdauernd der Vervollkommnung fähig; aber wie sich der Fortschritt des Menschengeschlechts
nirgends in gerader Linie bewegt, sondern Schlangenwindungen beschreibt, so ist dies auf dem Gebiet der
Kleidertrachten in besonders hohem Grade der Fall. Nicht selten bricht sich die Lust am Kostbaren, am Bizarren, ja am Unnatürlichen
Bahn und verweist uns aus den Wegen des Fortschritts in die des Rückschritts.
Der Rückblick auf eine lange Entwickelung pflegt indessen zu lehren, daß das Üble schnell
wieder abgelegt
wird, während das Gute die Gewähr der Dauer in sich hat. Die ist einer derjenigen Faktoren, welche auf die Nachfrage und dadurch
auf den Preis in hohem Grad bestimmend einwirken. Ein Wechsel der Mode entwertet bedeutende Vorräte; er drückt die Preise von
Waren herab, deren Brauchbarkeit für denjenigen, der sich der Mode nicht unterwirft, unverändert
bleibt.
Unter diesem Gesichtspunkt hat man die als ein wirtschaftsschädliches Element bezeichnet; anderseits aber hebt sie die Produktion
und befördert die Konkurrenz, so daß der durch den Wechsel herbeigeführte Schade wieder ausgeglichen wird. »Die Mode, seitdem
sie sich über so zahlreiche Abteilungen der Bevölkerung verbreitet, hat der Produktion eine ganz neue
Richtung gegeben. Der Konsument verlangt bei dem raschen Wechsel der Mode nächst Zweckmäßigkeit Wohlfeilheit, und gerade bei
der tausendfachen Erweiterung des Absatzes, welche die Mode möglich macht, bringt es Vorteil, die Güter in großen Massen zu
produzieren, bei denen es erst einträglich wird, recht wirksame technische Verbesserungen aufzusuchen
und durchzuführen. Die Mode hat wesentlich zur Kostenersparnis Anlaß gegeben.« (v. Hermann, Staatswirtschaftliche Untersuchungen,
Münch. 1870, S. 99.) Früher legte man größern Wert auf die Kostbarkeit von Kleidern und Geräten; die Mode hat
für eine Gleichstellung der Stände gewirkt. Alles in allem gerechnet, nimmt trotz des Wechsels der Mode das
Kleidungsbedürfnis einen geringern Teil des Jahreseinkommens in Anspruch als in frühern Zeiten.
Die Reformbewegung auf dem Gebiet der Kunstindustrie ist zum Teil ein Kampf gegen die Mode, deren Willkür an den Stilgesetzen
feste Schranken finden soll, ohne daß diese die Phantasie der erfindenden Künstler in der freien Bewegung
hemmen. Durch ihren Einfluß auf die Fabrikation des Schmuckes, auf Muster und Farbenzusammenstellung der Gewebe etc. greift
die stilistische Richtung auch auf die eigentlichste Domäne der Mode, die Tracht, hinüber, und es ist zu hoffen, daß die allgemeinere
Verbreitung des Kunstsinnes und Kunstverständnisses endlich Moden unmöglich machen wird, welche den
Körper entstellen, indem sie die so weise abgewogenen Verhältnisse desselben verrücken, und daß der einzelne von der
herrschenden Mode nur dasjenige annehmen wird, was seinem Körperbau, seiner Haut- und Haarfarbe etc. angemessen ist.
Seit Ludwig XIV. gab Frankreich den Ton für die Kleidermode an, nicht ohne gelegentliche Opposition gegen
diese Diktatur hervorzurufen oder sich selbst von außen her beeinflussen zu lassen, wie vor derRevolution durch die Quäkertracht
Franklins und die englischen Moden. Seit dem Sturz des zweiten französischen Kaiserreichs ist man inDeutschland
[* 52] redlich bemüht,
sich von der Herrschaft der französischen Mode zu befreien. Doch haben diese Bemühungen bisher
nur in Bezug auf die männliche Tracht Erfolg gehabt. So werden z. B. die Hutmoden alljährlich von Leipzig aus bestimmt.
Die Bemühungen, eine Nationaltracht zu schaffen oder wieder zu beleben (Gustav III. von Schweden,
[* 53] die deutschen Burschenschaften,
die Magyaren u. a.), hatten stets nur vorübergehenden Erfolg; dagegen
besteht seit 1848 fast völlige Zwanglosigkeit in der Tracht der Männer, innerhalb deren sich nur der Frack als allgemein anerkanntes
Staatskleid behauptet. Die Geschichte der Mode im ganzen bildet einen nicht unwesentlichen Teil der Kultur- und Sittengeschichte,
namentlich der des modernen Europa,
[* 54] indem sich die ganze Sinnes- und Denkweise eines Zeitalters oft sehr
charakteristisch in
¶
mehr
den äußern wandelbaren Lebensformen ausspricht. Die steife spanische Mode, die flotte Kleidung zur Zeit des Dreißigjährigen
Kriegs, die pomphafte Ludwigs XIV., die zierlich-frivole Ludwigs XV., die bürgerlich-schlichte um die Zeit des amerikanischen
Befreiungskriegs sind zugleich die äußere Versinnlichung der geistigen Strömungen, welche die einzelnen Perioden beherrschten.
