die S. aussalzt, klar siedet, in
Formen füllt und so stark mit heißem
Wasser schleift, daß ein flüssiger
Leim entsteht.
Die Leimseifen werden stets mit
Kokosöl dargestellt, welches sich zwar sehr leicht, aber nur mit starken
Laugen verseifen
läßt und eine S. liefert, die unbeschadet ihrer
Härte 50-60, selbst 75 Proz.
Wasser, auch schwache
Lauge
bindet, niemals marmoriert, sondern stets weiß, alabasterartig durchscheinend ist, sehr stark schäumt und sich nur mit
Hilfe von sehr viel
Kochsalz aussalzen läßt. Rührt man
Kokosöl bei 80° mit starker
Lauge zusammen, so wird es sehr schnell
verseift, und die S. kann alsbald inFormen gefüllt werden.
Meist wird reine Kokosseife und besonders Toilettenseife auf kaltem Weg dargestellt, indem man das geschmolzene
Fett in die
Form bringt, die
Lauge unter beständigem
Rühren zusetzt und, wenn die
Masse hinreichend verdickt ist,
Farbstoffe und Parfüme
beimischt. Gemische von
Kokosöl mit andern
Fetten werden wie gewöhnlich gekocht, aber auch diese Seifen
binden sehr viel
Wasser und Salzlösung, erscheinen dabei vollkommen hart, schrumpfen aber beim Aufbewahren stark ein und
überziehen sich, wenn sie freies
Alkali enthalten, mit feinen weißen
Kristallen.
Diese Seifen werden vielfach mit
Stärke,
[* 2]
Leim,
Kreide,
[* 3]
Thon etc. verfälscht, auch mit
Wasserglas gefällt. Sehr verbreitet sind
die nach ihrem Ursprungsort benannten Eschweger Seifen (künstliche Kernseifen), welche gute Marmorierung
zeigen, fest und trocken sind, aber ziemlich viel
Wasser enthalten. Zu ihrer
Darstellung verseift man
Talg oder
Palmöl oder
eine Mischung von beiden mit Sodalauge, salzt aus, schöpft den
Kern in eine Kühlbütte und mischt ihn mit einer mit
Kali- und
Natronlauge bereiteten Kokosseife und kocht unter Zusatz von
Lauge und etwas
Salzwasser, um größere
Ausbeute zu erzielen.
Die S. wird dann in
Formen gefüllt und die Flußbildung durch gutes Zudecken befördert. 100 Teile
Fett liefern 200 Teile
S. und mehr.
Harzseifen werden aus
Kokosöl,
Palmöl,
Talg undHarz dargestellt, und zwar nimmt man auf 100 Teile
Fett 30-100
Teile
Harz und mischt entweder die für sich bereiteten Seifen, oder mischt das
Harz mit dem
Fett und verseift dies Gemisch
direkt. Diese Seifen pflegen stark mit
Salzwasser gefüllt zu sein, enthalten freies
Alkali, lösen sich leicht in
Wasser und
schäumen sehr gut. Man erhält 300 Proz.
Ausbeute und mehr. Aus ungebleichtem
Palmöl und wenig
Harz erhält man gelbe, bei
sehr hohem Harzgehalt braune Seifen.
Schmierseife wird aus
Leinöl,
Hanföl,
Thran,
Rüböl,
Ölsäure und
Kalilauge dargestellt. Man setzt indes stets etwas
Natronlauge
zu, weil dieselbe billiger ist und natronhaltige S. mehr
Wasser bindet, ohne zu weich zu werden. Das
Fett
wird zuerst mit schwacher
Lauge, dann unter Zusatz von stärkerer
Lauge gekocht und schließlich die S. mit sehr starker
Lauge
abgerichtet. Die richtige
Beschaffenheit erkennt man an einer auf
Glas
[* 4] getropften Probe oder mit der
Zunge. 100 Teile
Fett liefern
240-250 Teile Schmierseife, doch werden häufig bis 400 Teile dargestellt, indem man die S. mit
Stärkemehl,
Thon,
Speckstein
verfälscht oder mit
Wasserglas versetzt.
