(hebr. Jarden, jetzt von den Arabern
EschScheria, »Tränkplatz«, genannt), der einzige große und fast der einzige
stets fließende
StromPalästinas, dessen eine Hauptverwerfungsspalte einnehmendes Flußbett eine eigentümliche Einsenkung
unter die Meeresfläche bildet. Seine Quellgegend liegt an dem noch im
September mit Schneemassen bedeckten
Hermon (2860 m).
Der östliche Quellfluß, der in einer Felsengrotte bei dem Dorf Banias (dem alten
Cäsarea Paneas) in 370 m
Höhe entspringt, fließt 6 km südwestwärts durch eine fruchtbare
Landschaft bis zur Vereinigung mit dem mittlern Quellarm,
dem stärksten von allen, welcher bei
Tell elKadi (dem alten
Dan) aus einem großen
Becken herausfließt.
Beide zusammen fallen bald darauf in den westlichen Quellarm, den
Nahr Hasbani, der am Westabhang des
Hermon in 520 m
Höhe
entspringt. Der vereinigte
Strom verfolgt südliche
Richtung, durchfließt zunächst das Sumpfthal Ard el Huleh und den kleinen
Schilfsee
Bahr el Huleh (fälschlich Meromsee genannt), der in 2 mHöhe liegt, sodann mit starkem
Fall
in zahllosen
Kaskaden ein nur 17 km langes enges und steiniges
Thal,
[* 3] um sich in den ehemals
See von
Genezareth und Tiberiassee,
jetzt
Bahr Taharijeh genannten
See zu ergießen, der bereits 208 m unter dem
Spiegel
[* 4] des
Mittelmeers
[* 5] liegt.
Etwa 3 km unterhalb seinesAustritts aus dem Hulehsee, wo er etwa 25 m breit ist, führt über ihn die 45
Schritt
lange
»Brücke
[* 6] der Töchter
Jakobs« (Dschisr
Benât Yakub) mit drei
Spitzbogen, deren Erbauungszeit unbekannt ist. Den
SeeGenezareth
am Südwestende verlassend, tritt der
Fluß dann in die El
Ghor (s. d.) genannte, auf beidenUfern von steil
abfallenden Tafelländern eingefaßte
Ebene, die sich, 7-16 km breit, 110 km weit bis zum
TotenMeer (und noch weiter) erstreckt.
Er macht hier so starke und zahlreiche Windungen, daß er auf der 105 km langen
Strecke den dreifachen Weg zurücklegt. 10 km
unterhalb des
SeesGenezareth führt die zweite
Brücke, Dschisr Medschamia, aus arabischer Zeit stammend,
über den
Fluß.
Schilfröhricht und Tamarisken bedecken seine
Ufer. In der
Nähe von
Jericho zeigt man die
Stelle, wo
Jesus von
Johannes die
Taufe
empfing, und die dicht bewaldeten
Ufer sind namentlich um
Ostern von Pilgerscharen bedeckt, die sich hier baden. Seit führt
hier eine 35 m lange, 3 m breite und 3½ m hohe Gitterbrücke über den
Fluß.
Endlich mündet der
Fluß in zwei seichten
Armen
auf der Nordseite in das 394 m unter dem
Mittelmeer gelegene
Tote Meer
(Bahr Lut). Der J. fällt vom
Fuß desHermon
bis zum Huleh schnell 518, von da bis zum
SeeGenezareth 210, weiter bis zum
TotenMeer 186 m, zusammen 914 m; seine
Länge beträgt 215 km,
mit Einrechnung der außerordentlich zahlreichen
Krümmungen aber das
Drei- bis Vierfache. Die wichtigsten Nebenflüsse des
Jordans sind rechts der Zerka oder
Jabbok und der
Scheriat el Menadhire, welcher vom Haurangebirge kommt.
S.
Karte
»Palästina«.
[* 7]
1) (spr. schordang)Camille, franz.
Politiker, geb. 1771 zu
Lyon,
[* 8] nahm 1793 an der
ErhebungLyons gegen das Schreckensregiment
teil, hielt sich bis 1794 im
Ausland auf, ward 1796 in den
Rat der Fünfhundert gewählt und machte sich
als liberaler
Politiker durch ein ausgezeichnetes
Referat über die Kultusfreiheit bekannt. Nach dem
Staatsstreich vom 18.
