Erdkugel
,
künstliche
, s.
Globus.
Erdkugel,
künstliche
4 Wörter, 34 Zeichen
Erdkugel,
künstliche
, s.
Globus.
(lat., »Kugel«),
künstliche
Nachbildung der Erdkugel (Erdglobus) oder der Himmelskugel (Himmelsglobus). Auf jedem
Globus findet man zunächst die
¶
zur Einteilung der Kugelfläche und zur Bestimmung der Lage eines Punktes auf derselben dienenden Kreise, [* 4] nämlich die in den beiden Polen sich schneidenden Meridiane und die rechtwinkelig auf denselben stehenden Parallelkreise mit dem Äquator, beide Systeme etwa von 10 zu 10°, bei kleinern Globen auch von 20 zu 20 oder von 30 zu 30°. Durch die Meridiane wird die ganze Kugelfläche in gleich große Teile (sphärische Zweiecke) zerlegt, und aus solchen Teilen besteht auch die Papierfläche, welche den Globus bedeckt, und auf welcher die Zeichnung aufgetragen ist. Da die Kugelfläche nicht abwickelbar ist, d. h. sich nicht ohne Falten oder Risse in einer Ebene ausbreiten läßt, so kann man ebene Papierstreifen nur mit einer gewissen Dehnung auf eine Kugel aufkleben.
Auf diese Dehnung ist Rücksicht zu nehmen bei Herstellung dieser Streifen und beim Entwerfen der Zeichnung auf ihnen, damit sie auf dem Globus gut aneinander schließen und die Parallelkreise keine Ecken bilden. Eine Anleitung hierzu findet man unter anderm in Steinhauser, Grundzüge der mathematischen Geographie und Landkartenprojektion (2. Aufl., Wien [* 5] 1880). Außer den in gleichmäßigen Abständen gezeichneten Parallelkreisen findet man auch noch auf jedem Globus die beiden Wendekreise, 23½° nördlich und südlich vom Äquator, und die Polarkreise, welche die Pole in 23½° Abstand umgeben.
An den beiden Polen befinden sich die stählernen Enden der Drehungsachse des Globus, welche in einem Messingring ruhen, der rings um die Kugel geht und vom Äquator nach den Polen hin in je 90° geteilt ist. Zur Aufstellung des Globus dient ein auf vier Füßen ruhender horizontaler Ring, in welchem sich an zwei diametral gegenüberstehenden Stellen Einschnitte befinden, in welche der vorher erwähnte Messingring in vertikaler Stellung eingesetzt wird, so daß er sich zur Hälfte oberhalb, zur Hälfte unterhalb des horizontalen Ringes befindet.
Der letztere ist, von dem einen Einsatzpunkt des Messingringes anfangend, in Grade geteilt. Setzt man den Messingring so in den horizontalen Ring ein, daß die Achse vertikal steht, und dreht man die Kugel, so kann man die Größe der Drehung in Graden auf dem horizontalen Kreis [* 6] ablesen, indem man die Bewegung eines bestimmten Äquatorpunktes verfolgt. Zur Bestimmung dieser Drehung dient aber außerdem noch ein kleiner Zeiger, der am obern Ende der Drehungsachse angebracht ist und sich auf einem kleinen Kreis bewegt.
Letzterer ist bei Erdgloben in zweimal 12, bei Himmelsgloben in 24 gleiche Teile (Stunden) geteilt. Bei vertikaler Stellung der Achse erkennt man, daß einer Drehung um je 15° eine Stunde entspricht. Auf dem kleinen Stundenkreis kann man aber die Größe der Drehung auch bei jeder andern Stellung der Achse ablesen. Zur vollständigen Ausrüstung eines Globus gehört ferner ein biegsamer Messingblechstreifen mit Gradeinteilung, den man benutzt, um den Abstand zweier Punkte auf der Kugel zu messen, wenn dieselben weder auf dem Äquator noch auf demselben Meridian liegen.
Endlich ist noch zur Orientierung des ein Kompaß [* 7] beigegeben, der gewöhnlich zwischen den Füßen des Gestelles angebracht ist. Bei kleinern Erdgloben findet man übrigens diese komplizierte Aufstellung nicht: sie sind entweder fest auf einem Holzfuß angebracht oder beweglich auf einem solchen Fuß in einem Halbkreis, so daß man der Achse des Globus diejenige Neigung gegen den Horizont [* 8] erteilen kann, welche die Erdachse wirklich hat (gleich der geographischen Breite). [* 9]
Auf einem Erdglobus sind in ähnlicher Weise wie auf einer Karte die Umrisse der Festlandmassen und Ozeane, der Lauf der Flüsse, [* 10] die Lage der Gebirgszüge u. a. aufgezeichnet. Der Globus besitzt aber vor der im übrigen viel leichter herstellbaren und beim Gebrauch bequemern Karte den großen Vorzug, daß auf ihm nicht bloß die Form und Konturen, sondern auch die Größenverhältnisse der Linien und Flächenräume naturgetreu dargestellt sind, was nicht beides zugleich auf einer Karte möglich ist (vgl. Landkarten). [* 11]
Gerade darin, daß die Betrachtung des Erdglobus geeignet ist, irrige, durch das Studium von Karten gewonnene Anschauungen zu berichtigen, besteht der Hauptwert desselben. Deshalb erscheint es auch überflüssig, auf demselben die Höhenunterschiede anzugeben, wie dies (in vergrößertem Maßstab) [* 12] auf den Reliefgloben geschieht, sowie es auch überflüssig sein würde, die Abplattung der Erde bei der Herstellung des Globus zu berücksichtigen; denn selbst bei einem Äquatordurchmesser von 500 mm würde der Polardurchmesser nur um 1 ⅔ mm kleiner sein, was ganz unmerklich sein würde.