Näheres über die geschichtliche Entwickelung der Tracht s. Kostüm
[* 56] (mit 3 Tafeln).
Die Beziehungen zwischen Tracht und bildender Kunst werden in den Ausdrücken: Perückenstil, Zopfstil angedeutet. Die Modenzeitungen
sind deutschen Ursprungs, die älteste war die »Mode- und Galanteriezeitung«
(Erfurt
[* 57] 1758 ff.); am längsten behauptete sich das »Journal des Luxus und der Moden« von Bertuch und Kraus
(Weim. 1786-1823). Gegenwärtig erscheinen in fast allen größern StädtenZeitschriften, welche neben den Kleidermoden weibliche
Arbeiten u. dgl. behandeln und meist auch belletristischen
Inhalt haben (»Die Modenwelt«, »Bazar«, »LeipzigerModenzeitung«).
(Modul, v. lat. modulus), in der Baukunst
[* 58] ein Maß von relativer Größe, welches für die Dimensionen
der Säulen
[* 59] gilt. Seine Größe hängt von der jedesmaligen Stärke der Säule ab, da der untere Durchmesser der Säule zwei Model beträgt.
Ein Model wird in 30 Teile (Minuten, Partes) geteilt, wodurch man den Maßstab
[* 60] für die Säulen und deren Gebälke erhält. Bei
Bewässerungsanlagen heißt Model ein Meßapparat für fließendes Wasser, auf dem Prinzip des »Überfalles«
oder »Durchlasses« beruhend, ein namentlich in Oberitalien
[* 61] und dem südlichen Frankreich sehr verbreiteter, bereits mehrere
Jahrhunderte alter Apparat, erfunden von dem Italiener Michelotti. Überhaupt bedeutet Modul in der reinen und angewandten Mathematik
eine Zahl, die als Maßstab dient, z. B. Elastizitätsmodul (s.
Elastizität). Model eines Logarithmensystems ist der Faktor, mit welchem man die natürlichen Logarithmen (s. Logarithmus, S.
870) zu multiplizieren hat, um diejenigen des Systems zu erhalten.
Für die Briggsschen Logarithmen ist derselbe 0,434294. Zwei Zahlen heißen nach einem m kongruent, wenn sie bei der Division
mit der Zahl m gleiche Reste geben. Model der Periodizität ist bei periodischen Funktionen die Größe, um
welche das Argument wachsen muß, damit die Funktion wieder dieselben Werte annimmt (s. Funktion, Periode). In der Technik ist
Model (Druckmodel) die gestochene oder geschnittene Holzplatte zum Aufdrucken der Farben auf Gewebe, Tapeten, Papier, Wachsleinwand
etc.; dann auch s. v. w. Form.
(v. ital. modello), Vorbild, Musterbild; in der
Baukunst ein in verjüngtem Maßstab aus Holz, Thon, Papiermasse, Gips,
[* 62] Kork,
[* 63] Wachs etc. angefertigtes Abbild eines im großen entweder
schon vorhandenen oder auszuführenden Bauwerks, welches das wechselseitige Verhältnis der einzelnen Teile desselben zu einander
zur Anschauung bringt. So fertigt man Modelle von schwierigen Dachverbindungen, Gewölbkonstruktionen,
weit gesprengten Brückenbogen, auch von ganzen Gebäuden.
Modelle von Maschinen werden für den Unterricht (kinematische
Modelle von Reuleaux) und für die Praxis angefertigt. Für die
Gießerei
[* 64] fertigt man Modelle aus verschiedenen Materialien. Eine reiche Modellsammlung mittelalterlicher Kirchen und andrer
Bauwerke bewahrt die Sammlung der technischen Hochschule zu Charlottenburg-Berlin. In der Bildhauerkunst
[* 65] und Bildgießerei versteht man unter Modell den vom Künstler aus Thon, Gips oder Wachs geformten Körper, welcher als Vorbild bei
der Herstellung desselben Körpers aus einem härtern Stoff dient (s. Bildhauerkunst, S. 934); in der Malerei ein männliches
oder weibliches Individuum, welches nackt oder bekleidet dem Künstler zum Gegenstand des Studiums dient
(Modell stehen); auch nennt man den zu demselben Zweck gebrauchten Gliedermann (Mannequin) Modell. Eine Nachbildung nach einem solchen
Modell heißt ein Akt oder eine Akademie. Modellieren, ein Modell von etwas machen, abformen, im weitern Sinn in der Malerei und Bildhauerkunst
das plastische Herausarbeiten der einzelnen Teile eines Körpers zu einer mit der Natur wetteifernden Wirkung.
