Definition
(lat.), in der Logik die Angabe des Inhalts eines Begriffs, d. h. sowohl der Merkmale, aus welchen derselbe zusammengesetzt ist (was die ¶
mehr
Materie), als der Art, in welcher dieselben untereinander verbunden sind (was die Form desselben genannt wird). In der Definition
des
Begriffs Mensch = sinnlich-vernünftiger Erdenbewohner machen die Merkmale: sinnlich-vernünftig, Erde, Bewohner, die Materie,
dagegen die Anordnung derselben, durch welche der Hauptbestandteil: Bewohner, durch die Angabe des Wohnorts: Erde, auf diese
eingeschränkt und durch die nähere Bestimmung der Sinnlichvernünftigkeit von andern Erdenwesen unterschieden wird, die
Form der Definition
aus.
Dieselbe ist eine bloße Namenerklärung (Nominaldefinition), wenn sie keinen weitern Wert hat, als anzugeben, welchen Sinn der
Definierende mit einem gewissen Wort (Namen, nomen) verbinde; dagegen ist sie eine Sacherklärung (Realdefinition
), wenn
sie denjenigen Sinn angibt, der von jedermann mit einem gewissen Wort verbunden werden muß, wenn dasselbe einen richtigen
und gültigen (d. h. der Sache gemäßen) Begriff bezeichnen soll. Jene hat sowie alles, was aus derselben (wenn auch folgerichtig)
abgeleitet wird, nur für den Definierenden (subjektive), diese dagegen sowie die daraus gezogenen Konsequenzen
für jedermann (objektive) Geltung.
Solange nicht ausgemacht ist, ob eine gewisse Definition
eine wirkliche Sach- oder eine bloße Namenerklärung sei, ist ihre Geltung
daher eine bloß provisorische; jene Untersuchung selbst aber fällt mit der Aufgabe wissenschaftlicher Forschung überhaupt
zusammen, welche darin besteht, wahre, d. h. für jedermann gültige (objektive), Begriffe zu schaffen.
Dieselbe wird je nach der verschiedenen Natur der zu definierenden Begriffe auf verschiedene Weise geführt werden müssen,
anders bei rein empirischen und wieder anders bei mathematischen und im engern Sinn philosophischen (logischen, metaphysischen
und ästhetischen) Begriffen, und die Anweisung zu derselben gehört daher in die Methodenlehre der besondern
Wissenschaften.
Dagegen lassen sich gewisse Eigenschaften angeben, welche jede Definition
notwendig besitzen muß, widrigenfalls sie unmöglich eine
sachgemäße sein, die sie aber auch besitzen kann, ohne darum eine solche sein zu müssen. Dazu gehört: daß sie widerspruchsfrei
sei, d. h. daß die von ihr zu einem Ganzen vereinigten Merkmale sich nicht
untereinander ausschließen, z. B. rundes Viereck
[* 3] (daß sie keine contradictio in adjecto [s. d.] enthalte);
ferner, daß sie vollständig sei, d. h. alle diejenigen Merkmale umfasse, welche im Inhalt eines gewissen Begriffs wirklich gedacht werden;
weder zu weit, indem sie statt des Inhalts, welcher dem zu definierenden Begriff allein, einen solchen angibt, der ihm mit andern gemeinsam eigen ist, z. B. ein ebenes Dreieck [* 4] ist ein System dreier Punkte (wobei der Umstand vergessen ist, daß diese nicht in derselben Geraden liegen dürfen);
noch zu eng, indem sie statt des Inhalts des zu Definierenden denjenigen
angibt, der nur einer Art desselben eigen ist, z. B. Catos Definition
, ein Redner sei ein Mann, der trefflich
und im Reden erfahren sei (da es doch auch Redner geben kann, die nicht eben treffliche Männer sind).
Endlich gehört zu den
Vorbedingungen einer guten Definition
, daß sie dasselbe Merkmal nicht (versteckt oder offen) zweimal, und ebenso,
daß sie den zu definierenden Begriff nicht selbst (heimlich oder augenscheinlich) in sich aufnehme, d. h.
daß sie weder überfüllt noch eine Zirkelerklärung sei. Ersterer Fehler findet bei folgender Erklärung der Parallellinien
statt: daß sie Linien seien, welche, in derselben Ebene gelegen, bei gleicher Richtung überall gleiche Abstände voneinander
haben, da letztere Eigenschaft schon aus
den beiden erstern folgt.
Letzterer Fehler dagegen zeigt sich in der Definition
des vernünftigen Lebens, welche die stoische Schule gab, wonach dasselbe in der
Übereinstimmung mit der Natur bestehen soll, während diese selbst als Weltenvernunft verstanden, das Vernunftgemäße daher
durch sich selbst definiert wird. Weitere Fehler der Definition
sind: die Tautologie, wo statt des Inhalts des
Begriffs nur ein gleichbedeutendes Wort (z. B. Lebenskraft = Kraft
[* 5] des Lebens);
das Hysteron-Proteron, wo statt der Inhaltsangabe ein Begriff gesetzt wird, dessen Gültigkeit von jener des zu Definierenden abhängt (z. B. Größe ist das der Vermehrung und Verminderung Fähige, beides setzt die Erklärung der Größe schon voraus);
die Substituierung eines bloßen (wenn auch noch so treffenden) Bildes (z. B. Platons Erklärung, daß das Gute die Sonne [* 6] im Reich der Ideen sei);
die Angabe des Umfanges des Begriffs statt seines Inhalts (z. B. Kegelschnitt ist diejenige Kurve, welche entweder Kreis, [* 7] Parabel, [* 8] Ellipse [* 9] oder Hyperbel [* 10] ist).
Bei der Unzulänglichkeit bloßer Nominal- und der Seltenheit
wirklicher Realdefinitionen
(deren Ersetzung durch jene namentlich in der Philosophie oft zu den nachteiligsten Folgen geführt
hat, wovon Spinozas Definition
des Substanz- und Fichtes Definition
des Ichbegriffs Beispiele liefern) kann die Stelle der Definition
durch die Angabe
des nächsten Gattungsbegriffs und des spezifischen Artmerkmals (z. B. Phanerogamen sind Pflanzen mit sichtbaren
Befruchtungswerkzeugen) vertreten werden, durch welche die Stellung des Begriffs sowohl nach oben zu dem zunächst übergeordneten
als nach der Seite zu den ihm nebengeordneten angegeben, seine Stelle im System also genau angegeben ist, daher sich die klassifizierenden
(besonders die beschreibenden Natur-) Wissenschaften dieser Form zu bedienen pflegen.
Auch genügt oft zu besondern Zwecken eine bloße Verständigung durch Hervorhebung eines besonders charakteristischen Merkmals
oder statt der Verdeutlichung des Begriffs (durch die Definition
) eine Veranschaulichung desselben durch die Beschreibung seines Gegenstandes
entweder im fertigen oder im Zustand des Werdens (sogen. genetische Definition
, welche jedoch als Konstruktion des Gegenstandes
des Begriffs, z. B. der Kreisfigur, nicht mit der Konstruktion des Begriffs, d. h. mit dessen allmählicher Zusammensetzung aus
seinen Merkmalen, zu verwechseln ist).