Auf den Himmelsgloben sind außer den erwähnten Kreisen, auf denen man Rektaszension und Deklination (vgl. diese Artikel) abliest, noch andre angegeben, welche zur Bestimmung der Länge und Breite (s. d.) der Gestirne dienen, nämlich die Ekliptik oder scheinbare Sonnenbahn, welche den Äquator in zwei diametral entgegengesetzten Punkten, dem Frühlingspunkt und dem Herbstpunkt, unter einem Winkel [* 13] von 23½° schneidet, sowie die dazu senkrechten größten Kreise, die sich in den Polen der Ekliptik schneiden, auch wohl noch die Parallelkreise der letztern.
Außerdem sind auf der Oberfläche des Globus die wichtigsten Sterne und die Milchstraße verzeichnet sowie die Umrisse der Sternbilder angedeutet. Daß wir die Sterne auf der Außenseite des Globus sehen, während wir dieselben auf der Innenseite der scheinbaren Himmelskugel zu erblicken gewohnt sind, bereitet kaum ernstliche Schwierigkeit. Deshalb sind auch die sogen. Konigloben oder Sternkegel jetzt nicht mehr üblich, deren man sich früher bediente, um sich eine Kenntnis des gestirnten Himmels zu verschaffen.
Bei denselben waren nämlich die Sterne auf der Innenfläche eines hohlen Kegels dargestellt, und man erblickte dieselben in den gleichen Winkelabständen wie in Wirklichkeit. Besonders geschätzt waren seiner Zeit die 1777 von Funk in Leipzig [* 14] herausgegebenen Sternkegel. Mittels eines Himmelsglobus kann man sich leicht ein Bild des gestirnten Himmels verschaffen, wie derselbe an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Stunde erscheint. Zu diesem Zweck stelle man den Globus mit seinem vertikalen Ring in die Nord-Südrichtung, und wenn der Beobachtungsort auf der nördlichen Erdhemisphäre liegt, so drehe man diesen Ring derart, daß die Achse des Globus nach N. hin einen an dem vertikalen Kreis abzulesenden Winkel gleich der geographischen Breite mit dem Horizontalkreis des Gestelles einschließt.
Dann gebe man sich auf der Ekliptik den Punkt an, in welchem an dem betreffenden Tag die Sonne [* 15] steht, drehe den um seine Achse, so daß dieser Punkt nach S. hin unter den Vertikalring (in den Meridian) zu stehen kommt, und stelle endlich den (mit einiger Reibung [* 16] um den Polstift drehbaren) Zeiger am Pol auf 12 Uhr. [* 17] Dreht man dann den um seine Achse und beobachtet den Moment, wann der die Sonne repräsentierende Punkt unter die Ebene des Horizontalkreises hinabsinkt, so gibt der Zeiger am Pol die Zeit des Sonnenunterganges an, während man auf dem Horizontalkreis die Lage des Untergangspunktes erkennt. Dreht man weiter, bis der Zeiger z. B. auf ¶
11 Uhr steht, so stellt der oberhalb des Horizontalkreises befindliche Teil des Globus den um diese Zeit sichtbaren Teil der Himmelskugel dar. Ähnliche elementare Aufgaben lassen sich noch mehrere lösen. Mit dem Namen Kosmoglobus bezeichnete C. Garthe (»Beschreibung des Kosmoglobus«, 1833) 1827 einen aus zwei Glashalbkugeln hergestellten Himmelsglobus, in dessen Innerm er eine hölzerne Erdkugel anbrachte. Für öffentliche Schaustellungen hat man auch große, hohle Globen angefertigt, in deren Innerm die Zuschauer stehen. Hierher gehört das Georama, welches Wyld 1851 in London [* 19] zeigte; bei diesem waren auf der innern Kugelfläche Länder, Berge, Meere etc. in erhabener Arbeit und koloriert dargestellt.
