Atmosphäre
(grch.), Dunstkreis,
Luftkreis, im engern
Sinne die Lufthülle, die unsere Erde umgiebt. Seitdem sich die
Forschung auch der Beschaffenheit anderer Himmelskörper zugewandt hat, spricht man auch von den Atmosphäre
anderer
Planeten;
[* 2] man nennt die Hülle glühender
Gase,
[* 3] die den glühenden, festen oder flüssigen Sonnenkörper umgiebt, die Sonnenatmospbäre,
und man behauptet vom Monde, daß er keine Atmosphäre
, d. h. keine gasförmige Umhüllung
seines festen
Kernes besitze. In weiterm
Sinne wendet man den Aufdruck auf jede Gasmasse an, mit der man
einen andern Körper, etwa zum Zweck der Herbeiführung chem. Reaktionen, umgiebt.
Die Atmosphäre
als
Bestandteil der Erde macht trotz ihrer
Ausdehnung
[* 4] wegen der großen Leichtigkeit der
Gase nur einen geringen Bruchteil
der Gesamtmasse der Erde aus. Ihr Gewicht läßt sich unmittelbar berechnen aus dem Druck, den die Luft
auf die Erdoberfläche ausübt. Die Luft steht nämlich, wie alle Körper auf der Erde, unter dem Einflusse der Erdanziehung,
und wenn auch der Druck, den sie ausübt, vermöge der besondern Beschaffenheit der flüssigen und gasförmigen Körper,
nicht nur auf die Unterlage, sondern
auf jede beliebig gelegene
Fläche wirkt, so ist er doch an jeder
Stelle seiner
Größe nach bedingt durch das Gewicht der über der gedrückten
Fläche befindlichen Luftsäule (s. Luftdruck).
Die Angaben des
Barometers (s. d.) lehren uns, daß über dem Meeresspiegel der Druck der
Luft durchschnittlich so groß ist wie der Druck einer Quecksilbersäule von 760
mm Höhe, und da das
Gewicht einer solchen Quecksilbersäule bei 1 qcm Querschnitt 1,033 kg beträgt, so ist auch das Gewicht einer Luftsäule
von 1 qcm Querschnitt und der vollen Höhe der Atmosphäre
1,033 kg. Da nun über jedem
Quadratcentimeter der Erdoberfläche eine solche Luftsäule ruht, so braucht man nur die Oberfläche
der Erde, ausgedrückt in Quadratcentimetern, mit obiger Zahl zu multiplizieren, um das Gesamtgewicht der Atmosphäre
zu
erhalten.
Die Oberflache der Erde beträgt 509950714 qkm = 509950714·100000·100000 oder 509950714 X l010 qcm, das Gewicht der
Atmosphäre
daher 509950714 X 1010 X 1,033 kg, d.i. 526778088 X 1010 oder ungefähr 5,27
X 1018 kg, also weniger als ein Milliontel der Erdmasse; in Wirklichkeit wird der Wert noch etwas geringer sein, weil
die Kontinente sich über die Meeresfläche erheben, und daher die über ihnen lagernde Luftmasse geringer ist. Denkt man
sich die besprochene Luftsäule von 1 qcm Querschnitt aus Luft von überall gleicher
Dichte, beispielsweise
derselben
Dichte, wie sie die Luft am Erdboden besitzt, bestehend, so wird einer solchen
Säule, damit sie ein Gewicht von
1,033 kg besitze, eine bestimmte Höhe zukommen müssen; man nennt diese
Größe die Höhe der homogenen Atmosphäre.
Da 1 ccm
Luft bei 0º und an der Meeresfläche, d. h. bei einem Barometerstande von 760
mm 0,001293 g wiegt, so würde man 799000 solcher
Kubikcentimeter übereinander schichten müssen, um ein Gesamtgewicht von 1,033 kg zu erhalten, d. h.
die Höhe der homogenen Atmosphäre
über dem Meeresspiegel würde etwa 8 km betragen.
Allein dies ist nur eine angenommene Größe; in Wirklichkeit würde das Gewicht der Luftsäule, und damit der Druck, unter dem die Luft steht, in dem Maße abnehmen, als man sich über den Erdboden erhebt. Da aber die Luft in so hohem Grade zusammendrückbar ist, daß ihre Dichte direkt proportional dem Drucke sich ändert (s. Boylesches Gesetz), so vermindert sich mit dem abnehmenden Druck in der Höhe auch die Dichtigkeit der Luft. Je leichter aber die Luft wird, um so langsamer muß wiederum der Druck mit weiterer Erhebung sich vermindern; am Erdboden muß man um 10,5 m, in einer Höhe von 3000 m dagegen um 15,4 m in die Höhe geben, damit das Barometer [* 5] um 1 mm fällt. Infolge dieser Wechselbeziehung zwischen Druck und Dichtigkeit ist die Abnahme des Druckes nicht der Höhe proportional, wie es z. B. unter Wasser der Fall ist, sondern folgt einem verwickeltern Gesetze. (S. Barometrische Höhenmessung.)