Eine Anleitung zum Modellieren von Gebäuden für Anfänger gibt Ortlebs »Kleine Baumodellierschule« (Leipz. 1886).
(Modellierstecken), ein nach unten breit auslaufender Stab,
[* 66] welchen der Bildhauer benutzt, wenn er dem
feuchten Thon beim Modellieren die beabsichtigte Form geben will.
früheres Herzogtum in Italien,
[* 68] welches sich nördlich von der Zentralkette der Apenninen bis zum Po erstreckte
und einen Flächeninhalt von 6132 qkm (110 QM.) mit etwas mehr als 600,000
Einw. besaß (s. Geschichtskarte
[* 69] bei »Italien«). Das Herzogtum war eine absolute Monarchie, erblich in männlicher Linie des
HausesÖsterreich-Este. Die Unterrichts- und Bildungsanstalten, den Jesuiten überlassen, befanden sich in schlechtem Zustand,
und die Staatsschuld betrug über 12 Mill. Lire.
Die Reaktion, die sofort nach der Rückkehr Franz' IV. mit Hilfe der Jesuiten eintrat, konnte demselben unmöglich die Liebe des
Volkes erwerben. Die französische Julirevolution brachte die öffentliche Mißstimmung zum Ausbruch.
Der Herzog mußte flüchten und ging nach Wien, ward aber durch österreichische Truppen9. März nach Modena zurückgeführt und ließ
nun über die Anstifter des Aufstandes strenges Gericht ergehen. Fortan zeichnete sich die Regierung des Herzogs noch mehr als
zuvor durch grausame Verfolgung jeder Spur von Liberalismus aus. Nach dem TodFranz' IV. folgte ihm sein Sohn Franz
V. Ferdinand Geminian, geb. der dem Regierungssystem seines Vaters treu blieb. Infolge früherer Verträge fiel nach
der Abdankung des Herzogs von Lucca dieses Land an Toscana, dagegen mußte dieses Fivizzano an
Modena abtreten Nach dem Ableben der Herzogin von Parma
[* 79] fiel infolge des PariserVertrags von 1817 Guastalla an
Modena, wodurch dieses eine Gebietsvergrößerung von 320 qkm (5¾ QM.) mit 50,000
Einw. erhielt.
Aber nach den Erfolgen Radetzkys in der Lombardei und der Räumung Mailands durch die Piemontesen kehrte Franz V. unter
dem Geleit österreichischer Truppen schon am 10. d. M. in seine Hauptstadt zurück, nachdem er unterm 8. Aug. von
Mantua aus das Versprechen zeitgemäßer Staatseinrichtungen proklamiert hatte. Nach seiner Rückkehr erließ er zwar eine
Amnestie, die aber so viele Ausnahmen machte, daß sie nur wenigen zu gute kam. Die Unruhen dauerten daher fort, und 18. Nov. versuchte
sogar ein Gutsbesitzer, Rizzali, ein Attentat auf den Herzog.
Hauptstadt der Provinz und des ehemaligen Herzogtums Modena, liegt in der Mitte einer weiten, schönen Ebene, zwischen
den FlüssenPanaro und Secchia, ist gut gebaut und mit Wällen umgeben, welche meistens in Promenaden umgewandelt
sind, und enthält breite, wohlgepflasterte und großenteils mit weiten Bogengängen zu beiden Seiten versehene Straßen.
Die schönste derselben ist die ViaEmilia, welche die Stadt von W. nach O. in zwei fast gleiche Hälften teilt.
Unter den 27 Kirchen der Stadt ist die bemerkenswerteste die 1099 begonnene und 1184 eingeweihte DomkircheSan Geminiano, ein romanisches Bauwerk mit edler Fassade und einem berühmten, 96 m hohen Glockenturm (Ghirlandina) aus dem 13. Jahrh.
Sehenswerte Kirchen sind außerdem: San Pietro, San Francesco und Sant' Agostino (alle drei mit Skulpturen von Begarelli, letztere
auch mit den Grabmälern des Humanisten Sigonius und des Geschichtschreibers Muratori). Der große königliche
(früher herzogliche) Palast wurde 1634 erbaut; in der benachbarten Kunstakademie eine vorzügliche Gemäldesammlung mit Werken
von Guido Reni, Guercino, den Carracci,
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