Titel
Bedingung
,
dasjenige,
wozu ein
Anderes (das
Bedingte) in einem Verhältnis der Abhängigkeit steht,
oder welches voraus gegeben sein muß, wofern das
Andere soll stattfinden können (s. Hypothese). Das Verhältnis von und
Bedingtem findet ebensowohl Anwendung auf bloß Gedachtes wie auf ein Sein und Geschehen. In letzterer
Beziehung heißen Bedingung
einer
Thatsache sämtliche Umstände, von denen der Eintritt der
Thatsache abhängt. Doch wird unter diesen meist
irgend eine hervorragende als die eigentliche
Ursache ausgezeichnet, und dann unter Bedingung
nur solche fernere Umstände verstanden,
welche zur
Ursache noch mitwirkend hinzutreten müssen, um den Erfolg zuwege zu bringen; insbesondere heißt
Conditio sine
qua non eine unerläßliche, durch keine andere zu ersetzende Bedingung
In der Erkenntnistheorie
hat Bedingung
vorzugsweise die Bedeutung dessen, was zur Erkenntnis eines Gegenstandes überhaupt die unerläßliche
Voraussetzung bildet.
Formale Bedingung
nennt Kant die allgemeinen, gesetzartigen
Voraussetzungen der gegenständlichen Erkenntnis, im Unterschied von
ihrer materialen Bedingtheit durch den gegebenen
Stoff der Sinneseindrücke. Formale Bedingung
zur «Möglichkeit der
Erfahrung» sind die Grundgesetze der
Sinnlichkeit (Raum und Zeit) und des Verstandes (die
Kategorien).
Die Bedingtheit unserer sinnlichen oder Erfahrungserkenntnis, vermöge ihrer durchgängigen Abhängigkeit von Raum und Zeit
in der Grenzenlosigkeit ihrer Relationen (s. Relation und Relativ), ist seit alter Zeit Gegenstand
tiefsinniger philos. Untersuchung gewesen. Von
Plato bereits erkannt, ist sie durch die Gestaltung der
Wissenschaft seit den Anfängen der Neuzeit immer klarer herausgestellt und von Kant auf entscheidende
Weise festgestellt
worden. Gegenüber der grenzenlosen Bedingtheit der Erfahrung halten wir dennoch die Forderung des
Unbedingten fest. Wie die
Bedingtheit der Relativität, so entspricht die Forderung des
Unbedingten der des
Absoluten (s. d.).
In der Rechtssprache hat Bedingung
drei Bedeutungen.
1) Ein gewollter verbrecherischer Erfolg tritt nicht ein, ohne daß der Mensch handelt. Die zum Begriff des einzelnen Verbrechens gehörige Handlung und ihr verbrecherischer Erfolg bildet den Thatbestand eines Verbrechens, z. B. ein Mensch erschlägt den andern vorsätzlich, und dieser stirbt, das ist der Thatbestand der vorsätzlichen Tötung. Insofern der Schlag den Tod herbeiführt, ist er kausal für den eingetretenen Tod; damit aber die Handlung vorgenommen werden konnte, mußte sich der an einem entfernten Ort wohnende Thäter nach dem Thatort begeben; und da nach den Umständen der Mord nur heute begangen werden konnte, wo der Mörder am Morgen noch an seinem Wohnort war, mußte er zum Thatort reisen.
Seine
Reise war auch kausal für die That; aber daß der Eisenbahnzug ging, ohne welchen er die
Reise nicht ausführen konnte,
diese sich ohne
Beziehung auf die That des Mörders vollziehende, aber von ihm zu seinem
Verbrechen benutzte
Thatsache,
welche weder zum
Thatbestand des
Verbrechens gehört, noch von dem Verbrecher verursacht ist, ist eine Bedingung
für den
Mord, ohne
deren Eintritt der
Mörder bei der weiten Entfernung den
Mord nicht hätte vollbringen können; dasselbe Verhältnis von Bedingung
zu
menschlichen Handlungen und deren Erfolg besteht bei Rechtsgeschäften. – 2) Die
Urheber eines Rechtsgeschäfts,
einer Schenkung, eines
Kaufs, einer letztwilligen
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Verfügung u. s. w. können das, was sie mit dem Rechtsgeschäft wollen, abhängig machen
von dem Eintritt eines zukünftigen Ereignisses, z. B. wenn mein Sohn Amtsrichter in Berlin
[* 3] wird, soll er mein dortiges Haus
als ein Geschenk haben. Das ist eine Bedingung
des Rechtsgeschäfts. Diese Bedingung kann aufschiebend (s.