Fructidor
geächtet, kehrte er erst 1800 nach
Frankreich zurück und hielt sich, bloß mit litterarischen und politischen
Studien beschäftigt,
unter dem Kaiserreich von der
Politik fern. 1816 ward er in die Deputiertenkammer gewählt und bald darauf
in den
Staatsrat berufen, aber 1819 wegen seiner liberalen
Gesinnungen aus demselben wieder ausgeschlossen. Er gehörte fortan
zur
Opposition in der
Kammer und vertrat eine gemäßigte freiheitliche
Richtung. Er starb 1821 in
Paris.
[* 9] Er schrieb mehrere
bedeutende Tagesschriften, wie: »Histoire de la conversion d'une dame parisienne« (Par. 1792, eine
Satire auf die konstitutionelle
Kirche),
»Vrai sens du vote national sur le consulat à vie« (1802) u. a.,
und übersetzte mehrere Werke
Klopstocks und
Schillers. Seine vortrefflichen
»Discours politiques« erschienen 1826.
Von der konservativenPartei als
Revolutionär verdächtigt, erhielt er beim Wiederzusammentritt der
Stände
Anfang 1833 keinen
Urlaub. Als die
Stände diesen
Schritt als verfassungswidrig bezeichneten, erfolgte 18. März ihre
Auflösung.
J. verzichtete nun selbst auf seine
Wahl und lebte in Zurückgezogenheit seinem wissenschaftlichen
Beruf, als auf die
Denunziation
eines Apothekers,
Döring, zu
Marburg, der sich in sein Vertrauen eingeschlichen und die Zusicherung eines
Straferlasses von den (wegen
Totschlags erhaltenen) sechs
JahrenFestungshaft bekommen hatte, im Juni 1839 eine Untersuchung
gegen ihn eingeleitet, er selbst vom
Amt suspendiert und zwei
Monate später in
Haft genommen wurde.
Erst im
August 1840 wurde die
Voruntersuchung geschlossen und vom Kriminalsenat des kurfürstlichen
Obergerichts die Hauptuntersuchung verfügt. Am erfolgte endlich die
Publikation des Urteilsspruchs: J. ward wegen
Nichtverhinderung eines
Komplotts zu fünfjähriger
Festungsstrafe, wobei die erlittene vierjährige
Untersuchungshaft nur mit
sechs
Monaten in Abzug zu bringen sein sollte, und zur Bezahlung des auf ihn fallenden Teils der Prozeßkosten
verurteilt. Da nach ärztlichem
ZeugnisJordans Gesundheitszustand seine Einkerkerung verbot, so wurde er zunächst in seinem
Haus durch eine Gendarmenwache von sechs Mann bewacht und, als er eine
Beschwerde über administrative
Willkür einreichte, 2. Aug. wieder
ins Gefängnis gebracht. Abermals verflossen zwei Jahre, ehe das
Oberappellationsgericht zu
Kassel sein
Endurteil abgab das J. völlig freisprach, ihn unter
Niederschlagung der
Kosten aus der Untersuchung entließ und
ihn nur wegen unziemlicher Schreibart in einer
Stelle seiner
¶
Vgl. außer
seiner »Selbstverteidigung« (2. Aufl., Mannh.
1845) Trinks und Julius, JordansLeben und Leiden
[* 18] (Frankf. 1845).
3) Rudolf, Maler, geb. zu Berlin,
[* 19] begann daselbst seine künstlerische Ausbildung unter Wach, verließ
denselben jedoch schon 1830 und machte in Rügen Naturstudien, auf Grund deren sein erstes Genrebild: die Fischerfamilie, entstand. 1833 wandte
er sich nach Düsseldorf
[* 20] und arbeitete in der dortigen Akademie bei Schadow und K. Sohn. Dort begründete er 1834 seinen Ruf durch
den Heiratsantrag auf Helgoland
[* 21] (Nationalgalerie zu Berlin), der durch Nachbildungen sehr beliebt wurde.
Von da ab widmete er sich ausschließlich der Schilderung des Fischer- und Schifferlebens, wozu er sich die Stoffe auf häufigen
Reisen nach Holland, Belgien
[* 22] und Frankreich holte. Er stellt mit gleichem Geschick humoristische wie ernste, selbst tragische
Szenen dar. Seine Auffassung ist gesund, mitunter wahrhaft poetisch, die Zeichnung scharf individualisierend.
