Alizarin
,
einer der schönsten und beständigsten Farbstoffe, kommt als
Glykosid
(Ruberythrinsäure) im Krapp (s. d.)
fertig gebildet vor und wurde früher aus demselben fabrikmäßig gewonnen. Seit aber 1886
Gräbe und
Liebermann die chem. Konstitution des Alizarin
feststellten und eine
Synthese desselben auffanden
(die erste
Synthese eines Pflanzenfarbstoffes),
wird das Alizarin
nur auf künstlichem Wege aus dem im
Steinkohlenteer enthaltenen
Anthracen dargestellt.
Das Alizarin
ist ein
Dioxyanthrachinon: ^[img] = C14H8O4 .
Seine technische
Darstellung zerfällt in drei
Operationen. Zuerst wird
Anthracen (s. d.), C14H10 , durch
Oxydation in
Anthrachinon, C14H8O2 , übergeführt: dieses wird dann zunächst durch Erhitzen mit
rauchender Schwefelsäure
[* 2] in Anthrachinonmonosulfonsäure, C14H7O2.SO3H ^[C14H7O2.SO3H], verwandelt.
Das Natriumsalz dieser Säure wird hierauf durch einen sehr sorgfältig zu leitenden Schmelzprozeß mit
Ätznatron in Alizarin
natrium übergeführt. Das Gemisch von anthrachinonsulfonsaurem Natron und
Ätznatron wird in eisernen
Druckkesseln längere Zeit auf eine
Temperatur von etwa 180° erhitzt. Hierbei finden zwei verschiedene chem. Vorgänge statt.
Zuerst wird die Sulfogruppe nach folgender
Gleichung durch die Natriumorylgruppe ersetzt:
C14H7O2.SO3Na ^[C14H7O2.SO3Na] + NaOH = C14H7O2.ONa ^[C14H7O2.ONa] + NaHSO3 .
Es entsteht die Natriumverbindnng des Monooxyanthrachinons, welch letzteres kein Farbstoff ist. Durch weitere Einwirkung
des
Ätznatrons wird dasselbe zu Alizarin
natrium oxydiert, ein Wasserstoffatom wird durch die Natriumoxylgruppe ersetzt,
während der
Wasserstoff frei wird:
C14H7O2.ONa ^[C14H7O2.ONa] + NaOH = C14H6O2. (ONa)2 ^[C14H6O2. (ONa)2] + H2 .
Um eine reduzierende Wirkung des
Wasserstoffes zu verhüten, fügt man von Anfang an der Schmelze ein
Oxydationsmittel (chlorsaures
Kali) zu. Die entstehende Schmelze wird in kochendem Wasser gelöst und zu der tiefvioletten
Lösung des Alizarin
natriums Säure hinzugefügt, wodurch das in Gestalt von gelben
Flocken ausgefällt wird. Es wird durch
Filterpressen filtriert und mit Wasser ausgewaschen; es kommt in feuchtem Zustande als ziemlich dünner
Brei mit einem Gehalt von meist 20 Proz. (in Pastenform) in den
Handel.
Durch Umkrystallisieren aus
Alkohol oder Sublimieren im Kohlensäurestrom kann das Alizarin
rein erhalten werden. In letzterm Fall
bildet es lange, schmale, glänzende Prismen von orangeroter
Farbe. Es schmilzt bei 282°, löst sich
leicht in
Alkohol und
Äther, schwer in Wasser. Als Diphenol vorhält es sich wie eine Säure, liefert mit
Alkalien violette
lösliche
Salze, die durch
Umsetzung mit Kalk- und Barytsalzen blaue, mit
Eisenoxydsalzen schwarzviolette, mit
Aluminium- und
Zinnsalzen rote Niederschläge (Krapplacke) geben. Auf dieser Eigenschaft des Alizarin
, mit Metalloxyden
gefärbte
Verbindungen zu geben, beruht seine Anwendung in der Färberei und
Kattundruckerei. Die Zeuge werden mit
Thonerde
gebeizt, indem man sie mit essigsaurem
Aluminium tränkt oder bedruckt und erwärmt, wodurch sich in den Fasern Aluminiumhydrat
absetzt. Werden die Zeuge hieraus in die Alizarin
lösung getaucht, so wird
¶
mehr
Alizarin
aluminat in den Fasern gebildet (fixiert). Das Alizarin des Handels enthält auch noch Beimengungen von andern ähnlichen
Verbindungen (Purpurin u. a.), die ihm verschiedene Nuancen erteilen. Das Alizarin
mit
Blaustich ist rein; das Alizarin
mit Gelbstich enthält dagegen nur Purpurine. Die Produktion und der Konsum von Alizarin
beträgt gegenwärtig
etwa 65 t 10prozentiger Paste pro Tag, wovon ⅞ in sechs Fabriken Deutschlands
[* 4] und etwa ⅛ in drei Fabriken
Englands hergestellt werden. Der Preis für 1 kg 20prozentiger Paste ist 1888 auf 1,70 M. gesunken. –
Vgl. G. Schultz, Die Chemie des Steinkohlenteers (2. Aufl., 2 Bde., Braunschw. 1886‒90).