Aufschiebende Bedingung) oder auflösend (s. Auflösende Bedingung) sein. Die Bedingung
kann ferner sein affirmativ
oder negativ, je nachdem sie dahin lautet, daß etwas geschehe oder daß etwas nicht geschehe. In Rücksicht auf die für
den Eintritt der Bedingung
thätigen Kräfte heißt die Bedingung willkürlich (potestativ), wenn der Eintritt
der Thatsache von einer freien Handlung des bedingt Berechtigten oder sonst bei der Sache Beteiligten
abhängt, zufällig (kasuell), wenn sie von Einflüssen abhängt, die nicht beliebig hervorgerufen werden können.
Bei der Erfüllung «gemischter» Bedingung
wirken Willkür und Zufall
zusammen. Die Bedingung schwebt (pendet), solange das Endergebnis ungewiß bleibt, fällt aus (deficit) mit der Gewißheit
ihres Nichteintretens und wird erfüllt (existit) mit diesem Eintritte. Rechtliche Erklärungen, die
unter einer aufschiebenden Bedingung abgegeben sind, treten nicht eher in Kraft,
[* 4] als bis die Bedingung sich
verwirklicht; aber regelmäßig wird der Eintritt der Bedingung zurückbezogen, so daß es nun so gilt, als hätte
der Erwerber das Recht schon seit dem Abschluß des Rechtsgeschäfts, bei bedingter Erbeinsetzung seit
dem Tode des Erblassers.
Bei Eintritt einer auflösenden Bedingung muß der Inhaber die erhaltene Sache für die Regel in dem jetzigen Zustande, bei Besitz aus Verträgen in der ursprünglichen Beschaffenheit (ex tunc) mit allen davon gewonnenen Früchten zurückgeben. Diese Sätze leiden jedoch nur dann volle Anwendung, wenn die Bedingung möglich, d. h. wenn ihr Eintritt nach allgemeinen Begriffen denkbar ist. Die Wirksamkeit der unmöglichen Bedingung ist dagegen mit vielen Unterscheidungen abweichend festgestellt, namentlich wenn eine moralisch unmögliche Bedingung vorliegt, dafern also der Fall gesetzt ist, daß einer der Interessenten etwas pflichtmäßig Gebotenes unterlasse oder etwas Verbotenes thue.
Wird bei letztwilligen Verfügungen die Zuwendung an die Bedingung einer Leistung geknüpft, z. B. «wenn A dem B 3000 M. zahlt, soll A mein Haus erhalten», so unterscheidet man diese in der Bedingung enthaltene Zuwendung (an B) als mortis causa capio von einem Vermächtnis. Im Civilprozeß wird der Einwand des Beklagten, daß der Anspruch des Klägers nur ein bedingter gewesen sei und sich je nach der Art der Bedingung durch deren Eintritt oder Nichteintritt erledigt habe, wenn es sich um eine aufschiebende Bedingung handelt, als ein Leugnen des Klaggrundes angesehen und daher dem Kläger der Beweis auferlegt, daß er unbedingt berechtigt sei (s. Beweislast).
Die Frage, inwieweit eine vor Gericht erfolgte einräumende Erklärung, welcher ein Einwand im obigen Sinne beigefügt ist, ungeachtet dieses Zusatzes als Geständnis anzusehen, bestimmt sich laut §. 262 der Deutschen Civilprozeßordnung nach Lage des einzelnen Falles. – Über die Behandlung bedingter Forderungen im Konkurse s. Forderungen unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung. – 3) In einem andern Sinn werden die einzelnen nähern Bestimmungen eines abgeschlossenen Vertrags, z. B. über die Zeit der Übergabe einer verkauften Sache, die Verzinsung des Kaufpreises u. dgl. Bedingung genannt.
Eine besondere Wichtigkeit haben die allgemeinen Bedingung, das sind derartige nähere Bestimmungen, welche für eine ganze Klasse von Rechtsgeschäften im voraus aufgestellt werden. Jeder, welcher einen Vertrag mit einem Institut schließt, das solche allgemeine Bedingung über Verträge der Art veröffentlicht hat, oder für welches von maßgebender Stelle solche allgemeine Bedingung veröffentlicht sind, wird so angesehen, als habe er sich den allgemeinen Bedingung unterworfen. Dieselben gelten als Teil des Vertrags (lex contractus), soweit ihre Anwendung nicht besonders ausgeschlossen ist. Solche allgemeine Bedingung sind für das Transportgeschäft in den Betriebsreglements der Eisenbahnen, für das Versicherungsgeschäft in den allgemeinen Seeversicherungsbedingungen, den allgemeinen Bedingung oder den Statuten der Lebens-, Feuer-, Hagel -, Unfallversicherungsgesellschaften, für die Börsengeschäfte in den Börsenbedingungen oder Börsenusancen der einzelnen Plätze enthalten. ^[]