Seine Färbung war anfangs kräftig und ist erst zuletzt etwas flauer geworden. Seine spätern Hauptwerke sind: die vergessenen
Stiefel (1835), zurückkehrende Lotsen (1836, Berliner
[* 23] Nationalgalerie), das Lotsenexamen (1842), die Lotsensturmglocke, Szene
in den Dünen nach dem Sturm (1844), Rettung aus dem Schiffbruch (1848), betende Weiber mit ihrem Geistlichen
in Sturmesnot (1852), die Krankensuppe (in der Kunsthalle zu Düsseldorf), Suppentag im Kloster (Museum zu Köln),
[* 24] das Altmännerhaus
an der holländischen Küste (1864, Nationalgalerie in Berlin), Strandwache, eine Hochzeit auf der InselMarken, das Frauenhaus
zu Amsterdam,
[* 25] gestrandete Passagiere, der Witwe Trost (1866, Nationalgalerie zu Berlin), das Begräbnis des
alten Seemanns (1874), nach durchwachter Nacht, Schiffbruch an der Küste der Normandie (1880), Rückkehr vom Heringsfang (1881),
holländische Strandkneipe (1884) und eine große Zahl größerer und kleinerer Familienszenen.
Minder glücklich sind seine Darstellungen aus dem italienischen Volksleben. Viele von Jordans Gemälden sind durch Stich,
Lithographie etc. weit verbreitet. Auch als Aquarellmaler, Illustrator und Radierer hat
er sich vorteilhaft bekannt gemacht. Er starb als königlicher Professor und im Besitz der großen goldenen Medaille
der BerlinerAusstellung.
Unter allen diesen Werken sind »Die Witwe des Agis« und »Demiurgos« als bisherige Hauptwerke
zu bezeichnen, letzteres eine philosophische Dichtung in episch-dramatischer Form, eine Art Faustiade, rücksichtlich der
Gedanken nicht ohne Verdienst, aber breit und ohne Handlung. 1865 begann J. als wandernder Rhapsode mit dem
Vortrag einer Wiederherstellung der Nibelungensage: »Nibelunge«, welche (in Stabreimen abgefaßt) in zwei getrennten Teilen:
»Sigfriedsage« (Frankf. 1869, 12. Aufl. 1885)
und »Hildebrants Heimkehr« (7. Aufl., das.
1885),
erschien, an den verschiedensten Orten mit Beifall aufzutreten und hat seine Reisen bis nach Amerika
[* 37] ausgedehnt. Seine
Anschauung über die mögliche Wiederbelebung des altdeutschen Epos legte J. in den Schriften: »Das Kunstgesetz
Homers und die Rhapsodik« (Frankf. 1869),
»Der epische Vers und der Stabreim« (das. 1868) und »EpischeBriefe« (das. 1876) dar.
Bei glänzenden Stellen und echt epischen Vorzügen im einzelnen, welche in seinem mündlichen Vortrag lichtvoll heraustreten,
machen die »Nibelunge« doch mehr den Eindruck eines interessanten poetischen Experiments als einer unmittelbaren
und darum ganz lebendigen Schöpfung. Immerhin aber fand das große, konzentrierte Werk Interesse und Teilnahme und half Verständnis
und Sinn für unsre germanische Vorzeit
¶
mehr
beleben. Außer den »Nibelunge« publizierte J. in den letzten Jahren: »Durchs Ohr«,
[* 39] Lustspiel (Frankf. 1871, 5. Aufl. 1885);
6) Henri, namhafter Philolog, geb. zu Berlin, studierte 1852-56 in Bonn
[* 40] und Berlin, wirkte als Schulamtskandidat am
Friedrichswerderschen Gymnasium zu Berlin, habilitierte sich Ostern 1861 daselbst, war Studien halber im
Herbst 1861 bis Ostern 1863 in Italien
[* 41] und wurde 1867 ordentlicher Professor der klassischen Philologie in Königsberg, wo er starb.