Auch wird die Schmierseife mit
Harzseife vermischt, indem man das
Harz für sich verseift, oder indem
man es der Schmierseife
zusetzt und dann mit
Lauge bis zur Verseifung kocht. Man unterscheidet im
Handel Ölseife (Kronseife, braune,
schwarze, grüne
S.), eine dicke, durchscheinende, braune bis schwarze, auch grüne, penetrant riechende
Masse mit 50 Proz.
Wassergehalt,
welche aus
Hanföl,
Leinöl,
Rüböl,
Thran,
Ölsäure dargestellt und mit
Indigo
[* 5] grün, mit Galläpfelabkochung
und
Eisenvitriol schwarz gefärbt wird, und glatte
Elain- oder
Silberseife, welche gewöhnlich aus
Palmöl
und
Ölsäure oder aus
Ölen unter Zusatz von Sodalauge dargestellt wird und gelblichweiß mit silberartigem
Schein ist. An
manchen
Orten wird eine klare Schmierseife mit gröbern, körnig kristallinischen
Ausscheidungen von stearin- und palmitinsaurem
Kali dargestellt, indem man das
Öl mit
Palmöl oder
Talg versetzt, eine möglichst sodafreie
Lauge anwendet
und die S. bei 9-12° langsam erkalten läßt.
Bisweilen wird das
Korn durch Beimischung von
Stärke-,
Thon- und Kalkkörnchen nachgeahmt. Die Toilettenseifen, wie Mandelseife
etc., werden sorgfältig aus sehr reinen Materialien dargestellt, gefärbt und parfümiert;
transparente S. erhält man durch Auflösen trockner Talgseife in
Alkohol und Eingießen der klaren, gefärbten
und parfümierten
S. in Blechformen, in welchen sie in einigen
Wochen erstarrt; Glycerinseife wird in ähnlicher
Weise durch
Lösen von
Glycerin in S. bereitet.
Die Bimssteinseife wird durch Einrühren von Bimssteinpulver in geschmolzene S. dargestellt und von Handarbeitern benutzt.
Während die mit
Alkalien hergestellten Seifen in
Wasser löslich sind, bilden die alkalischen
Erden, die
Erden und die
Metalloxyde mit den
Säuren der
Fette unlösliche
Verbindungen. Von diesen unlöslichen Seifen entsteht Kalkseife
beim
Waschen mit hartem
Wasser; daher bildet letzteres mit S. keinen Schaum und eignet sich überhaupt nicht zum
Waschen.
Verdünnt man aber die wässerige
Lösung sehr stark, so zersetzt sich die S. unter Abscheidung von unlöslichem sauren, stearin-
und palmitinsauren
Alkali, während basisches
Salz
[* 8] gelöst bleibt. Dies wirkt lösend auf den Schmutz,
welcher der
Haut
[* 9] oder den
Geweben meist durch Vermittelung von
Fett anhaftet, das
Fett wird von der alkalischen
Lösung aufgenommen,
und so wird der
Staub etc. beweglich und haftet an den Flocken des unlöslichen sauren
Salzes, welche also für die
Reinigung
nicht bedeutungslos sind. Bei derWirkung der S. kommt auch die große Benetzbarkeit aller
Körper durch
¶
mehr
Seifenlösung und die alkalische Beschaffenheit der letztern in Betracht.
Die S. war schon den Alten bekannt; Plinius erwähnt sie als äußerliches Medikament und als Haarverschönerungsmittel; er
rühmt die S. aus Ziegentalg und Holzasche und erzählt, daß die Germanen harte und weiche S. hätten. Auch Galenos spricht
von der deutschen S., welche als Reinigungsmittel benutzt werde; es scheint danach, als ob die S. eine
germanische Erfindung sei, welche die Römer
[* 11] auf ihren Eroberungszügen kennen lernten. Nachdem die Seifensiederei aus einem
Haushaltungsgeschäft in den gewerblichen Betrieb übergegangen war, scheint sie sich jahrhundertelang durch das Mittelalter
hindurch ohne besondere Entwickelung erhalten zu haben. In Frankreich waren um die Mitte des 17. Jahrh.