Die Atmosphäre
ist also keine homogene Luftmasse von überall gleicher Beschaffenheit, sondern
ihre
Dichte vermindert sich fortwährend mit der Höhe. Von einer Grenze der und einer ihr entsprechenden, bestimmten Höhe
der Atmosphäre
kann daher, genau genommen, überhaupt nicht gesprochen werden. Praktisch freilich kann man insofern
von einer Grenze der Atmosphäre
reden, als die obern Schichten wegen ihrer zu geringen
Dichte für die wichtige
Rolle, welche die Atmosphäre
als Lufthülle der Erde spielt, nicht wesentlich mehr in Betracht kommen. Immerhin aber
erhält man von der Existenz jener obern Schichten
Kunde
¶
mehr
durch gewisse optische Erscheinungen. So hat man aus dem Verlauf der Morgen- und Abenddämmerung berechnet, daß die höchsten
Schichten, die uns noch von der Sonne
[* 7] beleuchtet erscheinen, 60-70 km (8-9 geogr. Meilen) hoch liegen. Auf noch größere
Höhen läßt das Aufleuchten der Sternschnuppen schließen. Heis hat gefunden, daß die Anfangshöhe der
Sternschnuppen 105-112 km beträgt; aber er hat auch solche beobachtet, die bereits in 240 und in 285 km Höhe aufleuchteten.
Da nun die Sternschnuppen schon einen längern Weg in der Atmosphäre
zurückgelegt haben müssen, ehe sie durch die dabei eintretende
Erhitzung zum Aufleuchten kommen, so muß Luft noch in Höhen von mehr als 300 km (40 geogr. Meilen) vorhanden
sein. Auch den Nordlichtern schreibt man ihren Ort in den höhern Schichten der Atmosphäre
zu; doch sind deren Höhenbestimmungen
sehr zweifelhaft. In derartigen Höhen muß die Luft Verdünnungsgrade erreicht haben, die wir uns nicht mehr anschaulich
zu machen vermögen. Schon in 75 km Höhe beträgt die Dichtigkeit der Luft nur noch 1/10000 von der Luftdichte
auf dem Meeresspiegel, eine Verdünnung, die nur mit Quecksilberluftpumpen zu erzeugen möglich ist.
Von dieser Höhenerstreckung der Atmosphäre
ist für uns nur die unterste Schicht von höchstens 15 bis 25 km Höhe
als Sitz der meteorolog. Vorgänge von Wichtigkeit. Die höchsten Cirruswolken hat man in Höhen von 13 bis 14 km
beobachtet. Die Erde selbst erstreckt sich mit ihren höchsten Berggipfeln bis nahe an 9 km in die Atmosphäre
hinein;
aber bei heftigen vulkanischen Ausbrüchen entsendet sie ihre festen, flüssigen oder dampfförmigen Auswurfmassen gelegentlich
in noch größere Höhen.
Beim Krakatau-Ausbruch betrug die Höhe der Rauchsäule bei kleinern Ausdrücken 11 km und stieg bei den heftigsten Ausbrüchen bis zu 30 km an. Den Bewohnern der Erde sind auch diese Höhen bereits unerreichbar, weil schon hier die Luft zu verdünnt ist, als daß lebende Wesen in ihr verweilen könnten. Der Adler [* 8] soll sich bis zu einer Höhe von 5,5, der Kondor bis zu 6,5 km erheben. Die größte Höhe, die der Mensch bisher mittels Luftballons erreicht bat, beträgt 8840 m, ungefähr die Höhe des höchsten Berges der Erde; in dieser Höhe verlor Glaisher bei seinem Aufstieg am das Bewußtsein.
Auch in anderer Beziehung ist die Konstitution des Menschen und der Tiere dem Leben in den untersten Luftschichten angepaßt; denn die Gelenkkugeln der Extremitäten werden im wesentlichen durch den Luftdruck in den Gelenkpfannen erhalten, so daß die Muskeln [* 9] unter gewöhnlichen Umständen nicht die Last der Extremitäten zu tragen, sondern nur ihre Bewegungen zu leiten haben, während sie unter vermindertem Luftdruck zum Tragen der Extremitäten mitwirken müssen.