Seine Hauptwerke sind: »M. Catonis praeter librum de re rustica quae extant« (Leipz. 1860);
7) Max, Kunstschriftsteller, geb. zu Dresden,
[* 46] besuchte von 1856 an die UniversitätenJena,
[* 47] Berlin, Bonn und Leipzig
und veröffentlichte, anfangs dem Geschichtsstudium zugewandt, eine Monographie über GeorgPodiebrad, den
Böhmenkönig. Eine längere Reise 1861 nach Italien bestimmte ihn jedoch, zur Kunstgeschichte überzugehen. Er wurde 1870 Direktor
des städtischen Museums in Leipzig und habilitierte sich 1872 mit »Untersuchungen über das MalerbuchdesL. da Vinci« (Leipz. 1873) daselbst als Dozent an der Universität. Er gab in dieser Zeit und später
Werke von Genelli, Schnorr von Carolsfeld und andern Meistern der neuern deutschen Kunst heraus, deren Popularisierung er eifrig
zu fördern suchte. 1874 wurde J. Direktor der königlichen Nationalgalerie zu Berlin, 1879 Mitglied des Senats der königlichen
Akademie der bildenden Künste, 1880 vortragender und GeheimerRegierungsrat im preußischen Kultusministerium.
Er lieferte eine deutsche Ausgabe der »History of painting in Italy« und der »History
of painting in North Italy« von Crowe und Cavalcaselle (Leipz. 1869-74, 6 Bde.)
sowie des »Life of Titian« derselben Verfasser (das.
1877) und gab außer dem Katalog das »Album der Nationalgalerie« heraus.
1) Feodor Iwanowitsch, russ. Kupferstecher, geb. 1800 zu
Pawlowsk, besuchte in dem benachbarten Petersburg die Akademie, wo er sich unter Utkin seinem Fach widmete und die goldne
Medaille erhielt. Dann ging er zu seiner weitern Ausbildung nach Paris, wo er Schüler von Richomme war, nach London, wo er
unter Abraham Raimbach lernte, und nach Rom, wo er 15 Jahre blieb und 1850 den Stich der Transfiguration
nach Raffael vollendete. Unter seinen übrigen bedeutenden Stichen nennen wir: eine heil. Familie,
nach Raffael; eine Pietà, nach Cigoli; andre nach russischen Malern und mehrere Porträte. Er ist Inhaber des Annenordens
erster Klasse, lebt als Staatsrat und Mitglied der Akademie in Petersburg.
2) Rudolf, Genremaler in Düsseldorf, geb. zu Berlin als Sohn des aus einer französischen
Emigrantenfamilie stammenden Justizrats J., wollte anfangs die Stallmeisterkarriere ergreifen, widmete sich aber auf Wachs
Veranlassung der Malerei, trat jedoch nicht in dessen Atelier, da ihm Wachs Richtung bei seiner realistischern
Sinnesweise nicht zusagte. Unter den Strandbewohnern der Insel Rügen machte er 1829 seine ersten Studien, die das Bild einer
Fischerfamilie zur Folge hatten, das in Besitz des Königs kam und ihn ermutigte, auf die Akademie nach Düsseldorf zu gehen,
der er von 1833 bis 1840 als Schüler von Schadow und Sohn, dann bis 1848 als Mitglied der Meisterklasse
angehörte. Gleich anfangs machte er das Fischer- und Lotsenleben zu seinem Hauptstudium, in das er sich auf seinen wiederholten
Reisen an die Küsten
¶
mehr
von Holland, Belgien und Frankreich mit unendlicher Liebe und in seinen Bildern von kräftigem, wirkungsvollem Kolorit mit
großem Fleiß vertiefte. Überall ist er interessant und fesselnd durch einen sei es tragischen, sei es humoristischen Vorgang
und treue Darstellung aller Lebensverhältnisse jener Menschenklasse. Bald nach der erwähnten Fischerfamilie von Rügen
folgte 1834 der bekannte Heiratsantrag auf Helgoland, der in unzähligen Nachbildungen und Variationen
verbreitet wurde (Nationalgallerie in Berlin). 1835 folgte neben den humoristischen vergessenen Stiefeln und dem Abend auf
Helgoland das tragische Bild der zurückkehrenden Lotsen.