Marseille,
[* 12] Toulon
[* 13] und Lyon
[* 14] Hauptplätze für die Seifenfabrikation, und Marseille hat sich seitdem zum wichtigsten Fabrikplatz
der Welt erhoben.
Mächtige Förderung erhielt die Seifenindustrie, seitdem Chevreul die Natur der Fette und mithin das Wesen des Verseifungsprozesses
kennen gelehrt, anderseits die Entwickelung der Sodaindustrie einen mächtigen Anstoß gegeben hatte.
Nun entwickelte sich die Seifenindustrie in wahrhaft staunenerregender Weise. Als mächtiger Hebel
[* 15] der Sodafabrikation und auf
das innigste mit fast allen Zweigen chemischer Gewerbthätigkeit verschmolzen, bildet sie eins der wichtigsten Glieder
[* 16] in der
Entwickelungsgeschichte
[* 17] der chemischen Gesamtindustrie.
Gegenwärtig wird in Liverpool
[* 18] allein mehr S. jährlich exportiert als vor Begründung der Sodaindustrie
in sämtlichen Häfen Großbritanniens zusammengenommen. Die Darstellung der Leimseifen begann seit Einführung des Kokosöls
zu Ende der 20er Jahre.
Vgl. Perutz, Industrie der Fette und Öle
[* 19] (Berl. 1866), und die Handbücher der Seifenfabrikation von
Wiltner (3. Aufl., Wien
[* 20] 1884; »Toilettenseifen«, das. 1884),
Die meisten S., welche
oft eine hügelige Oberfläche zeigen, gehören der Diluvialperiode, einige
der Alluvialperiode an.
Die gesuchten Metall-
und Edelsteinkörner befinden sich im S. auf sekundärer Lagerstätte, d. h.
sie entstammen den Gesteinen, deren Zertrümmerung den Sand, die Geschiebe und den Lehm lieferte.
Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden,
[* 24] Amtshauptmannschaft Freiberg,
[* 25] hat eine evang. Kirche, (1885) 1380 Einw.
und ist Hauptsitz der Holzspielwaren- und Holzwarenfabrikation im Erzgebirge.
(saiger), bergmännischer Ausdruck für lotrecht, vertikal (bei Gängen ein Fallen
[* 34] von 75-90°);
daher in der
Markscheidekunst (s. d.) Seigerriß, ein nach einer senkrechten
Ebene genommener bildlicher Durchschnitt von einem Grubengebäude;
Seigerteufe, die senkrechte Tiefe. Im Hüttenwesen nennt
man s. kieselsäurereiche, zähflüssige, langsam erstarrende Schlacken, im Gegensatz zu den dünnflüssigen, basischen, rasch
erstarrenden frischen Schlacken.
(franz., spr. ssänjör, abgekürzt Sieur und Sire, v. lat. senior, »der
ältere«),
in Frankreich ehemals derjenige, welcher ein Lehen der Krone mit allen daran haftenden Rechten über Person und Eigentum
besaß. Eine solche Herrschaft nannte man Seigneurie, den Inbegriff der Rechte aber, die dem S. gebührten, Seigneuriage und
den S. selbst S. justicier, weil er die hohe oder niedere Gerichtsbarkeit über sein Lehen ausübte. Seit der Aufhebung des
Lehnswesens gibt es keinen S. mehr, und man bedient sich des Titels nur noch gegen souveräne Fürsten und Prinzen
aus ihrer Familie (vgl. Monseigneur), pflegt aber im gewöhnlichen Leben denjenigen, dessen Sitten und Lebensweise
den Mann von vornehmer Abkunft und großem Vermögen verraten, noch immer einen Grandseigneur zu nennen. Außerdem ist Le
[* 37] Grand-S.
die französische Bezeichnung des türkischen Sultans, Le S. allein im französischen Kirchenstil der Name für »Herrgott«,
während Jesus Christus vorzugsweise Notre-S. heißt.
