Irisch
-Römisches
Bad
[* 2] oder Luftschwitzbad
, ein Schwitzbad in heißer, trockner Luft. Derartige Bad
eanstalten
waren schon in frühester Zeit bei mehrern orient. Völkern, bei Ägyptern,
Chaldäern und Phöniziern beliebt. Die
Römer,
[* 3] welche sie hier kennen lernten, führten sie überall ein, wohin sie kamen; sie verwendeten in
Rom
[* 4] selbst ungeheure
Summen
auf jene großartigen
«Thermen», welche in riesenhaften Verhältnissen und mit glänzender
Ausstattung namentlich
Antoninus,
Caracalla, Diocletian u. a. errichteten. (S.
Bad, Bd. 2, S. 255 a.)
Auch in
Griechenland
[* 5] hatten die
Römer dergleichen Bad
e-Institute hergestellt, welche später die
Türken in
Konstantinopel
[* 6] vorfanden
und bald als
«türkische" Bäder fast über den ganzen
Orient verbreiteten.
Auf Anregung des engl. Politikers
Urquhart, der diese öffentlichen
Bäder in der
Türkei
[* 7] kennen gelernt
hatte, wurden 1856 in
Irland durch den Dr. Rich.
Barter in St. Ann's-Hill bei
Cork derartige mit wesentlichen Verbesserungen, insbesondere einem gut regulierten Ventilationssystem
versehene heiße Luftbäder errichtet und kamen bald in England sowie in
Deutschland,
[* 8] wo 1860 Dr.
Luther in Nudersdorf bei
Wittenberg
[* 9] das erste «Irisch
-Römische Bad»
gründete,
als kräftiges und wertvolles Heilmittel ganz allgemein in
Aufnahme.
Das I. B. ist keineswegs ein einfaches
Bad, sondern schließt in einer gewissen Reihenfolge alle gewöhnlichen
Bäder in sich
ein. Kalte und warme Luft, warmes und kaltes Wasser, regelrechtes Massieren (Kneten) u. s. w.
gehören sämtlich als wesentliche Hilfsmittel zu diesem
Bade. Wenigstens drei Zimmer mit besondern Einrichtungen
sind erforderlich, um die sich aneinanderreihenden Manipulationen vorzunehmen.
Bei den Bad
eeinrichtungen kommt es vor allem
darauf an, der Luft in den Räumen, in welchen gebadet
werden soll, den gehörigen Wärmegrad zu geben. Zu diesem Zwecke
tritt die vom Feuerherde emporsteigende erhitzte Luft in einen aus
Mauersteinen bestehenden
Kanal,
[* 10] welcher
unter dem Fußboden der
Badezimmer hinläuft, dann unmittelbar in eine weite Thonröhre übergeht, die gleichfalls in Windungen
unter dem Fußboden, doch auch in den Seitenwänden des Zimmers hinläuft, bis sie endlich in den Schornstein ausmündet.
Der über diesem Wärmekanal liegende Fußboden der beiden eigentlichen
Badezimmer besteht
aus 8 cm dicken
durchlöcherten Thonplatten. So teilt sich denn die Wärme
[* 11] der im
Kanal hinstreichenden Luft durch Ausstrahlung auch dem Fußboden,
den
Wänden und dem Luftinhalte der
Badezimmer mit. Das eine der letztern, das
Tepidarium, liegt etwas ferner vom Feuerherde,
zeigt stets eine Luftwärme von + 36 bis 37° R. und dient dazu, daß der Badende
völlig entkleidet
in ihm ganz ruhig so lange verweilt, bis der hervorbrechende Schweiß
Tropfen zu bilden beginnt, d. h. nach Verschiedenheit
der Konstitution des Bad
enden etwa 25-40 Minuten.
Nunmehr begiebt sich der Badende
in das unmittelbar daneben, gerade über dem Feuerherd liegende Sudatorium,
in welchem die Luftwärme beständig etwa + 45° R. beträgt. Hier bleibt er so lange, bis der Schweiß auf der
Haut
[* 12] reichlich
herabrieselt, d. h. etwa 12-18 Minuten. Um die erhitzte Luft rein zu erhalten, steht sie mit
der äußern
Atmosphäre in doppelter
Weise in
Verbindung: einmal durch ein an der obersten
Stelle der Zimmerdecke
befindliches, nach außen mündendes Abzugsrohr, welches die im
Badezimmer sich anhäufenden Dünste gleichmäßig abführt,
und dann durch ein in der einen Zimmerwand etwa 1 m über dem Fußboden befindliches Zugangsrohr. Beide Rohre haben Vorrichtungen
zum Öffnen und Abschließen.
Sobald der Badende
im Sudatorium in genügenden Schweiß versetzt worden ist, reibt der Bad
ediener den
Schweiß am ganzen Körper mittels eines wollenen Fausthandschuhs ab und knetet dann etwa 4-6 Minuten lang alle
Muskeln
[* 13] des
Körpers tüchtig durch. Hierauf tritt der Badende
in das benachbarte, nicht erwärmte Lavacrum, wo ihn der Badediener sofort
mit mehrern
Litern lauwarmen Wassers übergießt, darauf am ganzen Körper tüchtig abseift und abermals
mit lauem Wasser oder mit einer kalten Brause oder Douche überschüttet. Gute
Abkühlung ist nötig zur
Abhärtung gegen Erkältungen.
Man geht nun zu dem Zimmer zurück, in dem man sich ausgekleidet hatte (Frigidarium), und lagert sich zu behaglicher Ruhe
auf einer Matratze. Hierdurch wird dem
Ausbruche eines zweiten Schweißes vorgebeugt und der
Haut die natürliche
Spannkraft
(Tonus) wiedergegeben, die durch das vorausgehende Schwitzen einigermaßen beeinträchtigt wurde.
Die Wirkung des I. B. sowohl auf den gesunden als auf den kranken Körper ist ohne Frage eine ganz außerordentliche, indem es aus rein physik. Ursachen den Schweiß leichter und kräftiger fördert als selbst das russ. Dampfbad. Denn je trockner die Luft ist, um so begieriger und rascher löst sie alles Wasser, welches in ihre Nähe kommt, in Wasserdampf auf. Daher wird auch die wasserarme Luft des I. B. dem Körper des Badenden Wasserdampf in Form von Schweiß weit schneller und reichlicher entziehen als die schon von Wasserdämpfen hinreichend gesättigte Luft des russ. Bades.
Als kräftig schweißtreibendes Mittel gehört also das I. B. zu denjenigen Kurmethoden, welche den Stoffwechsel des Körpers energisch anregen. Man bedient sich seiner mit großem Vorteil sowohl gegen chronische Hautausschläge, insbesondere Flechten, [* 14] als auch gegen gewisse Blutkrankheiten, chronische Metallvergiftungen, vor allem aber gegen Gicht und Rheumatismus sowie bei den durch diese Krankheiten erzeugten Lähmungen, Kontrakturen, Anschwellungen u. s. w. Als rein diätetisches, Krankheiten vorbeugendes und gleichsam belebendes ¶
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mehr
Mittel paßt es im allgemeinen für Personen, die eine sitzende Lebensweise führen. Unbedingt nachteilig wirkt es dagegen bei Neigung zu Gehirnschlag, Blutspeien und Herzfehlern, bei Krebs, [* 17] Tuberkulose und Rückenmarksleiden.
Vgl. Bemerkungen über das altröm.
Bad in seiner verbesserten Form (Dess. 1860); Wilson, The Eastern or Turkish bath (Lond. 1861).