Als die bedeutendsten der dann folgenden zahlreichen Bilder verwandten Inhalts nennen wir nur: die Lotsensturmglocke
(1837; 1838 wiederholt), das heitere Lotsenexamen, entstanden unter dem Einfluß von Hasenclevers Examen des Kandidaten Iobs,
die Schiffswinde in der Normandie (1843, Nationalgallerie), Scene in den Dünen nach dem Sturm (1844), Weiber holen Männer
zur Rettung eines gefährdeten Schiffs (1845), Rettung aus dem Schiffbruch (1848, Museum in Dresden, neuerdings in
veränderter Wiederholung), die erste Lüge (1849), betende Weiber in Sturmesnot (1852), die Rückkehr des Fischers (1855),
die Krankensuppe (Gallerie in Düsseldorf), Besuch am Morgen nach der Hochzeit (1861, Museum in Leipzig), holländisches
Altmännerhaus und der Witwe Trost (beide 1866, Nationalgallerie), Suppentag in einem französischen Kloster (1868), Strandwache,
Frauenhaus zu Amsterdam, Begräbnis des alten Seemanns, Schiffbrüchige in der Strandkneipe (1872)
und 1876 das ergreifende Bild: alle Boote kehrten zurück, nur eins fehlte (Privatbesitz in Hamburg).
Vor einigen Jahren machte er eine Reise nach Italien und versuchte sich, aber mit viel geringerm Glück, auch in der Darstellung
des dortigen Volkslebens. Neben allen diesen Bildern brachte er manche Aquarelle und Zeichnungen, radierte
mehrere Blätter nach Robert Reinick und beteiligte sich bei den Illustrationen von Musäus' Volksmärchen. Er ist Mitglied
mehrerer Kunstakademien und Inhaber des Roten Adlerordens dritter Klasse. Zu seinen bekanntesten Schülern gehören Vautier,
Geertz und der bereits verstorbene Albert Kindler.
Henri, Altertumsforscher, geb. zu Berlin, aus einer zur franz. Kolonie gehörigen Familie, studierte
in Bonn und Berlin, habilitierte sich daselbst und wurde 1867 Professor in Königsberg, wo er starb. Seit 1861 oft
wiederholte Reisen nach Italien, die anfangs hauptsächlich textkritischen Untersuchungen auf den Bibliotheken
galten, regten J.s ausgezeichnete Forschungen auf dem Gebiete der röm. Religionsgeschichte und
später seine umfassenden Studien über die TopographieRoms an. Er veröffentlichte u. a.: «Catonis praeter librum de re rustica
quae extant» (Lpz. 1860),
Max, Kunstschriftsteller, geb. in Dresden, widmete sich anfänglich in Jena, Berlin, Bonn und Leipzig
dem Studium der polit. Geschichte und wendete sich später dem der Kunstgeschichte zu. 1872 zum Direktor des Museums zu Leipzig
berufen, habilitierte er sich gleichzeitig an der dortigen Universität für das Fach der neuern Kunstgeschichte, siedelte
jedoch 1874 nach Berlin über, um die Einrichtung und Leitung der neu entstehenden Nationalgalerie zu übernehmen und die
Lehrthätigkeit an der dortigen Universität fortzusetzen. 1880 trat er unter Beibehaltung dieses Amtes in das preuß.
Kultusministerium als vortragender Rat für Kunstangelegenheiten, wurde Senator der Akademie der Künste daselbst und Mitglied
der Landes-Kunstkommission.
Seit 1881 ist er auch Geschäftsführer der Verbindung für histor. Kunst. Außer gelegentlichen Publikationen über Genelli,
Preller, Schnorr u. a. neuere deutsche Künstler sowie verschiedenen Stücken in Dohmes «Kunst und Künstler» veröffentlichte
J.: «Das Königtum Georgs von Podiebrad» (Lpz. 1861),
«Das Malerbuch des Lionardo da Vinci» (ebd. 1873),
die deutschen Originalausgaben der Werke von Crowe und Cavalcaselle: «Geschichte der ital. Malerei» (6 Bde.,
ebd. 1869–76) und «Leben Tizians» (2 Bde., ebd. 1877),
ferner den «Beschreibenden Katalog
der Nationalgalerie» (Berl.
1876; 8. Aufl. 1888),
das «Stammbuch der Nationalgalerie» (ebd. 1880) und gemeinschaftlich mit R. Dohme
«Das Werk A. Menzels» (Münch. 1886–90). ^[]
Rudolf, Genremaler, geb. zu Berlin, war ein SchülerWachs. Nachdem er schon mit dem Erstlingswerk:
Das Innere einer Lotsenhütte (1831; im Besitz des DeutschenKaisers) Erfolg gehabt hatte, setzte er seine
Kunststudien 1833 zu Düsseldorf unter der Leitung von Schadow und Sohn fort. 1834 trat er mit seinem Heiratsantrag auf Helgoland
(Berlin, Nationalgalerie) hervor, welchem Die Trauerbotschaft der Lotsen (1836), Das Sturmläuten auf Helgoland (1838), Das
Lotsenexamen (1842), Bootswinde in der Normandie (1843; Berliner Nationalgalerie), Schiffbruch an der normänn.