[* 36] (Drahtseilbahnen), im weitern SinnEisenbahnen mit Zugseilen (s. Eisenbahnbau,
[* 38] S. 456), im engern (Luftseilbahnen,
schwebende S., schwebende Drahtseilbahnen, schwebende Drahtbahnen, Hängebahnen) solche, bei welchen die
Fahrzeuge an Rollen
[* 39] hängen, die auf einem oder mehreren stellenweise unterstützten Seilen (Tragseilen), auch wohl Drähten
oder Schienen laufen und die zu fördernde Last entweder durch ihr Eigengewicht bewegt, oder mittels des Tragseils oder andrer
Seile (Zugseile) gezogen wird.
Seit den ältesten Zeiten bekannt, konnten sie erst nach
Einführung des Drahtseils zu größerer Bedeutung
gelangen, eine Handschrift der Wiener Hofbibliothek aus dem Jahr 1411 zeigt bereits eine Seilbahn mit Hanfseil und Förderkörben.
Die einfachsten S. sind die Seil- oder Drahtriesen, welche zuerst durch den österreichischen Forstmann Hohenstein
[* 40] und die
schweizerischen Förster Frankenhauser und Strübin ausgebildet sein sollen und zum Herunterschaffen von
Holz
[* 41] und Steinen mittels des Eigengewichts dienen. Zu den Riesen läßt sich auch noch v. DückersBahn (erste Versuche 1861 zu
Bad
[* 42] Öynhausen und Bochum)
[* 43] rechnen.
Größere Verbreitung fanden die S. durch die Bemühungen von Hodgson (englisches Patent von 1868), und sie sind seitdem
durch Bleichert (Leipzig-Gohlis), Otto (Schkeuditz), Obach (Wien), Pohlig (Siegen)
[* 44] u. a. vervollkommt worden. Die längste bestehende
Seilbahn dürfte die von Obach erbaute 30,5 km lange Erz- und Kohlenbahn von Vajdahunyad in Siebenbürgen sein, welche eine
Gesamtsteigung von 892 m u. freie Spannweiten bis zu 472 m besitzt und 62 mehr oder weniger tiefe Thäler
überschreitet.
[* 36]
Fig. 1 und 2 stellen das SystemOtto dar. Der Wagen w hängt an einem obern Laufseil l, das sich auch durch eine feste Schiene
ersetzen läßt, und wird von einem untern Zugseil g gezogen. Jede Fahrrichtung hat ihren eignen Laufstrang, und das Zugseil
geht ohne Ende durch und wird fortwährend bewegt. An den Beladestellen werden die vollen Förderwagen
an das Zugseil gekuppelt, an den Entladestellen selbstthätig abgekuppelt. Bei starker Steigung wird das Zugseil mit Hülsen
(Mitnehmerknoten) versehen, in deren Abständen die mit einer Klauenkuppelung ausgerüsteten Wagen einander folgen können,
bei schwacher genügt glattes Seil und die beliebige Wagenabstände gestattende Scheibenkuppelung
[* 36]
Fig. 3 u. 4. Letztere
besteht aus zwei Scheiben, deren eine a an den Quersteg S des Wagengehänges angeschraubt, deren andre b um einen in a befestigten
Bolzen c drehbar ist. Beim Ankuppeln legt der Arbeiter zunächst das Zugseil g oben zwischen die Scheibena u.
