Titel
Cammīn.
1) Kreis [* 2] im preuß. Reg.-Bez. Stettin, [* 3] hat (1890) 43662 (21157 männl., 22505 weibl.) E., 1 Stadt, 109 Landgemeinden und 97 Gutsbezirke. –
2) Cammin
oder Kammin, Kreisstadt im
Kreis Cammin
an dem
Camminer Bodden (s. d.), den die Dievenow durchfließt, und an der Linie
Alt-Damm-Gollnow-Cammin (69,8 km) der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 4] mit doppelten Wallgräben um die enge
Altstadt,
hat (1890) 5681 (2755 männl., 2926 weibl.) evang. E., darunter 83 Israeliten,
Post,
Telegraph,
[* 5] Dampferverbindung mit
Stettin und (im
Sommer) mit
Berg-Dievenow; Landratsamt,
Amtsgericht (Landgericht
Stettin),
Kataster-,
Strandamt; ein schönes
Thor aus dem 14. Jahrh. mit
Türmen, berühmten
Dom St. Johannis mit schönem Kreuzgange, 1175 von
Herzog Kasimir erbaut, eine St. Marien-, St.
Nikolai- und eine altluth.
Christuskirche, 1887 erbaut, eine Synagoge, ein Rathaus aus dem 14. Jahrh., ein 1882 erbautes Sol- und Moorbad;
Domschule (bis Untertertia), Lehrerseminar (Direktor Dittmann, 100 Schüler, darunter 75 Alumnen), höhere Mädchenschule;
städtisches Krankenhaus, [* 6] Georgenhospital, Johannishospital und Frauenstift;
Kreis- und städtische Sparkasse sowie 2 Vorschußvereine.
Die 4½prozentige jod-, brom- und lithionhaltige
Sole (20° C.) kommt aus einem Bohrschacht (615 m) und wird angewendet bei
rheumatischen
Leiden,
[* 7]
Haut- und Frauenkrankheiten. Ferner bestehen eine Cementfabrik in Gristow bei Cammin
(140000 t jährlich),
Eisengießerei,
[* 8] 2
Brauereien,
Fischräucherei,
Tischlerei, Schuhmacherei, 5 Vieh-, 2 Krammärkte. – Cammin
, in
den ältesten
Urkunden Chamin, Gamin und Camyn geschrieben, war ursprünglich wend. Burgflecken und herzogl.
Hofburg und wird beim
Einfall des
Herzogs
Boleslaw III. von
Polen in
Pommern
[* 9] (1107) genannt. 1168 und 1174 wurde Cammin
von Waldemar
von
Dänemark
[* 10] vergeblich angegriffen. 1175 wurde das
Bistum von
Wollin nach Cammin
verlegt und ein Domherrenkollegium
vom
Herzog Kasimir errichtet; 1228 erbaute Wratislaw III. ein Dominikanerkloster. 1273 und 1308 wurde die Stadt von den Brandenburgern
zerstört, 1456 von den Kolbergern erobert und der
Dom nebst 28 Kapitelsdörfern zerstört. 1534 wurde die
Reformation eingeführt.
Auch in der Folgezeit hatte Cammin
viel zu leiden durch
Brand, die
Pest, sowie durch schwed. und russ.
Truppen. 1648 fiel
das
Bistum an
Brandenburg;
[* 11] 1810 wurde das Domstift säkularisiert. –
Vgl. Baltische Studien, hg. von der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde
Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen. ¶
mehr
(40. Jahrg., Stettin); Klempin, Diplomat. Beiträge zur Geschichte Pommerns aus der Zeit Bogislaws X. (Berl. 1859);
ders., Die
Exemption des Bistums Cammin
(Stettin 1870);
Pommersches Urkundenbuch, hg. von Klempin (1. - 3. Abteil., ebd. 1868 fg.);
Kücken, Geschichte der Stadt Cammin
(Cammin 1880).