Ihrer Zusammensetzung nach ist die Atmosphäre ein Gemenge von 20,9 Volumteilen Sauerstoff und 79,1 Volumteilen Stickstoff oder von 23,1 Gewichtsteilen Sauerstoff und 76,9 Gewichtsteilen Stickstoff. Von diesen beiden Gasen ist der Sauerstoff das schwerere; daher müßte in größern Höhen die Luft sauerstoffärmer sein als am Erdboden. Allein Luftproben, die auf Ballonfahrten in verschiedenen Höhen gesammelt worden sind, haben in ihrer Zusammensetzung keine wesentlichen, regelmäßigen Abweichungen von der Luft am Erdboden gezeigt.
Dieser Widerspruch mit der obigen theoretischen Überlegung erklärt sich dadurch, daß diese letztere nur für eine völlig ruhende Atmosphäre Gültigkeit haben könnte; die beständigen Bewegungen und Strömungen in der Atmosphäre aber wirken wie riesige Rührvorrichtungen, welche die Luftmassen der verschiedenen Höhen so völlig durcheinander mischen, daß das Mengenverhältnis von Sauerstoff und Stickstoff überall ungefähr gleich sein muß. Auch an verschiedenen Orten auf der Erdoberfläche und an denselben Orten zu verschiedenen Zeiten sind die Veränderungen in dem genannten Mischungsverhältnis nur sehr geringe; in München [* 10] schwankte nach Jolly der Sauerstoffgehalt zwischen 20,5 und 21,0 Volumprozenten.
Außer Sauerstoff und Stickstoff enthält die in sehr geringer, ziemlich wechselnder Menge (0,04 bis 0,07 Volumprozente) Kohlensäure. Sauerstoff und Kohlensäure stehen vermöge der Lebensvorgänge auf der Erde in eigentümlicher Wechselbeziehung. Der Sauerstoff ist die Lebensluft für Menschen und Tiere. Er wird von ihnen eingeatmet und zum Teil in Form von Kohlensäure wieder ausgeatmet. Die chlorophyllführenden Pflanzen dagegen nehmen die Kohlensäure der Luft auf, zersetzen sie und scheiden Sauerstoff aus. Da der letztere Vorgang sich unter der Einwirkung des Sonnenlichtes abspielt, so ist am Tage der Kohlensäuregehalt der Atmosphäre ein wenig geringer als in der Nacht, wie Armstrong gefunden hat.
Der Stickstoff ist ein indifferentes Gas und spielt gewissermaßen nur die Rolle eines Verdünnungsmittels für den Sauerstoff, um dessen starke Wirkungen abzuschwächen. Ein weiterer Bestandteil der Atmosphäre ist der Wasserdampf, den sie je nach den Umständen in sehr wechselnden Mengen enthält (s. Luftfeuchtigkeit). Er gelangt in die Atmosphäre durch Verdunstung;
durch Abkühlung wird er in der Atmosphäre wieder zu flüssigem Wasser oder Eis [* 11] kondensiert;
er bildet dann zunächst Nebel (s. d.), Wolken (s. d.), schließlich Niederschläge (s. d.);
als Regen oder Schnee [* 12] auf die Erde zurückgelangt, strömt das Wasser in den Flüssen den Seen und Meeren, von deren Oberfläche es verdampft war, wieder zu und schließt so seinen großen Kreislauf [* 13] in der der für die Gestaltung der Erdoberfläche und für das organische Leben auf ihr von grundlegender Bedeutung ist. Da bei der Verdunstung des Wasserdampfes Wärme [* 14] verbraucht, bei seiner Kondensation aber Wärme wieder frei wird, so wirkt der Wasserdampf gewissermaßen als Regulator [* 15] auch für die Wärmeverteilung, indem er durch seine Verdunstung einer stärkern Erwärmung (Bedeutung des Schweißes für den Menschen), durch seine Kondensation einer allzu starken Abkühlung (s. Tau) entgegenwirkt.
Außerdem enthält die in ganz geringen und deshalb schwer nachweisbaren Mengen Ammoniak (etwa 2-3 mg in 100 cbm), das wahrscheinlich von der Zersetzung animalischer Substanzen herrührt, Salpetersäure, die wohl den elektrischen Entladungen in der Atmosphäre ihre Entstehung verdankt und namentlich in der Form fester Nitrate vorhanden ist, Wasserstoff, Ozon (s. d.) und andere Gase je nach örtlichen Bedingungen.