b. Für gewöhnlich werden die Scheiben nämlich durch die Federf in solcher Entfernung voneinander gehalten, daß sich das
Zugseil bequem einlegen und ausheben läßt. Der Kopf des Bolzens ist
zu einer Schraube ausgebildet und trägt einen Handhebel e, dessen Auge
[* 46] als Mutter der Schraube dient. Durch Drehen des Hebels
e auf dem Gewinde nach oben drückt nun der Arbeiter die Scheibe b gegen a und klemmt das Zugseil zwischen beiden Scheiben ein;
hierbei kommt der Hebel in seine senkrechte Stellung, in welcher er mittels des Stiftesh und der Feder i
durch die Nase
[* 47] k des Bolzens c festgehalten wird. An der Entladestelle angelangt, wird der Hebel durch Anschlagen gegen eine
Platte m nach unten gedreht, nachdem vorher durch Zurückschlagen des Feststellhebels die Festhaltung gelöst worden
ist.
Gleichzeitig drückt die Feder f die Scheibe b von sich ab, und das Zugseil wird frei. Die Bahnlinie muß
zwischen zwei Stationen gerade sein, während sie an letztern beliebige Winkel
[* 48] bilden darf. S. werden besonders zur Beförderung
von Steinen, Erzen, Brennmaterial etc. benutzt.
Vgl. »Handbuch für spezielle Eisenbahntechnik«, Bd. 5, S. 544 (Leipz.
1878);
»Österreichische ZeitschriftfürBerg- und Hüttenwesen« 1884, Nr. 50; »Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins
zu Hannover«
[* 49] 1885,Sp. 537; »Stahl u. Eisen«
[* 50] 1887, S. 551. Neuerdings sind auch S. mit elektrischem Betrieb (Telpheragesystem,
Telpherbahnen) vorgeschlagen und gebaut worden (Thongrubenbahn bei Glynde in Sussex), bei welchen das Tragseil einen
elektrischen Strom auf einen hängenden, mit den Wagen verkuppelten elektrischen Motor überträgt, welcher die Lokomotive
[* 51] des
Wagenzugs bildet.
ostindischer
Hanf oder Sunnhanf, welcher wegen seiner kürzern Faser dem europäischen nachsteht;
neuseeländischer Flachs,
dessen Produkte die aus europäischem Hanf
gefertigten noch übertreffen sollen;
Manila- und Jutehanf, welche bedeutend leichter
als europäischer Hanf sind und zu Glockenschnüren, Matten und Tauwerk aller Art verarbeitet werden;
Aloehanf, dessen Seile sich
wie diejenigen aus Manilahanf durch schnelles Trocknen auszeichnen, weshalb sie nicht geteert zu werden
brauchen.
Die genannten Fasern werden zuerst gehechelt und zwar auf groben Hecheln, welche aus 6-7 Reihen eiserner Zähne
[* 54] von
7-30 cmLänge und 1-1,3 cmDicke bestehen, die in einem starken Eichenholzklotz befestigt sind, der auf einer Werkbank festliegt,
während der Arbeiter eine Handvoll fächerartig ausgebreitet vorsichtig durch die Zähne zieht und den
Hanf zugleich nach der Länge sortiert. Aus den Fasern wird zuerst Garn gesponnen, und durch wiederholtes Zusammendrehen von
Garnen werden Seile und Taue gebildet, Arbeiten, die sämtlich auf der Reeper- oder Seilerbahn, einem langen, freien, geschützten
Platz, stattfinden.
Als Werkzeug dient das Seilerrad, welches aus einem hölzernen Gestell besteht, in dem etwa 1,5 m über
dem Fußboden 4-8 horizontale Spindeln parallel gelagert sind, die von einem 1,5 m großen Rad vermittelst Schnüre in Drehung
versetzt werden und an den freien EndenHaken zur Befestigung des Spinnmaterials tragen. Der Spinner bindet sich den Hanf um
den Leib, zieht ein entsprechendes Büschelchen Fasern heraus, hängt dieses mit einer Öse (Müsche) in einen der Haken des
Rades und schreitet nun rückwärts fort, wobei sich neue Fasern herausziehen, die mit den alten zusammengedreht werden.
