Geschwulst
(Tumor), in der
Medizin im allgemeinen jede nicht durch das normale Wachstum bedingte
Umfangszunahme irgend eines innern oder äußern Körperteils; gleichbedeutend mit Anschwellung. So spricht man z. B.
von einer Drüsengeschwulst
und meint damit die krankhafte Vergrößerung einer
Drüse, und in demselben
Sinne nennt man auch
die wassersüchtige Anschwellung eines
Gliedes Geschwulst
ohne jedweden weitern Zusatz. Häufiger bezeichnet man
mit Geschwulst
jede abnorme Hervorragung an der Oberfläche eines Körperteils oder Organs, dessen
Namen man dann mit dem
Namen des
betreffenden Körperteils oder Organs verbindet, wie
Kniegeschwulst, Pulsadergeschwulst
, Lebergeschwulst. Eine noch engere
Bedeutung endlich hat in neuerer Zeit die pathol.
Anatomie dem Worte gegeben: sie versteht nämlich unter
Geschwulst
(Gewächs, Neoplasma,
Pseudoplasma, Aftergebilde) eine durch krankhafte Neubildung an der Oberfläche oder im Innern eines
Organs entstandene
Masse, welche ein zusammenhängendes und gegen ihre Umgebung mehr oder minder scharf abgegrenztes Ganzes
bildet.
Man unterscheidet verschiedene Formen derartiger Neubildungen oder Geschwulst:
1)
Balggeschwülste oder Cysten, s.
Balggeschwulst;
2) Fettgeschwülste oder Lipome, s. Fettgeschwulst;
3) Fasergeschwülste oder Fibrome, s. Fibroid;
4) Muskelgeschwülste oder Myome, s. Myom;
5) Knorpelgeschwülste oder Chondrome, s. Knorpelgeschwulst;
6) Knochengeschwülste, Exostosen oder Osteome, s. Exostose;
7) Gefäßgeschwülste oder Angiome, s. Angiom;
8) Nervengeschwülste oder Neurome, s. Neurom;
9) Drüsengeschwülste oder Adenome, s. Adenoid;
10) Warzengeschwülste oder Papillome, s. Papillargeschwulst;
11) Fleischgeschwülste oder Sarkome, s. Sarkom;
12) Krebsgeschwülste oder
Carcinome, s.
Krebs.
[* 2]
Endlich können auch die
Tuberkeln sowie die syphilitischen Neubildungen (Syphilome,
gummata) in der Gestalt mehr oder minder umfangreicher Geschwulst
auftreten.
Derartige Geschwulst
bleiben entweder während des ganzen Lebens unverändert und ohne wesentlichen Einfluß auf den
Gesamtorganismus fortbestehen, wie viele angeborene Hautgeschwülste,
Fettgeschwülste
u. dgl. (sog. gutartige Geschwulst
), oder
sie besitzen ein unaufhaltsames Wachstum und führen, sich selbst überlassen, durch fortgesetzte Wucherung und die allmähliche
Zerstörung lebenswichtiger Organe oder durch Verschleppung der Geschwulst
keime mittels der
Blut- und
Lymphgefäße mit allgemeiner
Vergiftung des
Blutes zum
Tode (sog. bösartige oder maligne Geschwulst
).
Über die Entstehuug und
Ursachen der Geschwulst
sind
unsere Kenntnisse noch sehr mangelhaft. Häufig sind erbliche
Anlagen, ein gewisses
Lebensalter, gewisse epidemische und endemische
Verhältnisse (wie z. B. beim
Kropf) sowie übermäßige körperliche und geistige Anstrengungen als disponierende
Momente
zu betrachten; nicht selten entstehen Geschwulst nach gewissen mechan.
und chem. Insulten
(Schlag,
Stoß, Druck
u. dgl.) sowie nach manchen
Krankheiten, wie
Syphilis, Rotz,
Typhus u. a.
Die Behandlung der Geschwulst kann in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nur eine chirurgische sein, Ätzen, Abbinden, [* 3] Abquetschen oder Ausschneiden mittels des Messers; doch kommt auch eine Spontanheilung vor, indem durch Entzündung eine Vereiterung und Schrumpfung oder Abstoßung der Geschwulst erfolgt. Von einer arzneilichen Behandlung ist fast nur bei den syphilitischen Geschwulstformen Heilung zu erwarten.
Die Lehre [* 4] von den krankhaften Geschwulst (Onkologie) bildet einen der wichtigsten Abschnitte der pathol. Gewebelehre. -
Vgl. Virchow, Die krankhaften Geschwulst (3 Bde., Berl. 1863-67);
Lücke, Die Lehre von den (in Pitha und Billroths «Handbuch der Chirurgie», Bd. 2, Erlangen [* 5] 1867);
ders., Diagnostik der Geschwulst (Lpz. 1876);
Klebs, Beiträge zur Geschwulstlehre (Heft 1, ebd. 1877).