Perpignan
(spr. -pinjang), Hauptstadt des franz. Departements Ostpyrenäen und der vormaligen Grafschaft Roussillon, 11 km vom Mittelländischen Meer, zum Teil auf einem Hügel, zum Teil in einer herrlichen Ebene an der Tet gelegen, über welche eine lange steinerne Brücke [* 3] führt, durch Eisenbahnen mit Narbonne, Prades und Port Vendres (Eisenbahnlinie nach Barcelona) [* 4] verbunden, ist Festung [* 5] und Kriegsplatz erster Klasse, welcher die sämtlichen Straßen über die Ostpyrenäen in sich vereinigt und deckt.
Die Citadelle umfaßt das alte Schloß der Grafen von Roussillon und eine Kapelle mit schönem maurischen Portal. Außerdem wird die Stadt vom Kastell Dougon beherrscht. Bemerkenswerte Gebäude sind ferner: die unvollendete Kathedrale St.-Jean, deren Bau 1324 begonnen wurde, im Innern einschiffig, mit Bildwerken überladen;
dabei ein Glockenturm und die kleine romanische Kirche St.-Jean le Vieux (ehemals Sitz der Inquisition);
die alte Tuchbörse (Loge, 1396 in maurisch-gotischem Stil errichtet);
das Castillet (jetzt Gefängnis, 1319 im maurischen Stil erbaut);
das Stadthaus (1692);
das Gebäude der ehemaligen Universität;
der moderne Justizpalast, vor welchem sich das Standbild des Physikers Arago erhebt, und das Präfekturgebäude.
Die Einwohnerzahl beträgt (1886) 23,858 (als
Gemeinde 34,183). Die Erwerbszweige der
Bevölkerung
[* 6] sind:
Obst- und Gemüsebau,
Schaf- und
Seidenzucht, Fabrikation von
Tuch, Korkpfropfen,
Branntweinbrennerei, namentlich aber
Handel mit
Wein
(Rivesaltes u. a.),
mit
Spirituosen,
Wolle,
Öl etc. Zur
Förderung des
Handels und der
Industrie dienen eine Warenbörse, eine
Handelskammer und eine
Filiale der
Bank von
Frankreich. An Bildungsanstalten besitzt die Stadt ein
Collège, ein Priesterseminar,
eine
Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, Lehrkurse für
Physik,
Chemie,
Zeichnen,
Mechanik,
Architektur und
Geburtshilfe, ferner
ein Musikkonservatorium, eine
Bibliothek von 20,000
Bänden, ein Naturalienkabinett, Kunstmuseum, einen
botanischen
Garten
[* 7] und mehrere
gelehrte Gesellschaften. Perpignan
ist der Sitz des
Präfekten, eines
Bistums, eines
Gerichts- und Assisenhofs
und eines Handelsgerichts. Östlich von Perpignan
(5 km) liegt der isolierte
Turm
[* 8] Castelrossello an der
Stelle des alten Ruscino (s.
Roussillon) und (11 km) das besuchte
Seebad
Canet. - Perpignan
war im
Mittelalter die Hauptstadt der
Grafschaft
Roussillon
und gehörte mit dieser seit 1172 zu
Aragonien.
Die 1349 von
Peter von
Aragonien hier gestiftete
Universität ging zur Zeit der ersten französischen
Revolution ein. Hier fand 1415 eine
Zusammenkunft zwischen dem deutschen König
Siegmund, König
Ferdinand I. von
Aragonien und
Papst
Benedikt
XIII. statt. 1475 wurde Perpignan
nach langer Belagerung von den
Franzosen erobert, aber 1493 an
Spanien
[* 9] zurückgegeben.
Kaiser
Karl
V. begann die
Befestigung der
Citadelle, und
Philipp II. vollendete sie 1577. Die
Franzosen unter
Richelieu eroberten Perpignan
1642 zum
zweitenmal und erhielten es im
Pyrenäischen
Frieden definitiv abgetreten.