Den Erdglobus soll Anaximander um 580 v. Chr. erfunden haben; um 150 n. Chr. gab Ptolemäos (Geogr., I, 22) Regeln für denselben an. Um 190 v. Chr. trug Eudoxos die Sternbilder nach Aratos auf eine Sternkugel auf. Die beiden ältesten Himmelsgloben, welche auf uns gekommen, sind arabischen Ursprungs; der eine von 1225 wird in dem Museum des Kardinals Borgia zu Velletri, der andre (von 1289) in dem mathematischen Salon zu Dresden [* 20] aufbewahrt. Der letztere ist von Messing und hat 14,5 cm im Durchmesser; Zeichnung und Schrift sind stark eingegraben und größtenteils mit Gold [* 21] oder Silber ausgelegt, die Sterne, in 48 Sternbilder geordnet, bilden Silberscheibchen von verschiedener Größe.
Der Name des Künstlers ist Mohammed, der Sohn des Muwajed Elardhi. Der arabische Globus zu Velletri, ebenfalls von Messing, hat
22,5 cm im Durchmesser; als Verfertiger wird Alabraki Alhanasi genannt. Im 15. Jahrh. verfertigten
Regiomontanus, Schoner, Hartmann u. a. Himmelskugeln; aus dem Ende desselben Jahrhunderts stammt auch die
künstliche
Erdkugel Martin Behaims. Im 16. Jahrh. zeichneten sich Fracastori, Gemma Frisius, Gerh. Mercator und Jodocus Hond durch
Konstruktion von Erdgloben aus, und Tycho Brahe brachte 1583 eine messingene Himmelskugel von fast 2 m Durchmesser zu stande.
Im 17. Jahrh. waren Willem Janszoon und Joh. Janson Bläu (Cäsius) in Amsterdam
[* 22] durch ihre Globen berühmt;
eine Erdkugel von 2,25 m Durchmesser von Bläus Erben wird noch in der Kunstkammer zu Petersburg
[* 23] aufbewahrt. Am berühmtesten aus
dieser Zeit ist der sogen. Gottorpsche oder Gollerysche Himmelsglobus, welchen der Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp durch
Andreas Busch aus Limburg
[* 24] von 1656-64 anfertigen und zu Gollery bei Schleswig
[* 25] aufstellen ließ, der sich
aber seit 1713 ebenfalls in Petersburg befindet; er ist von Kupferblech, hat 3,5 m Durchmesser und stellt von außen die Erdoberfläche,
von innen aber die Himmelskugel dar, indem die Gestirne durch kleine Löcher repräsentiert werden.
Dieser Riesenglobus wird an Größe noch übertroffen durch die beiden Globen, welche Vinzenz Coronelli zu Anfang des 18. Jahrh. für Ludwig XIV. verfertigte, und von denen jeder über 4 m Durchmesser hatte. Sie befinden sich in der Bibliothek zu Marly. Später hat noch Rob. de Vougondy 1752 eine Kugel von 2 m Durchmesser geliefert. In neuerer Zeit aber und schon im Lauf des 18. Jahrh. setzte man die kostspieligen und unbequemen großen Globen den kleinen nach, welche, wenn gut ausgeführt, für alle Zwecke, die sich mit einem Globus erreichen lassen, ebenso brauchbar sind; am besten sind Globen von 20-45 cm. Sehr verdient um gute Erd- und Himmelskugeln machten sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. die Nürnberger Offizinen von L. Andreä und von Homann; in der zweiten Hälfte desselben zeichneten sich die Globen von Lalande 1775, die von Messier 1780 in Paris, [* 26] besonders aber die von Bode besorgten Himmelsgloben aus, welche seit 1790 zu Nürnberg, [* 27] später auch in Berlin [* 28] gefertigt wurden.
Auch die von Klinger und ganz besonders die von Franz in Nürnberg, von Riedig in Leipzig gefertigten Erd- und Himmelsgloben gehören zu den vorzüglichsten; Schreibers Erben in Leipzig (später Simon Schropp in Berlin), Kummer in Berlin, Adams in London, Bauer in Nürnberg, das Geographische Institut in Weimar, [* 29] D. Reimer (Kieperts Globen) in Berlin, Adami in Potsdam [* 30] reihen sich an diese Globenfabriken ebenbürtig und mit Anwendung mancher neuentdeckter Kunstgriffe würdig an. Im J. 1832 lieferte J. L. Grimm in Berlin »pneumatisch-portative Erdgloben« von 3,75 m Umfang, welche mittels eines Blasebalgs aufgetrieben und frei aufgehängt werden können.
Außerdem erfand der Polytechniker Brandegger in Ellwangen den sogen. »Induktionsglobus«, der zur praktischen
Einführung in den mathematisch-geographischen Unterricht etc. dienen soll und aus einer 35 cm im Durchmesser haltenden, mit
künstlichem
Schiefergrund überzogenen Kugel besteht, welche das Einzeichnen und Auswischen der geographischen Elemente gestattet.
Vgl. Mollweide, Beschreibung der künstlichen
Erd- und Himmelskugel (2. Aufl., Leipz. 1830);
Felkl, Der Globus und seine Anwendung (Prag [* 31] 1876);
Steinhauser, Erde und Mond [* 32] und ihre Bewegungen im Weltenraum (Weim. 1877, vollständige Globuslehre);
Wollweber, Globuskunde (2. Aufl., Freiburg [* 33] i. Br. 1885).