In der rechten Hand
[* 55] hält er den Spinnlappen, durch welchen er den gesponnenen Faden
[* 56] glättet. Die so erhaltenen,
zu dünnen Seilen bestimmten Fäden werden sofort weiter verarbeitet; diejenigen zu stärkern Seilen haspelt man indessen auf,
um sie dann vereinigt auf ein Gestell zu bringen, von welchem aus sie zu den aus einer beliebigen, oft großen Anzahl Fäden
bestehenden Litzen verarbeitet werden. Diese Arbeit, das »Abbrühen«, beruht darauf, daß die
Fäden, wenn sie parallel nebeneinander gelegt und an beiden Enden untereinander vereinigt werden (Scheren,
[* 57] aufschweifen), das
Bestreben haben, sich
¶
mehr
aufzudrehen. Dies können sie indessen nur, indem sie sich umeinander winden. Bringt man daher jedes Ende des Fadenbündels
an einen Haken und dreht auf der einen Seite in dem entgegengesetzten Sinn, in welchem die Fäden gedreht sind, so folgt man
nur dem von selbst vorhandenen Bestreben und erhält eine Litze, welche, sich selbst überlassen, nicht
wieder aufgeht. Wünscht man eine drallere, härtere Beschaffenheit der Litze, so wendet man das »Schnüren« an, wobei die Fäden
nur an dem einen Ende vereinigt, an dem andern aber noch an besondern drehbaren Häkchen befestigt sind, von denen sie, während
die Litze bereits gebildet wird, noch im Sinn der ursprünglichen Drehung des Fadens nachgedreht werden.
Bei stärkern, aus aufgehaspelten Fäden hergestellten Litzen werden die Haspeln (Spulen) in rotierende Gabeln gelegt, die sämtlichen
von ihnen ausgehenden Fäden durch eine Öse gezogen und an dem in derselben Richtung rotierenden Haken eines kleinen Wagens,
des Seilwagens, befestigt. In demselben Maß, wie dieser zurückbewegt wird, bildet sich von der Öse ab
die Litze mit der entgegengesetzten Windung wie die einzelnen Fäden. Drei oder vier solcher Litzen werden dann zu einem Seil
vereinigt nach genau denselben Prinzipien. In größern Betrieben erzeugt man das Garn und die Litzen auf Maschinen, welche
als grobe Watermaschinen (s. Spinnen)
[* 59] anzusehen sind.
Zum Zusammendrehen von Tauen (Tauschlagen) wird mit Vorteil die Seilmaschine benutzt, welche Litzen, auf Spulen gewickelt, übernimmt,
zusammendreht und sofort aufwickelt.
[* 58]
Fig. 1-3 zeigen in einer etwas ältern Ausführung das Wesen der Seilmaschine. Die drei
Litzen befinden sich auf den Spulen H, werden von den sich drehenden Walzen I abgezogen und über die Rollen
K einem mit drei Kerben versehenen Körper M (Lehre)
[* 60] zugeführt, damit sie gleichmäßig zusammenlaufen und zwar in dem Rohr
O. Über diesem liegt der Rahmen GG, der, von der Welle P mittels Kegelräder um eine vertikale Achse rotierend, die
Litzen zusammendreht, welche sich dann als Tau auf die große Spule D aufwickeln, die von der durch die Schnurrolle E gedrehten
Welle F mitgenommen wird.
Die Rahmen mit den Spulen H H drehen sich um vertikale, in den Lagern N gehaltene Achsen Q durch die ZahnräderBB und C von der
Welle P aus, um den Draht
[* 61] zu ersetzen, der durch das entgegengesetzte Zusammendrehen in O verloren geht. Das Abziehen der Litzen
durch die
Walzen I erfolgt durch eine Schraube ohne Ende J. Die Rollen K sitzen in Gabeln eines Ringes LJ, der auf die Säule A
geschoben ist, welcher die Lehre M trägt. Durch einen besondern Mechanismus wird die Spule D auf F hin-
und hergeschoben, um das Tau regelmäßig aufzuwickeln.
