Strafaufschub
(Aufschub des Strafverfahrens), die vorläufige Aussetzung der Vollstreckung einer rechtskräftig zuerkannten Strafe. Solange ein Strafurteil noch nicht rechtskräftig ist, d. h. solange es noch durch ein ordentliches Rechtsmittel, wie Berufung oder Revision, angefochten werden kann, ist die Strafe nicht vollstreckbar. Wird innerhalb der dazu gesetzten Frist ein solches Rechtsmittel eingelegt, so kann die erkannte Strafe nicht vollstreckt werden, bis über das Rechtsmittel entschieden ist (sogen. Suspensiveffekt des Rechtsmittels).
Ist aber eine Strafe rechtskräftig erkannt, so ist sie zu vollstrecken, doch kann nach der deutschen Strafprozeßordnung (§ 488) ein S. gewährt werden, wenn durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen würden. Der S. darf aber in solchen Fällen den Zeitraum von vier Monaten nicht übersteigen; er kann an eine Sicherheitsleistung oder an andre Bedingungen geknüpft werden. In einigen andern Fällen muß ein S. eintreten; so, wenn der Verurteilte eine Freiheitsstrafe zu verbüßen hat und in Geisteskrankheit verfällt, ebenso bei andern Krankheiten, wenn von der Strafvollstreckung eine nahe Lebensgefahr für den Verurteilten zu besorgen steht, oder wenn dieser sich in einem körperlichen Zustand befindet, bei welchem eine sofortige Vollstreckung mit der Einrichtung der Strafanstalt unverträglich ist (Strafprozeßordnung, § 487). Bei Todesurteilen tritt insofern stets ein S. ein, als sie nicht eher vollstreckt werden dürfen, bis die Entschließung des Staatsoberhaupts, und in denjenigen Sachen, in denen das Reichsgericht in erster Instanz erkannt hat, die Entschließung des Kaisers ergangen ist, von dem Begnadigungsrecht keinen Gebrauch machen zu wollen. An schwangern oder geisteskranken Personen dürfen Todesurteile nicht vollstreckt werden.
Durch einen Antrag auf Wiederaufnahme (s. d.) des Verfahrens wird die Vollstreckung des Urteils nicht gehemmt. Das Gericht kann jedoch einen S. oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. Strafbefehl (Strafmandat, Strafverfügung), bei Übertretungen und geringfügigen Vergehen der Erlaß des Strafrichters, welcher dem Beschuldigten ohne vorgängiges Gehör [* 2] eine bestimmte Strafe festsetzt. Diese Strafe wird vollstreckbar, wenn der Beschuldigte nicht binnen einer Woche nach der Zustellung Einwendung (Einspruch) dagegen erhebt.
Im Fall eines Einspruchs wird zur Hauptverhandlung geschritten. Nach der deutschen Strafprozeßordnung darf die in dem S. angedrohte Strafe nicht über 150 Mk. Geldstrafe oder sechs Wochen Freiheitsstrafe hinausgehen. Bei Übertretungen können auch Polizeibehörden Strafbefehle erlassen und Haft bis zu 14 Tagen oder Geldstrafe verfügen. Derartige Strafbefehle heißen Strafverfügungen im Gegensatz zum S. des Amtsrichters und zum Strafbescheid (s. d.) der Verwaltungsbehörde.
Vgl. Deutsche [* 3] Strafprozeßordnung, § 447 ff., 453 ff.; Österreichische, § 460 ff.