Küste (1848; DresdenerGalerie), Die betenden Waisen beim Sturm (1852), Der Tod des Lotsen (1856; Berliner Nationalgalerie), Die
Krankensuppe und Die Zeit des ersten Kindes (1862; Kunsthalle in Düsseldorf), Der erste Besuch am Morgen nach der Hochzeit
(1861; im städtischen Museum zu Leipzig), Das holländ. Altmännerhaus und Der Witwe Trost (beide 1866;
in der Berliner Nationalgalerie) folgten. Er hatte hierzu die Küsten der Nord- und Ostsee wiederholt bereist und selten zu
einem binnenländischen Motiv, wie Der Suppentag in einem franz. Kloster (1868; im städtischen Museum zu Leipzig) oder Die
gefallene Tochter (Museum in Breslau),
[* 52] gegriffen.
Von seinen spätern Werken erheben sich noch einzelne zu gleicher Höhe wie die frühern, so Die Schiffbrüchigen
in der Strandkneipe (1872),AlleBoote kehren zurück, nur eins nicht (1876) und Die holländ.
Strandkneipe (1884). Aus einer Studienreise nach Italien (1877 und 1878) entsprangen geringe Bilder, wie Der Milchladen, Die
Römische
[* 53] Osteria, Die Bettlerin u. s. w. Eine größere Anzahl
von Aquarellen, Radierungen und Illustrationen haben auch dazu beigetragen, J. den besten deutschen Genremalern anzureihen.
Er war bis zu seinem Tode, Professor an der Akademie zu Düsseldorf.
Sylvester, Jurist und Staatsmann, geb. zu Omes, einem Weiler bei Innsbruck, studierte in Landshut
die Rechte, war dann Hauslehrer in Wien,
[* 54] hierauf kurze Zeit beim Landgericht zu Rosenheim in Bayern angestellt. Später war
er Sachwalter in Landshut und München, habilitierte sich 1821 in Heidelberg und folgte im September desselben Jahres einem
Rufe als außerord. Professor der Rechte nach Marburg, wo er 1822 ord. Professor wurde. Im Okt. 1830 als
Vertreter der Universität in die kurhess. Ständeversammlung gewählt, nahm er Anteil an der Entwerfung der Verfassung von 1831 und
übte auch auf die Verhandlungen des ersten konstitutionellen Landtags entscheidenden Einfluß.
Dadurch zog er sich aber das Mißfallen der Regierung zu, und als ihn nach Auflösung des Landtags die
Universität wieder zu ihrem Vertreter wählte, gab ihm das Ministerium keinen Urlaub. Der Beschluß der Ständeversammlung,
daß dem Eintritt J.s nichts im Wege stehe, war der Anlaß zu ihrer Auflösung Im Juni 1839 wurde J. plötzlich
in Untersuchung genommen, vom Amte suspendiert und ins Gefängnis gesetzt, weil er in die hochverräterischen
Verbindungen von 1832 und 1833 verflochten sein sollte. Die ungewöhnlich lange Dauer seines Prozesses und die endliche Verurteilung
in erster Instanz (1843)
¶
mehr
zu Kassation und fünfjähriger Festungsstrafe machten den Prozeß berühmt. Im Mai 1845 ward er gegen Kaution zunächst aus
dem Gefängnis entlassen und im Okt. 1845 in oberster Instanz freigesprochen. 1848 nahm J. teil an dem FrankfurterVorparlament
und ward mit dem Titel eines Geh. Legationsrats als Bevollmächtigter Kurhessens an den Bundestag gesandt.
Auch saß er als Abgeordneter eines kurhess. Wahlbezirks in der Deutschen Nationalversammlung, wo er im gemäßigten Sinne
zu wirken suchte. Später lebte J. zu Frankfurt, dann zurückgezogen in Cassel, wo er starb.
Vgl. außer seiner
«Selbstverteidigung in der wider ihn geführten Kriminaluntersuchung» (Mannh.