Die Korden bestehen aus zwei oder drei Fäden, welche von allen S. den stärksten Draht haben. Die Stricke nehmen von dem einen
zum andern Ende an Dicke ab und bestehen aus Flachs oder Hanf und Werg; sie gehören zu den geringsten S. Die Stränge werden
als Zugstränge für Fuhrwerke benutzt; sie sind aus besserm Material gefertigt als die Stricke und werden
aus vier Litzen von je 3-4 Fäden zusammengedreht. Zügel sind nach Art der Stränge verfertigt, aber weniger sorgfältig.
Aus Litzen gefertigte Schnuren kommen häufig zur Anwendung. Das Material ist Kernhanf; oft werden dieselben gebleicht. Die
Leinen bilden den Übergang zu den Seilen (Fangleinen, Packleinen, Wäschleinen). Die stärkern Leinen sind aus vier, die dünnern
aus drei Litzen gedreht. Zwischen Seilen und Tauen ist eine scharfe Grenze nicht zu ziehen. Bei Seilen zum allgemeinen Gebrauch,
außer zum Seewesen, ist der Umfang selten größer als 18-20 cm; sie sind gewöhnlich vierschäftig und
haben in der Mitte ein dünneres Seil, die Seele, welche jedoch bei Seilen unter 8 cmUmfang weggelassen wird. Bandseile entstehen
durch Vereinigung nebeneinander liegender und abwechselnd entgegengesetzt gedrehter Rundseile, welche durch eine quer hindurchgestochene
Hanfschnur oder einen Metalldraht zusammengenäht werden.
s. Seilerwaren. - Dann (auch Bandmaschine genannt) eine Vorrichtung zum Wasserheben, bestehend in einem
senkrechten endlosen Seil, welches mit großer Geschwindigkeit über zwei Rollen läuft u. dabei das adhärierende Wasser mit
emporreißt.
Personen, welche auf einem gespannten Seil einherschreiten, tanzen und allerlei Künste ausführen, kommen
schon bei den Griechen, viel häufiger aber bei den Römern vor, welche Funambuli, die auf starken Seilen, und Neurobatae,
die auf Darmsaiten tanzten, unterschieden. Letztere hießen auch Aërobatae (»Lufttänzer«),
weil sie bei der Dünne der Saiten aus der Entfernung in freier Luft zu tanzen schienen. Seiltänzerkunststücke finden sich
auf Vasen
[* 65] und Wandgemälden abgebildet, und auf einigen Münzen
[* 66] von Kyzikos ist sogar das Besteigen des Turmseils dargestellt.
Später kamen von Indien und Ägypten
[* 67] aus S. nach Konstantinopel,
[* 68] und im Mittelalter kannte man indische,
persische, morgenländische Gaukler dieser Art. Der S. Arcangelo Tuccaro verfaßte eine illustrierte Schrift über seine Kunst
(Par. 1599). In neuerer Zeit zeichneten sich besonders Italiener als S. aus, und namentlich die Chiarinis, welche sich Akrobaten
nannten, während sich andre früher als Äquilibristen bezeichnet hatten, erlangten großen Ruf.
Unter den Deutschen brachte Kolter die Kunst zu staunenswerter Vollendung und erstieg zuerst auf einem scharf gespannten Seil
einen Turm.
[* 69] Später hat man dies ohne Balancierstange und selbst mit einer Bürde beladen ausgeführt, auch oben allerlei Kunststücke,
Umkleidungen etc. vorgenommen, Feuerwerke abgebrannt etc. In neuerer
Zeit erregte CharlesBlondin (geb. 1824 zu St.-Omer in Frankreich), der auf einem gespannten Seil wiederholt
den Niagarafall überschritt, allgemeine Aufmerksamkeit. Auch Tiere sind vielfach durch Dressur zu Seilkünstlern ausgebildet
worden.
