Titel
Gérard
(spr. scherahr), 1) Balthasar, geb. 1562 zu Villafons in der Franche-Comté, faßte als fanatischer Katholik den von mehreren Mönchen und selbst Alexander von Parma [* 3] gebilligten Plan, Wilhelm von Oranien zu ermorden, trat unter dem Namen Franz Guion in die Dienste [* 4] desselben und heuchelte den glühendsten Haß gegen die Katholiken, tötete jenen aber auf der Treppe [* 5] seines Palastes zu Delft durch einen Pistolenschuß mit drei Kugeln. Er wurde gevierteilt; Philipp II. von Spanien [* 6] aber erhob die ganze Familie des Mörders in den Adelstand und schenkte ihr die Güter Oraniens in der Franche-Comté.
2) François Pascal, Baron von, franz. Maler, geb. zu Rom, [* 7] kam mit seinem Vater, einem Franzosen, als Kind nach Paris [* 8] und trat in das Atelier des Bildhauers Pajou, verließ dasselbe, da ihn die Malerei mehr anzog als die Plastik, jedoch bald wieder und bildete sich unter David zum Maler aus. 1789 gewann er mit seinem Bild: Joseph wird von seinen Brüdern erkannt, den zweiten Preis und erhielt dann mit Girodet von Didot den Auftrag, die Zeichnungen zu den Prachtausgaben des Vergil (Eklogen und Georgica), den Hirtengeschichten des Longus und den Tragödien Racines zu liefern.
David hatte für seinen begabten Schüler dadurch gesorgt, daß er ihm eine Geschwornenstelle im Revolutionstribunal verschaffte;
doch war Gérard
der
Politik so abgeneigt, daß er sich dem für ihn peinlichen
Amt entzog. 1795 erregte er durch seinen blinden
Belisar (St.
Petersburg)
[* 9] allgemeine
Aufmerksamkeit;
es folgten: Psyche (1798, im Louvre);
die vier Lebensalter (1806, in Neapel), [* 10] gestochen von R. Morghen;
Homer, gestochen von A. Massard;
die Schlacht bei Austerlitz [* 11] (1811), gestochen von Godefroy;
der Einzug Heinrichs IV. in Paris, gestochen von Toschi (1814).
Letzteres
Bild brachte dem
Künstler den
Baronstitel, die
Stelle eines königlichen Hofmalers und das
Kreuz
[* 12] der
Ehrenlegion ein. Weniger gelungen
war seine
Salbung
Karls X. in dem großen, 1827 vollendeten Krönungsgemälde; das Werk wurde während des Julikampfes (1830)
großenteils vernichtet. Bewunderte
Bilder Gérards
sind ferner: Daphnis und
Chloe (1824),
Korinna auf dem
Kap Miseno, die
Pest
zu
Marseille,
[* 13]
Ludwig
Philipp im Stadthaus etc. Gérard
folgte im allgemeinen der
Richtung
Davids;
doch hielt er sich von dessen Übertreibungen frei, wie er auch wahrer und feiner im Kolorit war.
Hin und wieder gibt sich in seinen
Arbeiten
ein zu sklavisches Anschließen an die
Antike kund. Den größten
Ruhm erwarb sich Gérard
jedoch als Porträtmaler,
weshalb er der
Maler der
Könige und der König der
Maler genannt wurde. Die berühmtesten und merkwürdigsten Persönlichkeiten,
welche in dem ganzen Zeitraum von 1789 bis 1837 nach
Paris kamen, wurden von Gérard
porträtiert.
Diesen
Ruhm hat er jedoch weniger
der
Schärfe seiner
Charakteristik als der Vornehmheit seiner Auffassung und der
Eleganz und
Glätte seines
Kolorits zu verdanken. Seine
Porträte
[* 14] begann
er seit 1826 unter dem
Titel: »Collection des portraits historiques de
Mr. le baron
Gérard
, premier peintre du
Roi, gravés à l'eau-forte par M.
Pierre
Adam, précédée d'une notice sur le portrait historique«
zu veröffentlichen. Gérard
starb in
Paris.
Vgl.
Adam,
Œuvre du baron F. Gérard
(Par. 1852-57, 3 Bde.);
Henri Gérard
, Correspondance de F. Gérard
(das. 1867).
3) Etienne Maurice, Graf, Marschall von Frankreich, geb. zu Damvilliers (Maas), kämpfte 1794 als Freiwilliger in der Nordarmee bei Fleurus, wurde Hauptmann und Adjutant Bernadottes und diente unter diesem am Rhein und in Italien. [* 15] Nach dem Frieden von Campo Formio begleitete er Bernadotte 1798 nach Wien, [* 16] wo er ihm in einem Volksauflauf das Leben rettete, wohnte dann dem letzten Feldzug in der Vendée und als Oberst der Schlacht bei Austerlitz bei, machte als Brigadegeneral den Feldzug von 1806 mit und zeichnete sich als Generalstabschef des 9. Armeekorps unter Bernadotte in der Schlacht bei Wagram, [* 17] dann in Spanien aus. Im russischen Feldzug 1812 trug er zur Einnahme von Smolensk wesentlich bei, wofür er zum Grafen erhoben wurde, führte in der Schlacht bei Valutina-Gora (19. Aug.) die Division des gefallenen Generals Gudin und deckte an der Beresina mit einer Abteilung des Neyschen Korps den Übergang. 1813 befehligte er eine Division des 11. Armeekorps unter Macdonald. Er hatte das hauptsächlichste Verdienst an dem Sieg bei Bautzen, [* 18] worauf er das Kommando über das 11. Armeekorps erhielt. Bei Leipzig [* 19] schwerverwundet, übernahm er doch bereits gegen Ende des Jahrs den Oberbefehl über das aus Rekruten gebildete Reservekorps von Paris, kommandierte bei La Rothière den rechten Flügel und erfocht bei Montereau einen bedeutenden Vorteil über ein feindliches Korps. Nach Napoleons Abdankung ward ihm der Auftrag, die Garnison von Hamburg [* 20] zurückzuführen; dann erhielt er die Generalinspektion über die 5. Militärdivision. Nach der Rückkehr des Kaisers 1815 erhielt er, zum Pair ernannt, den Befehl über eine Division im Korps Grouchys, kämpfte ruhmvoll bei Ligny und drängte 18. Juni Grouchy vergeblich dazu, nach Waterloo [* 21] zu marschieren. Bei Wavre schwerverwundet, begab er sich nach Brüssel, [* 22] von wo er 1817 nach Frankreich zurückkehrte. 1822 als Deputierter in die Kammer gewählt, schloß er sich der liberalen Opposition an. Nach der Julirevolution ernannte ihn Ludwig Philipp zum Kriegsminister und zum Marschall. Im Oktober 1830 legte er das Portefeuille nieder, übernahm jedoch im August 1831 den Oberbefehl über die Armee, welche Belgien [* 23] gegen Holland zu Hilfe eilte, drängte die Holländer in einem 13tägigen Feldzug aus Belgien und erzwang die Übergabe der hartnäckig verteidigten Citadelle von Antwerpen. [* 24] Im Juli 1834 ward er nochmals in das Kriegsministerium berufen, trat jedoch schon 29. Okt. wieder zurück. 1835 wurde er Großkanzler der Ehrenlegion und 1838 Oberbefehlshaber der Nationalgarde, doch legte er wegen völliger Erblindung 1842 sein Amt nieder. Er starb in Paris; 1855 ward ihm in Damvilliers, 1856 in Paris eine Statue errichtet.