1844) die drei Verteidigungsschriften J.s von A. Boden (Frankf. 1843–44).
Ferner schrieb er: «Versuche über allgemeines Staatsrecht» (Marburg 1828) und «Lehrbuch des allgemeinen und deutschen Staatsrechts»
(Abteil. 1,Cass. 1831). –
Vgl. Trinks und Julius, S. J.s Leben und Leiden (Lpz. 1845).
Wilh., Dichter und Ästhetiker, geb. zu Insterburg
in Ostpreußen,
[* 56] studierte 1838–42 in Königsberg und widmete sich erst in Berlin, seit 1844 in Leipzig der schriftstellerischen
Thätigkeit. Wie seine ersten poet. Arbeiten, darunter «Irdische Phantasien» (Königsb. 1842) und «Schaum»
(Lpz. 1846),
bekunden, huldigte er dem ostpreuß. Liberalismus und der junghegelschen Philosophie. Gründliche Studien verrät
seine «Geschichte der Insel Haïti» (2 Bde., Lpz.
1846–49). In seiner Monatsschrift «Die begriffene Welt» (ebd. 1844–45)
suchte er als einer der ersten die volkstümliche Darstellung der Naturwissenschaften in die Unterhaltungslitteratur einzuführen.
Im Herbst 1846 wegen eines angeblich atheistischen Toastes aus Leipzig und Sachsen verwiesen, wandte sich J. zunächst nach
Bremen, im Frühjahr 1848 nach Paris und dann nach Berlin, wo ihn der oberbarnimsche Kreis
[* 57] in die Deutsche
[* 58] Nationalversammlung wählte.
Hier gehörte er erst zur Linken, bis seine Rede zur Posener Frage den Bruch mit ihr herbeiführte und er sich der Gagernschen
Partei anschloß. Schon im Mai 1848 war er in den Flottenausschuß und von diesem zum Sekretär erwählt
worden. Im Herbst 1848 berief ihn hierauf Duckwitz als Marinerat in das Reichsministerium des Handels. Vom Reichsverweser
durch definitives Patent als Ministerialrat bestätigt, blieb J. in dieser Stellung bis zur Auflösung der deutschen Flotte.
Von der Bundesversammlung pensioniert, lebt er seitdem zu Frankfurt a. M.
J.s erste größere poet. Arbeit ist «Demiurgos. Ein Mysterium» (3 Bde.,
Lpz. 1852–54),
«Arthur Arden» (Frankf. 1872) und «Liebe, was
du lieben darfst» (ebd. 1892) zu nennen; seine liebenswürdigen und geistreichen Lustspiele «Die Liebesleugner» (ebd. 1855),
«Tausch enttäuscht» (ebd. 1856; 2. Aufl. 1884) und namentlich «Durchs
Ohr» (1885; 6. Aufl. 1889) haben nachhaltige Bühnenerfolge gehabt. Übertragungen
lieferte J. von Sophokles (2 Bde., Berl. 1862),
von den «Gedichten» Shakespeares (ebd. 1861) und mehrern Schauspielen desselben: «Macbeth», «König Lear»,
«Richard Ⅲ.», «Romeo und Julie»,
«Othello», «Cymbeline» (Hildburgh. 1865 fg.),
von der
«Odyssee» (Frankf. 1875; 2. Aufl. 1889),
der «Ilias» (ebd. 1881; 2. Aufl. 1892) und der
«Edda» (2. Aufl., ebd. 1890). Sein Hauptwerk
aber ist das Doppel-Epos «Die Nibelunge» (erstes Lied: «Sigfridsage»,
Frankf. 1868; 13. Aufl. 1889; zweites Lied: «Hildebrants
Heimkehr», ebd. 1874; 9. Aufl. 1891), ein Meisterstück epischer Komposition und sprachlicher Formung. J. hat diese in allitterierenden
Stabreimen abgefaßte Dichtung schon mehrere Jahre vor ihrem Erscheinen als reisender Rhapsode mit großem Erfolg in der Alten
und der Neuen Welt frei vorgetragen. Der Geschichte und Technik des Epos gewidmet sind seine Schriften:
«Der epische Vers der Germanen und sein Stabreim» (Frankf. 1868),
«Das Kunstgesetz Homers und die Rhapsodik» (ebd. 1869),