Titel
Wesel
,
[* 1] 1) Stadt und starke Festung [* 2] im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, [* 3] Kreis [* 4] Rees, am Einfluß der Lippe [* 5] in den Rhein, über welchen hier eine Schiffbrücke und eine Eisenbahnbrücke führen, Knotenpunkt der Linien Venlo-Haltern, Oberhausen-Emmerich und Wesel-Bocholt der Preußischen Staatsbahn und der Nordbrabant-Deutschen Eisenbahn, 27 m ü. M. hat 3 evang. Kirchen (darunter die Willibrordkirche von 1181, im gotischen Stil, seit 1883 in der Restauration begriffen, und die Mathenakirche von 1429, mit 102 m hohem Turm), [* 6] 2 kath. Kirchen, eine Synagoge, ein 1390-96 im altgotischen Stil erbautes Rathaus mit reichgegliederter Fassade und mehreren Standbildern, ein 1417 vom Herzog Adolf von Kleve erbautes Gouvernementshaus (jetzt Wohnung des Kommandanten), mehrere Zeughäuser und Kasernen, ein Schauspielhaus, einen Hafen etc. Die Festungswerke bestehen aus mehreren Bastionen, Ravelins und andern Außenwerken sowie einer in der Gabel zwischen Rhein und Lippe liegenden Citadelle und mehreren Forts, von denen das Fort Blücher und Fort I am linken Rheinufer. Auf dem Exerzierplatz steht ein 1835 errichtetes Denkmal zur Erinnerung an die elf preußischen Offiziere des Schillschen Freikorps, welche auf Napoleons I. Befehl hier erschossen wurden. Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 57, 2 Infanteriebataillone Nr. 56 und 2 Abteilungen Feldartillerie Nr. 7) auf 20,677 Seelen, darunter 9474 Evangelische, 10,941 Katholiken und 240 Juden.
Die Stadt hat bedeutende Ziegeleien, Drahtzieherei, ein Bleiwalzwerk,
Farben-,
Lack-,
Kratzen-,
Pianoforte-,
Tabaks-,
Zigarren-,
Öl-, Geldschrank-, Schlosserwaren- und Seifenfabrikation,
Schiffbau, Zuckerraffinerie etc. Der
Handel, unterstützt
durch eine Reichsbanknebenstelle und eine
Handelskammer, ist besonders lebhaft in
Getreide,
[* 7]
Käse und Seefischen, auch findet
alle 14
Tage ein besuchter Viehmarkt statt. Im
Hafen von Wesel
kamen 1887 an: 2148
Schiffe
[* 8] und 280
Flöße mit
23,708
Ton.
Gütern inkl. Floßholz; es gingen ab: 2148
Schiffe und 100
Flöße mit 3725 T.
Gütern inkl. Floßholz. Wesel
ist Sitz
des
Kommandos der 28. Infanteriebrigade, eines Amtsgerichts, eines
Hauptsteueramtes, der Niederrheinischen Güterassekuranzgesellschaft
und hat ein
Gymnasium, ein evangelisches und ein kath. Waisenhaus, viele
milde Stiftungen etc. -
Wesel
, ursprünglich dem
Reiche gehörig, kam im 13. Jahrh. an die
Grafen von
Kleve und erhielt von
Dietrich VI. 1241
Stadtrecht. 1368 fiel
die Stadt an den
Grafen
Engelbert III. von der
Mark und nach dessen
Tod 1391 wieder an
Kleve zurück. Trotz
dieser Unterthänigkeit galt sie noch 1521 als Reichsstadt, besonders wegen der Privilegien, welche sie vom
Grafen
Johann (1347-68)
erhalten hatte. Auch gehörte sie dem Hansabund an. Nach
Ausbruch des klevischen Erbfolgestreits bemächtigten sich die
Spanier,
welche den
Pfalzgrafen
Wolfgang von
Neuburg
[* 9] unterstützten, unter
Spinola Wesels
und behaupteten
es 15 Jahre, bis mittels einer Kriegslist sich
Prinz
Friedrich
Heinrich von
Oranien des Platzes bemächtigte und ihn
an
Brandenburg
[* 10] übergab. 1672-74 und während des Siebenjährigen
Kriegs war Wesel
von den
Franzosen besetzt. Im
Vertrag von
Schönbrunn an
Napoleon I. abgetreten, kam Wesel
1806 an das Großherzogtum
Berg, ward 1810
Frankreich einverleibt und fiel
1814, nach vorhergegangener Belagerung, infolge des
Pariser
Friedens an
Preußen
[* 11] zurück.
Vgl. Gantesweiler,
Chronik der Stadt
Wesel
(Wesel
1881);
Wolters, Reformationsgeschichte der Stadt Wesel
(Bonn
[* 12]
^[Abb.:
Wappen
[* 13] von Wesel.]
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1868); Reinhold, Verfassung und Verwaltung Wesels
im Mittelalter (Bresl. 1888).
2) S. Oberwesel.