Neben diesen gasförmigen Bestandteilen finden sich indes auch feste Stoffe in nicht unbeträchtlicher, aber auch sehr wechselnder Menge in der Atmosphäre vor in Form sehr kleiner, in der Luft schwebender Teilchen. Die Quellen dieses Staubgehaltes der Atmosphäre sind sehr mannigfach. Viele Verbrennungsprozesse auf der Erde erfüllen die Atmosphäre mit festen Teilchen: die Essen [* 16] der Fabriken führen ihr fortgesetzt große Mengen davon zu;
Waldbrände, das Abbrennen von Mooren, Steppen u. s. w. wirken nicht so andauernd, aber um so heftiger.
Von allen trocknen Flächen ¶
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des Erdbodens tragen die Winde [* 18] organische und unorganische Teilchen in die Höhe, Blütenstaub der Pflanzen, Mikroorganismen und Gesteinsfragmente. Im besondern in den Wüsten werden durch Wirbelwinde oft ungeheure Massen des Wüstensandes in hohe Luftschichten emporgerissen. Die Vulkane [* 19] senden ihre Aschenregen in die und die Brandung des Meers erfüllt die Luft mit kleinen Tröpfchen von Meerwasser, deren jedes, wenn es in der Luft verdunstet, seinen Salzgehalt als festen Kern in der Atmosphäre zurückläßt; daher die allgemeine Verbreitung des Natriums in der Atmosphäre. Endlich werden der Atmosphäre auch von außen durch die Verbrennung der Meteore in ihr feste Teilchen zugeführt; ob man es aber bei gewissen kugelförmigen Eisenpartikelchen, die man gelegentlich im Staube bei mikroskopischer Untersuchung gefunden hat, wirklich mit solchem Staube meteorischen Ursprungs, sog. kosmischem Staube zu thun hat, diese Frage ist von verschiedenen Forschern verschieden beantwortet worden.
Tissandier hat den Staubgehalt in Paris [* 20] bestimmt und unter normalen Bedingungen 7,2, nach einem heftigen Regen 6, nach achttägiger Trockenheit 23 mg in 1 cbm Luft gefunden; auf dem Lande unter normalen Bedingungen 0,25, nach längerer Trockenheit 3 und 4,5 mg in 1 cbm. Von dieser atmosphärischen Staubmasse waren 25-34 Proz. verbrennliche, organische Substanz, 75-66 Proz. mineralisch. In neuester Zeit hat man erkannt, dass der Staub für die Kondensation des Wasserdampfes in der Atmosphäre eine große Bedeutung hat.
Wie es scheint, findet nämlich diese Kondensation ausschließlich an den Staubteilchen statt, so daß jedem Wassertröpfchen eines Nebels oder einer Wolke ein Staubteilchen, wenn auch nur von außerordentlicher Kleinheit entspricht. Solche Kondensation von Wasser auf dem Staubteilchen kann man künstlich hervorrufen, indem man die Luft mit Wasser in Berührung bringt, bis sie sich mit Wasserdampf gesättigt hat, und sie dann plötzlich etwas verdünnt; durch die Ausdehnung erfährt die Luft eine Abkühlung und infolge der Abkühlung verdichtet sich der Wasserdampf an den in der Luft enthaltenen Staubteilchen in Form eines Nebels.
Zählt man dann die in 1 ccm entstandenen Nebeltröpfchen, so stellt diese Zahl zu gleicher Zeit die Anzahl der in 1 ccm der untersuchten Luft enthaltenen Staubteilchen dar. Nach diesem Princip hat in jüngster Zeit J. Aitken die Zahl der Staubteilchen in der Atmosphäre an verschiedenen Orten gemessen und folgende Werte gefunden: auf Berggipfeln und überhaupt in wenig bewohnten Gebirgen enthält 1 ccm Luft nur wenig mehr als 200 Staubteilchen;
in der Nähe von Dörfern steigt ihre Zahl bis auf Tausende, in Städten bis auf Hunderttausende. In geschlossenem, von Gasflammen erhelltem Raume wurden bis zu 3½ Millionen Teilchen im Kubikcentimeter beobachtet.
Ein Cigarettenraucher sendet 4000 Millionen Teilchen bei jedem Zuge aus. (S. Staub.)
