Elen
[* 2]
(Elch, Elen
hirsch, Elentier
,
Alces H. Sm.), Säugetiergattung aus der
Ordnung der
Huftiere und der
Familie der
Hirsche
[* 3] (Cervina) mit der einzigen Art. A. palmatus
Gray
(Cervus alces L.). Dies ist bis 2,9 m lang, 1,9 m hoch, mit etwa 10
cm langem
Schwanz, bis 500 kg schwer, mit verhältnismäßig kurzem, dickem Leib, kurzem, starkem
Hals, großem, langgestrecktem
Kopf
mit langer, dicker, aufgetriebener Schnauze, kleinen, matten
Augen, unbedeutenden Thränengruben, großen
Ohren und beim
Bock
[* 4] mit einem
Geweih (s. Figur), welches aus einer großen, einfachen, sehr ausgebreiteten, dreieckigen, platten,
schaufelförmigen, gefurchten
Krone besteht, die am
Rand mit zahlreichen
Zacken besetzt ist und von kurzen, dicken, gerundeten
Stangen auf kurzen
Rosenstöcken getragen wird.
Die
Beine sind sehr
hoch und stark, die
Hufe schmal, tief gespalten, mit einer
Bindehaut versehen; die
Afterklauen
berühren leicht den
Boden. Die
Behaarung ist lang, dicht, straff, rötlichbraun, an der Nackenmähne, die sich auf
Hals und
Vorderbrust fortsetzt, und an den Kopfseiten glänzend dunkel schwarzbraun, an den
Beinen weißlich aschgrau. Das Elen
lebt
in morastigen Wäldern rudelweise von den
Rinden,
Knospen
[* 5] und Blättern der
Bäume, namentlich von Weidenschößlingen,
und ist daher der Waldkultur schädlich, während es
Feld- und Baumfrüchte nicht nimmt. Es trottet sehr schnell und mit unglaublicher
Ausdauer, geht gern ins
Wasser, ist weit weniger scheu als Edelwild, nimmt verwundet den
Jäger ohne weiteres an
und weiß sich auch der
Wölfe zu erwehren. Die Brunstzeit fällt in den Ostseeländern in den
August. Das Weibchen setzt im
April oder Mai das erste
Mal nur ein, später immer zwei
Kälber, welche es fast bis zur nächsten Brunstzeit besaugen. In
Europa
[* 6] findet sich das Elen
in den baltischen
Niederungen, in
Litauen,
Kur- und
Livland,
[* 7]
Schweden,
[* 8]
Norwegen und
an einigen
Stellen
Großrußlands. Im
¶
mehr
ostpreußischen Forst [* 10] Ibenhorst bei Tilsit [* 11] befindet sich noch unter strengster Schonung ein Bestand von ca. 80 Stück und in einigen andern Oberförstereien des Regierungsbezirks Königsberg [* 12] zusammen noch 60 Stück. In Asien [* 13] bewohnt es viel zahlreicher alle ausgedehnten Wälder des Nordens bis an den Amur. Das nordamerikanische Moosetier (Orignal der Franzosen, A. americanus), dessen Artselbständigkeit mindestens zweifelhaft ist, hat tief eingeschnittene Geweihschaufeln mit gesonderten Augensprossen, eine schwach behaarte Kehlwamme, dunkleres Haar, [* 14] und seine Geweihe [* 15] sind weit stärker und schwerer als die unsrer Elche. Es findet sich in Kanada, Alaska, New Brunswick und an der Fundybai und wird dort eifrig gejagt, indem man es ins Wasser treibt und vom Boot aus erschlägt.
Das Fleisch des Elens
, besonders von jüngern Tieren, ist schmackhaft, steht aber dem des Rotwildes nach; die knorpeligen Stangen,
Ohren und Zungen gelten bei den nördlichen Völkern als Leckerbissen, und die Haut
[* 16] gibt ein festes, weiches Leder. Gustav Adolf
trug bei Lützen
[* 17] einen Koller von Elen
haut. Die Knochen
[* 18] sind fest und weiß, lassen sich wie Elfenbein verarbeiten
und vergilben nicht. Auch das Geweih ist für verschiedene technische Zwecke brauchbar. Die Klauen dienten früher als Heilmittel
gegen Epilepsie, und Halsbänder davon wurden Kindern als Amulette gegen jenes Übel umgehängt.
Das Elen
war in alter Zeit in Deutschland
[* 19] weitverbreitet und häufig. Cäsar spricht von seinem Vorkommen
im Hercynischen Wald; in der Zeit zwischen 238 und 244 n. Chr. wurden zehn Tiere nach Rom
[* 20] gebracht, und Aurelian ließ sich mehrere
in seinem Triumphzug voranführen. Im Mittelalter wird das Tier oft erwähnt, auch im Nibelungenlied neben
dem Schelch (Riesenhirsch), Wisent und Auerochsen, die sämtlich im Wasgenwald vorkamen. Unter Otto d. Gr. wird das Elen
als Elo
oder Schelo in einer Urkunde erwähnt, ebenso noch unter Konrad II. 1025. Olaus Magnus gab die ersten nähern Nachrichten über
das Elen.
Nach Kantzow lebte es 1530 auf den pommerschen Heiden; in Sachsen
[* 21] wurde das letzte Elen
1746 erlegt,
und in Schlesien,
[* 22] vielleicht auch in Pommern,
[* 23] hielt es sich noch 30 Jahre länger. In Ostpreußen
[* 24] war es damals noch weitverbreitet,
aber nach dem Siebenjährigen Krieg erging schon ein Gebot zur Schonung des Elchwildstandes.
Vgl. Brandt, Beiträge zur Naturgeschichte
des Elens
(Petersb. 1870);
Altum, Die Geweihbildung beim Elchhirsch (Berl. 1875).