Der Hanf- und Baumwollenseiltrieb hat den Riementrieb zur Übertragung großer Kräfte (bis 1000 Pferdekräfte) vielfach ersetzt.
Bei ihm wird die Kraft
[* 73] meist auf eine Anzahl Seile (bis 30) von 30-50 mmDurchmesser verteilt, welche mit
großer Geschwindigkeit (10-40 m und darüber pro Sekunde) neben- und untereinander laufen, wobei jede Seilscheibe mit einer
entsprechenden
Anzahl von Rillen von keilförmigem Querschnitt versehen sein muß. Der Hanf- und Baumwollenseiltrieb dient besonders
zur Übertragung der Kraft eines größern Motors auf die Haupttransmissionswellen und hat dabei vor dem
Riementrieb geringern Raumbedarf, etwas kleinere Betriebskosten und größere Sicherheit gegen Betriebsstörung voraus,
gestattet aber nicht, wie der Riementrieb, eine Ausrückung mittels Los- oder Leerscheibe. In Räumen mit großer Feuchtigkeit
oder sehr veränderlicher Temperatur werden die Spannungsverhältnisse der Seile zu stark beeinflußt.
Jarolimek ersetzt die Hanf- oder Baumwollenseile durch sogen. Stahlschnüre (Stahlschnurtrieb), d. h.
Schraubenfedern aus Stahldraht, deren lichter Durchmesser nur dem Drahtdurchmesser entspricht, so daß ihre Federung bei großer
Zugkraft nur gering ist. Bei geringerm Kraftbedarf, besonders bei Maschinen mit Hand- und Fußbetrieb, ist der Schnurtrieb allgemein
im Gebrauch. Man benutzt hier eine in sich zurückkehrende Schnur (Schnur ohne Ende, Treibschnur) aus Hanf
oder gedrehten Lederstreifen (gedrehten Riemen) oder Därmen (Darmsaiten, Peesen).
Bei dem großen Abstand der Seilscheiben muß das Seil in einem Bogen von verhältnismäßig großer Pfeilhöhe
zwischen den Scheiben herabhängen, um nicht durch sein eignes Gewicht zu zerreißen. Die durch das Gewicht des Seils in ihm
hervorgerufene Spannung erzeugt die auf den Scheiben zur Übertragung nötige Reibung. Bei sehr großen Entfernungen der beiden
Scheiben wird das Seil alle 100 bis 200 m durch Tragrollen unterstützt, weil sonst seine Einsenkung und
die dadurch bedingte Höhe der Unterstützungen der Scheiben (Pfeiler) zu groß werden würde. In solchem Fall wendet man auch
den sogen. zusammengesetzten S. an, indem man Zwischenstationen mit zweispurigen Rollen einschaltet, welche von Station zu Station
je durch ein endloses Seil verbunden sind.
Sind die Rollen ungleich hoch, so erhält man den sogen. schiefen S. Ablenkungen oder Verzweigungen
des Seillaufs sind mittels Wechselstationen mit Kegelrädergetrieben zu bewerkstelligen. Weniger empfehlenswert sind Leitrollen,
weil sie die Dauerhaftigkeit des Seils beeinträchtigen. Die Scheibendurchmesser wechseln zwischen 1,5
und 5,5 m bei einer Umfangsgeschwindigkeit von 10-30 m pro Sekunde. Berühmte Anlagen dieser Art sind:
der S. der SchaffhausenerWasserwerke, der S. der Société des eaux et des forêts in Freiburg,
[* 74] der S. der Compagnie générale de Bellegarde,
der Züricher S.
(Sseim, Ssem), Nebenfluß der Desna in Rußland, bildet sich aus zwei Quellflüssen im GouvernementKursk, wird
bei Kursk schiffbar, fließt westlich mit vielen Windungen in das GouvernementTschernigow u. mündet der
Stadt Sosniza gegenüber.
¶