Die Durchsichtigkeit der Atmosphäre wird durch die Kondensationsprodukte des Wasserdampfes und die festen Beimengungen vermindert; auch tragen diese, indem sie das Sonnenlicht unregelmäßig reflektieren und zerstreuen, zur allgemeinen Tageshelle bei. Da mit den Niederschlagen auch der Staubgehalt der Atmosphäre zum Teil mit zu Boden gerissen wird, so üben die Niederschläge eine reinigende Wirkung auf die Atmosphäre aus; daher die große Klarheit der Atmosphäre bei schneller Aufklärung nach heftigem Regen.
Werden die das Licht [* 21] reflektierenden Teilchen außerordentlich klein, kleiner als die Wellenlängen des Lichtes selbst, so vermögen sie nicht mehr die Strahlen aller Wellenlängen gleichmäßig zu reflektieren; sondern je kleiner sie werden, um so ausschließlicher werden die Strahlen von kürzerer Wellenlänge, d. h. die blauen und violetten an ihnen diffus reflektiert. In dieser Weise erklärt sich die bläuliche Färbung der sog. trüben Medien, z. B. von Wasser, dem einige Tropfen Milch zugesetzt sind, oder die blaue Farbe des vom glimmenden Ende einer Cigarre aufsteigenden Rauches.
Eine Erscheinung von ganz der gleichen Art ist die blaue Farbe des Himmels (s. d.). Daß man es dabei in der That mit einer Art von Reflexion [* 22] des Lichts zu thun hat, folgt daraus, daß das blaue Himmelslicht ebenso wie das diffuse Licht der trüben Medien in charakteristischer Weise polarisiert ist. Außer dieser Zerstreuung erfahren Lichtstrahlen von gewissen Wellenlängen eine Absorption in der Atmosphäre. Man erkennt dies daran, daß im Sonnenspektrum bei tiefstehender Sonne gewisse dunkle Linien, die bei hochstehender Sonne gar nicht oder nur schwach zu sehen sind, sehr stak hervortreten. Diese Linien bezeichnet man als terrestrische oder atmosphärische Linien. (S. Spektralanalyse.) [* 23] über die Brechung [* 24] der Lichtstrahlen in der s. Strahlenbrechung [* 25] (astronomisch) und Lichterscheinungen.
Diejenigen Sonnenstrahlen, die von der Erdatmosphäre nicht absorbiert oder nach außen zerstreut werden, gelangen zur Erdoberfläche und erwärmen diese. Da nun die Atmosphäre immerhin den größern Teil der Sonnenstrahlung durchläßt, und außerdem die untern Luftschichten wegen ihrer größern Dichte in höherm Grade als die obern Luftschichten befähigt sind, sich durch Absorption der direkten Sonnenstrahlung oder der Strahlung des Erdbodens zu erwärmen, so wird die Erwärmung der Atmosphäre im wesentlichen von unten her erfolgen und die Sonnenwärme wird den untersten Luftschichten vorwiegend zu gute kommen. Je senkrechter die Sonnenstrahlen auf die Erdoberfläche auffallen, um so intensiver ist deren Erwärmung und um so höher die Temperatur der darüber liegenden Luftschichten. Daher nimmt die Lufttemperatur vom Äquator nach den Polen hin ab. Die folgende Zusammenstellung enthält die mittlern Jahrestemperaturen jedes 10. Parallelkreises nach Spitaler:
80 | 70 | 60 | 50 | 40 | 30 | 20 | 10 | Äquat | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Nördl Br. | -16,5 | -9,9 | -0,8 | 5,6 | 14,0 | 20,3 | 25,6 | 26,4 | 25,9 |
Südl. Br. | - | - | 0,2 | 5,9 | 11,8 | 18,5 | 22,7 | 25,0 |
Außer von dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlen ist die Erwärmung der Erdoberfläche und damit die Lufttemperatur in hohem Grade von der Beschaffenheit der Oberfläche abhängig; vor allem kommt der Unterschied von Land- und Wasserflächen in Betracht. Landflächen erwärmen sich stärker durch die Einstrahlung und kühlen sich auch umgekehrt durch Ausstrahlung stärker ab als Wasserflächen. Daher zeigen sowohl die mittlern Jahrestemperaturen wie die täglichen und jährlichen Temperaturschwankungen auch für Orte desselben Breitenkreises große Verschiedenheiten. (S. Lufttemperatur, Kontinentalklima, Seeklima.) Daraus erklärt sich auch, daß in der obigen Tabelle die mittlern Jahrestemperaturen für die südl. Breitenkreise etwas kleiner sind als für die gleichen nördlichen; denn auf der südl. ¶